Hilfe, die Roboter kommen!

7. Januar 2019 – von Jim Kelly

Jim Kelly

Sie haben sicher schon von der Automatisierungswelle gehört, die Ihren Job vernichten wird. Die Warnungen lauten, dass Fabriken nur noch aus Robotern bestehen werden, die alles herstellen, ohne dass noch Menschen gebraucht werden. Fahrerlose Teslas werden die Wohlhabenden durch die Gegend fahren.

Aber was wird dann aus uns arbeitslosen Massen? Werden wir verhungern? Werden die Reichen riesige fleischfressende Staubsauger-Roboter auf die Straßen loslassen, um sie vom Abschaum zu säubern, und uns in die Wälder treiben?

Eine Klarstellung scheint nötig.

Die große Befreiung

Wenn Sie vor ein paar hundert Jahren ein Amerikaner gewesen wären, hätten sie ungefähr 70 Stunden in der Woche gearbeitet. Die USA waren ein Land von Subsistenzfarmern, in dem praktisch jeder arbeiten musste. Von der Kindheit bis zum Tod mussten die Felder bestellt und die Kühe gemolken werden, wollte man essen. Müßiggang während er Schulzeit? Keine Chance. Ruhestand? Ein Luxus, den sich die Menschen gar nicht vorstellen konnten.

Aber unsere Ur-urgroßväter überlegten sich, wie sie ihre Ressourcen besser nutzen könnten, insbesondere ihre Zeit. Sie erfanden und verkauften die Roboter ihrer Zeit – eiserne Ungetüme, die nichts konnten außer eine Welle zu drehen, die eine Spinnmaschine antrieb. So begann die Produktivitätsrevolution.

Seitdem haben Maschinen sowohl das Arbeiterheer als auch die Arbeitszeit halbiert. Heute arbeiten von 329 Millionen Amerikanern nur 165 Millionen überhaupt. Und der Durchschnittsarbeiter verbringt nur 34 Stunden in der Woche mit Arbeiten.

Anders ausgedrückt haben moderne Gesellschaften es geschafft, einen dramatisch höheren Lebensstandard zu schaffen, während die eine Hälfte überhaupt nicht mehr arbeiten muss, und die andere nur noch halb so lange.

Und gibt es ein Heer von Arbeitslosen? Nicht wirklich, denn Amerikaner wollen nicht unbedingt arbeiten.

Die Hälfte der Arbeiter (49%) mögen ihre Jobs nicht. Von denen, die nicht arbeiten, suchen nur 7 Millionen nach Arbeit (und finden sie im Durchschnitt innerhalb weniger Monate), und 3 Millionen möchten einen Job, haben aber aufgegeben zu suchen. Also arbeiten 161 Millionen Menschen nicht, und scheinen zufrieden damit.

Die nächste Welle der Erleichterungen

Heute verspricht künstliche Intelligenz einen neuen Produktivitätsschub, der unseren Lebensstandard auf neue Höhen treibt, und die Anforderungen weiter senkt. Eines Tages wird nur einer von fünf Menschen arbeiten müssen, schließlich nur einer von zehn. Gleichzeitig werden wir einen Lebensstandard genießen, wie er uns heute noch unvorstellbar erscheint.

Wir Menschen sind nur schwer zufriedenzustellen. Einerseits gefallen uns Veränderungen, die unser Leben verbessern. Andererseits mögen wir Sicherheit – den Komfort des Status Quo, oder zumindest eine klare Vorstellung der Richtung, in die sich die Dinge bewegen.

Deshalb ist die Zahl der sorgenvollen Medienberichte über die kommende Automatisierung verständlich. Welche Jobs aber werden verschwinden? Wann? Was werden diese Menschen dann machen?

Diese Fragen stellen sich zu allen Zeiten immer wieder neu. Die Experten geben ihre Mutmaßungen zum Besten, aber die Technologie besitzt eine geradezu atemberaubende Fähigkeit, uns immer wieder zu überraschen, und wir die Fähigkeit, uns anzupassen.

„Wenn wir die Sklaverei abschaffen, wie soll dann die Baumwolle gepflückt werden?“ Vor ein paar hundert Jahren war das eine wichtige Frage. Die Antwort waren gewaltige Maschinen, die mit einer schwarzen, zähen Flüssigkeit aus den Tiefen ferner Wüsten betrieben werden. Allerdings ließ sich die Frage damals nicht beantworten. Jeder, der das damals vorausgesagt hätte, wäre für geisteskrank erklärt worden.

