Staatsausgaben erzeugen kein Wirtschaftswachstum

15. März 2019 – von Frank Shostak

Frank Shostak

Nach Ansicht vieler Kommentatoren haben Staatsausgaben großen Einfluss auf das Wirtschaftswachstum. Insbesondere wenn das Wirtschaftswachstum sich verlangsamt, könne eine Erhöhung der Staatsausgaben den notwendigen Anschub geben, um die Wirtschaft wieder zu beleben, so dass ein weiterer Abschwung verhindert wird.

Diejenigen, die bei einer abnehmenden Konjunktur für eine Erhöhung der Staatsausgaben eintreten, gehen davon aus, dass die erhöhten staatlichen Ausgaben weitere Ausgaben nach sich ziehen, die wiederum die Wirtschaft stärken.

Bei dieser Denkweise werden die Ausgaben eines Marktteilnehmers zum Einkommen eines anderen und die Ausgaben eines dritten Marktteilnehmers zum Einkommen des ersten.

Wenn also die Menschen aus irgendeinem Grund weniger zuversichtlich in die Zukunft blicken und beschlossen haben, ihre Ausgaben zu reduzieren, sinkt die gesamtwirtschaftliche Nachfrage. Sobald ein Marktteilnehmer weniger ausgibt, verschlechtert dies die Situation eines anderen, der wiederum auch seine Ausgaben senkt.

Dementsprechend sollte der Staat einspringen, um zu verhindern, dass sich das Wirtschaftswachstum abschwächt und die staatlichen Ausgaben erhöhen, um den Rückgang bei den privatwirtschaftlichen Ausgaben auszugleichen.

Sobald das gesamtwirtschaftliche Ausgabenniveau wiederhergestellt ist und sich die Wirtschaftslage normalisiert hat, ist ein stabiles Wirtschaftswachstum wieder gewährleistet.

Die Annahme, eine Ausweitung der Staatsausgaben könne zum Wirtschaftswachstum beitragen, erweckt den Eindruck, dass dem Staat eine stille Reserve echter Ersparnisse zur Verfügung steht, die im Notfall eingesetzt werden kann.

Sobald die Gefahr einer Rezession aufgefangen wurde, kann der Staat seine Stützungsmaßnahmen zurückfahren, indem er aufhört, echte Ersparnisse in die Wirtschaft zu pumpen. All das impliziert, dass der Staat auf irgendeine Art und Weise echten Wohlstand erzeugen und ihn einsetzen kann, wenn es notwendig erscheint.

Da der Staat durch eine Erhöhung staatlicher Ausgaben aber selber keinen Wohlstand erzeugen kann, muss er den Wohlstand aus dem wohlstanderzeugenden Privatsektor umlenken.

Je mehr der Staat also ausgeben will, desto mehr Wohlstand wird er den eigentlichen Wohlstandserzeugern wegnehmen. Durch die Umleitung echten Wohlstands in verschiedene nicht-produktive Maßnahmen untergräbt der Anstieg der Staatsausgaben faktisch den Vermögensbildungprozess und schwächt langfristig das Wirtschaftswachstum.

Diese Denkweise ist auf John Maynard Keynes zurückzuführen. Kurz gesagt, vertrat Keynes die Ansicht, dass eine marktwirtschaftliche Ordnung nicht langfristig verlässlich sein kann, da sie von Natur aus instabil ist. Lässt man sie frei gewähren, kann die Marktwirtschaft sich selbst zerstören. Daher müssen Staaten und Zentralbanken die Wirtschaft steuern.

In der keynesianischen Denkweise wird die Wirtschaftsleistung, die eine Volkswirtschaft mit einer bestimmten Menge an Ressourcen erzeugen kann, beispielsweise Werkzeuge und Maschinen und einem gegebenen technologischen Niveau, ohne Inflation hervorzurufen, als potenzielle Wirtschaftsleistung bezeichnet. Je größer also die Menge an Ressourcen ist, desto größer kann die Wirtschaftsleistung werden, wenn alle anderen Bedingungen gleich bleiben.

Sollte die Nachfrage nach den geschaffenen Gütern – aus welchen Gründen auch immer – nicht groß genug sein, führt dies zu einem wirtschaftlichen Einbruch. (Eine unzureichende Güternachfrage führt nur zu einer teilweisen Ausschöpfung vorhandener Arbeits- und Investitionsgütern).

Betrachtet man die Dinge so, erscheint es natürlich sinnvoll, die Staatsausgaben zu erhöhen, um die Nachfrage zu stärken und den wirtschaftlichen Rückgang zu beseitigen.

Die Wichtigkeit echter Ersparnisse

Was bei dieser Betrachtung fehlt, ist der Gegenstand der echten Ersparnisse. Ein Bäcker zum Beispiel, der zehn Laibe Brot herstellt, zwei Laibe selber verzehrt, spart acht Brote und tauscht sie bei einem Schuster gegen ein Paar Schuhe ein. In diesem Beispiel finanziert der Bäcker den Schuhkauf durch die gesparten acht Brote.

Beachtenswert ist, dass das Brot das Leben und die Gesundheit des Schuhmachers gewährleistet. Ebenso hat der Schuster den Brotkauf durch seine Schuhe bezahlt, die wiederum zum Wohlbefinden des Bäckers beitragen.

Nun beschließt der Bäcker, einen weiteren Ofen zu bauen, um die Broterzeugung auszubauen. Für die Umsetzung nimmt der Bäcker die Dienste des Ofenherstellers in Anspruch.

