Fracking – eine neue Blase im neuen Jahr

13.2.2015 – von Mark Abdelnour.

Das neue Jahr hat begonnen und wir befinden uns bereits inmitten einer neuen, durch Zentralbanken angeheizten Kreditblase. Diesmal entwickelt sich der Öl- und Gassektor zum Schuldigen. Im Verlauf der letzten sechs Jahre erlebte das hydraulische Aufbrechen bzw. „Fracking“ in den USA einen bemerkenswerten Aufschwung. Es stellt ein neues und innovatives Verfahren zur Förderung von Kohlenwasserstoffen aus tiefliegenden Gesteinsformationen dar. Manch einer könnte versucht sein zu behaupten, das Aufkommen von Fracking und die dabei geschaffenen Arbeitsplätze seien ein weiterer Beleg für das Funktionieren freier Märkte. Wie David Stockman allerdings in seinem exzellenten Artikel darlegt, hätte sich die Frackingblase ohne die durch die amerikanische Notenbank (FED) künstlich niedrig gehaltenen Zinsen in Reaktion auf die Finanzkrise von 2007 – 2009 niemals bilden können.

Bei der Erschließung und Förderung von Öl- und Gasvorräten mittels hydraulischen Aufbrechens handelt es sich um ein extrem kapitalintensives Unterfangen. Angesichts einer typischen Lebensdauer von Ölschieferquellen von nur etwa zwei Jahren, müssen die Unternehmen ständig neue Quellen erschließen, weil der Ausbau bestehender zu teuer wäre. Ohne sechs Jahre Nullzinspolitik und ohne zahlreiche Runden von Quantitative Easing durch die FED wären die meisten dieser jungen und risikofreudigen Unternehmen niemals in der Lage gewesen, die Kosten für Erschließung und Förderung zu tragen. Rekordverdächtig niedrige Finanzierungskosten erlaubten eine massive Steigerung der Produktion und das Aufkommen neuer Arbeitsplätze aufgrund von Größenvorteilen. So erklärt sich, dass ein Großteil der seit 2008 neu entstandenen Arbeitsplätze auf den Frackingsektor entfällt.

Die Lage gleicht frappierend dem Aufpumpen der Immobilienblase 2002 – 2007. Überproduktion aufgrund von Erwartungen steigender Nachfrage wegen einer irrtümlich als stark eingeschätzten Wirtschaftslage, eine enorme Steigerung des Wachstums an Arbeitsplätzen, die sich mit Sicherheit  umkehren wird, wenn die Blase platzt, und Unternehmen (Öl- und Gashasardeure anstelle von Wohnungsbauunternehmen), die riesige Beträge an Schuldtiteln zur Finanzierung ihrer nur scheinbar profitablen Aktivitäten emittieren. Aber ebenso wenig wie im Falle der Immobilienblase basiert dieser Boom auf fundamentalen Marktgegebenheiten und einer gestiegenen Nachfrage zur Stützung der Angebotserhöhung. Vielmehr lenkten Unternehmen – da der Energiesektor als ebenso unverzichtbar erachtet wird wie seinerzeit die Wohnungswirtschaft – ihre Ressourcen dorthin, zumal sie keine Veranlassung hatten, einen Crash der Ölpreise zu erwarten (klingt bekannt, oder?).

Nun zerbrechen sich Unternehmen und Medien den Kopf über die Frage des Break-Even-Ölpreises, denn zusammen mit dem Fall der Preise fallen auch die Werte der Sicherheiten für die Bankkredite. Man sollte nicht vergessen, dass Öl- und Gasunternehmen für etwa 17% des gesamten High-Yield-Schuldenmarktes verantwortlich sind. Es handelt sich um einen Markt für Schuldner mit kürzerer Kredithistorie, niedrigeren Ratings, aber nur geringfügig höheren Zinsen als den für standardmäßige Investment-Grade-Unternehmensanleihen, um Investoren für ein erhöhtes Ausfallrisiko zu kompensieren. Eine Welle von Kreditausfällen bei Fracking-Unternehmen würde den gesamten High-Yield-Schuldenmarkt in Mitleidenschaft ziehen und zu einer Ausverkaufsstimmung in diesem Marktsegment führen, mit stark fallenden Anleihekursen und entsprechend steigenden Finanzierungskosten für Unternehmen des Junk-Bond-Marktsegments.

Angesichts der zaghaften Politik der FED, den Benchmarkzins anzuheben, stellt ein plötzlicher und unerwarteter Anstieg der Finanzierungskosten für Unternehmen des High-Yield-Schuldenmarktes eine ernsthafte Sorge dar. Der mögliche Schaden könnte gravierend sein, weil nämlich viele der durch die Blase geschaffenen Arbeitsplätze in Gefahr sind. Wie auch immer es ausgehen wird, das sich abzeichnende Ende der Frackingblase sollte an die Bedeutung der österreichischen Theorie des Konjunkturzyklus erinnern. Jahre des Quantitative Easing und der Nullzinspolitik haben in unserer Wirtschaft erneut eine Vermögensblase entstehen lassen, mit erheblichen Auswirkungen. Und wenn die betroffene Vermögensklasse sich jeweils auch ändern mag, so bleibt das zugrundeliegende Problem der Fehlinvestitionen und Fehllenkung von Ressourcen unverändert bestehen, solange die Zentralbanker ihre Politik nicht ändern.

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Aus dem Englischen übersetzt von Dr. Bernhard Pieper. Der Originalbeitrag mit dem Titel Fracking — A New Bubble for a New Year ist am 22.1.2015 auf der website des Mises-Institute, Auburn, US Alabama erschienen

Fotos: © stockWERK – Fotolia.com

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Mark Abdelnour ist Hochschulabsolvent der University of Delaware, wo er Volkswirtschaft studierte. Er arbeitet in einer Großbank in New York und beschäftigt sich mit der Bewertung von festverzinslichen Wertpapieren.

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