„Ich bin im Kommunismus aufgewachsen und weiß, was die Freiheit wert ist“

23.3.2018 – von Carmen Alexe.

Carmen Alexe

Die persönliche Freiheit kann nur in Verbindung mit einer marktwirtschaftlichen Ordnung bestehen. Sie gedeiht im Kapitalismus, nimmt in staatlich regulierten Volkswirtschaften ab und verschwindet im Kommunismus. Abgesehen von einer besseren Wirtschafts- und Rechtspolitik braucht Amerika eine stärkere Wertschätzung von individueller Freiheit und Marktwirtschaft.

Ich bin im kommunistischen Rumänien während des Kalten Krieges geboren worden und aufgewachsen, in einem Land, in dem die Regierung alle Ressourcen und Produktionsmittel besaß. Der Staat kontrollierte fast jeden Aspekt unseres Lebens: Unsere Ausbildung, unsere Arbeitsstellenzuweisung, die Tageszeit, zu der wir heißes Wasser hatten, und was wir sagen durften.

Wie die übrigen osteuropäischen Länder wurde auch Rumänien oft als kommunistisches Land bezeichnet. In der Schule wurde uns beigebracht, es handele sich um ein sozialistisches Land. Sozialistische Republik Rumänien war der offizielle Landesname bis zur Revolution von 1989, die zum Sturz des Ceausescu-Regimes führte.

Aus wirtschaftlicher Sicht befand sich ein kleiner Teil des Eigentums noch in Privatbesitz. In einem kommunistischen System gehört alles Eigentum dem Staat. Wenn es sich also nicht um eine echte kommunistische Wirtschaft handelte, so hat die allumfassende zentrale Planung und die Anwendung totalitärer Kontrolle über die rumänischen Staatsbürger dazu geführt, der Nation zu Recht den Titel eines kommunistischen Landes zu verleihen.

Sozialismus schafft Mangel

Obwohl Rumänien eigentlich ein ressourcenreiches Land war, kam es überall zu Versorgungsengpässen. Nahrung, Elektrizität, Wasser, so gut wie alle lebensnotwendigen Güter waren Mangelware. Das Apartmenthaus, in dem wir wohnten, lieferte warmes Wasser für die Duschen zwei Stunden am Morgen und zwei Stunden in der Nacht. Wir mussten uns ranhalten, wenn wir nicht kalt duschen wollten.

Wrigleys Kaugummi und Schweizer Schokolade waren für uns ein seltenes Vergnügen. Ich erinnere mich, wie glücklich ich war, wenn ich eine Packung ausländisches Kaugummi oder eine Tafel köstlicher Milchschokolade hatte. Normalerweise hob ich mir solche Dinge für besondere Anlässe auf.

Fruchtiger Lipgloss, französisches Parfum und Jeans waren nur einige der beliebten Artikel, die nur auf dem Schwarzmarkt erhältlich waren und das nur, wenn man Beziehungen hatte. Gott segne unsere Schwarzmarkthändler! Sie haben unser Leben verbessert. Sie gaben uns die Möglichkeit, Dinge zu kaufen, die wir wirklich haben wollten, Dinge, die wir nicht in den staatlichen Einzelhandelsgeschäften bekommen konnten. Diese Läden waren entweder halb leer oder voller Waren, die hässlich und von schlechter Qualität waren.

In den Lebensmittelgeschäften sah es nicht viel besser. An dem alten rumänischen Sprichwort, „Gewissen geht durch den Magen“, ist also viel Wahres dran.

In den späten 1970er Jahren begann sich das Leben in Rumänien sogar noch weiter zu verschlechtern. Fleisch kam beim rumänischen Durchschnittsbürger so gut wie nie auf den Tisch. Stattdessen lernten unsere Eltern, Leber, Hirn, Zunge und anderer Innereien herzurichten. Dinge, über die die meisten Menschen im Westen nicht einmal nachdenken würden.

Wenn Milch, Butter, Eier und Joghurt wirklich einmal verfügbar waren, stand meine Mutter – wie so viele andere unserer Nachbarn – um 2:00 Uhr morgens auf, um sich in der Schlange anzustellen, damit sie eine Chance hatte, uns diese Leckereien zu besorgen. Der Laden öffnete um 6:00 Uhr morgens. Wenn sie also nicht früh genug in der Schlange stand, hätte sie die Gelegenheit verpasst.

