Die Wahrheit über Politik
4.3.2016 – von Llewellyn H. Rockwell Jr.
Kürzlich wurden die ersten Abstimmungen der Präsidentschaftswahlsaison 2016 in den Caucuses in Iowa abgehalten. Das alles soll glückselige Gedanken in uns auslösen in puncto Selbstbestimmung, bürgerliche Tugenden, rationaler Abwägung und über Politik als den Weg, den Willen der Menschen umzusetzen.
Aber ganz im Gegenteil; die Dinge, die wir laut Establishment feiern sollten, sollten wir verschmähen. Politik funktioniert nach Richtlinien und Prinzipien, die uns im Privatleben mit Abscheu erfüllen und uns ins Gefängnisbringen würden, würden wir nach diesen Prinzipien leben. Der Staat kann stehlen und es als Besteuerung bezeichnen, er kann uns entführen und von Wehrpflicht sprechen, er kann töten und es Krieg nennen.
Und es wird uns beigebracht, dass wir vor dem Kapitalismus Angst haben sollen.
Aber was sind denn überhaupt Kapitalismus und der freie Markt? Sie sind nichts mehr als die Gesamtsumme der freiwilligen Handlungen in der Gesellschaft.
Wenn man in einen freiwilligen Handel einwilligt – wenn ich für 5 Dollar Äpfel kaufe oder wenn Sie jemanden für 25 Dollar die Stunde beschäftigen -, stehen beide Parteien besser da, im Vergleich zu einer Situation, in welcher der Handel nicht stattgefunden hätte.
Für unsere Interaktionen mit dem Staat trifft das nicht zu, weil wir den Staat unter Androhung von Gewalt bezahlen. Ganz sicher steht der Staat am Ende besser da.
Unternehmen und Firmen, die ihre Profite dank eines innovativen Produktes steigern, können sich nicht auf ihren Lorbeerkränzen ausruhen. Die Konkurrenz wird diese Innovation ebenfalls implementieren und die abnormal hohen Profite werden sich auflösen. Unternehmen müssen sich also stets weiter entwickeln und danach streben, neue Möglichkeiten zu finden, um die Bedürfnisse der Mitmenschen zu erfüllen.
Für den Staat gelten solche Bedingungen nicht. Der Staat kann so rückständig sein, wie er möchte. Typischerweise ist es anderen Unternehmen nicht erlaubt, mit dem Staat im Wettbewerb zu stehen.
Die Prioritäten des Staates setzen willkürlich die Ihren außer Kraft. Ethanol „ist für die Bauern wichtig“, sagt ein Kandidat. Also weil der Staat entschieden hat, dass das idiotische und wirtschaftlich unsinnige Lieblingsprojekt irgendeiner Interessengruppe „wichtig“ ist, wird das, was Sie lieber mit Ihrem Geld anstellen würden, ignoriert und Sie werden dazu gezwungen, das Subjekt der staatlichen Privilegien zu subventionieren.
Unsere Schulen und Medien malen das Bild von bösen Firmen und dem gütigen, liebevollen Staat. Aber wer hat nicht lieber ein Verkaufsgespräch mit einem Kreuzfahrtunternehmen als die Ankündigung einer Steuerprüfung durch das Finanzamt?
Oder stellen Sie sich vor, ein Unternehmen spannt ein Netz aus Lügen und nutzt sie, um gewalttätige Angriffe gegen ein Volk, das den Amerikanern nie etwas getan hat, einzuleiten und tötet dabei über eine Million Menschen und veranlasst noch viele Millionen mehr zur Flucht. Dieses Unternehmen würde zerschlagen werden und sein Name würde nie mehr wieder ausgesprochen. Dieses Unternehmen würde bis zum Tag des Jüngsten Gerichts verurteilt und gebrandmarkt werden.
Wir leben in einer Zeit, in der all diese Dinge passiert sind – aber sie wurden vom Staat durchgeführt. Und wie wir alle wissen, gab es für niemanden negative Konsequenzen. Niemand wurde bestraft. Tatsächlich verdienen die Täter sechsstellige Honorare für das Halten von Reden. Schlimmstenfalls wird alles als unbeabsichtigter Fehler bezeichnet. Manche Menschen sind dennoch empört, aber selbst sie nehmen an, dass man nicht wirklich etwas gegen ein solches Verhalten des amerikanischen Regimes tun kann.
