EU-Klimapolitik: Immer tiefer in die Planwirtschaft

8. Januar 2021 – von Andreas Tögel

Politik: Das ist – ein wenig überspitzt formuliert – die Installation falscher Systeme und die strategische Nutzung der sich hieraus ergebenden Irritationen sowie die taktische Beherrschung des hieraus resultierenden endlosen Reparaturbetriebs.

Roland Baader (1940 – 2012)

Andreas Tögel

Im 15. Jahrhundert hatte sich die Führung des damals dem Rest der Welt technologisch weit überlegenen Reichs der Mitte dazu entschlossen, seine gewaltige Hochseeflotte zu zerstören und es dadurch den Europäern ermöglicht, in den nachfolgenden Jahrhunderten die Welt zu erobern und unter sich aufzuteilen. 500 Jahre später haben sich die politischen Eliten der einst weltbeherrschenden Zivilisation Europas soeben darauf geeinigt, das Feld den Chinesen und allen anderen globalen Wettbewerben zu überlassen, indem sie sich daranmachen, die wirtschaftlichen Grundlagen Europas nachhaltig zu ruinieren. So vergeht der Ruhm der Welt

Wenn die Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union angeblich „ambitionierte“, in Wahrheit aber selbstzerstörerische Klimaziele definieren, die bis 2030 eine Reduktion des CO2-Ausstoßes um 55 Prozent im Vergleich zum Referenzjahr 1990 vorsehen, so liegt auf der Hand, dass das in einer nach wie vor auf der Verbrennung fossiler Energieträger aufbauenden Zivilisation einen Kahlschlag im Bereich energieintensiver Industrien (z. B. Stahl-, Aluminium-, Chemikalien- und Fahrzeugherstellung) und außerdem eine drastische Einschränkung der individuellen Mobilität bedeuten wird. Pkws mit Verbrennungsmotoren wird damit der Garaus gemacht. Teure Elektrofahrzeuge (mit hohem Eigengewicht, aber geringer Reichweite) werden sich viele Menschen aber nicht leisten können und daher künftig viel Zeit in überfüllten öffentlichen Verkehrsmitteln zubringen. Das ist eine – gerade in Pandemiezeiten – nicht sonderlich verlockend erscheinende Aussicht.

Besonders absurd mutet das angeblich „ambitionierte“ Klimaziel der EU-Politnomenklatura an, wenn man die Größenordnungen der CO2-Produktion im internationalen Vergleich betrachtet: Europa ist für gerade einmal acht Prozent des weltweiten Kohldioxidausstoßes verantwortlich. China hingegen, bei steigender Tendenz, für rund 30 Prozent und damit für das etwa Fünfzehnfache Deutschlands. Dass die Klimahysterie ausgerechnet in der auf seine Automobil- und Maschinenbauindustrie angewiesenen wirtschaftlichen Zugmaschine Europas besonders intensiv gepflegt wird, ist genauso haarsträubend wie verwunderlich.

Zu der von der EU angepeilten – auf weltweit akkumulierte Zahlen bezogen – 4-prozentigen Reduktion der CO2-Produktion wird es aber deshalb nicht kommen, weil die Nachfrage nach Produkten, deren Erzeugung mit starken Treibhausgasemissionen verbunden ist, nicht verschwinden und daher lediglich der Ort ihrer Herstellung verlagert wird – nämlich nach Fernost. Und genau dort rangieren Klimaziele weit hinter dem Wunsch, ein im Westen längst selbstverständlich gewordenes Wohlstandsniveau zu erreichen.

Mit anderen Worten: Jene Industrien, die man mit ehrgeizigen Klimazielen in Europa zerstört oder vertreibt, werden an anderen Standorten, wo man für den „Klimaschutz“ nicht den geringsten Sinn hat, in Zukunft mehr CO2 produzieren als hier. Die internationale konsolidierte Bilanz der europäischen CO2-Veitstänze wird daher negativ ausfallen.