1982 schickte der Staat seine Jünger zu den Menschen nach Hause, um die Volkszählung durchzuführen. Gleichzeitig wurde die Rationierung von Lebensmitteln eingeführt. Für eine vierköpfige Familie, wie die unsrige, betrug die zugeteilte Menge 1 Kilogramm Mehl und 1 Kilogramm Zucker pro Monat. Das heißt, wenn sie verfügbar waren und wir das Glück hatten, zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu sein, wenn sie verteilt wurden.

Der einzige Fernsehkanal, den unsere Regierung uns zur Verfügung stellte, konzentrierte sein Programm hauptsächlich auf Kriminalität und Armut in der westlichen Welt. Schließlich waren die Menschen arm und litten unter dem Kapitalismus, wie uns gesagt wurde, und so brauchten wir Sozialismus und Kommunismus, um die Ungleichheiten der Menschheit zu überwinden.

Marktwirtschaft fördert Privateigentum

In Anbetracht des Mangels, der durch die staatlich kontrollierte Wirtschaft in meinem Geburtsland entstanden ist, lernte ich die Marktwirtschaft zu verstehen und zu schätzen: Die einzige Wirtschaftsordnung, die auf einzigartige Weise die menschliche Zivilisation empor gehoben hat.

Die handelsübliche Definition von Marktwirtschaft ist eine Wirtschaftsordnung, in der Menschen und Unternehmen Produkte und Dienstleistungen ohne staatliche Eingriffe herstellen, handeln und austauschen können. Eine marktwirtschaftliche Ordnung ist leistungsfähiger, wenn sie nicht durch staatliche Eingriffe oder die der Zentralbank in die Kreditmärkte, Geldpolitik und Zinsfestsetzung manipuliert wird.

Privateigentum und private Eigentumsrechte stehen im Mittelpunkt der Marktwirtschaft. In der Schule haben wir hingegen gelernt, Privateigentum mache die Menschen gierig und schade der Gesellschaft. Privateigentum wurde mit dem Kapitalismus in Verbindung gebracht, der Ordnung, die in unseren Lehrbüchern als gescheitert bezeichnet wurde.

Ressourcenverteilung

Rumänien war reich an natürlichen Ressourcen, doch der Unterschied zwischen unserem Lebensstandard und dem im Westen war ziemlich dramatisch. Es war ein Zeichen für eine fehlerhafte Wirtschaftsordnung, der die meisten osteuropäischen Länder während der Sowjetzeit folgten. Nun kann man sich fragen, warum gab es so viel Armut, wenn die natürlichen Ressourcen so reichlich vorhanden sind?

Die Wirtschaftswissenschaft ist die Untersuchung von der Verteilung knapper Ressourcen, die alternative Verwendungszwecke haben. Effizienz ist somit das oberste Gebot, wenn es um wirtschaftlichen Fortschritt geht.

In einem zentral geplanten Rahmen können die verschiedenen staatlichen Akteure, die mit der Planung der Wirtschaft betraut sind, überhaupt nicht wissen, wie sie die knappen Ressourcen einer ganzen Nation richtig verteilen sollen, egal wie klug oder gebildet sie sind. Versorgungsengpässe sind eine der Folgen einer ungeeigneten Verteilung knapper Ressourcen.

Der freie Markt jedoch lenkt die Ressourcenverteilung durch den erstaunlichen Prozess von Angebot und Nachfrage, in einem vielfältigen, spontanen Zusammenspiel von Unternehmen und Verbrauchern. Gerade durch die Gewinne und Verluste wird die Wirtschaftlichkeit gefördert.

Freie Märkte ziehen Kapital an

Der Kapitalismus fördert durch seine Gewinnmöglichkeiten Innovation. Innovation führt zu Fortschritt und Erhöhung des Lebensstandards. Aber Fortschritt und das Umfeld, das den Menschen einen hohen Lebensstandard ermöglicht, können nicht ohne das Kapital geschaffen werden, um die Ressourcen in die Endprodukte umzuwandeln, die uns die (relativ) günstige Energie und Nahrung, Smartphones, Fitnessstudios und insgesamt das Leben, das wir uns derzeit leisten, ermöglichen. Das Kapital bewegt sich in Richtung weniger Regulierung, weniger staatliche Eingriffe und weniger Steuern. Kurzum, das Kapital bewegt sich dorthin, wo mehr wirtschaftliche Freiheit vorherrscht.

