Wer reguliert die Regulierer?

10.8.2015 – von Thomas J. DiLorenzo.

Thomas J. DiLorenzo

In der Regierung bedeutet Misserfolg Erfolg. Das bezeichne ich als DiLorenzos erstes Regierungsgesetz. Wenn es der Bürokratie des Wohlfahrtsstaates misslingt, die Armut zu reduzieren, wird sie dafür mit mehr Steuergeldern und mehr Verantwortlichkeiten belohnt. Wenn es den staatlichen Schulen misslingt, Kindern etwas beizubringen, dann werden sie mit mehr Steuergeldern und mehr bildungspolitischer Macht belohnt. Wenn die NASA einen Space Shuttle in die Luft jagt, wird sie mit einer großen Budgetausweitung belohnt (im Gegensatz zu einer privaten Fluggesellschaft, die wahrscheinlich bankrott gehen würde). Und als die Fed im Jahr 2007 die größte Wirtschaftskrise seit der Great Depression verursachte, wurde sie mit sehr viel mehr Macht belohnt.

DiLorenzos zweites Regierungsgesetz lautet: Politiker werden selten, wenn überhaupt, die Verantwortung für Probleme tragen, die sie mit schlechten politischen Maßnahmen verursachen. In der Gesellschaft gibt es keine Gruppe, die Politikern hinsichtlich ihrer Verantwortungslosigkeit das Wasser reichen kann. Es gibt einige Ausnahmen, aber im Allgemeinen machen sie immer den Kapitalismus für unsere wirtschaftlichen Probleme verantwortlich, obwohl Kapitalismus faktisch gesehen nicht einmal das Wirtschaftssystem ist, in dem wir uns befinden (Wirtschaftsfaschismus oder Vetternwirtschaft sind treffendere Begriffe). Nichts ist verantwortungsloser, als die letzten verbliebenen Reste des Wirtschaftsmotors mit mehr und mehr Zentralplanung auch noch zu zerstören, selbst wenn man dem ganzen den Namen „Regulierung im Sinne des öffentlichen Interesse“ gibt.

DiLorenzos drittes Regierungsgesetz lautet: Bis auf einige Ausnahmen sind Politiker Gewohnheitslügner. Die sogenannten „Medien-Wachhunde“ kann man besser als „Medien-Schoßhunde“ bezeichnen, da das Hinweisen auf die Lügen der Politiker die effektivste Art und Weise ist, die eigene Karriere als Journalist zum Ende zu bringen. Weist man auf die Lügen der Politiker hin, so wird man von den Informationsquellen abgeschnitten.

Eine der größten Lügen der Regierung ist es, Finanzmärkte seien unreguliert und benötigten dringend mehr Zentralplanung durch die Regierung . Laissez-faire, heißt es, soll die „große Rezession“ verursacht haben. Die Bürokraten der Fed machten Lobby für eine Art Super-Regulierungsbehörde, die das Problem angeblich beheben soll. Das ist alles erlogen, da die Fed laut einer ihrer Publikationen („The Federal Reserve System: Purposes and Functions“) bereits „Aufsichts- und Regulierungsmacht“ über diese unvollständige Liste von Aktivitäten hat: Bank-Holdinggesellschaften, staatliche Banken, ausländische Filialen von Mitgliedsbanken, Edge Act- und Agreement-Unternehmen, staatlich lizenzierte Bankfilialen, Repräsentanzen ausländischer Banken, Staatsbanken, Sparkassen, Tochterunternehmen von Bank-Holdinggesellschaften außerhalb des Banksektors, Sparkassenholdings, die Prozedur des Finanzreportings der Banken, Buchhaltungsvorschriften der Banken, „Unternehmenskontinuität“ im Fall von wirtschaftlichen Notständen, Konsumentenschutzgesetze, Wertpapierhandel der Banken, von Banken verwendete Software, ausländische Bankinvestitionen, ausländische Bankkredite, Filialbanksysteme, Bankfusionen und -käufe, wer eine Bank besitzen darf, „Kapitalanforderungen“, Kreditverlängerungen für den Kauf von Wertpapieren, Gleichberechtigung bei der Kreditvergabe, Offenlegung von Informationen über Hypotheken, Mindestreserveanforderungen, elektronische Überweisungen, Interbankenverbindlichkeiten, durch den Community Reinvestment Act verursachte Subprime-Kredit-„Nachfrage“, sämtliche internationalen Bankoperationen, Konsumentenkredite, Datenschutz von Finanzinformationen von Kunden, Einzahlungen auf Sichtguthaben, Reporting von „fairen Kreditkonditionen“, Transaktionen zwischen Mitgliedsbanken und ihren Tochtergesellschaften und die Einhaltung des Truth in Lendings Act und des Truth in Savings Act.

