Wie wirklich freie Märkte den Armen helfen

23.2.2015 – von Ryan McMaken.

Ryan McMaken

Für Befürworter eines freien Marktes ist es heutzutage eine heikle Angelegenheit, über Armut zu reden. Falls man Armut ernst nimmt und das sehr reale Elend der Betroffenen aufzeigt, wird oft angenommen, man würde deswegen „Lösungen“ von der Regierung verlangen. Viele Verteidiger freier Märkte reagieren reflexartig, indem sie die Armut herunterspielen und sie leugnen – oder indem sie sagen: Wenn die Armen sich mehr anstrengen würden oder nicht so faul wären, dann würden sie der Armut entkommen.

Für diejenigen, die fälschlicherweise glauben, die amerikanische Wirtschaft sei eine freie Marktwirtschaft, ist diese Reaktion natürlich. Da die amerikanische Wirtschaft so frei und voller Möglichkeiten ist, denken sie, gäbe es keine Entschuldigung für Armut.

Aber die amerikanische Wirtschaft ist nicht einmal eine größtenteils freie Wirtschaft. Der gesamte Finanzsektor wird stark subventioniert und reguliert. Die regulatorischen Kosten, unter denen kleine Betriebe zu leiden haben, sind immens. Der Handel ist reguliert und viele Güter sind von vornherein verboten. Mindestlöhne machen viele Einsteigerjobs illegal und man kann nicht einmal andere Personen mit dem eigenen Auto transportieren, ohne von einer Fülle von Regulierungen und Sanktionen überrollt zu werden.

Mit all diesen Klötzen an den Beinen der Armen und Geringqualifizierten ist es ein wenig unsinnig, zu behaupten, arme Leute müssten sich einfach nur mehr anstrengen. Vielleicht haben sie genau das wirklich versucht, und die Regierung hat ihnen eine klare und deutliche Botschaft vermittelt: „Gib auf. Wir haben alles, wofür du qualifiziert bist, illegal gemacht.“

Die Märkte haben natürlich, so weit sie frei sind, alle möglichen Bequemlichkeiten selbst für arme Menschen erschwinglich gemacht: Klimaanlagen, Fernsehgeräte, Haushaltswaren, Handys und mehr. Gleichzeitig ist es aber falsch, sich zurückzulehnen und zu behaupten: „Sie haben genug.“ Gäbe man den Armen einfach die Freiheit, zu arbeiten und Betriebe zu besitzen, ohne gegen eine Unzahl von staatlichen Vorschriften und Regulierungen zu kämpfen, die oft unvermeidbare Opportunitätskosten mit sich bringen, könnten sie sich noch mehr leisten.

Es gibt mehrere Möglichkeiten, mit denen eine Liberalisierung der Märkte für Niedrigverdiener und Geringqualifizierte sofort eine neue Welt eröffnen würde.

Stoppt den Mindestlohn

Der Mindestlohn ist einer der schlimmsten Widersacher, da er für die meisten gering qualifizierten Arbeiter die Jobs illegal macht und so die Armen am schwersten trifft. Wie es in den Artikeln des Mises Institute (hier, hier und hier) erklärt wurde, ist die primäre Folge eines Mindestlohns, die am wenigsten fähigen Arbeiter rechtlich gesehen beschäftigungsunfähig zu machen. Mit anderen Worten: Wenn der Mindestlohn bei 10 US-Dollar pro Stunde liegt und ein Arbeiter nur Güter oder Dienstleistungen im Wert von 8 US-Dollar pro Stunde produziert, wird er niemals eine Beschäftigung finden. Natürlich wird ein unproduktiver Arbeiter (im wirtschaftlichen Sinne) mit mehr Berufserfahrung zunehmend produktiver. Aber wie kommt ein solcher Arbeiter unter einem Mindestlohn zu seinen ersten Berufserfahrungen? Er ist dazu nicht in der Lage. Das Ergebnis: Viele Arbeiter, die in dieser Zwickmühle gefangen sind, werden dauerhaft Sozialhilfeempfänger oder begeben sich auf den Schwarzmarkt, wo sie vom Rechtssystem als Kriminelle gebrandmarkt werden.