Demgegenüber fehlt dem Kommunismus, dem Sozialismus, dem Faschismus oder jeder anderen staatlich kontrollierten Wirtschaftsordnung der Gewinnansporn. Die Menschen, die ihre Arbeitskraft zur Verfügung stellen, haben nicht den Wunsch, sich für eine Unternehmung einzusetzen, aus der sie keine Belohnung erhalten können (es sei denn, die Belohnung wird über den Schwarzmarkt erzielt). Sie lassen den Staat und seinen bürokratischen Arm über ihr Schicksal bestimmen.

Der Unsicherheitsfaktor Staat vertreibt Kapital, indem Staaten in einem hohen Maß Kontrolle über ihre Volkswirtschaften ausüben – oft verbunden mit Korruption. Der allgemeine Lebensstandard ist erheblich niedriger und die Armut höher als in den meisten kapitalistischen Länder. Folgerichtig gerät das kollektivistische Land in eine wirtschaftliche und soziale Falle, aus der es nur schwer herauskommt. Nur die Marktwirtschaft kann ein Land vor dem Scheitern seiner zentralen Wirtschaftsplanung bewahren.

Die Marktwirtschaft hilft uns, bessere Individuen zu sein

Ähnlich dem alten sowjetischen Lebensstil sollte man sich vor Augen führen, worüber sich die typische venezolanische Familie unserer Zeit täglich Sorgen macht: Essen auf den Tisch zu bekommen und die Sicherheit ihrer Kinder. Sie wachen morgens auf und fragen sich, wie viele Mahlzeiten sie sich an diesem Tag werden leisten können, woher sie sie bekommen und wie sie dafür zahlen können.

Wir, die Glücklichen, die wir in einer relativ marktwirtschaftlichen Ordnung leben, haben solche Sorgen nicht. Wir gehen zur Arbeit, genießen unsere Freizeit, um online zu sein, fernzusehen, bei unseren Familien zu sein, Bücher zu lesen und dem ein oder anderen Hobby nachzugehen. Kurzum: Wir haben die persönliche Freiheit, uns an einer Vielzahl von Erlebnissen in unserem Leben aufgrund der Marktwirtschaft zu erfreuen.

Aber es gibt noch einen weiteren wichtigen Grund, warum man in einer marktwirtschaftlichen Gesellschaft leben will. Wir haben die Freiheit, allen Arten von Geschäftsideen nachzugehen, egal wie verrückt einige auch sein mögen. Weil wir uns um das Morgen keine Sorgen machen brauchen, haben wir Zeit zum Lesen, Erforschen und Erneuern.

Die Marktwirtschaft ermöglicht es uns, uns selbst herauszufordern, Ziele zu haben und sie zu erreichen. Sie gibt uns die Freiheit, neue Dinge auszuprobieren und neue Möglichkeiten zu erkunden. Sie gibt uns die Gelegenheit, mehr Möglichkeiten zu erschaffen. Sie hilft uns, unsere Persönlichkeit zu festigen, denn wenn wir etwas versuchen, scheitern wir auch, und ohne Scheitern, woher wissen wir, ob wir Fehler gemacht haben? Woher sollen wir ohne Misserfolg wissen, ob wir Veränderungen vornehmen müssen?

Persönliche Freiheit kann nur im Zusammenhang mit freien Märkten bestehen

Bevor ich in die USA einwanderte, musste ich ein strenges Verfahren durchlaufen. So musste ich mich unter anderem einem Einwanderungsgespräch mit einem amerikanischen Beamten stellen, der mich neben vielem anderen fragte, warum ich aus Rumänien geflohen bin und warum ich nach Amerika kommen wollte. Meine kurze Antwort lautete: Freiheit! Dann stellte er die interessante Frage: „Wenn Amerika eine Zeit wirtschaftlicher Verwüstung mit ähnlichen Engpässen wie Rumänien durchmachen würde, würden Sie immer noch so denken?“ Ich dachte nicht viel darüber nach und sagte: „Ja, natürlich, solange ich meine Freiheit habe.“

Rückblickend war das eine dumme Antwort von mir. Nach mehreren Jahrzehnten bin ich zu der Überzeugung gekommen, dass der menschliche Zustand von persönlicher Freiheit nur im Zusammenhang mit freien Märkten bestehen kann. Versorgungsengpässe entstehen durch das Eindringen des Staates in das komplexe Marktgefüge, sei es durch Preiskontrollen oder eine schlechte Ressourcenverteilung.

