Mit Mises aus den Miesen

27.6.2013 – Der Wiener Wirtschaftswissenschaftler Ludwig von Mises erlebt eine Renaissance. Kein Wunder, er forschte schon in den 1920ern über Staatsverschuldung.

von Dr. Rainer Bieling.

Dr. Rainer Bieling

Am 15. Juni 2013 fand die erste Konferenz des Ludwig von Mises Instituts Deutschland statt. Bei der Tagung ging es um „Steuern und Inflation“ in den Zeiten der Eurorettung. Um zu verstehen, wie das Wechselspiel von Wirtschaft und Staat funktioniert, ist es wichtig, den Begriff der Elite im Plural zu denken. Es sind mehrere Eliten mit verschiedenen Interessen, auf staatlicher Ebene deren zwei: Politik und Verwaltung, im Parteienstaat Deutschland ununterscheidbar verzahnt. Auf wirtschaftlichem Feld konkurrieren Eliten aus Finanzsektor, Management und Unternehmerschaft. Für Ludwig von Mises zeichnete sich bereits in den 1920er-Jahren ab, dass es in den neuzeitlichen Marktwirtschaften zwei dieser Eliten nur um eines geht: Geld, wegen dessen Erstbesitz sie ein ausgesprochen symbiotisches Verhältnis eingehen. Es sind die Staats- und Finanzeliten, die einen Komplex wechselseitiger Begünstigung und Abhängigkeit ausbilden, gegen den andere Wirtschaftseliten nur schwer ankommen.

Konferenz des Ludwig von Mises Instituts Deutschland. Zur Begrüßung spricht Vorstand Andreas Marquart.

Das zeigt sich aktuell auf dramatische Weise in der Eurokrise, die dann auch die Folie abgab, vor der die Referenten der Tagung ihr Rethinking Mises vortrugen. Als Doyen der Österreichischen Schule der Ökonomie hielt der emeritierte Professor Hans-Hermann Hoppe den Eröffnungsvortrag, in dem er die ausufernde Steuerpolitik als staatlichen Raubzug identifizierte. Professor Jörg Guido Hülsmann konkretisierte den Gedanken und kam auf 15 Strategien, mit denen staatliche Eliten ihren Bevölkerungen Steuern so schmackhaft machen, dass die Steuerzahler sie am Ende als Segen empfinden.

Zwei der Referenten sind HAUPTSTADTBRIEF-Lesern durch wiederholte Beiträge schon bekannt, die Professoren Philipp Bagus und Thorsten Polleit, letzterer Präsident des Ludwig von Mises Instituts Deutschland. Sein Vortrag über „Das Bankwesen und der Staat“ skandalisierte die angesprochene Verflechtung von Staats- und Finanzeliten; Philipp Bagus konnte zeigen, warum die „realwirtschaftlichen“ Eliten das Nachsehen haben: Unternehmer, die auf Innovation setzen, um im Wettbewerb zu bestehen, werden von Eliten ausgebremst, die auf Kollaboration setzen, um durch Privilegierung zu bestehen. Staatliche Geld- und Finanzpolitik beschädigt die Marktwirtschaft, erzeugt Blasen, schließlich Krisen.

Ludwig von Mises als Spiritus Rector des freien Unternehmertums ist eine Größe, die wiederzuentdecken sich lohnt. In einer Zeit, da die offene Gesellschaft in uferloser Staatsverschuldung untergeht, zündete die Münchner Mises-Konferenz ein Leuchtfeuer.

Dieser Beitrag ist in DER HAUPTSTADTBRIEF Ausgabe 116 erschienen.

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Dr. Rainer Bieling ist Redaktionsdirektor von DER HAUPTSTADTBRIEF, einem unabhängigen Informations- und Hintergrunddienst aus Berlin. DER HAUPTSTADTBRIEF erscheint als gedruckte Ausgabe im Magazinformat und als Online-Ausgabe im Internet.

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