Stellen Sie sich vor, es gäbe ein Unternehmen, das irgendwie so etabliert ist, dass es trotz einer erschütternd hohen Anzahl von Opfern jeglicher Verantwortung aus dem Weg geht und einfach so weiter macht. Die öffentliche Empörung wäre ohrenbetäubend und überwältigend.
Aber seit unserer Kindheit war die Propaganda über den liebevollen Staat so schonungslos, dass viele Leute einfach nicht in der Lage sind, so schlecht über den Staat zu denken, wie sie über Unternehmen denken – obwohl die Verbrechen des Staates sämtliche Missetaten aller existierenden Unternehmen zusammengenommen in den Schatten stellen. Währenddessen werden Gegner des Staates routinemäßig als unverbesserliche Menschenhasser dargestellt, obwohl wir tatsächlich, in Anbetracht des wahren Wesens des Staates, die größten Unterstützer und Befürworter der Menschheit sind.
Der Markt bringt Menschen zusammen. Menschen mit unterschiedlichen und manchmal sogar feindseligen rassischen, religiösen und philosophischen Hintergründen handeln gerne miteinander. Darüber hinaus ist die internationale Arbeitsteilung in ihrer heutigen Form das größte und außergewöhnlichste Beispiel für menschliche Kooperation in der Weltgeschichte. Unzählige Firmen produzieren unzählige Zwischengüter, die am Ende zu fertigen Konsumgütern werden. Und die gesamte Produktionsstruktur ist in ihrer gesamten Komplexität darauf ausgerichtet, die Wünsche der Kunden so effektiv wie möglich zu erfüllen.
Auf der anderen Seite ist der Staat, der uns gegeneinander ausspielt. Wenn einem von uns die Gunst des Staates zuteil wird, so erfolgt dies auf Kosten aller anderer. Damit eine Gruppe begünstigt werden kann, muss erst eine andere enteignet werden. Stets hat der Staat Alt gegen Jung, Schwarze gegen Weiße, Reiche gegen Arme, Industrie gegen Landwirtschaft und Frauen gegen Männer ausgespielt.
Jeder anti-soziale Aufwand, um die Gunst des Staates zu erlangen, ist Aufwand, der auf der anderen Seite fehlt, um Güter und Dienstleistungen zu produzieren und so den allgemeinen Wohlstand zu erhöhen.
Das Handlungsmotiv auf dem Markt ist es, die Bedürfnisse unserer Mitmenschen vorauszusehen und sich darum zu bemühen, diese Bedürfnisse im Hinblick auf die Kosten möglichst effizient umzusetzen – mit anderen Worten, so wenig Ressourcen wie möglich zu verschwenden und das Angebot so erschwinglich wie möglich zu gestalten.
Aber wir brauchen den Staat, sagt uns so ziemlich jeder. Sei es wegen „Monopolen“ oder Drogen, den Bösewichtern in Übersee oder den anderen Butzemännern, die der Staat benutzt, um sich selbst zu rechtfertigen; wir werden stets daran erinnert, warum der Staat angeblich unentbehrlich ist. Diese und andere Begründungen klingen plausibel genug, weshalb sie vom Staat und seinen Apologeten benutzt werden. Die ersten Schritte in Richtung einer intellektuellen Befreiung kommen jedoch, sobald jemand über die Möglichkeit nachdenkt, dass die Dinge in der Realität anders sein könnten, als sie im Fernsehen oder in der Schule präsentiert werden.
Die kleine Minderheit der Menschen, die den Staat mit Mitteln, die vom produktiven privaten Sektor enteignet worden sind, verwalten, müssen diese Situation rechtfertigen, damit die Öffentlichkeit bloß nicht ruhelos wird oder aufgrund der wahren Beziehung zwischen dem Staat und sich selbst auf subversive Gedanken kommt. Und hier kommen die vielen Plattitüden des Staates ins Spiel: Die Menschen regieren sich selbst, Besteuerung ist freiwillig, Staatsbeamte sind Diener des Volkes.
