Buchbesprechung: “Die Österreichische Schule der Nationalökonomie”

28.3.2013 – Darstellung, Kritiken und Alternativen – “Die Österreichische Schule der Nationalökonomie, von Friedrun & Georg Quaas”.

von Andreas Tögel.

Andreas Tögel

Anders als der Titel verheißt, liegt hier keine umfassende Auseinandersetzung mit den historischen und rezenten Ideen der „Österreichischen Schule“ (ÖS) vor. Die beiden Autoren haben vielmehr einen einzigen, wichtigen Baustein in der Arbeit eines einzelnen Vertreters dieser Schule auserkoren, um darauf ihren Generalangriff auf die Ideen der „Austrians“ zu gründen, der nicht ohne Bosheit und Häme vorgetragen wird.

Im ersten Kapitel werden, nach einer Beschäftigung mit der Frage, was denn eine wissenschaftliche „Schule“ ausmacht, die wichtigsten „Österreicher“ aufgezählt, wobei deren heutige Vertreter kaum mehr als in Fußnoten genannt werden. Der Befund gipfelt in der Behauptung, daß wegen der stark auseinandergehenden, ja einander gar widersprechenden Überzeugungen der Protagonisten, von einer „Bastardisierung“ der Schule gesprochen werden müsse, ja sogar zweifelhaft sei, ob der Begriff „Schule“ überhaupt angebracht ist.

Im zweiten Kapitel wird die „österreichische“ Konjunkturzyklustheorie aufs Korn genommen, wobei das Werk F. A. Hayeks, des – wegen seines 1944 präsentierten Bestsellers „The Road to Serfdom“ und seines 1974 errungenen Wirtschaftsnobelpreises – prominentesten Vertreters dieser Schule, im Zentrum der Kritik steht. Der Aufbau seiner Gedanken auf dem geometrischen Hilfsmittel des Dreiecks, sein weitgehender Verzicht auf Mathematik und die Ablehnung, in Aggregaten zu denken, hätten letztlich eine zur Erklärung des Phänomens „Überinvestition“ völlig untaugliche Theorie hervorgebracht.

Hayeks „Überinvestitionstheorie“, besser gesagt, deren vernichtender Kritik, ist dann das dritte Kapitel gewidmet. Dieser Teil des Buches stützt sich zu großen Teilen auf die Arbeiten des 1983 in Cambridge verstorbenen, italienischen Ökonomen Piero Sraffa. Die beiden Autoren leugnen zwar nicht, daß zyklische Krisen, wie von Hayek und zuvor bereits von Mises festgestellt wurde, auch monetäre Ursachen haben können, betonen aber, daß Hayek beim Versuch seiner Beweisführung hierfür auf der ganzen Linie gescheitert sei. Weder seine Überinvestitions- noch die Mises´sche Fehlallokationstheorie (die auf der Kritik einer durch Zinsmanipulation künstlich herbeigeführten Kreditexpansion beruht) würden einer kritischen Analyse standhalten.

Die heute lebenden Vertreter der „New Austrian School of Economics“ (NASE) trifft der Vorwurf, die gegen die Theorien der zweiten und dritten Generation der Austrians vorgebrachte Kritik schlicht und einfach zu ignorieren. So sei die von ihnen immer wieder erhobene Behauptung, Geschäftsbanken würden „Geld aus dem Nichts“ schöpfen, falsch, da diesen für Ausleihungen im Gegenzug ja schließlich Sicherheiten geboten werden müssten. Gerade dieser Kritik ist indes durch jene Ereignisse, die zur amerikanischen „Subprimekrise“ geführt haben, offensichtlich der Boden entzogen. Was die von den Banken verlangten (verbrieften) „Sicherheiten“ wert waren, hat sich ja längst gezeigt. Aber selbst wenn den Banken von den Kreditwerbern einwandfrei belastbare „Collaterals“ geboten werden, ändert das nichts daran, daß mit dem Akt der Kreditvergabe tatsächlich „Geld aus dem Nichts“ geschaffen wird. Denn um zuvor gebildete und von den Banken lediglich eingesammelte und weiterverliehene Spargroschen handelt es sich ja in der Tat nicht. Das war einmal. Das von ihnen heute verliehene Geld war vorher schlicht nicht da. Bemerkenswert, daß diese ebenso entscheidende wie offensichtliche Tatsache von den Autoren nicht nur ignoriert, sondern sogar glatt bestritten wird…

Im vierten Kapitel wird schließlich ein alternatives “Mengenmodell“ als Grundlage einer Konjunktur- Krisen- und Wachstumstheorie vorgestellt. Hier sind die beiden Autoren dort angekommen, wo die Neoklassik seit Paul Samuelsen steht: Mitten in der reinen Mathematik. Wirtschaftliches Handeln wird alles Menschlichen vollständig entkleidet und auf Formeln und Modelle reduziert. Genau in diesem Punkt hebt sich die ÖS, welche die Logik menschlichen Handelns in den Mittelpunkt stellt, fundamental von den anderen rezenten Denkrichtungen der Ökonomie am deutlichsten ab.

Der letzte Teil des Buches will übrigens nicht so recht zu dessen Titel und den übrigen Kapiteln passen und wirkt irgendwie „aufgepappt“. So, als ob man in einer Abhandlung über Wasserlaufkraftwerke am Ende plötzlich den Vorzug von Winderädern hervorheben wollte. Der Leser kann sich schwer des Gefühls entziehen, daß der hauptsächliche Antrieb und das wesentlichste Anliegen der Autoren weniger in der Auseinandersetzung mit der ÖS bestanden hat, als vielmehr in der Präsentation ihrer hier ausgebreiteten, eigenen Überlegungen. Über deren Qualität ein kompetentes Urteil zu fällen, sind nun nicht zuletzt die von ihnen geschmähten Protagonisten der NASE gefordert…

Die Österreichische Schule der Nationalökonomie
Friedrun & Georg Quaas
Metropolis – Verlag 2013
338 Seiten, broschiert
ISBN 978-3-7316-1031-1
29,80 Euro

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Andreas Tögel, Jahrgang 1957, ist gelernter Maschinenbauer, ausübender kaufmännischer Unternehmer und überzeugter “Austrian”.

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