Weshalb die FDP verloren hat

4.10.2013 – von Norbert F. Tofall.

Norbert F. Tofall

Wir haben die Bundestagswahl 2013 „einfach, niedrig und gerecht“ verloren, weil wir 2009 Steuersenkungen versprochen, aber in der Koalition mit der Union nicht einmal eine Steuerstrukturreform durchgesetzt haben. Wir haben die Bundestagswahl 2013 „einfach, niedrig und gerecht“ verloren, weil wir auf Parteitagen in Sachen Marktwirtschaft und liberalen Rechtsstaat die Backen aufgeblasen, aber bei der Euro-Rettung und mit der Bankenunion jedes marktwirtschaftliche und rechtsstaatliche Prinzip über Bord geworfen haben. Wir haben die Bundestagswahl 2013 „einfach, niedrig und gerecht“ verloren, weil wir auf Parteitagen von der Freiheit des einzelnen Menschen schwärmen, aber die Vertragsfreiheit des einzelnen Menschen durch Mindestlöhne aus purer Anbiederung an die Union schleifen. Und wir haben die Bundestagswahl 2013 „einfach, niedrig und gerecht“ verloren, weil wir uns aus purem Opportunismus an der industriefeindlichen Energiewende beteiligt haben und jetzt sogar Off-Shore-Windräder subventionieren. Wir haben auf ganzer Linie versagt, wollten den Menschen aber einreden, wir wären so wahnsinnig toll. Bei jeder Personalentscheidung – auch beim Vorstürmen von Christian Lindner am Montag nach der verlorenen Bundestagswahl – ignorieren wir inhaltliche Fragen und fragen uns leider nicht, welche Inhalte welcher Parteifreund glaubwürdig vertreten kann. Und wir werden auch zukünftige Wahlen nicht mit leeren Floskeln eines mitfühlenden Liberalismus und anderen Wieselwörtern gewinnen. Mit diesem pseudo-intellektuellen Liberallala, das jede gesellschaftliche und sozio-ökonomische Analyse verschmäht, kommen wir bei noch so gutem Auftreten und gewandten Reden in Talk-Shows nicht weiter. Die FDP muß auch nicht von unten über die Länder neu aufgebaut werden. Das ist alles nur dümmliches Gerede, mit dem man dem eigentlichen Problem ausweichen will. Die Parteistruktur steht und ist nicht unser Problem. Und dass innerhalb der Parteistruktur personelle und organisatorische Kapazitäten aus finanziellen Gründen abgebaut werden müssen, ist sehr heilsam. Denn jetzt haben Idealisten und Überzeugungstäter eine Chance.

Die Lösung unserer Probleme ist dabei sehr einfach, aber für unser derzeitiges Führungspersonal wohl doch zu schwer. Erstens: Man muß das tun, was man sagt. Zweitens: Die FDP muß endlich zu einer klassisch-liberalen Partei werden, die in allen Politikbereichen die individuelle Freiheit der Menschen auch gegen den Zeitgeist verteidigt. Dazu ist es vorab aber notwendig, öffentlich einzugestehen, dass die FDP seit ihrer Gründung nach dem Zweiten Weltkrieg noch nie eine klassisch-liberale Partei war. Die FDP war überwiegend eine reine Funktionspartei, die ihre Verdienste hatte, weil sie in wechselnden Regierungen das Schlimmste verhindert hat. Das ist nicht zu verachten, macht eine Partei aber noch lange nicht zu einer klassisch-liberalen Partei. Insbesondere die vom 34jährigen Christian Lindner angeblich im Bücherschrank seines Vaters gefundenen Freiburger Thesen haben mit klassischem Liberalismus nichts zu tun. Sie hatten zwar eine zeitbedingte Funktion, ja, sie haben die damalige gesellschaftliche Aufbruchstimmung symbolisiert, leben aber nicht von ihren eigentlichen sozialdemokratischen Thesen, sondern vom Bild des weltgewandten und toleranten Ralf Dahrendorf, der persönliche Größe und Lebensart besaß, mit gesellschaftlichen Abweichlern wie Rudi Dutschke auf einem VW-Käfer vor der Freiburger Stadthalle zu diskutieren. Ja, das hat was! Und ich würde mir wünschen, dass die heutigen und zukünftigen FDP-Führungen die persönliche Größe besitzen würden, zumindest mit Andersdenkenden in der eigenen Partei normal umzugehen. Während des FDP-Mitgliederentscheids zur Euro-Rettungspolitik und auch danach war von einem normalen Umgang mit uns Initiatoren nichts zu spüren, – im Gegenteil… Aber auch persönliche Größe und Lebensart machen inhaltlich noch lange keinen klassischen Liberalismus aus.

