Erfolgsmodell Hongkong: So schafft man Wohlstand

10.7.2017 – von Marian L. Tupy.

Marian L. Tupy

Am Samstag vor zwanzig Jahren übergab Großbritannien die Kontrolle über Hongkong an China. Heute ist das Gebiet, das der britische Außenminister Viscount Palmerston einst als „karge, praktisch unbewohnte Insel“ beschrieb, immer noch eine der großartigsten Städte der Welt, deren Einwohner einen der höchsten Lebensstandards der Welt genießen.

Betrachten wir das Leben eines älteren Hongkongers, um ein Gefühl für die Erfolgsgeschichte Hongkongs zu bekommen. Stellen wir uns eine 84-jährige Frau vor, die 1932 geboren wurde und zusammen mit Tausenden anderen nach der Revolution 1942 vom Festland nach Hongkong flüchtete. Im Jahr 1950 wäre sie knapp 18 Jahre alt gewesen. Wie sah die Welt aus, die sie gekannt hätte?

Pro-Kopf-Einkommen

 

Hongkong und China im Vergleich über die Jahre

Hongkong hatte damals ein Pro-Kopf-Einkommen von 4.120 USD und muss geradezu paradiesisch gewirkt haben im Vergleich zu China mit seinem Pro-Kopf-Einkommen von gerade einmal 644 USD – vermutlich einer der Gründe, warum die Frau nach Hongkong flüchtete. Aber im Vergleich zu den Industrienationen des Westens war Hongkong immer noch vergleichsweise zurückgeblieben.

Das Durchschnittseinkommen im Vereinigten Königreich lag bei 11.921 USD, in den USA lag es sogar bei 16.197 USD (alle Werte sind in kaufkraftbereinigten US-Dollar von 2015). Mit anderen Worten verdiente der Durchschnittsbewohner der Kolonie 35% beziehungsweise 25% des Einkommens britischer beziehungsweise amerikanischer Bürger. Heutzutage ist das Durchschnittseinkommen in Hongkong 37% höher als im Vereinigten Königreich, und 3% höher als in den USA.

1960 betrug die durchschnittliche Lebenserwartung in der Kolonie 67 Jahre. Im Vereinigten Königreich lag sie bei 71 Jahren, in den USA bei 70 Jahren. Auch hier hat sich das Blatt gewendet. Heute kann ein Einwohner Hongkongs damit rechnen, 84 Jahre alt zu werden. Für das Vereinte Königreich liegt der Wert bei 81 Jahren, für die USA bei 79 Jahren.

Folglich muss man Hongkong bei zweien der wichtigsten Maßstäbe für menschlichen Fortschritt, nämlich der Lebenszeit und dem materiellen Wohlstand während dieser Lebenszeit, als eine der größten Erfolgsgeschichten aller Zeiten betrachten.

Lebenserwartung

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Als britische Kolonie genoss Hongkong sichere Eigentumsrechte, Gleichheit vor dem Recht und eine unabhängige Justiz. Die Kolonie wurde zwar nie eine echte Demokratie, aber ihre Einwohner erfreuten sich aller Bürgerrechte, inklusive der Meinungsfreiheit, der Pressefreiheit, der Religionsfreiheit und der Bewegungsfreiheit.

Im Gegensatz zu einigen ehemaligen britischen Kolonien und des Vereinigten Königreiches selbst sah sich Hongkong nie sozialistischen Experimenten ausgeliefert. Historisch gesehen spielte die Regierung stets nur eine winzige Rolle im Wirtschaftsleben und beschränkte sich darauf, den Flüchtlingen vom Festland verbilligten Wohnraum zur Verfügung zu stellen.

Es gab einen einheitlichen, niedrigen Steuersatz (sowohl Einkommenssteuer als auch Unternehmenssteuer liegen bei ca. 17%), die Staatsausgaben überschritten nie 11% des Bruttoinlandsproduktes, und der Haushalt war stets ausgeglichen. Hongkong verfolgte eine Politik der einseitigen Handelsliberalisierung – die Kolonie erhob also keine Importzölle, egal ob andere Länder dies im Gegenzug auch taten oder nicht.

