Hayek über Fake News

24.3.2017 – von Peter G. Klein.

Peter G. Klein

Fake News sind in der US-Präsidentschaftswahl-Kampagne 2016 zu einem dominanten Thema geworden und beherrschen seitdem die öffentliche Diskussion. Für US-Präsident Trump bezieht sich der Begriff auf CNN, die New York Times und andere Medien, die ein ungünstiges Bild von ihm zeichnen; für Demokraten sind Fake News politisch inkorrekte Webseiten, Blogs und Social Media Accounts. In diesem Zusammenhang ist es nicht verwunderlich, dass das öffentliche Vertrauen in die Medien – in den USA und anderswo – auf einem Allzeittief liegt. (Sogar Trump erscheint in einigen Umfragen als vertrauenswürdiger.)

Für den Libertären sind das keine wirklichen Neuigkeiten. Die Mainstream-Medien sind seit langem Teil dessen, was Murray N. Rothbard einst die „Meinungsbildungsklasse“ nannte, die Gruppe der Intellektuellen, Akademiker, Journalisten und öffentlichen Persönlichkeiten, deren wesentliche Rolle die Legitimierung des Verwaltungsstaates ist. Journalisten berichten keine Nachrichten, sie formen die öffentliche Meinung, indem sie bestimmen, was berichtet wird und wie man daraus eine Geschichte „spinnt“, die in eine bestimmte Weltanschauung oder „Erzählung“ passt. Das geschieht oft bewusst, manchmal aber auch unbewusst, weil Journalisten, wie alle von uns, unter kognitiver Verzerrung leiden, der Tendenz, Anschauungen und Erkenntnisse in einer Weise zu interpretieren, die mit unseren bisherigen Überzeugungen übereinstimmt.

Rothbard, Mises, Schumpeter und andere haben über dieses Phänomen geschrieben, aber eine der überzeugendsten Abhandlungen darüber stammt von Friedrich A. von Hayek (1899-1992) in seinem klassischen Artikel aus dem Jahre 1945, „Die Intellektuellen und Sozialismus“. Wie Joe Salerno vor kurzem darauf hingewiesen hat, wird dieser Aufsatz manchmal herangezogen, um ein Trickle-down-Modell zu rechtfertigen, mit dem Akademiker und andere Denker ihre Arbeit auf Journalisten und andere Intellektuelle richten – die Hayek die „Secondhand-Händler in Ideen“ nannte -, die dann wiederum die Ideen in der Öffentlichkeit verbreiten. Aber das ist nicht das, woran Hayek dachte. Vielmehr formulierte er eine scharfe Kritik an den Intellektuellen (mit denen er Journalisten, Lehrer, Kleriker und andere Persönlichkeiten bezeichnet).

Der Intellektuelle, nach Hayek, ist kein Experte oder großer Denker:

„Der typische Intellektuelle muss keines von beidem sein: er muss weder spezielles Wissen auf irgendeinem bestimmten Gebiet besitzen, noch muss er besonders intelligent sein, um seine Rolle als Mittelsmann bei der Verbreitung von Ideen zu erfüllen. Was ihn für diese Arbeit qualifiziert, ist die breite Palette an Themen, über die er ohne weiteres reden und schreiben kann, und eine Position oder Gewohnheiten, durch die er früher mit neuen Ideen in Kontakt kommt als sein Publikum“.

Solche Menschen üben einen enormen Einfluss aus, denn durch sie erfahren die meisten von uns von Ereignissen und vom Weltgeschehen.

„Es sind die Intellektuellen in diesem Sinne, die entscheiden, welche Ansichten und Meinungen uns erreichen dürfen, welche Fakten wichtig genug sind, uns mitgeteilt zu werden, und in welcher Form und von welchem Standpunkt aus sie uns präsentiert werden“.

Die Berichte und Redakteure, die die großen Medienkanäle versorgen, neigen dazu, eine spezielle Sicht auf die Welt zu haben, eine, die den Staat, seine Funktionäre und Sympathisanten in den Mittelpunkt stellt. Wegen kognitiver Verzerrung filtern sie Informationen und Ereignisse, die zu dieser Ansicht passen. Wie Hayek es ausdrückt:

Es ist vielleicht das charakteristischste Merkmal des Intellektuellen, neue Ideen nicht nach ihrem Wert an sich zu beurteilen, sondern danach, ob sie zu seiner generellen Einstellung passen – zu seinem Bild der Welt, welches er als modern oder fortschrittlich betrachtet. Durch ihren Einfluss auf ihn und seine Meinungen zu bestimmten Themen wächst die Macht von Ideen zum Guten oder zum Schlechten proportional zu ihrer Allgemeingültigkeit, Abstraktheit, sogar ihrer Unbestimmtheit. Da er wenig von den speziellen Themen weiß, müssen seine Kriterien die Übereinstimmung mit seinen anderen Ansichten und ein nahtloses Einfügen in sein Weltbild sein. Dennoch schafft diese Auswahl aus der Vielzahl an neuen Ideen, denen er jederzeit begegnet, das Meinungsklima, die dominante Weltanschauung einer Epoche, welche manchen Meinungen mehr und anderen weniger wohlgesonnen ist, und welche den Intellektuellen dazu bringt, eine Schlussfolgerung sofort zu akzeptieren und eine andere zu verwerfen, ohne das Thema wirklich zu verstehen.

