Steuern sind schlimmer als Raub

30.12.2016 – von Michael S. Rozeff.

Überall wo es einen Staat gibt, nimmt sich dieser auch das Recht, Steuern zu erheben; denn Herrscher können nicht herrschen ohne Steuereinnahmen. So schrieb Ludwig von Mises:

„Alle Ausgaben des Staates, für welche Zwecke auch immer, werden durch Steuereinnahmen finanziert.“

Murray Rothbard drückte sich so aus:

„Die Grundlage aller staatlichen Handlungen ist der grundsätzliche binäre Eingriff namens Besteuerung.“

Und überall wo es Staaten gibt, wachsen diese auch. Warum ist das so? Eine Theorie besagt, dass Interessengruppen stets versuchen, die Besteuerungsmacht des Staates für ihre eigenen Anliegen zu nutzen. Dem würde ich gerne eine begleitende Theorie hinzufügen. Wenn Herrscher über die Macht der Besteuerung verfügen, entstehen für sie zwangsläufig auch zahlreiche schädliche Anreize, welche dafür sorgen, dass die Herrscher ihre zerstörerische Tätigkeit noch ausweiten.

Anreize

Eine Bedingung für zielgerichtete Tätigkeiten besteht darin, dass eine Auswahl zwischen Alternativen besteht. Entscheidungen werden nach Abwägung von positiven Anreizen (Belohnungen) und negativen Anreizen (Kosten) getroffen, welche beide sowohl monetär als auch nichtmonetär sein können. Nehmen wir als Beispiel das Anbieten von Justizdienstleistungen durch die englische Krone im Mittelalter. Verurteilte Straftäter wurden üblicherweise gehängt, und ihre Besitztümer gingen an die Krone über – allerdings konnte der König Straftäter begnadigen, wenn diese sich bereit erklärten, in der Armee des Königs zu dienen. Diese Anreizstruktur ermutigte die Krone, Straftäter zu verurteilen, da sie als Belohnung entweder den Besitz des Straftäters oder seine Dienste als Soldat erhielt. Der Krone entstanden allerdings auch Kosten, nicht nur in Form von Ausgaben für die Gerichte, sondern auch in Form von Illoyalität, Unzufriedenheit, Ansehensverlust und Abneigung, wenn sie unschuldige Menschen für Verbrechen verurteilte.

Bei dieser Anreizstruktur hat die Krone sehr wahrscheinlich eine hohe Bereitschaft zur Verhaftung und Verurteilung von Straftätern (und vielleicht auch Unschuldigen). Die Anreizstruktur veranlasst die Krone auch, die Gesetze so zu ändern, dass mehr Gesetzesübertretungen zu Straftaten erklärt werden. Falls man hier Parallelen zu Polizei und Behörden in den Vereinigten Staaten erkennt, die beschlagnahmte Güter behalten dürfen, was dazu führt, dass immer mehr Gesetzesübertretungen zu Beschlagnahmegründen erklärt werden, so entspricht diese Beobachtung klar den Tatsachen.

Schädliche Anreize als Folge der Besteuerungsmacht

Da Herrscher auch nur Menschen sind, haben sie Bedürfnisse, die sie sich gerne erfüllen möchten – sie möchten zum Beispiel Gutes tun (zumindest, was sie selbst als gut betrachten), oder sie streben nach Macht, Ruhm, Geld, Befriedigung ihres Stolzes oder ihres Egos, Ansehen, Bewunderung, Sicherheit im Amt, Hilfe für die Armen oder die Reichen, dem Ende des Kapitalismus, der Verbreitung von Demokratie und so weiter. Die Bedürfnisse der Herrscher sind jedoch nicht deckungsgleich mit denen der Beherrschten. Die Vorstellungen davon, was Menschen als erstrebenswert erachten, gehen weit auseinander, wie die starken Unterschiede in der persönlichen Lebensführung klar zeigen. Selbstverständlich ist es keinem Herrscher möglich, so zu handeln, dass die persönlichen Vorstellungen jedes einzelnen Menschen verwirklicht werden, selbst wenn sie diese kennen würden; das tut allerdings kein Herrscher. Da Herrscher über die Ressourcen der Beherrschten verfügen und sie für Projekte ausgeben, die deren Bedürfnisse nicht erfüllen können, zerstören sie zwangsläufig das Glück derjenigen, die sie besteuern.

