Monetäre Verschmutzung der Volkswirtschaft

14.11.2016 – von Bryce McBride.

Manche Klimaforscher sorgen sich so sehr um den erwärmenden Einfluss steigender Mengen an CO² und anderer Treibhausgase in der Atmosphäre, dass sie auf die Idee gekommen sind, mehr Verschmutzung könne die Temperatur wieder absenken. Genauer gesagt schlagen sie vor, mehr Verschmutzung durch Feinpartikel in höheren Atmosphärenschichten würde die Sonnenstrahlen stärker ins Weltall zurück reflektieren und so für einen abkühlenden Effekt sorgen, wie es in der Vergangenheit auch bei großen Vulkanausbrüchen der Fall war, die zu Jahren ohne Sommer führten.

Die gleiche Denkweise verleitet politische Gestalter in der gesamten entwickelten Welt, die sich über steigende Ungleichheit sorgen, dazu, die Einführung eines bedingungslosen Grundeinkommens vorzuschlagen. Aber diese Idee ist genau so verrückt wie die, Dreck in die Atmosphäre zu befördern, um den Effekt von hundert Jahren Nutzung fossiler Brennstoffe rückgängig zu machen. Es ist ebenso verrückt, zu erwarten, billiges Geld für die Armen würde die Schäden beheben, die 30 Jahre billiges Geld für das Bankensystem und die Reichen angerichtet haben.

Die Geldschöpfung durch die Zentralbanken und das Bankensystem hat vorhersehbare Folgen. So schrieb schon der ökonomische Denker Henry Hazlitt in seinem Buch “Was Sie über Inflation wissen sollten” aus dem Jahr 1965 (bedenken Sie bitte, dass Hazlitt den Inflationsbegriff im Sinne von Anstieg der Geldmenge, und nicht Anstieg der Preise benutzt):

„Die Inflationierung ermöglicht es einigen Menschen, durch Spekulation und auf unverdiente Art und Weise reich zu werden, statt durch harte Arbeit. Sie belohnt Glücksspiel und bestraft Sparsamkeit. Sie verdeckt und ermutigt Verschwendung und ineffiziente Produktionsmethoden. Letztendlich zerstört sie die Moral der gesamten Gesellschaft. Sie fördert Spekulation, Zockerei, Verschwendung, Luxus, Neid, Missgunst, Unzufriedenheit, Korruption, Verbrechen und eine sich beschleunigende Tendenz zu noch mehr Staatseingriffen, die in einer Diktatur enden kann.“

Seit Anfang der frühen 1970er Jahre hat die Möglichkeit der Zentralbanken und des Bankensystems, Geld aus dem Nichts zu schaffen, für eine Verzerrung der Anreize gesorgt, die für eine gesunde Marktwirtschaft lebenswichtig sind. Die Gründe für eine Ausweitung der Geldmenge scheinen zu Beginn stets harmlos zu sein, wie beispielsweise „die Vermeidung einer Finanzkrise“ oder „die Verringerung von Arbeitslosigkeit“. In Wahrheit führt jedoch jeder so zusätzlich geschaffene Dollar zu mehr Ungleichheit, und gleichzeitig zu sinkender Produktivität.

Der französische Kaufmann Richard Cantillon (1680 – 1734) war der erste, der darauf aufmerksam machte, dass Gelddrucken zu mehr Ungleichheit führt. So trägt der Effekt, dass die Erstempfänger neugeschaffenen Geldes einen höheren Lebensstandard auf Kosten der Letztempfänger genießen, den Namen Cantillons.

Cantillon machte diese Beobachtung während der Mississippi-Blase in den frühen 1700er Jahren. Ein schottischer, professioneller Glücksspieler namens John Law überzeugte den bankrotten französischen Staat davon, die Staatsschulden zu bündeln, eine staatliche Bank mit dem Ziel der Banknotenausgabe auf Basis dieser Schulden zu gründen, und diverse staatliche Monopolgesellschaften zusammenzulegen, um mit deren Einnahmen die Schulden zu bedienen. Entscheidend war, dass er sich selbst an die Spitze sowohl der notenausgebenden Bank als auch der Handelsgesellschaft setzte.

Da Law sowohl die französische Zentralbank als auch die Mississippi-Gesellschaft kontrollierte, gab es starke Anreize für ihn, mehr Banknoten zu drucken, mit denen Spekulanten den Aktienpreis der Gesellschaft in die Höhe treiben konnten. Aktien, die man beim Börsengang 1719 für 500 Livres kaufen konnte, kosteten nur ein Jahr später schon 10.000 Livres!

Diejenigen, die die Banknoten schon früh erhielten und damit entsprechend früh Aktien kaufen konnten, machten große Gewinne, während die, die ihre Banknoten erst gegen Höhenpunkt des Booms erhielten und damit Aktien kauften, ruiniert waren, als der Aktienpreis 1721 wieder auf 500 Livres zurückstürzte. Am Ende wurden die neuen Banknoten selbst wertlos, und die Mittelschicht verlor all ihre Ersparnisse. Einige wenige Glückliche allerdings (zu denen auch Cantillon gehörte), die früh kauften und es schafften, schon vor dem Crash wieder zu verkaufen, und die dann ihre Papier-Livres gegen andere Währungen oder Gold eintauschten, kamen so zu gewaltigen Vermögen.