Schafft alle Einkommenssteuern ab (inklusive der Lohnsteuer)

Selbst Geringverdiener bezahlen Einkommenssteuern. Sozialabgaben und die gesetzliche Krankenversicherung sind nichts anderes als Einkommenssteuern, sie gehen direkt in den allgemeinen Fonds – der „Sozialversicherungs-Treuhandfonds“ existiert nicht. Die Behauptung von Mitt Romney, die Hälfte des Landes zahle keine Einkommensteuern ist nichts anderes als hinterlistige, politische Haarspalterei. Lohnsteuern sind Einkommenssteuern und nehmen uns einen gewaltigen Teil unserer Einkünfte, egal ob man wenig oder viel verdient.

So bezahlen selbst die Armen Steuern, um Konjunkturpakete und mehrere Bail-Outs der Ultrareichen zu finanzieren. Als wäre das nicht schon unverschämt genug, bestraft die Regierung die Armen zusätzlich mithilfe einer Zentralbank. Die bestraft die Armen auch noch für’s Sparen, wenn sie etwas sparen können.

Weg mit der Zentralbank

Die Amerikanische Notenbank (Federal Reserve) – und grundsätzlich alle Zentralbanken – haben in den vergangenen Jahrzehnten hauptsächlich daran gearbeitet, die Zinssätze nach unten zu schrauben und das Geld zu entwerten.

Die Fed – zusätzlich dazu, dass sie uns mit dem Geschenk eines Boom-Bust-Zyklus bereichert – war der Schlüssel für die Rettung gigantischer Too-Big-To-Fail-Firmen und ermöglichte endlose Regierungsausgaben für Kriege, Wohlfahrtseinrichtungen und Sozialprogramme. Es sei dahingestellt, ob die Geldmenge, die durch soziale Programme der Regierung den geringverdienenden Haushalten zukommt, im gleichen Verhältnis steht zu der Menge, die ihnen entzogen wurde – in Form einer abgewerteten Währung und Bankzinssätzen unterhalb der Preisinflationsrate.

Das Streben der Fed, die Zinssätze zu senken, hat es fast unmöglich gemacht, durch Sparkonten oder andere traditionelle risikoarme Investitionen Geld zu sparen. Es gab einmal eine Zeit, in der es möglich war, Geld auf einem Sparkonto anzulegen und dabei eine Rendite zu erhalten, die die Preisinflationsrate überstieg. Das ist heutzutage nicht möglich. Wenn man als armer Mensch versucht, mithilfe eines Sparkontos reale Erträge zu erzielen, hat man schlicht und einfach Pech gehabt. Hat man sehr viel Glück, bekommt man vielleicht eine Rendite von 0,9 Prozent, das ist aber unwahrscheinlich. Gleichzeitig ist die offizielle untertriebene Inflationsrate weit darüber. Also verlieren Ersparnisse konstant an realem Wert. Genauso gut kann man sein Geld unter der Matratze aufheben – dort verliert es ebenfalls konstant an Wert. Andererseits, wenn man jetzt gerade 100.000 Euro für ein Festgeldkonto zur Verfügung hat, kriegt man vielleicht bei ein paar Banken 1,5 Prozent. Arme Menschen besitzen aber selten solche Summen. Personen mit mehr Geld können Finanzberater und Broker anheuern und sind so besser für eine inflationäre Wirtschaftspolitik gerüstet. Arme Menschen stehen in der Regel ganz alleine da.

Hört auf, kleine Betriebe zu regulieren

Für Geringverdiener mit Migrationshintergrund ist die Eröffnung eines kleinen Betriebes oft der beste Weg, an eine Arbeit zu kommen und Kapital zu bilden. Immigranten wenden sich oft an kleine Betriebe, da sie denjenigen, die für große Betriebe unattraktiv sind, Flexibilität und Arbeitsmöglichkeiten bieten. Obwohl die Löhne dort oft niedriger als in größeren Betrieben sind, wenden sich viele an kleine Betriebe, weil diese oft viele nichtmonetäre Vorteile bieten.