„Was werden die Sklaven dann machen?“ Das war damals eine weitere berechtigte Frage, genau wie wir heute fragen: „Was wird aus den Lkw-Fahrern, wenn die Lkws autonom fahren werden?“ Diese Fragen lassen sich ebenfalls nicht beantworten. Die betreffenden Menschen sind alle Individuen mit einzigartigen Ressourcen, Umständen und Wünschen. Die Automatisierung wird Amerikas 3,5 Millionen Lkw-Fahrer auf 3,5 Millionen unterschiedliche Arten treffen – sie werde deshalb zwangsläufig 3,5 Millionen unterschiedliche Dinge tun. Jede Überlegung, was mit ihnen geschehen wird, ist zunächst einmal stark vereinfachende Fiktion.

„Die Roboter kommen, die Arbeitsplätze werden zerstört.“ Das ist schon an und für sich eine extreme Vereinfachung, da Technologie normalerweise mindestens so viele Türen öffnet, wie sie schließt. Wer hätte vor einem Jahrzehnt vorausgesagt, dass das Taxigewerbe vernichtet werden würde? Und dass das nicht nur für mehr Arbeitsplätze im Beförderungsgewerbe (der Mitfahrvariante davon), sondern auch in vielerlei Hinsicht für bessere Jobs sorgen würde? Auf einmal können Menschen Taxi fahren, die keine Unsummen für eine Taxilizenz aufbringen können, keine 60 Stunden in der Woche fahren wollen, und sich nicht mal in der Stadt auskennen müssen.

Wenn die Gesellschaft einmal dort angelangt sein wird, dass nur einer von fünf arbeiten muss, wie werden die anderen vier dann essen? Viele sicherlich genauso, wie es die nicht-arbeitende Hälfte heute schon tut – Eltern unterstützen ihre Kinder, Erwachsene ihre Eltern, Kapitalanlagen ernähren Pensionäre, Stipendien und Kredite Studenten, und so weiter. Aber wissen können wir das nicht. Wenn es so weit sein wird, wird es Millionen unterschiedlicher Antworten geben, und nicht nur wenige einfache.

Die üblichen sozialistischen Programme

Man sollte meinen, dass in einer Zeit, in der selbst die Armen besser leben als damals Rockefeller, bezahlte Schwarzmaler dasselbe Schicksal ereilt hätte wie Aufzugspersonal. Aber die Weltuntergangsindustrie widersteht der Zeit, genau wie die Schallplatte.

400 Millionen Arbeitsplätze werden bis 2030 verschwunden sein, so wird uns erzählt. Hilfe! Alle Mann an Deck! Die Roboter gewinnen! Verheerende Folgen!

Aber glücklicherweise haben sie ja „Lösungen“ für uns. Und zwar dieselben, die sie für jedes Problem bereithalten: Mehr Wohlfahrtsprogramme. Mehr öffentliche Bildung. Staatliche Arbeitsprogramme. Massive Steuererhöhungen.

Wie üblich verwechseln die Gesellschaftsklempner Statistiken mit dem Leben der Menschen, und das Leben der Menschen mit einem Labor. Staatliche Einheitsprogramme mögen in der Lage sein, die Statistiken in die gewünschte Richtung zu bewegen, aber Statistiken ermöglichen keinen Blick auf die einzelnen Gewinner und Verlierer, die solche Programme zwangsläufig schaffen. Unser Leben ist keine Ziffer; man kann es nicht zusammenfassen.

Kann man überhaupt vernünftigerweise nach dem „Problem“ der Automatisierung fragen? Die Menschheit strebt seit Jahrtausenden nach höheren Lebensstandards und weniger Arbeit. Selbst heute mögen Millionen ihre Jobs nicht, und nun werden Roboter ihnen etwas davon abnehmen. Dabei verbessern oder verschlechtern sie die Jobs anderer Leute in vielfacher Hinsicht, die wir vorher weder voraussagen noch zusammenfassen können.

Wir können jedoch sicher sein, dass wir unter dem Strich froh darüber sein werden, dass die Roboter aufgetaucht sind. In ein paar Jahrzehnten werden wir schaudernd zurückblicken, wie die Menschen 2018 gelebt haben. Schaut euch nur all die Leute an, die Arbeiten verrichtet haben, die sie gehasst haben!

Wer von Ihnen möchte ins Jahr 1975 zurück, als wir in gefährlichen Schrottkisten ohne Klimaanlage herumgefahren sind und dabei Kassetten gehört haben? Dachte ich mir. Begrüßen Sie mit mir die nächste technologische Revolution.

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Aus dem Englischen übersetzt von Florian Senne. Der Originalbeitrag mit dem Titel The Robots are Coming. Don’t Panic ist am 3.1.2019 auf der website der Foundation of Economic Education erschienen.

Jim Kelly ist Technologiemanager und „Wochenend-Autor“ in San Francisco. Er studierte an den Universitäten Berkeley und Princeton (BA und Ph.D.).

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Hinweis: Die Inhalte der Beiträge geben nicht notwendigerweise die Meinung des Ludwig von Mises Institut Deutschland wieder.

Foto: © besjunior – Fotolia.com

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