Er bezahlt den Ofenbauer mit dem Brot, das er fertigt. Auch hier wird der Ofenbau durch die Herstellung von Gütern für den Endverbrauchern – Brot – finanziert. Wenn aus unabsehbaren Gründen die Brotherstellung ins Stocken gerät, kann der Bäcker den Ofenbauer nicht mehr bezahlen. Infolgedessen müsste der Ofenbau vorzeitig abgebrochen werden.

Selbst wenn man die keynesianische Annahme akzeptiert, dass die potenzielle Wirtschaftsleistung über der tatsächlichen liegt, folgt daraus nicht, dass eine Steigerung der Staatsausgaben zu einem Anstieg der tatsächlichen Wirtschaftsleistung führt.

Es ist unmöglich, die gesamtwirtschaftliche Produktion auszuweiten, ohne dass dieser Prozess notwendigerweise durch tatsächlich eingesparte Konsumgüter oder echte Ersparnisse gedeckt ist.

Beim Bäckerbeispiel wird ersichtlich, dass nur mit einem Konsumgut – dem Brot – die Erweiterung der Produktionsstruktur finanziert werden kann.

In ähnlicher Weise müssen andere Hersteller letztendlich Konsumgüter angespart haben – echte Ersparnisse –, um den Kauf von benötigten Waren und Dienstleistungen zu finanzieren. Die Einführung von Geld ändert nichts an der grundsätzlichen Bedeutung der Sparsamkeit. (Geld ist nur ein Tauschmittel. Es wird nur zum erleichterten Warenfluss verwendet, kann jedoch nicht die Konsumgüter ersetzen.)

Wenn der Staat als solcher keinen wirklichen Wohlstand schafft, wie kann dann ein Anstieg der Staatsausgaben die Wirtschaft beleben?

Alle Staatsbeschäftigten wollen eine Entlohnung für ihre Arbeit. Die einzige Möglichkeit, diese Personen zu bezahlen, besteht darin, andere zu besteuern, die tatsächlich immer noch echten Wohlstand erzeugen. Auf diese Weise schwächt der Staat die Wohlstandserzeugung und untergräbt die Aussichten auf eine wirtschaftliche Erholung.

Der fiskalische Stimulus kann „funktionieren“, wenn der Vorrat an echten Ersparnissen groß genug ist, um die staatlichen Umtriebe zu finanzieren, wenn also die Wachstumsrate groß genug ist und dem privaten Sektor ausreichender Handlungsspielraum bleibt. (Der allgemeine Anstieg der realen Wirtschaftstätigkeit wird in diesem Fall fälschlicherweise der gelockerten staatlichen Haushaltspolitik zugeschrieben.)

Wenn jedoch der Bestand an echten Ersparnissen nicht groß genug ist, kann die tatsächliche wirtschaftliche Tätigkeit ungeachtet eines Anstiegs bei den Staatsausgaben nicht wiederbelebt werden.

Je mehr der Staat in einem solchen Fall ausgibt, d.h. je mehr Vermögen er von den Wohlstandserzeugern abzieht, desto geringer sind die Möglichkeiten für eine wirtschaftliche Erholung.

Wenn also der Staat durch Steuern das Brot in seine eigenen Maßnahmen umleitet, wird dem Bäcker weniger Brot zur Verfügung stehen. Folglich kann der Bäcker die Dienstleistungen des Ofenherstellers nicht mehr bezahlen. Es wird ihm nicht möglich sein, die Brotproduktion zu steigern, wenn alle anderen Dinge gleich bleiben.

Wenn die staatlichen Ausgabensteigerungen immer weitergehen, kann eine Situation entstehen, in der der Bäcker nicht mehr genug Brot hat, um den vorhandenen Ofen weiter zu betreiben. (Der Bäcker hat schlicht nicht genug Brot, um die Dienste eines Technikers in Anspruch zu nehmen, den vorhandenen Ofen funktionsfähig zu halten.) Seine Broterzeugung muss daher notwendigerweise zurückgehen.

Den anderen produktiven Personen stehen aufgrund der gestiegenen Staatsausgaben ebenfalls weniger Ersparnisse zur Verfügung. Dies wiederum wird ihre Herstellung von Waren und Dienstleistungen einschränken. Echtes Wirtschaftswachstum wird so behindert und nicht gefördert.

Es ist offensichtlich: Eine Ausweitung der Staatsausgaben führt immer zu einer Abschwächung bei der Erzeugung von Wohlstand. Ludwig von Mises schreibt dazu:

„Die schlichte Wahrheit muss immer wieder betont werden, ein Staat kann nur das ausgeben oder investieren, was er seinen Bürgern wegnimmt, und seine zusätzlichen Ausgaben und Investitionen schränken im gleichen Maße die Ausgaben und Investitionen der Bürger ein.“

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Aus dem Englischen übersetzt von Arno Stöcker. Der Originalbeitrag mit dem Titel Government Spending Doesn’t Create Economic Growth ist am 25.1.2019 auf der website des Mises-Institute, Auburn, US Alabama erschienen.

Frank Shostak ist Adjunct Scholar am Mises-Institute, Auburn, veröffentlicht regelmäßig Beiträge auf mises.org und ist Inhaber von Applied Austrian School Economics Ltd.

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Hinweis: Die Inhalte der Beiträge geben nicht notwendigerweise die Meinung des Ludwig von Mises Institut Deutschland wieder.

Foto: © gearstd – Fotolia.com

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