Die Lehre aus der französischen Hyperinflation: Drucken wertlosen Papieres bringt nur Elend und keinen Wohlstand

11.12.2013 – von Frank Hollenbeck.

Frank Hollenbeck

Heute wird jeder, der über Hyperinflation spricht, behandelt wie einst der Hirtenjunge, der “Wolf” schrie.  Wenn der Wolf dann wirklich auftaucht, werden verspätete Warnungen recht wenig nützen, um die Herde zu schützen.

Die aktuelle Strategie der US-Notenbank ist offenbar, die Anleihekäufe erst dann zu reduzieren, wenn sich anhand des Verbraucherpreisindex signifikante Preisinflation zeigt. Doch die Geschichte lehrt uns, dass man Inflation wie einen Sonnenbrand behandeln sollte. Man wartet ja auch nicht, bis die Haut sich rötet, bevor man handelt. Man schützt sich, bevor man das Haus verlässt. Wenn die Inflation erst einmal Fahrt aufnimmt, wird sie unmöglich zu kontrollieren sein, anders als uns Politik und Wirtschaft gemeinsam Glauben machen wollen, nur um uns das Drucken von Geld weiter schmackhaft zu machen.

Die Hyperinflation in Frankreich von 1790 zeigt, wie inflationäre Geldpolitik unter dem Einfluss derer, die vom leicht verdienten Geld profitieren und es nachfragen, in einem Umfeld wirtschaftlicher Stagnation und Verschuldung unbeherrschbar wird.

Frankreich befand sich 1789 in einem Zustand hoher Verschuldung und erheblicher Defizite. Zu diesem Zeitpunkt hatte Frankreich die besten und klügsten Köpfe der Finanzwelt jener Zeit. Sie waren sich über die Risiken des Druckens von Fiat-Geld völlig im Klaren, da sie einige Jahrzehnte vorher die Katastrophe der “Mississippi Blase” unter der Führung von John Law erlebt hatten.

Frankreich hatte gelernt, wie leicht es ist, Papiergeld in Umlauf zu bringen, aber dass es fast unmöglich ist, es unter Kontrolle zu halten. So wurde eine heiße Debatte um die erste Ausgabe von Papiergeld geführt, das als Assignaten bekannt wurde, und nur deshalb fortgesetzt, weil die neue Währung mittels von der Kirche und geflüchteten Aristokraten gestohlenen Ländereien (mit drei Prozent Zinsen für die Eigentümer) gedeckt wurde. Diese Ländereien machten ein Drittel der Fläche Frankreichs aus und befanden sich in Bestlagen.

Sobald die Assignaten ausgegeben waren, nahm die Geschäftstätigkeit zu, aber innerhalb von fünf Monaten war die französische Regierung wieder in finanziellen Schwierigkeiten. Die erste Ausgabe wurde als voller Erfolg gefeiert, genauso wie die Erstausgabe von Papiergeld unter John Law. Doch die Debatte über die zweite Ausgabe im September 1790 verlief deutlich chaotischer, da sich viele des bitteren Weges in die Hyperinflation erinnerten. Zusätzliche Auflagen wurden beschlossen, um die Neinsager zu besänftigen. Zum Beispiel sollte das Geld wieder zerstört werden, mit dem Landkäufe durch französische Bürger bezahlt wurden, um das neue Papiergeld wieder dem Umlauf zu entziehen.

Die zweite Ausgabe verursachte eine noch größere Abwertung der Währung. Und dennoch wurden immer neue Klagen laut, dass nicht genügend Geld im Umlauf wäre, um Transaktionen durchzuführen. Außerdem wurden – weil die Staatskasse wegen des neuen Papiergeld überquellte – vernünftige wie unvernünftige Forderungen nach einer Reihe staatlicher Programme zum ‘Wohle der Menschen’ laut. Das Versprechen, das Papiergeld schnell wieder aus dem Verkehr zu ziehen, wurde schnell vergessen und verschiedene Regierungsbezirke in Frankreich begannen, eigene Assignaten auszugeben.

Die Preise begannen zu steigen und die Rufe nach noch mehr Umlaufmitteln wurden immer lauter. Nachdem die ersten beiden Ausgaben beinahe gescheitert sind, wurden neue Emissionen immer einfacher.

Viele Franzosen wurden plötzlich zu Daueroptimisten und behaupteten, dass Inflation Wohlstand bedeute, so wie ein Betrunkener, der nicht an den unvermeidlichen Kater denkt. Obwohl jede neue Ausgabe zunächst die wirtschaftlichen Aktivitäten befeuerte, hielten die verbesserten wirtschaftlichen Rahmenbedingungen aber nach jeder neuen Emission immer kürzer an. ‘Wirtschaften’ wurde immer unberechenbarer:  ein Hersteller nach dem anderen schloss seine Geschäfte. Das Geld verlor zusehends seine Wertaufbewahrungsfunktion und machte in dieser unsicheren Atmosphäre ökonomische Entscheidungen extrem schwierig. Das Ausland wurde dafür verantwortlich gemacht und hohe Steuern auf ausländische Waren erhoben. Die berühmten Fertigungszentren der Normandie wurden geschlossen und der Rest Frankreichs folgte schnell nach, wobei eine Unmenge von Arbeitern auf der Straße landete. Der Zusammenbruch der Industrie und des Handels ging schnell und erfolgte nur wenige Monate nach der zweiten Ausgabe der Assignaten. Der Zusammenbruch verlief nach dem gleichen Muster wie in Österreich, Rußland, Amerika und allen anderen Ländern, die sich Wohlstand durch Berge von Papier versprachen.