Wenn sie sich auf ihre eigenen Mittel beschränken müssen, gibt es negative Anreize für Herrscher, Geld auszugeben. Die Besteuerungsmacht hebt diesen negativen Anreiz auf und setzt einen positiven Anreiz, die eigenen Ziele zu erfüllen. Folglich werden Herrscher ermutigt, Unternehmungen zu tätigen wie den Krieg zur Beendigung aller Kriege, Kriege zur Verbreitung der Demokratie, den großen Sprung nach vorne, Kriege gegen die Armut und gegen Drogen, Völkermorde, staatliche Programme, die tief in das Leben der Menschen eingreifen, Eroberungen neuer Gebiete, Subventionen und Kreditgarantien, rauschende Feste, Unterhaltung, Flugzeuge und Limousinen, ausufernde Regulierung, die die Märkte stört, und so weiter.

Manche Beherrschten profitieren von diesen Plünderungen, betreiben für sie Lobbyarbeit und werden so selbst zu Herrschern – für die meisten gilt dies jedoch nicht. Sie können nur ihr Wahlverhalten ändern, sich beschweren oder Briefe an die entsprechenden Stellen schreiben; all dies hat allerdings kaum Einfluss auf das Verhalten der Herrscher. Abgestimmt wird über Repräsentanten, nicht über einzelne Projekte, und das auch nur alle paar Jahre. In der Zwischenzeit schaffen die Herrscher Fakten. Kein Wähler kann einseitig dem Krieg gegen Drogen oder dem Krieg gegen den Terror oder der Sozialversicherung oder irgendeinem anderen staatlichen Programm sein Einverständnis entziehen.

Dass die Herrscher ihren Willen durchsetzen können, ist nur der erste der negativen Anreize, der mit der Besteuerungsmacht einhergeht. Der zweite besteht darin, die Steuern immer weiter zu erhöhen, was abzulehnen ist, da so immer weitere unsinnige Vorhaben der Herrscher finanziert werden. Steuererhöhungen sind vorhersehbar, da die Herrscher von ihnen profitieren, solange es deswegen keine übermäßigen Stimmenverluste gibt. Die Anreizstruktur, die mit der Besteuerungsmacht einhergeht, ist unglaublich zerstörerisch, da die Herrscher die Menge an Anreizen kontrollieren! Sie können nach Lust und Laune die Steuern erhöhen. Grenzen werden ihnen alleine durch Stimmenverluste gesetzt, und sie verfügen über diverse Strategien, um diesen entgegenzuwirken.

Drittens setzt Besteuerung mächtige Anreize dafür, sich Mittel durch Kreditaufnahme zu verschaffen. Ohne Steuern, aus denen Rückzahlung und Zinszahlungen bestritten werden, kann kein Staat größere Kredite aufnehmen. Mit der Besteuerungsmacht allerdings kann der Staat sich verschulden und expandieren, und so zukünftige Steuererträge verpfänden. Zukünftige Generationen müssen die Rückzahlungen aus ihren Ersparnissen bestreiten, was ihnen schadet. Außerdem hat ein Staat, der sich verschuldet hat, ein Interesse daran, die Rückzahlungen mit wertloserer Währung zu leisten. Die Besteuerungsmacht führt dazu, dass der Staat ein Interesse daran hat, privates Geld durch staatliches Geld zu ersetzen und so all die Übel heraufzubeschwören, die mit der Inflationierung dieses Geldes einhergehen.

Viertens sorgt die Besteuerungsmacht für Anreize für die Herrscher, staatliche Umverteilungsprogramme einzuführen und Abhängigkeiten zu schaffen. In den USA wuchsen die staatlichen Umverteilungsprogramme erst zu dem heutigen gewaltigen Ausmaß, nachdem der Staat die Macht erhalten hatte, Einkommen zu besteuern. Diese schädlichen Programme nutzen den Herrschern. Sie schaffen Staatsbefürworter unter den Menschen, die von ihnen abhängig werden und Angst haben, die Unterstützung wieder zu verlieren. Diese abhängigen Befürworter erschweren die Reduzierung der Macht des Staates ganz enorm.