Denken Sie einen Moment über die letzte dieser Aussagen nach: Staatsbeamte sind unsere Diener. Diese Menschen besetzen eine Institution, die darüber entscheidet, welcher Teil unserer Einnahmen und unseres Vermögens enteignet wird, um sich selbst zu finanzieren. Sie werden uns verhaften, wenn wir nicht bezahlen. Und wir sollen glauben, diese Leute sind unsere Diener?
Für diejenigen, die nicht naiv genug sind, um auf solch durchschaubare Lügen reinzufallen, werden die Rechtfertigungen ein wenig anspruchsvoller. Na gut, na gut, sagt der Staat, es ist nicht ganz richtig, zu sagen, dass die Leute sich selbst regieren. Aber! Wir bieten das nächstbeste an: Die Menschen werden von Individuen, die aus ihnen auserwählt werden, repräsentiert!
Aber wie Gerard Casey meint, ist die Idee der politischen Repräsentation nicht aussagekräftig. Wenn ein Geschäftsinhaber seinen Vertreter in eine Verhandlung schickt, dann stellt er sicher, dass in seinem Interesse gehandelt wird. Wenn die Interessen des Inhabers nur schwach vertreten oder ignoriert werden, oder ihnen geradezu getrotzt wird, dann wird er einen anderen Repräsentanten auswählen.
Nichts davon sieht auch nur annähernd wie politische Repräsentation aus. So wird ein sogenannter Repräsentant von einigen Leuten gewählt, andere lehnen ihn ab. Dabei sagt man, er würde alle „repräsentieren“. Aber wie kann das sein, wenn er doch gar nicht alle kennen kann? Und selbst wenn er das täte, würde er herausfinden, dass sich ihre Ansichten und Prioritäten gegenseitig ausschließen.
Selbst wenn wir uns nur auf die Menschen beschränken, die den Repräsentanten tatsächlich gewählt haben: Zählt ihre ursprüngliche Wahlstimme als Einverständnis zu allen seinen Entscheidungen? Manche haben ihn nicht wegen seinen Ansichten oder Vorzügen gewählt, sondern nur, weil er weniger schlecht als ein alternativer Kandidat war. Andere haben ihn wegen seiner Haltung zu bestimmten Dingen gewählt, aber haben in allen anderen Belangen etwas gegen ihn. Wie können selbst diese Leute – die den Repräsentanten tatsächlich gewählt haben – ernsthaft behaupten, von ihm „repräsentiert“ zu werden?
Aber die Idee der politischen Repräsentierung, so gegenstandslos wie sie ist, ist für den modernen Staat durchaus von Nutzen. Sie hilft dabei, die Tatsache zu verschleiern, dass selbst die „freien Gesellschaften“ des Westens, trotz allem Gerede über „die Herrschaft des Volkes“ und „Selbstregierung“, daraus bestehen, dass einige Leute herrschen und andere beherrscht werden.
Wenn die Ergebnisse dieser Wahlsaison feierlich verkündet werden, denken Sie daran, was das bedeutet: der Sieg von Zwang, Nötigung, und Propaganda und die Niederlage von Kooperation, Freiheit, und Wahrheit. Die Sozialkunde-Lehrbücher können mit tiefer Ehrfurcht vom amerikanischen politischen System schreiben, aber genau das ist bei weitem das schlimmste an den Vereinigten Staaten. Statt die anti-soziale Welt der Politik zu feiern, erheben wir das Glas auf die Anti-Politik des freien Marktes, der durch Frieden und Kooperation zu mehr Vermögen und Wohlstand geführt hat, als es der Staat und seine Politiker mit allem Zwang der Welt jemals bezwecken könnten.
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Aus dem Englischen übersetzt von Vincent Steinberg. Der Originalbeitrag mit dem Titel The Truth About Politics ist am 5.2.2016 auf der website des Mises-Institute, Auburn, US Alabama erschienen.
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Llewellyn H. Rockwell Jr. ist Gründer und Präsident des Ludwig von Mises Institute in Auburn, US Alabama.
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