Wenn die Unterversorgung nur groß genug und lang genug ist, um den Alltag erheblich zu behindern, fangen die Menschen an, zu rebellieren. Große Revolten erfordern massive staatliche Maßnahmen, einschließlich – aber nicht nur – der Aushöhlung oder vollständigen Abschaffung der persönlichen Rechte (der Redefreiheit und dem Recht, Waffen zu tragen), der Einrichtung eines Polizeistaates und der Einführung eines mächtigen staatlichen Propagandasystems. Die Marktwirtschaft dagegen ist der Weg zu persönlichen Rechten und Freiheiten, die die Grundfeste einer freien Gesellschaft bilden.

Ist Amerika eine wahrhaftige Marktwirtschaft?

Die kurze Antwort lautet: Nein. Der größte Teil der Welt bezeichnet die amerikanische Wirtschaftsordnung als kapitalistisch. Ausgehend von meiner kurzen Begriffsbestimmung von Marktwirtschaft ist es offensichtlich: Es handelt sich nicht um eine reine Marktwirtschaft und ich möchte klarstellen, die USA haben keine wahrhaftige, marktwirtschaftliche Wirtschaftsordnung.

Die Wirtschaftspolitik im 19. Jahrhundert mit ihrer begrenzten Menge an Regulierungen und minimaler Besteuerung zog das nötige Kapital in unser Land. Die Industrielle Revolution brachte durch ihre Kapitalansammlung spektakuläre Fortschritte für die Lebensverhältnisse seiner Bewohner. Amerika verlor seine Vorreiterstellung, weil es immer mehr Vorschriften, Steuern und abschottende Wirtschaftsmaßnahmen einführte.

Aber wir genießen noch heute einige Früchte früherer Erfolge. Im Vergleich zu vielen Ländern der Welt haben wir immer noch stärkere marktwirtschaftliche Ansätze als die meisten anderen Länder, aber Hongkong, Singapur, die Schweiz, Neuseeland und einige andere Nationen, die bei der wirtschaftlichen Freiheit führend sind, haben uns übertroffen (siehe die neuesten Statistiken).

Was Amerika braucht

Abgesehen von einer besseren Wirtschafts- und Rechtspolitik braucht Amerika eine stärkere Wertschätzung von persönlicher Freiheit und Marktwirtschaft. Solch eine verrückte Idee wird nicht durch den Besuch öffentlicher Schulen oder in der Laufbahn als Staatsbediensteter vermittelt. Junge Menschen benötigen nicht noch mehr Jahre in der Schule mit wertlosen Hochschulabschlüssen und säumigen Studienkrediten. Amerika braucht mehr Unternehmer und Geschäftsleute. Es braucht mehr Menschen mit Tatkraft und Ehrgeiz, mehr Menschen, die ihr eigenes Glück in die Hand nehmen, mehr Erneuerer, mehr Menschen, die bereit sind, Risiken einzugehen.

Es beginnt in unserem eigenen Garten, in unserem Haus, in unserer kleinen Gruppe, in unserer Gemeinde. Es beginnt mit liebevollen, sich kümmernden Eltern, die ihren Kindern Werte wie Eigenverantwortung und Sparsamkeit vermitteln. Es geht weiter mit einer Ausbildung, die sowohl Theorie als auch Praxis in einer Umgebung beinhaltet, die das selbständige Denken und den Erwerb von Lebens- und Arbeitsfähigkeiten fördert. Es entwickelt sich zu einem zielgerichteten, lern- und erlebnisreichen Leben. Und das kann nur der Anfang sein, um die geistige Reife zu erlangen, den Wert zu erkennen, den freie Märkte und persönliche Freiheit den meisten von uns bieten.

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Der Originalbeitrag mit dem Titel I Grew Up in a Communist System. Here’s What Americans Don’t Understand About Freedom ist am 9.3.2018 auf der website der Foundation of Economic Education erschienen.

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Carmen Alexe flüchtete während des Kalten Krieges aus dem kommunistischen Rumänien. Ihr Beweggrund war die individuelle Freiheit. Sie ist seit fast 30 Jahren in der Finanzwirtschaft tätig und arbeitet derzeit als Commercial Real Estate Consultant. Seit 2001 ist sie Immobilieninvestorin. Außerdem ist sie eine leidenschaftliche Salsa-Tänzerin. Carmen Alexe ist ein Freigeist, der forscht und übt, wie man in einer unfreien Welt frei leben kann. Auf ihrem Blog teilt sie ihren Eifer für freie Märkte, individuelle Freiheit und persönliche Verantwortung.

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Hinweis: Die Inhalte der Beiträge geben nicht notwendigerweise die Meinung des Ludwig von Mises Institut Deutschland wieder.


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