Darüber hinaus befasst sich die Fed mit legalisiertem Preisfixing von Zinssätzen und verursacht mit ihren „Open Market Operations“ Preisinflation und Boom-und-Bust-Zyklen. Zusätzlich werden die Finanzmärkte im gleichen Maße von der Securities and Exchange Commission, dem Comptroller of the Currency, dem Office of Thrift Supervision und dutzender staatlicher Behörden reguliert. So wird „laissez-faire“ in Washington, D.C. definiert.

DiLorenzos viertes Regierungsgesetz lautet: Politiker werden den Rat ihrer Heerscharen von Wirtschaftsberatern nur dann annehmen, wenn diese Ratschläge die Macht, den Wohlstand und den Einfluss des Staates erhöhen – selbst wenn sich die Politiker der Tatsache bewusst sind, dass diese Ratschläge schlecht für den Rest der Gesellschaft sind. Die Akademiker spielen bei diesem korrupten Spiel fröhlich mit, da auf diese Weise ihre Bekanntheit und ihr Wohlstand steigt. Ein eklatantes Beispiel dieses Phänomens war die Tatsache, dass die große Menge verfügbarer ökonomischer Literatur, die die groben Fehler von staatlicher Regulierung im letzten Jahrhundert dokumentiert, nach Anbruch der „großen Rezession“ bei Regierungsvertretern, bei Medien oder Kommentatoren kein Gesprächsthema im Sinne des „öffentlichen Interesses“ war.

In Amerika wurde die wirtschaftliche Aktivität zwar schon immer vom Staat reguliert, aber der föderale Regulierungsstaat erlebte 1877 mit dem Urteil des Supreme Court im Rechtsstreit Munn v. Illinois seinen ersten großen Schub. Die zwei Munn-Brüder besaßen ein Getreidelager-Unternehmen und die mächtige Bauern-Lobby in ihrem Staat wollte faktisch gesehen ihr Eigentum stehlen, indem die staatliche Legislatur Obergrenzen für Getreidelagerungspreise festlegt. Solche Gesetze wurden bisher wegen der Verletzung der Vertragsklausel der US-amerikanischen Verfassung als verfassungswidrig angesehen. Aber die plünderfreudigen Bauern setzten sich durch und Staatsverfechter auf der ganzen Welt priesen das Urteil als Sieg für „das öffentliche Interesse“. Dieses erste wichtige Beispiel für „Regulierung im Sinne des öffentlichen Interesse“ ist ein unmissverständlicher Akt der legalen Plünderung zugunsten einer sehr begrenzten Einzelinteressensgruppe auf Kosten der Öffentlichkeit, der es in einem freien Markt besser gehen würde.

Entweder aus Ignoranz oder Korruption (oder aus beidem) sangen die staatsfixierten Akademiker das Lied des „öffentlichen Interesse“ in Bezug auf Regulierung und erschufen den Mythos, Märkte würden immer „versagen“ und das erforderliche Heilmittel sei eine wohlwollende und weise staatliche Regulierung im öffentlichen Interesse. Die Akademiker handelten so, obwohl es überall um sie herum eindeutige Beweise dafür gab, dass Regulierung, so wie fast alle Aktivitäten des Staates, immer und überall ein Phänomen einzelner Interessen ist.

Wie es der Historiker Gabriel Kolko 1963 in seinem Buch The Triumph of Conservatism schrieb, strebte das Big Business im frühen 20. Jahrhundert nach staatlicher Regulierung, da diese Regulierung „ausnahmslos von den Führern der regulierten Industrie kontrolliert wird und auf Ziele ausgerichtet ist, die sie als akzeptabel oder wünschenswert erachten.“ Staatliche Regulierung diente allgemein dazu, genau die wirtschaftlichen Interessen zu begünstigen, die reguliert werden. Die Ökonomen der Chicago School bezeichneten dieses Phänomen als „Theorie der Eroberung der Regulierung“.

