Teilreserve-Banksystem ist mit einer freien Marktwirtschaft unvereinbar
22.9.2014 – von Frank Hollenbeck.
Der Kapitalismus wird heutzutage verantwortlich gemacht für die derzeitige desaströse wirtschaftliche und finanzielle Lage und für die ständigen Booms und Busts. Dabei verliert der Kapitalismus immer mehr Unterstützter. In einer aktuellen, weltweiten Umfrage betrachten 25 % der Befragten (2% mehr als noch im Jahr 2009) die freie Marktwirtschaft als „äußerst stark mit Fehlern durchzogen und dringend zu ersetzen“. Die Zahl der Spanier, die so denkt, ist von 29 % im Jahr 2009 auf 42% angestiegen, der höchste Wert unter den Befragten. In Indonesien ist der Prozentsatz von 17% auf 32 % gestiegen.
Die Mehrheit aller, wenn nicht sogar alle Booms und Busts, findet ihren Ursprung in exzessiver Kreditschöpfung durch den Finanzsektor. Die oben genannten Befragten nehmen fälschlicherweise an, dass dieses Finanzsystem, dessen Struktur auf dem Teilreserve-Banksystem beruht, ein essentieller Bestandteil des Kapitalismus ist. Das ist aber nicht der Fall. Vielmehr ist es Betrug, stellt eine Verletzung der Eigentumsrechte dar und sollte auch als solche behandelt werden.
Früher gab es Depositenbanken und Kreditbanken. Wenn man sein Geld bei einer Depositenbank angelegt hatte, dann war es auch da; um die Miete und die Lebenshaltungskosten zu bezahlen. Es war sicher. Kreditgeschäfte dagegen waren risikoreich. Man stellte einer Kreditbank Geld zu Verfügung, wohlwissend, dass dieses für einen gewissen Zeitraum nicht zugänglich sein wird und dass man das Risiko eingeht, das Geld nicht noch einmal zu Gesicht zu bekommen. Dafür erhielt man Zinsen: als Ausgleich für das eingegangene Risiko und dafür, dass man eine zeitlang auf sein Geld verzichtete. Damals sind Banker, die Geld zur Deponierung annahmen und dann als Kredit vergaben, das Risiko eingegangen, an der Dorfeiche aufgehängt zu werden
Anfang des 19. Jahrhunderts wurden Depositen- und Kreditbanken zusammengeführt, man nannte diese dann Geschäftsbanken. Und natürlich haben diese neuen Geschäftsbanken sehr schnell verstanden, dass sie sich einen kleinen Teil der Geldanlagen zu Nutzen machen können, um Kredite finanzieren zu können. Im Grunde genommen begingen sie Betrug. Regierungen haben ebenfalls bald verstanden, dass solche betrügerischen Aktivitäten sich hervorragend eigneten, um die Regierungsausgaben zu finanzieren und haben Gesetze erlassen, die diesen Betrug legalisierten. Eine der wichtigsten Gesetzesinterpretationen im Vereinigten Königreich, Foley v. Hill, gilt in der Finanzwelt und für das Bankenrecht, das darauf folgte, als Präzedenzfall:
Foley v. Hill and Others, 1848:
„Wenn Geld bei einer Bank eingezahlt wird, hört es komplett auf, das Geld des Auftraggebers zu sein; es ist dann das Geld des Bankers, der – wenn er dazu aufgefordert wird – eine äquivalente Summe zurückzuzahlen hat … Das Geld, das in die Obhut des Bankers gegeben worden ist, ist voll und ganz das Geld des Bankers, um damit zu tun, was ihm beliebt; er macht sich keines Vertrauensbruchs schuldig, wenn er dieses Recht anwendet. Er ist dem Auftraggeber keinerlei Rechenschaft schuldig, falls er das Geld gefährdet, falls er sich verspekuliert. Er ist nicht dazu verpflichtet, es zu behalten oder so mit ihm zu handeln, als wäre es Eigentum des Auftraggebers. Aber er ist natürlich für den Betrag verantwortlich, denn er hat unterzeichnet, das Geld in Empfang genommen zu haben und dem Auftraggeber auf Anforderung eine äquivalente Summe zurückzuzahlen.“
Anders gesagt: wenn Sie Ihr Geld bei einer Bank anlegen, ist es nicht mehr Ihr Geld. Die Bank kann damit alles machen, was sie möchte. Sie kann damit ins Kasino gehen und Roulette spielen. Legal betrachtet ist es kein Betrug und die einzige Voraussetzung, ein Schneeballsystem zu starten, ist: falls Ihr Geld verloren gegangen ist und Sie es zufällig gerade jetzt zurück verlangen, gibt man Ihnen das Geld von einem anderen Kunden. Die Legalisierung dieses Betrugs ist zweifellos einer der Hauptgründe, warum nach dem Debakel im Jahr 2008 niemand im Gefängnis gelandet ist.