Fünftens, bedeutet die Besteuerungsmacht auch immer die Macht, Steuerreduktionen im Austausch für Gefallen oder Spenden zu verkaufen, sowie Geld dafür zu erpressen, dass drohende Besteuerungen oder Steuererhöhungen doch noch in letzter Minute zurückgezogen werden. Korruption von Amtsträgern wird so gefördert. Zusätzlich sorgen all diese Aktivitäten für eine sehr ungleiche Besteuerung und für kostspielige Ineffizienz in der Wirtschaft.

Sechstens, besteht für Herrscher der Anreiz, all ihre Abgaben möglichst verdeckt zu erheben, damit die Untertanen nicht einmal mitbekommen, wie viel Steuern sie wirklich insgesamt bezahlen. Sie verschleiern die tatsächliche Steuerlast so gut sie können, damit sie erträglicher erscheint. Darum führen Herrscher Dinge wie indirekte Besteuerung, Sozialversicherung, Mineralölsteuer, Lohnsteuer, Umsatzsteuer, Mehrwertsteuer und so weiter ein. Außerdem sorgen sie dafür, dass das Steuerrecht so unmöglich kompliziert ist, dass selbst die Finanzbehörden es nicht mehr verstehen.

Nach einer Zeit dreht sich die öffentliche Debatte nur noch um die Komplexität des Steuerrechts, und nicht mehr um die Besteuerung an sich. Diejenigen, die sich für eine Vereinfachung des Steuerrechts einsetzen, beteuern oft, dass ihre Vorschläge gleichzeitig auch zu Steuersenkungen führen würden. Das mag durchaus zutreffen, und vielleicht kolonisieren Schweine auch eines Tages den Mars; die Herrscher haben allerdings keinerlei Interesse an einer Vereinfachung des Steuerrechts, es sei denn, sie würden mehr davon haben – mehr Steuereinnahmen, mehr Macht oder irgendeine andere Art von Vorteil.

Siebtens, besteht für Herrscher ein starker Anreiz, die tatsächlichen Kosten ihrer Projekte zu unter- und den Nutzen zu übertreiben, und über sie nur in verzerrter Art zu berichten oder direkt zu lügen, um die Steuerzahler zu überzeugen, dass sie Steuermittel stets umsichtig und nur für gute Zwecke ausgeben. Falls Kriege geführt werden, ist niemand in der Lage, zu sagen, wie hoch die tatsächlichen Kriegskosten sind, ohne gleich eine Doktorarbeit über das Thema zu verfassen. Die NASA behauptet, die Segnungen der Raumfahrtprogramme „finden sich praktisch überall!“, oder sie würden „dem amerikanischen Volk weiterhin einen enormen Nutzen für die investierten Steuermittel liefern“, während stets vermieden wird, die geschätzten Kosten von insgesamt 173 Milliarden US-Dollar zu erwähnen. Die Wahrheit ist immer ein Opfer der Besteuerungsmacht.

Achtens, ermutigt die Besteuerungsmacht Herrscher dazu, Maßnahmen in Angriff zu nehmen, die schlecht funktionieren. Oder anders ausgedrückt, besteht für sie ein verminderter Anreiz, Steuermittel sinnvoll einzusetzen, weil sie selbst persönlich nie die tatsächlichen Kosten von Fehlentscheidungen tragen müssen. Der Quell, aus dem die Mittel dafür gesprudelt sind, versiegt schließlich nie. Deshalb sind alle steuerfinanzierten Programme ineffizienter als vergleichbare, privat finanzierte Programme.

