Warum die Schlimmsten an die Spitze kommen

19.10.2016 – von Hans-Hermann Hoppe.

Hans-Hermann Hoppe

Die folgende Behauptung zählt wohl zu den am meisten akzeptierten unter den Ökonomen: Jedes Monopol ist schlecht für Konsumenten. Ein Monopol im klassischen Sinne versteht sich als ein exklusives Privileg, welches einem einzigen Produzenten eines Gutes oder einer Dienstleistung gewährt wurde, was heißt, dass es keinen freien Marktzugang für andere in bestimmte Produktionsbereiche gibt. Anders ausgedrückt: Lediglich eine einzige Agentur, A, darf ein bestimmtes Produkt, X, herstellen. Ein jedes Monopol dieser Art ist schlecht für Konsumenten, weil es vor potentiell neuen Marktteilnehmern in seinem Produktionsbereich beschützt wird und deswegen der Preis des Monopolprodukts X höher sein wird, während dessen Qualität abnehmen wird.

Diese elementare Wahrheit wird häufig als ein Argument für ein demokratisches Regierungssystem herangezogen, dem eine Monarchie oder fürstliche Regierung im klassischen Sinne gegenüberstellt wird, da in einer Demokratie freier Zugang zum Staatsapparat besteht – jeder kann Premierminister oder Präsident werden – während sich in einer Monarchie der Zugang auf den König und seinen Nachfolger beschränkt.

Tatsächlich ist dieses Argument zugunsten der Demokratie absolut mangelhaft. Freier Zugang ist nicht immer gut. Freier Zugang und Wettbewerb in der Produktion von Gütern ist gut, nicht aber freier Wettbewerb in der Produktion von Schlechtem. Freier Zugang zum Folter- und Tötungsgewerbe von Unschuldigen oder freier Wettbewerb beim Geldfälschen oder Schwindel, zum Beispiel, ist nicht gut; er ist schlimmer als schlecht. Welche Art von “Gewerbe” ist also das Regieren? Antwort: Der Staat ist kein gewöhnlicher Produzent von Gütern, die freiwillig von Konsumenten gekauft werden. Vielmehr ist es ein “Gewerbe” des Diebstahls und der Zwangsenteignung – mittels Besteuerung und Geldfälschung – sowie der Hehlerei. Es folgt daraus, dass freier Zugang zum Staat nicht etwas Gutes verbessert, sondern stattdessen etwas mehr als nur verschlimmert wird, da dadurch das Böse gefördert wird.

Solange die Menschheit ist, wie sie ist, wird es in jeder Gesellschaft Menschen geben, die auf das Eigentum anderer neidisch sind. Einige sind neidischer als andere, aber Individuen lernen, normalerweise nicht aufgrund dieser Empfindung zu handeln, sondern schämen sich vielmehr deswegen. Im Allgemeinen gibt es einige wenige, die unfähig sind, ihr Begehren für das Eigentum anderer erfolgreich zu unterdrücken und diese werden als Kriminelle von ihren Mitbürgern behandelt und mit Haftstrafen bedroht. Unter einer fürstlichen Regierung kann lediglich eine einzige Person – der Fürst – legal auf das Eigentum seiner Mitbürger zugreifen und genau deswegen ist er eine potentielle Gefahr und schlecht.

Tatsächlich ist der Fürst beschränkt in seinen Umverteilungsbestrebungen, da alle Mitglieder einer Gesellschaft gelernt haben, dass die Inbeschlagnahme und Umverteilung von Eigentum anderer Bürger schändlich und unmoralisch ist. Aufgrund dessen wird jedwede Handlung des Fürsten mit Argusaugen von den Bürgern beobachtet. Im krassen Gegensatz dazu, ist es jedem gestattet, sein Begehren auf das Eigentum anderer frei zum Ausdruck zu bringen, sobald freier Zugang zum Staat herrscht. Was vormals als unmoralisch unterdrückt wurde, wird nun als legitimer Anspruch betrachtet. Jedermann kann öffentlich sein Interesse am Eigentum des anderen, im Namen der Demokratie, bekunden und jedermann kann diesem Verlangen für das Eigentum des anderen nachgehen, vorausgesetzt er findet den Zugang zur Regierung. Daher wird in einer Demokratie jedermann zu einer Bedrohung.