Die Hauptursache für die Finanzpaniken im 19. Jahrhundert war eben dieser betrügerische Charakter des Teilreserve-Banksystems. Banken konnten so ein unnatürlich hohes Kreditwachstum schaffen, was wiederum zu Wirtschaftszyklen mit Hochs und Tiefs geführt hat. Wenn Kredite stattdessen genauso schnell oder langsam wie Ersparnisse wachsen würden, wären Boom und Bust Zyklen längst Vergangenheit.
Kritiker des Goldstandards (wie etwa Krugman, etc.) verweisen für gewöhnlich auf diese Zyklen als Beweis dafür, dass der Goldstandard als Währungssystem gescheitert sei. Sie verwechseln Grund mit Ursache. Nicht der Goldstandard hat diese Finanzpaniken verursacht. Der wirkliche Grund war das Teilreserve-Banksystem, das dem Goldstandard aufgedrückt wurde. Der Goldstandard hat im Gegenteil die Schärfe von Krisen tatsächlich stark abgemildert, indem der die Größe des Geldmengenmultiplikators reduziert hat.
Darum ließen sich zu Beginn des Bankenwesens in Amerika einige fragwürdige Banker in den unzugänglichsten Lagen nieder. Sie wollten sicherstellen, dass nur wenige tatsächlich kommen und ihre Goldforderungen einlösen würden, da die Banken bereits Forderungen emittiert hatten, die weit über den tatsächlichen Goldbestand in ihren Safes hinaus gingen. Und wenn ein Einleger wirklich versuchte, seine Ansprüche auf Gold geltend zu machen, wurde er wie ein Dieb behandelt, so als ob er das Eigentum der Bank stehlen wollte, wenn er sein Gold zurückverlangte.
Das Federal Reserve System, also das amerikanische Notenbankensystem, wurde auf die Paniken in den Jahren 1903 und 1907 hin ins Leben gerufen, um die negativen Auswirkungen des Teilreservesystems wieder wett zu machen. 100 Jahre danach kann die Fed nur mit den Noten mangelhaft und ungenügend ausgezeichnet werden. Geld ist keine Wertanlage mehr und die Welt hat zwei der schlimmsten Finanzkrisen durchleben müssen. Anstelle von Gegenmaßnahmen, hat die Zentralbank das Übel noch schlimmer gemacht und in seiner Größe wachen lassen. Dies war zu erwarten.
Die weltweite Umfrage hat auch herausgefunden, dass beinahe die Hälfte (48 %) der Befragten denkt, dass die Probleme des Kapitalismus mit zusätzlichen Regulierungen und Reformen gelöst werden könnten. Janet Yellen ist ebenfalls dieser Meinung und denkt, dass Regulierungen und nicht die Zinssätze das Hauptinstrument sein sollten, um weitere kostspielige Booms und Busts im globalen Finanzsystem zu vermeiden. Das ist äußerst naiv. Es gibt bereits jetzt mehr Compliance Beauftragte als Darlehensberater. Aktuelles Bankenrecht, die Dodd-Frank-Wall-Street-Reform und die Vickers und Liikanen Reports werden die Situation womöglich nur noch verschlimmern. Banken werden immer in der Lage sein, neue Finanzinstrumente zu nutzen, um den Regulierungsbehörden einen Schritt voraus zu sein. Wir versuchen weiterhin, ein System, das bereits vom Kern aus marode ist, aufzupäppeln. Das Bankwesen, so wie man es heute kennt, ist kein Kapitalismus. Es ist Betrug und Vetternwirtschaft, die durch ein immer verzweifelteres Einschreiten der Regierung am Leben erhalten werden. Es sollte komplett zerlegt werden. In einem System mit einer Reservehaltung von 100 Prozent wären Kreditbanken (100% aus Eigenkapital finanzierte Kapitalanlagegesellschaften) Unternehmen wie jedes andere Unternehmen auch und würden keinen anderen Regulierungen unterliegen wie ein Hersteller von Kartoffelchips.
Aus dem Englischen übersetzt von Georg Eibel. Der Originalbeitrag mit dem Titel Confusing Capitalism with Fractional Reserve Banking ist am 6.8.2014 auf der website des Mises-Institute, Auburn, US Alabama erschienen.
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Dr. Frank Hollenbeck lehrt Volkswirtschaft an der “International University” in Genf, Schweiz.