Als letztes besteht für Herrscher ein neunter Anreiz – nämlich der, die Besteuerungsmacht nie aufzugeben. Daraus entstehen mindestens drei schädliche Folgen. Zum einen wird ununterbrochen Propaganda verbreitet, um die Besteuerung zu rechtfertigen. Herrscher schreien stets Zeter und Mordio über die nächste drohende Gefahr oder das nächste zu lösende Problem. Sie veröffentlichen Informationen über dringende „Bedürfnisse“, die natürlich lebensnotwendig sind: Programme zur Armutsbekämpfung, um den gesellschaftlichen Zusammenhalt nicht zu gefährden und Kriminalität und Aufständen vorzubeugen, Drogenverbote, um Gefahren für die Volksgesundheit abzuwenden, Subventionen, um den Zusammenbruch der Lebensmittelversorgung aufzuhalten oder kleine Bauernhöfe am Leben zu erhalten (die natürlich das Rückgrat der nationalen Wirtschaft bilden), und die Institution der Zentralbanken, um katastrophalen Zusammenbrüchen des Bankensektors vorzubeugen. Im wesentlichen appellieren Herrscher an die Ängste und Unsicherheiten der Beherrschten, und an ihre tiefen nationalen, patriotischen, religiösen oder anderen Gefühle, um ihre Handlungen zu rechtfertigen.

Zweitens beschäftigen Herrscher ein Heer an Propagandisten, sowohl innerhalb ihrer Behörden als auch außerhalb, die ihre Botschaften verbreiten und dafür Geld, Gefallen, Zugang oder Vergütungen anderer Art erhalten, wie zum Beispiel Macht und das Gefühl der eigenen Wichtigkeit. Die perverse Folge ist eine Korrumpierung der Informationsquellen der Gesellschaft.

Eine dritte Methode, die Besteuerungsmacht zu erhalten, besteht darin, Kritik an den Herrschern zu bekämpfen. Sollten Steuerrebellen sich effektiv Gehör verschaffen, wäre das von Nachteil für die Herrscher. Deshalb sorgen sie dafür, dass die Stimmen solcher Rebellen möglichst zum Schweigen gebracht werden oder zumindest keine Reichweite oder Glaubwürdigkeit erlangen. Tragischerweise sind Redefreiheit und Besteuerungsmacht unvereinbar, und die Herrscher werden die Redefreiheit beschneiden, so gut sie können, egal welche Ausreden dafür herhalten müssen.

Zusammenfassung und Schlussfolgerung

Zielgerichtete Entscheidungen im Rahmen des freiwilligen Verhaltens normaler Menschen zu treffen, führt normalerweise zu Verbesserungen im Leben der Menschen. Zielgerichtete Entscheidungen der Herrscher dagegen führen tendenziell zur Zerstörung von Leben, da Herrscher im eigenen Interesse, und nicht in dem der Steuerzahler handeln.

John Marshall schrieb 1819: „Die Macht, zu besteuern, beinhaltet die Macht, zu zerstören.“ Selbst wenn wir das moralische Argument, dass Steuern Raub sind, ignorieren, und die daraus folgenden Argumente, dass Steuern die Menschen daran hindern, ein glückliches Leben zu führen und ihre wirtschaftlichen Ziele zu erreichen, ebenfalls ignorieren, so müssen wir dennoch feststellen, dass die Besteuerungsmacht zahlreiche negative Anreize mit sich bringt, die in der Tat zu vielfältiger Zerstörung führen.

Wir kommen zu folgendem Fazit: Hoffen Sie nicht auf Verbesserungen durch Austausch der Partei oder der Person an der Macht, denn so lange Herrscher die Besteuerungsmacht besitzen, werden sie auch den Staatsapparat zum Schaden der Beherrschten einsetzen. Die Besteuerungsmacht liefert dem Staatskraken sein Opfer, nämlich uns. Steuern nähren das Monster, dessen Wachstum alles erwürgt. Steuern, egal ob mit oder ohne Repräsentation der Steuerzahler, sind ein Übel, das für endlose Zerstörung und endloses Leid sorgt. Wenn wir weise sind, machen wir das Monster unschädlich, in dem wir der Besteuerungsmacht endgültig ein Ende setzen.

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Aus dem Englischen übersetzt von Florian Senne. Der Originalbeitrag mit dem Titel Taxation Isn’t Only Theft, It’s Destruction ist am 8.12.2016 auf der website des Mises-Institute, Auburn, US Alabama erschienen.

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Michael S. Rozeff ist emeritierter Professor für Finanzwirtschaft an der Universität Buffalo, New York.

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Hinweis: Die Inhalte der Beiträge geben nicht notwendigerweise die Meinung des Ludwig von Mises Institut Deutschland wieder.

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