Schwarzmärkte zeigen: Sozialismus funktioniert nicht

12. Juli 2019 – von Allen Gindler

Wenn wir die Ökonomie als eine objektive Wissenschaft betrachten, sollten auch ihre Regeln, trotz unterschiedlicher gesellschaftlicher Ordnungen, universelle Bedeutung und Anwendung haben. Sozialisten aus dem materialistischen Lager hängen jedoch der Idee an, das öffentliche Eigentum an den Produktionsmitteln könne die Entwicklung der Wirtschaftsgesetze im Sozialismus verändern. Im Grunde lehnen sie den Begriff der Universalität und der Objektivität wirtschaftlicher Regeln ab, indem sie behaupten, dass sich Gesetze mit Änderung der sozialen Ordnung ebenfalls ändern würden.

So hielten die Kommunisten an der marxistischen Idee fest, dass der Sozialismus ein „Mehrwertgesetz“ korrigieren, die „Ausbeutung“ der Arbeiter beenden und die Produktions-, Verteilungs- und Konsumaspekte der Wirtschaft effizient regeln könnte. Sie versuchten, den Regulierungsmechanismus des Marktes zu beseitigen und ihn durch Richtlinien einer zentralen Planungsbehörde zu ersetzen. Die Bolschewisten machten sich enthusiastisch an die Arbeit: Sie vernichteten Privateigentum, kollektivierten alles und jeden und führten offiziell die Planwirtschaft ein.

Hat aber dies die Marktbeziehungen effektiv so ausgeschaltet, wie man es sich vorgestellt hat?

Nein. Im Gegensatz zur allgemeinen Auffassung ist es dem Sozialismus eben nicht gelungen, die Marktwirtschaft zu vernichten. Der Markt wanderte „unter die Erde“ und verwandelte sich in einen Schwarzmarkt. Schwarzmärkte gab es auch in kapitalistischen Ländern, allerdings arbeiteten diese „unter Tage“, weil dort illegale Waren und Dienstleistungen gehandelt wurden. Der Schwarzmarkt im Sozialismus diente dem gleichen Zweck, aber die Liste der dort gehandelten Waren und Dienstleistungen enthielt hauptsächlich Gegenstände des täglichen und legalen Konsums – Dinge, die die Menschen im Kapitalismus ohne Problem in Geschäften kaufen konnten. Praktisch alle Arten von Produkten des persönlichen Konsums fanden irgendwann den Weg auf den Schwarzmarkt. Vom Glasdeckel bis Toilettenpapier war alles Gegenstand von Schwarzmarktgeschäften.

Trotz der proklamierten Planwirtschaft waren die Menschen in allen Bereichen in Marktbeziehungen involviert und vertrauten einem Preis für eine Ware oder Dienstleistung, der vom Markt etabliert wurde, mehr als einem, der von der Regierung diktiert wurde. Der offizielle Wechselkurs des Rubels zum Dollar betrug im Jahr 1980 0,66 zu 1. Niemand außer hohen Parteimitgliedern konnte von solch einem günstigen Wechselkurs profitieren. Auf dem Schwarzmarkt betrug der Wechselkurs zur selben Zeit  4 Rubel pro 1 US-Dollar.

Offiziell wurde keine einzige Jeans in der Sowjetunion produziert, aber wie alle ihre Altersgenossen im Ausland trugen auch sowjetische Jugendliche Jeans. Je nach Marke betrug der Preis 180-250 Rubel für ein Paar, was fast doppelt so viel war wie der Monatslohn eines Ingenieurs. Eine Krankenschwester berechnete 1 Rubel für eine Injektion, wenn ein Patient im fünften oder niedriger Stock wohnte. Der Preis stieg auf 1,5 Rubel für Patienten, die im fünften Stock und darüber lebten. Klempner reparierten einen Wasserhahn für nur eine Flasche Wodka.

Zwei Preise für alles

Daher gab es  in der Sowjetunion für alle bedeutenden Güter zwei Preisschilder: ein reales und ein virtuelles. Der Staat setzte den ersten Preis durch obskure Methoden; der übliche Mechanismus von Angebot und Nachfrage bestimmte dann den zweiten Preis am Markt. Wer Glück hatte, konnte nach mehreren Stunden in der Warteschlange Waren zum staatlichen Preis kaufen. Aufgrund chronischen Mangels konnte jedoch das gleiche Produkt auf dem Schwarzmarkt zu einem viel höheren Preis gekauft werden. Der virtuelle Preis wurde auf dem Schwarzmarkt real und spiegelte den tatsächlichen Wert der Ware für den Käufer wieder. Dieses Vorhandensein von zwei Preisschildern ist eine Bestätigung der These von Ludwig von Mises (1881-1973) über die Unmöglichkeit wirtschaftlicher Kalkulation im Sozialismus. Gleichzeitig ist es ein Beweis für die Unsterblichkeit und Unveränderlichkeit der Wirtschaftsgesetze des freien Marktes, selbst unter einem totalitären Regime. Daher existieren im Sozialismus zwei Wirtschaftssysteme und zwei Preisgruppen parallel nebeneinander.