Der „Liberale Aufbruch in der FDP“ hat 2012 anlässlich der Diskussion über ein neues FDP-Grundsatzprogramm ein Positionspapier „Mehr Mut zu Recht und Freiheit“ vorgelegt, in dem an ausgewählten Politikfeldern durchdekliniert wird, dass es für Liberale und überzeugte Europäer keinen Primat der Politik gibt. Liberale und überzeugte Europäer folgen dem Primat von Recht und Freiheit! Der politische Auftrag, die Existenzberechtigung und die Erfolgperspektive der FDP ergeben sich aus ihrer Position Sachwalter, Anwalt und Vorkämpfer von individueller Freiheit, Rechtsstaat und Marktwirtschaft zu sein. Die FDP darf sich nicht von einzelnen Gruppen und Interessenvertretern instrumentalisieren lassen, sondern muss die Prinzipien von Recht und Freiheit stets höher stellen als die Belange von Einzelinteressen. Sie muss in jeder Situation – auch gegen den Zeitgeist und bei Inkaufnahme von Widerständen in den Medien und sonstigen Nachteilen – glaubwürdig für die Sache der Freiheit streiten. Allein so wird sie das Vertrauen und den Rückhalt in der Bevölkerung wiedergewinnen und eine starke politische Kraft sein. In Kurzform heißt das:

Wir brauchen ein Europa des Rechts und der Freiheit, nicht ein Europa, das durch die derzeitige Euro-Rettungspolitik zu Planwirtschaft und Zentralismus geführt wird.

Wir brauchen eine Geldreform und eine öffentliche Diskussion über ein neues Geldsystem, das nicht ständig von Staat und Politik manipuliert werden kann. Wir brauchen eine marktwirtschaftliche Geldordnung und kein staatliches Zwangspapiergeldmonopol.

Wir müssen überschuldete Banken in Konkurs gehen lassen. Für alle Marktteilnehmer gelten die gleichen Regeln. Zudem ist es billiger die Spareinlagen zu retten als Staaten und Banken.

Wir brauchen einen Ausstieg aus der Energiewende und eine marktwirtschaftliche Energiepolitik, kein EEG, das Preise verzerrt und die Sonderinteressengruppe der Green Economy auf Kosten der normale Bevölkerung fördert.

Wir brauchen keine Mindestlöhne. Wir brauchen keine Vorratsdatenspeicherung. Wir brauchen keine Frauenquoten.

Der Staat darf keine Glücks- und Wohlfahrtsvorstellungen per Gesetz – und das heißt per Zwang – durchsetzen oder fördern. Der Staat hat lediglich dafür zu sorgen, dass die Glücks- und Wohlfahrtsvorstellungen der Menschen nebeneinander bestehen können. Glücks- und Wohlfahrtsvorstellungen sind ausschließlich individuelle Lebensführungsprogramme. Kein Mensch, keine Gruppe, keine noch so demokratisch gewählte Mehrheit und auch kein Staat haben deshalb das Recht, Menschen zu zwingen, auf eine bestimmte Art und Weise glücklich zu sein. Jeder Mensch hat das Recht, auf seine Art nach Glück zu streben.

Nehmen wir das endlich ernst! Nicht nur in Deutschland, sondern in ganz Europa!

Und auch in der FDP.

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Norbert Friedrich Tofall ist seit 25 Jahren FDP-Mitglied; er gehört zu den 14 Gründungsmitglied des Liberalen Aufbruchs in der FDP und ist Mitglied der Hayek-Gesellschaft und Mitglied des katholischen Lord Acton Kreises.

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