Die meisten akademischen Ökonomen – verführt durch das Prestige, die Anstellung und das Geld, das mit der Arbeit als Regierungsberater einhergeht – ignorierten die Realität und arbeiteten ungefähr 50 Jahre lang (noch vor dem 1. Weltkrieg und bis in die 1960er) daran, eine Unzahl faktisch leerer Theorien vom „Marktversagen“ zu erfinden. Ein damals beliebtes Buch war Anatomy of Market Failure von Francis Bator. Diese Literatur basiert damals wie heute noch auf der betrügerischen Idee, die Märkte in der echten Welt mit einem unerreichbaren, theoretischen, utopischen Ideal (genannt „perfekter Wettbewerb“) zu vergleichen und anschließend die echte Welt als „unvollkommen“ abzustempeln und dabei auch noch zu vermuten, die politischen Maßnahmen würden diese Unvollkommenheiten im Sinne der staatlichen Regulierung perfekt „korrigieren“. Der Ökonom Harold Demsetz bezeichnete diese Farce als „Nirvana-Irrtum“ – die echten Märkte mit einem „Nirvana“ zu vergleichen wird immer dazu führen, dass Märkte im Vergleich dazu „unvollkommen“ sind. Die Marktversagens-Theoretiker haben den Staat nicht ein einziges Mal mit einem Nirvana verglichen und den Interventionismus unter den gleichen Gesichtspunkten betrachtet. Die Österreichische Schule der Nationalökonomie ist die einzige wirtschaftliche Denkrichtung, die sich nie an dieser Farce beteiligte.

Man muss der Chicago School zu Gute halten, dass sie sich den Österreichern beim Aufdecken von „Marktversagen“- bzw der „Regulierung ist immer etwas gutes“-Trugschlüsse anschloss. Hunderte von akademischen Artikeln und Büchern wurden veröffentlicht, die die alte Weisheit wiederentdeckten, „Regulierung werde normalerweise von der Industrie in Besitz genommen und so umgedeutet, dass sie hauptsächlich zu ihren Gunsten arbeite“, wie der Nobelpreisträger George Stigler im Jahr 1971 schrieb.

Diese Art von Forschung wurde über die Jahre ausgeweitet, um zu zeigen, dass Großunternehmen oft hinderliche staatliche „Sicherheits-“ und Umweltschutzregulierungen unterstützen und für sie Lobbyarbeit betreiben, weil sie verstehen, dass die Umsetzung dieser Regulierungen so kostenaufwendig ist, dass sie wahrscheinlich kleinere Konkurrenten zu Grunde richtet und mögliche Konkurrenten abschreckt, den Markt überhaupt zu betreten. Schon vor langer Zeit fanden Unternehmen heraus, dass es das einzige Mittel zur Erschaffung eines langlebigen Kartells ist, den Kartellvertrag von einem Staat durchsetzen zu lassen. Private Kartelle brechen immer aufgrund von Schummeleien der Kartellmitglieder zusammen. Die Eisenbahn- und Lkw-Branche wurden beispielsweise von der bundesstaatlichen Interstate Commerce Commission (ICC) mehrere Jahrzehnte lang kartellisiert. Die ICC legte in diesen Industrien monopolistische Preise fest und verbat echten Wettbewerb. Das Civil Aeronautics Board (CAB) kartellisierte die Luftfahrtindustrie, indem sie den Preiswettbewerb untersagte, bis sie in den späten 70er Jahren dereguliert wurde. In der amerikanischen Stromversorgungsbranche gab es starken Wettbewerb, bis die staatliche Regulierung des frühen 20. Jahrhunderts zu der Erschaffung von Monopolen auf staatlicher und lokaler Ebene führte. AT&T genoss ebenfalls eine jahrzehntelange staatlich sanktionierte Monopolstellung.

In der Geschichtsepoche, in der das staatlich sanktionierte Monopol vermehrt zur Norm wurde, wurde die Fed gegründet, um die Erschaffung eines Bankenkartells zu vereinfachen. Wie es Murray Rothbard (1926 – 1995) in A History of Money and Banking in the United States darlegte:

Die Finanz-Eliten dieses Landes […] waren für die Durchsetzung des Federal Reserve System verantwortlich, als vom Staat erschaffenes und staatlich sanktioniertes Kartellgerät, um es den Banken dieser Nation zu ermöglichen, die Geldmenge zu inflationieren […] ohne von Einlegern bestraft zu werden.

Mit anderen Worten: Der Fed mehr Regulierungsmacht zu geben, ist nicht bedeutend anders als einem Alkoholiker eine weitere Flasche Whiskey, einem Mörder eine weitere Pistole oder einem Bankräuber eine Skimaske zu geben. Die Situation wird sich zwangsläufig verschlimmern, nicht verbessern.

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Entnommen aus „Organized Crime: The Unvarnished Truth About Government“ von Thomas J. DiLorenzo. Aus dem Englischen übersetzt von Vincent Steinberg.

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Thomas DiLorenzo ist Professor für Volkswirtschaft an der Loyola University Maryland und Mitglied der Senior Faculty des Mises Institute, Auburn, US Alabama. Er ist Autor von The Real Lincoln; Lincoln Unmasked; How Capitalism Saved America; Hamilton’s Curse: How Jefferson’s Archenemy Betrayed the American Revolution — und What It Means for Americans Today.

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