Eine Schnapsidee aus Kiel

2.6.2014 – Die Inflation der Immobilienpreise mit Anheben der Grundsteuer bekämpfen – Empfohlen vom Institut für Weltwirtschaft – Der Grund ist die Euro-Schuldenkrise

von Klaus Peter Krause.

Klaus Peter Krause

Was hat unsere Grundsteuer mit der Euro- und Schuldenkrise zu tun? Eigentlich doch wohl nichts. Aber diese Frage unterstellt immerhin, dass ein möglicher Zusammenhang besteht. Der jedoch liegt alles andere als auf der Hand. Zugegeben, auch ich selbst bin nicht darauf gekommen. Auf die Sprünge geholfen hat mir eine Kurzmeldung in der FAZ.[1] Es sind Ökonomen, die einen solchen Zusammenhang herstellen, Ökonomen des Instituts für Weltwirtschaft (IfW) in Kiel, und er läuft darauf hinaus, ständig die Grundsteuer zu erhöhen.

Eine Auftragsarbeit für Schäuble

Dieses Kieler Institut hat in seiner Reihe „Kieler Beiträge zur Wirtschaftspolitik“ einen Text veröffentlicht, dessen Titel  „Finanz- und Wirtschaftspolitik bei einer anhaltenden monetären Expansion“ lautet (hier). Der Beitrag mit seinen neun benannten Autoren ist eine Auftragsarbeit für das Bundesfinanzministerium und 130 Seiten lang. Der Anlass ist  die „anhaltende monetäre Expansion im Euroraum und eine für die Gegebenheiten in Deutschland sehr expansive Geldpolitik des Eurosystems“. Die IfW-Ökonomen sollten darstellen, „wie Systemrisiken verringert oder vermieden werden können“. Auch wollte das Ministerium wissen,  wie der deutsche Staat „auf eine mögliche Blasenbildung auf Vermögens- und Immobilienmärkten reagieren“ kann. Herauskommen sollten als wesentliches Ziel „konkrete Empfehlungen für eine angemessene deutsche Finanz-, Wirtschafts- und Finanzmarktpolitik in einem expansiven monetären Umfeld“.

Mit Geld aus dem Nichts den Euro retten

Expansives monetäres Umfeld? Expansive Geldpolitik? Sehr ökonomisch fachlich, aber sehr verschleiernd ausgedrückt und daher politisch für den Bürger harmlos klingend. Im Klartext  muss es heißen: Die Europäische Zentralbank (EZB) dreht voll die Geldschöpfungsmaschine auf (siehe zum Beispiel hier und hier),  d.h. sie schafft Geld aus dem Nichts per Kredit, um hochverschuldete Staaten, strauchelnde Banken und somit auf Deubel komm raus den missglückten Euro zu retten.

Das Geld aus der EZB-Maschine

Wer einen Kredit bekommen hat, kann mit ihm etwas kaufen und bezahlen. Mit jedem Kredit entsteht Geld. Dieses Geld muss gar nicht gedruckt werden, es genügt, dass es zum Bezahlen verfügbar ist – auf dem Konto als Giralgeld. Der Ökonom Philipp Bagus, Universität Madrid, hat jüngst beschrieben, was mit dem Geld aus der EZB-Maschine geschieht: wohin es zuerst geht, wer es dann bekommt, wer privilegiert ist und wer nicht (hier). Nicht alle erhalten aus dem offenen EZB-Geldhahn gleichviel und nicht alle dieses neue Geld zur gleichen Zeit.

Flucht in die Sachwerte treibt deren Preise

Geld ist beliebig vermehrbar, Güter nicht. Wächst die Geldmenge stärker als die Gütermenge steigt, kommt es zur Inflation: Die aufgeblähte Geldmenge bläht auch die Preise auf. Bagus: „Sukzessive verteilt sich das neue Geld über die Wirtschaft und treibt die Preise nach oben.“ Wer Geld hat oder Geld durch Kredit bekommt, flüchtet aus Angst vor der Inflation in Sachwerte, die meisten in Aktien und Immobilien. Diese Nachfrage treibt die Aktienkurse  und die Immobilienpreise hoch. Hier, auf den Märkten für Vermögensgüter, zeigt sich die geldmengenverursachte Inflation zuerst, auf den Konsumgütermärkten kommt sie erst später an.

Mit hoher Grundsteuer gegen hohe Immobilenpreise

Jetzt zum Zusammenhang zwischen Euro-Schuldenkrise und Grundsteuer: Besonders anfällig für diese Fluchtbewegung sind die Immobilienmärkte. Um dieser Flucht und dem daraus folgenden Preisauftrieb entgegenzuwirken, empfehlen die IfW-Ökonomen in ihrem Gutachten, das Halten von Immobilieneigentum zu verteuern. Der Staat solle regelmäßig die Grundsteuer (und deren Bemessungsgrundlage, die Einheitswerte) erhöhen, um damit die Immobiliennachfrage zu bremsen.[2] In Deutschland wäre das Sache der Kommunen. Aber natürlich trifft der Steueranstieg nicht nur jene, die ihre Immobilie selbst bewohnen, sondern auch alle Mieter von Immobilien, denn die höhere Steuer wird letztlich auf die Miete aufgeschlagen. Ohnehin ist zweifelhaft, ob die Maßnahme die Nachfrage wirklich und entscheidend bremst. Dafür müsste die Grundsteuer schon sehr, sehr hoch angehoben werden. Eine solche Belastung aber wäre für die vielen  kleinen Eigenheimbewohner zuviel und nicht zumutbar.