Die heutige, dominante Weltanschauung konzentriert sich auf den Staat und die Staatsmacht. Zwar gibt es einige bemerkenswerte Ausnahmen, aber in der Tat: moderne Journalisten überprüfen nicht, sie analysieren nicht und sie liefern keine fundierte Meinung. Stattdessen funktionieren sie eher wie Presse-Agenten des Präsidenten oder anderer Regierungsbeamte. Während der Vorbereitung auf die US-Invasion und Besetzung des Irak im Jahr 2003 wiederholten die großen US- und europäischen Nachrichtenmedien die Behauptungen der Bush-Regierung über Saddam Husseins Massenvernichtungswaffen, die wachsende Bedrohung der Welt durch den Irak und so weiter. Sogar nachdem sich alles als Fake News herausstellte, hielten sich die Journalisten weiter an das Script. Als es zur Finanzkrise im Jahr 2008 kam, wiederholten sie einfach die Behauptungen der Bush- und später der Obama-Administration, ohne massive Rettungspakete für die Banken und fiskalische Anreize würde das gesamte Weltfinanzsystem zusammenbrechen. Die Medien fordern selten, wenn überhaupt, das herrschende Narrativ heraus; sie schaffen, gestalten und verstärken es, in dem, was und wie sie es berichten.

In der Tat gibt es viele aktuelle Beispiele für offensichtliche „Fake News“-Themen, die von den Mainstream-Medien, anderen Intellektuellen und Akademikern aufgegriffen und verstärkt werden. Eines ist die oft wiederholte Behauptung, dass „97% der Wissenschaftler an die menschengemachte, globale Erwärmung glauben“ (AGW). Diese Behauptung bezieht sich in der Regel auf eine Studie (Cook et al., 2013), die eine große Auswahl von Zusammenfassungen wissenschaftlicher Arbeiten über den Klimawandel untersuchte. Die Mehrheit dieser Arbeiten sagten nichts über den AGW aus. Unter der Minderheit, die dies tat (33%), akzeptierten 97% die Ansicht, dass menschliche Aktivität die globale Erwärmung verursacht. Also nicht nur gab die Studie nicht die Ansichten von „Wissenschaftlern“ oder sogar Klima-Wissenschaftler wieder, sie zeigt lediglich, dass etwa ein Drittel der Arbeiten, die sich mit Klimawandel in den letzten 20 Jahren beschäftigen, davon ausgehen, dass er menschengemacht ist. (Siehe hier hinsichtlich anderer Studien, die behaupten, auf einen ähnlichen Wert zu kommen.)

Eine weitere Behauptung, die typischerweise als Fakt betrachtet wird, ist, dass eine von fünf US-College-Studentinnen Opfer sexueller Gewalt wird. Wie Robby Soave ausführlich dargelegt hat, basiert diese Behauptung auf einer weitgehend diskreditierten Studie – eine einzige Studie einer Universität – durch den Psychologen David Lisak. Wie Soave zeigt, findet sich in der Studie nichts dergleichen, doch die Größe „Eine-von-fünf“ wird von den großen Medien konsequent als Tatsache dargestellt.

Es wäre einfach, weitere Beispiele zu finden. Die gegenwärtige Obsession über eine Einmischung Russlands in die US-Wahlen wäre ein solches. Der Punkt ist, dass Journalisten selten untersuchen und sich unabhängige Urteile auf der Grundlage von Beweisen bilden, sondern stattdessen Geschichten und Ideen sammeln und wiederholen, die in ihre Weltanschauung passen.

Ist es ein Wunder, dass die Öffentlichkeit sie nicht ernst nimmt?

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Der Originalbeitrag mit dem Titel Hayek on Fake News ist am 4.3.2017 auf der website LewRockwell.com erschienen.

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Peter G. Klein ist Carl Menger Research Fellow des Mises Institute Auburn und Professor für Entrepreneurship an der Baylor University’s Hankamer School of Business.

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Hinweis: Die Inhalte der Beiträge geben nicht notwendigerweise die Meinung des Ludwig von Mises Institut Deutschland wieder.

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