Konsequenterweise wird unter demokratischen Bedingungen das populäre, aber unmoralische und asoziale Begehren nach dem Eigentum anderer Leute systematisch gestärkt. Jeder Anspruch ist legitim, sobald er öffentlich und gedeckt von der “Redefreiheit” vorgebracht wurde. Wirklich alles kann formuliert, eingefordert und eingezogen werden. Nicht einmal das scheinbar sicherste Eigentumsrecht ist von den Umverteilungsbegierden ausgenommen. Schlimmer noch, jene Mitglieder der Gesellschaft mit wenig oder gar keinen Hemmungen in Bezug auf die Konfiszierung von Eigentum, also für gewöhnlich jene amoralischen Demagogen, die am talentiertesten darin sind, Mehrheiten für eine Vielzahl an hemmungslosen aber auch miteinander unvereinbaren populären Forderungen hinter sich zu versammeln, tendieren dazu, in die Regierung einzuziehen und bis an die Spitze des Staates zu gelangen. Dadurch wird eine schlechte Situation noch schlimmer.

Historisch gesehen war die Auswahl eines Fürsten durch den Zufall seiner adeligen Geburt bestimmt und seine einzige persönliche Qualifikation war typischerweise seine Erziehung zum zukünftigen Fürsten und Bewahrer der Dynastie bzw. seines Status und seiner Besitztümer. Dies garantierte keinesfalls, dass der Fürst nicht schlecht und gefährlich sein würde. Es ist aber wichtig, sich zu erinnern, dass jeder Fürst, der in seiner obersten Pflicht, dem Erhalt der Dynastie, versagte – zum Beispiel aufgrund des Ruins seines Landes, ziviler Unruhen, Aufstände und Konflikte, etc. – in unmittelbarer Gefahr schwebte, von der eigenen Familie neutralisiert oder gar gemeuchelt zu werden. Andererseits schließt der Zufall der noblen Geburt, sowie die fürstliche Erziehung nicht aus, dass der Fürst sich als harmloser Dilettant entpuppt oder sich sogar zu einer guten und moralischen Person entwickelt.

Im Gegensatz dazu verunmöglicht die Bestimmung von Staatenlenkern durch Wahlen, dass eine gute oder harmlose Person an die Spitze gelangt. Premierminister und Präsidenten werden aufgrund ihrer erwiesenen Effizienz als moralisch hemmungslose Demagogen ausgewählt. Aufgrund dessen garantiert die Demokratie, dass es ausschließlich schlechte und gefährliche Menschen bis nach ganz oben schaffen. Das Resultat freien politischen Wettbewerbs und von Wahlen führt also dazu, dass vermehrt schlechte und gefährliche Individuen an die Macht gelangen und da diese temporär und austauschbar sind, werden sie auch kaum neutralisiert.

Keiner beschreibt diesen Zusammenhang besser als der scharfsinnige H.L. Mencken:

„Politiker bekleiden äußerst selten, wenn überhaupt, ein öffentliches Amt einzig aufgrund ihrer Verdienste, zumindest in demokratischen Staaten. Wie durch ein Wunder passiert das zwar manchmal, aber normalerweise gibt es dafür andere Gründe. Hauptsächlich werden sie gewählt, weil es ihnen gelingt, die intellektuell Unterprivilegierten zu beeindrucken und zu mobilisieren. … Wird es je einer wagen, die Wahrheit, die reine Wahrheit und nichts als die Wahrheit über den Zustand des Landes daheim und in der Welt auszusprechen? Wird je einer davon Abstand nehmen, Versprechungen zu machen, die niemals und von niemandem erfüllt werden können? Wird je einer ein Wort fallen lassen, welches auf die große Masse von Dummköpfen, die sich am Boden der Gesellschaft ansammelt, alarmierend oder gar befremdlich wirken könnte? Antwort: Vielleicht für ein paar Wochen am Anfang. … Aber nicht mehr nachdem sich die Stimmung über einen Streitpunkt aufgeheizt hat und es zu ersten ernsthaften Auseinandersetzungen kommt. … Sie werden dann jedem Mann, jeder Frau und jedem Kind des Landes alles versprechen, was er, sie, es wollen. Sie werden alle durch das Land ziehen und jede Gelegenheit nützen, um die Reichen arm zu machen, die Unheilbaren zu heilen, den Hilflosen zu helfen, die Verwirrten zu entwirren und den Atemlosen Luft zu verschaffen. Sie werden Warzen entfernen, indem sie ihnen gut zu reden und sie werden die Staatsschulden begleichen, ohne dass jemand dafür bezahlen muss. Wenn einer von ihnen behauptet, zwei mal zwei ist fünf, wird ein anderer beweisen, dass es eigentlich sechs, sechseinhalb, zehn, zwanzig, usw. ist. Kurz gesagt, werden sie sich von ihrem sensiblen, aufrichtigen und wahrhaftigen Charakter lossagen, einfach deshalb, um Kandidat für ein öffentliches Amt zu werden und um Wählerstimmen einzufangen. Sie werden dann schnell begreifen, falls sie es bis jetzt noch nicht begriffen haben, dass Wählerstimmen in einer Demokratie gewonnen werden, indem man nicht Sinnhaftes, sondern Unsinn verbreitet und werden sich mit einem herzhaften Hauruck an die Arbeit machen. Die meisten werden sich, noch bevor der ganze Trubel vorbei ist, tatsächlich selbst von ihrem Unsinn überzeugen lassen. Der Gewinner ist dann derjenige, der das meiste mit der geringsten Einlösungswahrscheinlichkeiten verspricht.“

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Aus dem Englischen übersetzt von Mathias Nuding. Der Originalbeitrag mit dem Titel Why Democracy Rewards Bad People ist am 6.10.2016 auf der website des Mises-Institute, Auburn, US Alabama erschienen.

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Prof. Dr. Hans-Hermann Hoppe, Philosoph und Volkswirt, ist einer der führenden Vertreter der Österreichischen Schule der Ökonomie und zählt zu den bedeutendsten Sozialwissenschaftlern der Gegenwart. Er lehrte von 1986 bis zu seiner Emeritierung 2008 an der University of Nevada, Las Vegas, USA. Er ist Distinguished Fellow des Ludwig von Mises Institute in Auburn, Alabama, USA, und Mitglied im wissenschaftlichen Beirat des Ludwig von Mises Institut Deutschland. Hoppe lehrt und hält Vorträge weltweit. Seine Schriften sind in 30 Sprachen übersetzt worden. Er ist Gründer und Präsident der Property and Freedom Society und lebt heute als Privatgelehrter in Istanbul. Zu seinen Büchern gehören u.a. „Die Kritik der kausalwissenschaftlichen Sozialforschung“, „Eigentum, Anarchie und Staat“, „A Theory of Socialism and Capitalism“, „The Economics and Ethics of Private Property“, „The Myth of National Defense“, „Demokratie. Der Gott, der keiner ist.“, „Der Wettbewerb der Gauner“, „The Great Fiction: Property, Economy, Society, and the Politics of Decline“, „From Aristocracy to Monarchy to Democracy“ und „A Short History of Man: Progress and Decline“.
Weitere Informationen auf www.hanshoppe.com und www.propertyandfreedom.org.

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Hinweis: Die Inhalte der Beiträge geben nicht notwendigerweise die Meinung des Ludwig von Mises Institut Deutschland wieder.

Foto Startseite: www.hanshoppe.com

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