Deshalb war Hongkong zwischen 1970 und 2014 stets das wirtschaftlich freieste oder zweitfreieste Land der Welt (für diesen Zeitraum stehen die Daten des Fraser Institute`s Economic Freedom of the World Report zur Verfügung).

Wirtschaftliche Freiheit

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Die wirtschaftliche Freiheit kam Millionen von Menschen in Hongkong zugute. Wichtiger noch, sie nutzte auch hunderten von Millionen von Festlandchinesen. Während Hongkong immer reicher wurde, sahen sich die Kommunisten gezwungen, das Scheitern des Sozialismus zuzugeben, und 1978 ihren eigenen Weg des wirtschaftlichen Erfolges zu beschreiten. Zwischen 1978 und 2016 haben sich die Einkommen der Chinesen versiebenfacht, was zur größten Armutsreduktion in der Geschichte der Menschheit führte.

Hongkong und Brexit

Der Zusammenhang zwischen wirtschaftlicher Freiheit und Wirtschaftswachstum, der unzweifelhaft am Beispiel Hongkongs gezeigt wurde, sollte auch für die britischen Entscheidungsträger von Interesse sein, während das Vereinigte Königreich sich auf den EU-Austritt vorbereitet. Nach dem Austritt könnte Großbritannien versuchen, die Erfolgsgeschichte Hongkongs zu wiederholen, in dem es wachstumsmaximierende Politiken verfolgt, Steuern senkt, die Wirtschaft weiter dereguliert und einseitig den Freihandel erklärt.

Sollte Großbritannien dem Beispiel Hongkongs folgen, für größere wirtschaftliche Freiheit sorgen und als Folge die Wirtschaft aufblühen, könnten andere europäische Länder versucht sein, seinem Beispiel zu folgen. So könnte das Vereinigte Königreich als Leuchtfeuer der Freiheit und des Wohlstandes für Europa scheinen, genauso wie Hongkong als Leuchtfeuer der Hoffnung für China geschienen hat.

Im Jahre 1755 lieferte der große schottische Ökonom Adam Smith etwas, das er als „bescheidene Beschreibung dessen, was seiner Meinung nach der Staat tun solle, um die wirtschaftliche Entwicklung zu unterstützen“ bezeichnete. Er schrieb:

„Es ist wenig mehr nötig, um einen Staat aus den tiefsten Tiefen der Barbarei zum höchsten Grad des Wohlstandes zu führen als Frieden, niedrige Steuern und eine passable Rechtsprechung; alles andere ergibt sich dann auf natürliche Art und Weise. Alle Staaten, die diesen natürlichen Verlauf ändern wollen, die die Dinge in andere Bahnen leiten wollen oder die den Fortschritt der Gesellschaft an einem bestimmten Punkt einfrieren wollen, sind unnatürlich, und müssen sich unterdrückerischer und tyrannischer Mittel bedienen, um dies durchzusetzen.“

Hongkong ist es so gut ergangen, weil es Smiths Ratschlägen gefolgt ist. Großbritannien muss nicht das Rad neu erfinden. Es muss sich nur seines eigenen intellektuellen Erbes entsinnen und die Prinzipien der politischen und wirtschaftlichen Freiheit neu zu schätzen lernen, die ja ursprünglich Geschenke Großbritanniens an die Welt waren.

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Aus dem Englischen übersetzt von Florian Senne. Der Originalbeitrag mit dem Titel Hong Kong’s Example for the Rest of Us ist am 5.7.2017 auf der website der Foundation of Economic Education erschienen.

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Marian L. Tupy ist Editor von HumanProgress.org und Senior Policy Analyst am Center for Global Liberty and Prosperity.

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Hinweis: Die Inhalte der Beiträge geben nicht notwendigerweise die Meinung des Ludwig von Mises Institut Deutschland wieder.

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