Die Menschen waren gezwungen, die Dienste des Schwarzmarktes in Anspruch zu nehmen, auch angesichts schwerer Strafen, einschließlich der Todesstrafe. Fast die gesamte Gesellschaft war an verschiedenen Korruptionsprogrammen beteiligt, um einen gewissen Lebensstandard zu erlangen. So ergab sich die paradoxe Situation, in der die Regale der Supermärkte leer, aber die Kühlschränke zu Hause mehr oder weniger voll waren. Der Schwarzmarkt war gefüllt mit geschmuggelten Waren aus dem Ausland und mit solchen, die in verborgenen Werkstätten hergestellt wurden. Häufig wurden Alltagsprodukte gezielt aus dem Handel genommen, um sie dank Mangel auf dem Schwarzmarkt zu einem exorbitanten Preis zu verkaufen. Der Sozialismus hatte die normalen Ströme von Produktion, Verteilung und Konsum untergraben, indem er die objektiven Gesetze der Ökonomie ignorierte. Dennoch halfen Schwarzmarkt und Unternehmergeist den Menschen, den sozialistischen Wahnsinn zu überleben.

Ungeachtet des von kommunistischen Parteiführern verkündeten Erfolges der sowjetischen Wirtschaft war sie nicht in der Lage, mit kapitalistischen Systemen zu konkurrieren. Die Kommunisten schufen ein System, welches die Prozesse nachzuahmen versuchte, die im freien Markt seit Jahrhunderten erfolgreich und automatisch passierten. So führten den sozialistischen Wettbewerb ein, der den freien Marktwettbewerb ersetzen sollte. Ein unzureichender und unglücklicher Ersatz. Die Belohnungen für Profiteure im kapitalistischen Wettbewerb waren weitaus höher als für Profiteure im Sozialismus. So genoss der kapitalistische Profiteur beispielsweise eine deutliche Steigerung seines Wohlstandes.

Darüber hinaus war der wichtigste Profiteure des freien Wettbewerbs die Gesellschaft im Ganzen. Dies ist ein natürliches Merkmal der freien Marktwirtschaft und der Hauptgrund, warum diese Produktionsweise zur Entwicklung der menschlichen Gesellschaften auserwählt wurde. Ein Wettbewerb im Sozialismus gab den Gewinnern Öffentlichkeit, eine Ehrenurkunde, vielleicht eine Reise in ein „Sanatorium“ (ein Heilbad) und weitere Kleinigkeiten, die die Menschen normalerweise nicht zu schätzen wussten. Vor allem aber gab es für die Gesellschaft als Ganzes keine signifikante Erhöhung des Wohlstandes.

Die Bevölkerung wurde nicht ausreichend motiviert und war unterbezahlt, was die geringere Arbeitsproduktivität im Vergleich zu kapitalistischen Ländern erklärt. Dies war der Fall, obwohl an sich die Produktionsmittel endlich den Arbeitnehmern selbst gehören sollten. Ein berühmtes Sprichwort aus der Zeit des sowjetischen Sozialismus fängt dessen Quintessenz ein „Sie[die Regierung] tun so, als würden sie uns bezahlen, wir tun so, als würden wir arbeiten“.

Der Sozialismus ist ein System, das versucht, den freien Fluss objektiver Wirtschaftsgesetze künstlich zu behindern, indem er subjektive Barrieren in Form von Gesetzen und Strafmaßnahmen schafft. Sozialisten denken fälschlicherweise, dass sich, wenn sie Privateigentum beschränken und Marktbeziehungen kappen, auch die Wirtschaftsgesetze an sich ändern würden. Sie haben eine Aufgabe übernommen, für die es im Prinzip keine rationale Lösung gibt. Aus der Idee, die grundlegenden Gesetze der Ökonomie zu ignorieren oder zu verletzen, entsteht nichts Gutes. Diese Gesetze existieren nach wie vor, unabhängig von Meinungen und dem Versäumnis, ihren wahren Charakter zu erkennen.

Der Sozialismus stört den Evolutionsprozess und führt die Gesellschaft in eine Sackgasse. Die verzweifelte wirtschaftliche Situation der Menschen in Venezuela, Kuba und Nordkorea – die Überreste sozialistischer Unternehmungen – ist ein direktes Ergebnis des Aufbaus einer Gesellschaft, die den natürlichen Handlungen nach den Gesetzen der Ökonomie widerspricht. In der Regel erkauften sich sozialistische Regime Zeit, indem sie Sklavenarbeit, Plünderung, und Zwang und all das einsetzten, was ein aggressives, totalitäres Regime zu bieten hat. Am Ende sind jedoch die Mittel der sozialistischen Lebenserhaltung erschöpft und die Rückkehr zu den natürlichen und gesunden Marktbeziehungen, in denen die Gesetze der Ökonomie zum Wohle der Menschheit funktionieren, ist unabdingbar.

Dieselben Gesetze der Marktwirtschaft haben in verschiedenen menschlichen Gesellschaften funktioniert: von der vorgeschichtlichen bis zur postindustriellen. Dennoch halten Sozialisten immer noch an der Idee fest, diese zu verändern.

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Aus dem Englischen übersetzt von Martin Ziegner. Der Originalbeitrag mit dem Titel Black Markets Show How Socialists Can’t Overturn Economic Laws ist am 24.6.2019 auf der website des Mises-Institute, Auburn, US Alabama erschienen.

Allen Gindler schreibt u.a. für das Mises-Institute, Auburn, US Alabama.

Hinweis: Die Inhalte der Beiträge geben nicht notwendigerweise die Meinung des Ludwig von Mises Institut Deutschland wieder.

 

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