Eine Empfehlung, die nicht überzeugt

Die Kieler IfW-Ökonomen räumen selbst ein, „dass Grundsteuern häufig nur einen sehr geringen Teil der Nutzungskosten für Immobilien ausmachen. Um also Effekten, die durch deutlich gesunkene Hypothekenzinsen entstehen, auszugleichen, müssten erhebliche Anpassungen der Steuersätze vorgenommen werden, wodurch viele Alteigentümer stark belastet würden.“ Ihre Vorstellung ist, dass eine hohe Grundsteuerbelastung in die Immobilienbewertung eingeht und diese entsprechend drückt: „Während als weithin gesichert gelten kann, dass Grundsteuern langfristig zumindest teilweise bei der Immobilienbewertung eingepreist werden, ist die Evidenz über kurzfristige Wirkung unzureichend, um eine deutliche Stellungnahme zu formulieren.“ Es ist auch nicht sehr überzeugend, wenn ihnen nur „plausibel erscheint, dass ‚mitwachsenden’ Bemessungsgrundlagen und somit Steuerlasten bei Immobilienpreissteigerungen den Preisanstieg stärker dämpfen als konstante Steuern“. Und es ist arg hochgegriffen und dünn, wenn sie meinen, mit höherer Einheitswertung von Immobilien „Krisenprävention“ betreiben zu können („Eine Reform der Feststellung der Einheitswerte, wie sie derzeit diskutiert wird, ist somit aus Sicht der Krisenprävention zu begrüßen“). Ebenso dünn: „Positiv ist zu bedenken, dass Besitzsteuern kaum negative Auswirkungen auf die Wachstumskräfte einer Volkswirtschaft haben dürften.“

Statt gegen die Ursache richtet sich der IfW-Vorschlag nur gegen ein Symptom

Die Empfehlung aus Kiel ist eine Schnapsidee.[3] Sie ist nur Symptombekämpfung, ohnehin die eines kleinen Symptoms. Die Ursache für Preisaufblähung auf dem Immobilienmarkt ist die Überschwemmung mit EZB-Geld, ist die Schuldenkrise, ist der Euro, ist das staatliche Monopolgeld, ist das durch nichts mehr gedeckte Staatsgeld, ist das Geldsystem. Anzusetzen ist bei der Ursache. Die Euro- und Schuldenkrise richtet mit ihren Folgen schon Schaden genug an, Riesenschaden. Deshalb muss als eine weitere Folge nicht auch noch die Grundsteuerbelastung drastisch erhöht werden, nur, um aus Angst vor der Inflation durch das Papiergeld die Flucht in die Sachwerte Immobilien zu bremsen. Jede Intervention des Staates gebiert weitere. Inhaliert habe ich das schon als VWL-Student. Wir wissen, wem wir die eindringliche Warnung davor zu verdanken haben: dem Wirtschaftswissenschaftler Ludwig von Mises.

In Wehmut ein Blick zurück

Einst in besseren, in liberalen Zeiten war das Kieler Institut alles andere als bekannt dafür, Steueranhebungen zu empfehlen und Symptome zu bekämpfen statt deren Ursache. Jetzt sind seine Ökonomen zu Interventionisten geworden. Herr Schäuble wird ihnen dankbar sein. Man denkt  mit Wehmut an die Zeit zurück, als Herbert Giersch und Horst Siebert in Kiel IfW-Präsidenten waren.

 

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[1] FAZ-Wirtschaftsteil vom 8. Mai 2014, Seite 18.

[2] „Anpassungen der der Grundsteuer zugrunde gelegten Einheitswerte wirken der Flucht in Sachwerte, für die Immobilienmärkte besonders anfällig sind, tendenziell dadurch entgegen, dass die effektive Besteuerung zeitnah mit dem Preisanstieg für Immobilien erfolgt.“

[3] Wie die IfW-Ökonomen ihre Empfehlung (und auch weitere Vorschläge) allgemein begründen, liest sich hochgestochen akademisch und sehr umständlich so: „Die Finanz- und Wirtschaftspolitik ist für jedes Mitgliedsland einer Währungsunion in Zeiten, in denen die gemeinsame Geldpolitik aus nationaler Sicht zu expansiv ausgerichtet ist, vor große Herausforderungen gestellt. Dies gilt derzeit für Deutschland in besonderem Maße, da das monetäre Umfeld dadurch geprägt ist, dass das Eurosystem den gravierenden Strukturproblemen in den Bankensystemen und den Staatshaushalten einiger Mitgliedsländer durch außergewöhnlich expansive Maßnahmen begegnet, wodurch die Liquiditätszuflüsse nach Deutschland stark angeschwollen sind. Im Ergebnis ist die Liquiditätsposition des deutschen Bankensystems derzeit durch massive Überschüsse gekennzeichnet, und es besteht die Gefahr, dass es zu einer deutlich verstärkten Kreditvergabe in Deutschland und in der Folge zu Fehlentwicklungen – insbesondere zu einer stark verzerrten Kapitalallokation – kommt, die der ökonomischen Entwicklung Deutschlands nachhaltig schaden.“

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Über Klaus Peter Krause: Jahrgang 1936. Abitur 1957 in Lübeck. 1959 bis 1961 Kaufmännische Lehre. Dann Studium der Wirtschaftswissenschaften in Kiel und Marburg. Seit 1966  promovierter Diplom-Volkswirt. Von 1966 bis Ende 2001 Redakteur der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, davon knapp elf Jahre (1991 bis Ende 2001) verantwortlich für die FAZ-Wirtschaftsberichterstattung. Daneben von 1994 bis Ende 2003 auch Geschäftsführer der Fazit-Stiftung gewesen, der die Mehrheit an der Frankfurter Allgemeine Zeitung GmbH und der Frankfurter Societäts-Druckerei gehört. Jetzt selbständiger Journalist und Publizist. Seine website ist www.kpkrause.de

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