Heutzutage lässt sich dasselbe Muster beobachten. So stellte der ehemalige britische Finanzminister George Osborne vor einigen Wochen fest, dass „eine lockere Geldpolitik die Reichen noch reicher macht, und den einfachen Sparern das Leben noch schwerer macht“. Da die besten Immobilien und Finanztitel (wie Aktien und Anleihen), deren Wert in Folge der Geldmengeninflationierung am stärksten steigt, sich schon im Besitz vermögender Menschen befinden, sind diese Leute die Hauptprofiteure einer lockeren Geldpolitik, zum Beispiel des sogenannten „quantitative easing“ und der künstlichen Senkung der Zinsen.

Ärmere Menschen dagegen, die solche Werte nicht besitzen, müssen mit steigenden Mieten (als Folge steigender immobilienpreise) fertigwerden, während ihre Löhne nicht steigen. Pensionären wiederum schadet die Tatsache, dass sie mit ihren Ersparnissen keine Zinsen mehr erwirtschaften können.

Nun schlagen einige Kommentatoren vor, der Staat solle ein bedingungsloses Grundeinkommen einführen, um etwas gegen die wachsende Vermögens- und Einkommensungleichheit zwischen den Besitzenden und den Besitzlosen zu unternehmen. Oberflächlich betrachtet scheinen solche Programme das Armutsproblem wirklich elegant zu lösen. Wieso sollte man nicht einfach jedem genug Geld zum Leben geben, anstatt Geld für die Verwaltung verschiedener Wohlfahrtsprogramme auszugeben? Wir sprechen hier allerdings nicht gerade von kleinen Summen. Diesen Sommer haben die Schweizer über ein Programm abgestimmt, das jedem Erwachsenen Schweizer 2500 Schweizer Franken im Monat hätte zukommen lassen, und jedem Kind 625 Franken.

Es spricht für die Schweizer, dass sie dieses Programm abgelehnt haben. Abgesehen von der verwaltungstechnischen Effizienz solcher Programme ist vollkommen klar, dass sie vielen Menschen den Anreiz nehmen würden, überhaupt zu arbeiten. Weshalb sollte irgendjemand sich die Mühe machen, sich Fähigkeiten anzueignen und dann seine Tage damit zu verbringen, nötige, aber vielleicht unangenehme Dinge zu tun, die anderen Menschen etwas wert sind, wenn er auch von einem staatlichen Einkommen leben und den ganzen Tag nur mit Beschäftigungen verbringen kann, die ihm gefallen?

Wenn wir diese Frage in Bezug auf die Armen stellen, sollten wir sie allerdings auch in Bezug auf die Reichen stellen. Welche Anreize gab es in den letzten Jahrzehnten für die Reichen, hart zu arbeiten und Werte für andere zu schaffen, wenn sie es sich auch so leicht machen konnten, in dem sie einfach Anlagegüter kauften und dann zusahen, wie deren Wert als Folge der Geldproduktion der Zentralbanken immer weiter stieg? Wen wundert es noch, dass die Produktivität immer weiter sinkt in einem Umfeld, in dem es so viel leichter ist, durch die Inflationierung von Vermögensgütern Einkommen zu erzielen, anstatt innovative Produkte und Dienstleistungen zu entwickeln und anzubieten?

Wenn man die Verzerrungen schon einmal so weit auf die Spitze getrieben hat, gerät man wirklich fast in Versuchung, diesen letzten Schritt auch noch zu tun und jedem einfach Geld umsonst zu geben, um dann zuzuschauen, wie die Welt um einen herum in einem hyperinflationären Währungszusammenbruch versinkt, wie wir ihn aktuell in Venezuela beobachten können. Falls uns wirklich einmal solch ein Schicksal ereilen sollte, wird man die Schuld daran sicherlich solchen Grundeinkommensprogrammen für die Armen geben, und den Schaden durch jahrzehntelange Vermögenspreisinflationierung durch lockere Geldpolitik geflissentlich ignorieren – was den Reichen sicher nicht ungelegen kommt.

Es besteht allerdings kein Zweifel daran, dass solch eine düstere Zukunft besser komplett vermieden werden sollte. Damit wir das erreichen, müssen wir der monetären Verschmutzung in unserer Wirtschaft – sowohl für die Reichen als auch für die Armen – den Kampf erklären. Niemand sollte die Macht besitzen, Geld aus dem nichts schaffen zu können, und niemand sollte in die Versuchung geführt werden, von diesem Geld abhängig zu werden.

Kurzfristig wird eine Rückkehr zu gutem Geld die Vermögensgüterpreise sinken lassen. Insolvente und ineffiziente Unternehmen und Haushalte, die sich auf Finanzspekulationen als Einkommensquelle anstelle von produktiver Tätigkeit verlassen haben, werden zahlungsunfähig werden. Langfristig ist es jedoch absolut unvermeidbar, die Atmosphäre unserer Wirtschaft von der monetären Verschmutzung zu reinigen, wenn wir irgendwann wieder in den Genuss kommen wollen, die frische Luft der wirtschaftlichen Möglichkeiten und des Unternehmertums zu atmen, und der Hazlitt`schen Spirale hin zu immer mehr Staatseingriffen und letztendlich einer Diktatur zu entkommen.

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Aus dem Englischen übersetzt von Florian Senne. Der Originalbeitrag mit dem Titel Monetary Pollution ist am 6.10.2016 auf der website des Mises-Institute Canada erschienen.

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Bryce McBride lehrt Volkswirtschaft and ist als Autor tätig. Er ist Autor von zwei Büchern: Economics for Canadians und Workbook for the New I.B. Economics.

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Hinweis: Die Inhalte der Beiträge geben nicht notwendigerweise die Meinung des Ludwig von Mises Institut Deutschland wieder.

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