Die gesellschaftlichen Werte veränderten sich dramatisch mit Frankreichs Hinwendung zu Spekulation und Glücksspiel. Große Vermögen wurden durch Spekulation und Glücksspiel mit geliehenem Geld angehäuft. Eine regelrechte Klasse an Schuldnern entstand, hauptsächlich in den größten Städten.

Um von der Regierung Land zu kaufen, war nur eine kleine Anzahlung notwendig und der Rest konnte in festen Raten abbezahlt werden. Die Schuldner begriffen sehr schnell die Vorteile einer abwertenden Währung. Inflation erodiert den realen Wert jeder festen Rate. Warum ein Leben lang arbeiten und das Risiko einer Geschäftsentwicklung tragen, wenn Börsen- oder Bodenspekulationen mehr Reichtum bescheren, schnell und ohne großen Aufwand? Dieses wachsende Segment von ‘Neureichen’ nutzte seinen  neu gewonnenen Reichtum, um politische Macht zu erringen und sicherzustellen, dass die Druckerpressen niemals zum Stillstand kommen. Sie übernahmen rasch die Kontrolle und Korruption begann, um sich zu greifen.

Natürlich wurde allem Möglichen die Schuld an der anschließenden Inflation gegeben, nur nicht der wahren Ursache. Ladenbesitzer und Händler wurden für höhere Preise verantwortlich gemacht. 1793 wurden 200 Geschäfte in Paris geplündert und ein französischer Politiker verkündete gar, dass “Ladenbesitzer nur das den Menschen zurückgäben, was sie bisher von ihnen geraubt hätten.” Preiskontrollen (das “Maximumgesetz”) wurden umgehend eingeführt und Knappheit griff überall um sich. Bezugsscheine wurden für Grundgüter wie Brot, Zucker, Seife, Holz oder Kohle ausgegeben. Ladenbesitzer riskierten ihren Kopf, wenn sie höhere Preise als die offiziellen verlangten. Die täglichen Aufzeichnungen über diejenigen, die mit der Guillotine hingerichtet wurden, beinhalten viele Kleinunternehmer, die das Maximumgesetz verletzt haben. Um Waren aufzustöbern, die von Bauern und Ladenbesitzern zurückgehalten wurden, wurde ein Spitzelsystem eingeführt, in dem der Informant 1/3 der entdeckten Waren erhielt. Ein Bauer sah seine Ernte beschlagnahmt, wenn er sie nicht zum Markt brachte und konnte froh sein, mit dem Leben davon zu kommen.

Außer den Arbeitslöhnen war alles einer enormem Preisinflation unterworfen. Genauso wie die Hersteller schlossen, so brachen auch die Löhne ein. Diejenigen, die nicht über die Mittel, den Weitblick oder die Fähigkeiten verfügten, wertloses Papier in Realwerte zu überführen, stürzten in Armut. 1797 war der Großteil der Währung in den Händen der Arbeiterklasse und der Armen. Die gesamte Folge war eine massive Umverteilung von realem Wohlstand von den Armen zu den Reichen, ähnlich dem, was wir heute in den westlichen Gesellschaften erleben.

Die französische Regierung versuchte, eine neue Währung namens Mandat herauszugeben, aber im Mai 1797 waren beide Währungen praktisch wertlos. Nachdem der Deich gebrochen waren, floss das Geld ungehindert und die Währung schwoll über jegliche Kontrolle hinweg an. Wie Voltaire einst sagte: “Papiergeld kehrt immer zu seinem inneren Wert zurück – null”. So endete auch die Schreckensherrschaft des Papiergeldes in Frankreich. Es dauerte fast vierzig Jahre, um wieder auf das Niveau von 1789 zurückzukehren.

Napoleon übernahm, auf einer Welle der Unzufriedenheit reitend, eine desaströse Finanzsituation. Die französische Regierung war bankrott. Er wendete das Blatt mit einer einfachen Regel. Er sagte “Ich zahle bar oder ich zahle nichts”. Wir sollten seinen Rat befolgen. Er sagte auch: “Solange ich lebe, werde ich kein Heil in nicht einlösbarem Papier suchen”.

Wir werden in Kürze wichtige Entscheidungen treffen müssen. Wir können den kurzfristig leichten Weg wählen, oder wir beißen in den sauren Apfel und machen die notwendigen Korrekturen, um unsere Wirtschaft wieder auf Erfolgskurs zu bringen. Die Lehre aus der französischen Hyperinflation ist, dass Drucken wertlosen Papieres nur Elend und keinen Wohlstand bringt. In einer solchen Situation verlieren wir alle. Wir müssen mit dem Gesetz der Knappheit leben und dürfen nicht versuchen, uns diesem zu entziehen.

Aus dem Englischen übersetzt von Uwe Werler. Der Originalbeitrag mit dem Titel Revolutionary France’s Road to Hyperinflation ist am 2.12.2013 auf der website des Mises-Institute, Auburn, US Alabama erschienen.

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Dr. Frank Hollenbeck lehrt Volkswirtschaft an der “International University” in Genf, Schweiz.

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