Was die europäischen Staatenlenker nicht im Mindesten anzufechten scheint, sind die katastrophalen Auswirkungen auf den Wohlstand in der Alten Welt, die von der zu erwartenden Desindustrialisierungswelle ausgehen werden. Das Bewusstsein dafür, dass der Reichtum der Nationen nicht aus der Notenpresse, sondern aus florierenden Betrieben kommt, scheint in den Tintenburgen des europäischen Bürokratiemonsters inzwischen völlig verlorengegangen zu sein.

China ist mit jährlich 11,5 Milliarden Tonnen der weltweit größte CO₂-Emittent. Der Bau von hinsichtlich ihres Kohlendioxidausstoßes besonders problematischen Kohlekraftwerken schreitet dort – gegen den internationalen Trend – weiter voran (siehe hier). Indien ist, bezogen auf das Referenzjahr 1990, bei der Steigerung seiner Treibhausgasproduktion sogar Weltmeister. Von 1990 bis 2018 hat sich der Ausstoß von CO2 dort um sagenhafte 330 Prozent erhöht. Menschen, die einen zumindest bescheidenen Wohlstand erreichen wollen, der sich etwa im Erwerb von stinkenden, mit Zweitaktmotoren ausgestatteten Motorrollern manifestiert, scheren sich naturgemäß nicht um die hierzulande kultivierten Klimaneurosen.

„Klimaschutz“, man kann es nicht oft genug wiederholen, ist ein Luxus, dem sich Gesellschaften erst dann zuwenden, wenn sie erst einmal ein gewisses Mindestwohlstandsniveau erreicht haben. Der Weg dahin ist indes – solange es keine alternativen, im großtechnischen Sinn praktikabel und in Hinblick auf die Kosten konkurrenzfähig einsetzbaren Primärenergiequellen gibt – mit der Verbrennung fossiler Energieträger und folglich mit der Freisetzung von CO2 verbunden. Ob das Greta Thunberg und anderen Klimaapokalyptikern nun gefällt oder nicht, wird das auch so bleiben -, ganz besonders in einem Land wie Deutschland, wo die Befürworter CO2-neutraler Atomkraftwerke gute Aussichten darauf haben, auf dem Scheiterhaufen zu landen.

Grundlage der autodestruktiven Aktivitäten des politisch-geldindustriellen Komplexes bildet das unermüdliche Streben nach totaler Kontrolle aller Lebensbereiche und das damit einhergehende Misstrauen gegenüber unregulierten Transaktionen der Wirtschaftssubjekte. Anders ausgedrückt: Die Ablehnung der freien Marktwirtschaft. Das wäre indes noch gar kein Malheur, wenn es den Regierungen und ihren Symbionten nicht längst gelungen wäre, auch Krethi und Plethi davon zu überzeugen, dass ohne politische Interventionen gar nichts mehr läuft. „Ohne den Staat – wer würde dann die Straßen bauen?“

Die Ökonomie, von Thomas Carlyle einst als „trostlose Wissenschaft“ gebrandmarkt, ist ein Feld, das der Durchschnittswähler lieber gar nicht erst betritt. So können Politkader, die von jeder wirtschaftlichen Fach- und Sachkenntnis zwar unbelastet, von ihrer unbeschränkten Weisheit aber absolut überzeugt sind, sich ungebremst und unter dem unentwegten Beifall korrupter Medien, nach Herzenslust ihren planwirtschaftlichen Phantasien hingeben und die letzten erkennbaren Reste privater Wirtschaftsinitiativen durch ein hochtoxisches Gemisch aus rotgrüner Ideologie und bürokratischer Kommandowirtschaft ersetzen.

Das Wissen darum, dass noch jede den Menschen dienliche Erfindung und Entwicklung von freien, staatsunabhängigen Geistern auf den Weg gebracht wurde, während staatliche Projekte stets nur kleinen Klüngeln Vorteile brachte (etwa den in der Rüstungs- oder in der Raumfahrtindustrie Tätigen), ist bedauerlicherweise weitgehend abhandengekommen.

Andreas Tögel, Jahrgang 1957, ist gelernter Maschinenbauer, ausübender kaufmännischer Unternehmer und überzeugter “Austrian”.

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Hinweis: Die Inhalte der Beiträge geben nicht notwendigerweise die Meinung des Ludwig von Mises Institut Deutschland wieder.

Foto: Adobe Stock

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