Regierungen arbeiten täglich daran, kleine Betriebe zu zerstören. Jeder Inhaber eines solchen Betriebes muss gegen unzählige Regierungsinstitutionen wie der IRS (Finanzamt, Anmerkung des Übersetzers), der OSHA (vergleichbar mit dem ArbeiterInnenschutzgesetz, A.d.Ü.), der EEOC (Antidiskriminierungsstelle, A.d.Ü.), Obamacare etc. kämpfen. Jede neue Regulierung und jede neue Steuer macht es für kleine Betriebe schwerer, einen Profit zu erwirtschaften. Der Gesamteffekt ist natürlich, dass dadurch das Wachstum und die Anzahl kleiner Betriebe beschränkt werden. Der Wettbewerbsrückgang reduziert dadurch den Nutzen für Konsumenten und für Gehaltsempfänger in den Gemeinschaften, in denen diese Betriebe am ehesten entstehen – also in den geringverdienenden Gemeinschaften. Stattdessen stellen die Regierungen sicher, dass es sich in vielen Fällen nur große, gut kapitalisierte Unternehmen leisten können, ein neues Geschäft zu eröffnen – wahrscheinlich kilometerweit entfernt in Gebieten mit höheren Einkommen.

Legalisiert die Armut

Überall dort, wo die Regierung sich einmischt, um zu „helfen“, finden wir nicht mehr Entscheidungsfreiheit, sondern weniger. Nicht mehr Jobs, sondern weniger. Möchten Sie Ihren eigenen Taxibetrieb eröffnen, indem Sie Leute transportieren? Das können Sie vergessen, wenn Sie nicht alle entsprechenden (und teuren) Regierungslizenzen erhalten haben. Möchten Sie ihre umgebaute Garage kostenpflichtig vermieten? Pech gehabt, das Bauplanungsrecht verhindert das. Möchten Sie für ihren jugendlichen, berufsunerfahrenen Sohn einen Fünf-Euro-Job finden? Sorry, das ist ebenfalls illegal. Brauchen Sie einen Kredit, sind aber ein Schuldner mit einer schlechteren Bonität? Hauen Sie ab. Wir müssten einen hohen Rückzahlungszins verlangen. Das ist Zinswucher und ebenfalls illegal.

Jeden Tag wird uns gesagt, die einzige Lösung des Armutsproblems sei mehr Regierungsmacht, mehr Regulierung und mehr Zentralplanung, größere Defizite und weniger Freiheit.

Die wahre Lösung wird aber besser durch eine linke Parole beschrieben: „Legalisiert die Armut.“ Die Linken sagen so etwas meistens dann, wenn Obdachlose von Regierungseigentum verwiesen werden, aber der Slogan passt viel besser zu den vielen Arten des freien Unternehmertums, die für die Armen aufgrund von Regierungsverordnungen außer Reichweite sind. So viele Geringverdiener müssen sich dann auf den Schwarzmarkt begeben und billige und halblegale Arbeiten annehmen, weil das alles ist, was ihnen zur Verfügung steht. Es ist für sie einfach illegal, erste Arbeitserfahrungen in Mainstream-Unternehmen zu erlangen, den Gesamtanteil ihrer mageren Gehälter zu behalten oder kleine Betriebe zu eröffnen.

Mit solchen Angriffen auf den freien Markt wird niemandem geholfen, nur den Vertretern staatlicher Behörden, die für das Durchsetzen dieser Angriffe bezahlt werden.

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Aus dem Englischen übersetzt von Vincent Steinberg. Der Originalbeitrag mit dem Titel How Truly Free Markets Help the Poor ist am 14.2.2015 auf der website des Mises-Institute, Auburn, US Alabama erschienen.

Foto-Startseite: © Trueffelpix – Fotolia.com

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Ryan McMaken ist Editor von Mises Daily und The Free Man.

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