Griechenland zeigt, wohin uns der Sozialismus führt
6.7.2015 – von Patrick Barron.
Griechenland wird niemals seine Schulden zahlen können. Genau so wenig wie andere Mitgliedsstaaten der Europäischen Union. Das ist der Grund, warum die politische Elite Europas einen Zahlungsausfall von Griechenland verhindern möchte. Sollte es Griechenland erlaubt werden, seinen Schuldendienst einzustellen, warum sollten dann andere Schuldner in der EU ihren Zahlungsverpflichtungen nachkommen müssen? Die finanziellen Konsequenzen eines massiven Zahlungsausfalls von einem Großteil der EU-Mitglieder sind schwer vorherzusagen. Schön werden sie aber auf keinen Fall. Europa hat ein finanzielles Kartenhaus geschaffen, das beim leichtesten Vertrauensverlust in sich selbst zusammenfallen wird.
Im Kern hängt die europäische Tragödie mit dem Sozialismus zusammen. Europa hat mit dem Sozialismus seit dem späten 19. Jahrhundert geliebäugelt. Der Sozialismus nach Bismarck hat zwei Weltkriege verursacht. Im Ersten Weltkrieg war der deutsche General Erich Ludendorff der Architekt des so genannten Hindenburg Plans, nach dem das Militär alle ökonomischen Angelegenheiten des Staates lenken sollte. Die Nationalsozialisten erweckten den Plan in den 1930er Jahren wieder zum Leben. Fürsprecher des Etatismus waren verliebt in das Programm der Nationalsozialisten, das den Anschein erweckte, als würde es die Arbeitslosigkeit senken und die Produktion ankurbeln. Aber schon Gunter Reimann deckte diese Lüge unmittelbar vor Beginn des Zweiten Weltkrieges in seinem Buch Vampire Economy: Doing Business Under Fascism auf. Der Sozialismus nach Lenin hat hunderte von Millionen Menschen abgeschlachtet oder versklavt, bis er zusammenbrach, Gott sei Dank ohne einen Dritten Weltkrieg.
Ludwig von Mises wies darauf hin, dass der deutsche und der russische Sozialismus zwei Seiten der gleichen Medaille waren. Unter Hindenburg und den Nationalsozialisten blieben die Deutschen nominal die Eigentümer ihres Hab und Gutes, der deutsche Staat befahl „nur“ die Verteilung aller Produktionsfaktoren inklusive der Arbeit. Arbeiter waren nicht viel mehr als Sklaven. Unter dem Sozialismus nach Lenin übernahm der Staat nach der Abschaffung des Privateigentums alle Mittel, auch das Individuum wurde nun staatlicher Besitz.
Nun sollte man eigentlich davon ausgehen können, dass die Nachwirkungen einer solchen gesellschaftlichen Katastrophe von einem kaum vorstellbaren Ausmaß Europas Eliten dazu veranlassen sollten, alle Form des Sozialismus, ob nun deutsch oder russisch, abzulehnen. Doch davon nicht abgeschreckt, schufen die politischen Eliten Europas in der Asche des Zweiten Weltkrieges einen neuen sozialistischen Traum. Wenn der Sozialismus in einem Land versagt, kann er vielleicht obsiegen, wenn ganz Europa in einer supranationalen sozialistischen Organisation aufgeht. Sie nennen das, was sich daraus entwickelt hat, nicht „Sozialismus“, trotzdem ist und bleibt es Sozialismus.
Sozialismus kann nicht funktionieren, weder in einem Land, noch in einem multinationalen Staatenverbund wie in Europa oder auf der gesamten Welt. Ludwig von Mises zeigte auf, dass es sich beim Sozialismus nicht um ein alternatives Wirtschaftssystem handelt, sondern um ein Konsumprogramm. Es sagt uns nichts über die wirtschaftliche Produktion von Gütern. Da jedes individuell erzeugte Gut an die restliche Menschheit verteilt werden muss (unter der Direktive des Staates versteht sich), gibt es keinen ökonomischen Anreiz überhaupt etwas zu erzeugen, auch wenn es unter Umständen den Anreiz von Zwang und Gewaltandrohung gibt. Selbst unter Bedrohung von Leib und Leben wüsste weder der sozialistische Arbeiter noch sein Überwacher, was er produzieren sollte, wie er es produzieren sollte oder in welcher Quantität und Qualität.
Diese ökonomischen Signale sind Produkte einer freien Marktwirtschaft und ihrer Geldpreise. Sie entspringen aus der subjektiven und ordinalen Bewertung der vom Individuum in Privatbesitz befindlichen Ressourcen inklusive seiner eigenen Arbeitskraft. Der nachgelagerte freie Markt ist der Prozess, in dem diese Präferenzen die Preise bestimmen, die wiederum die wahre ökonomische Produktion den echten Bedürfnissen der Menschen anpassen. Adam Smith umschrieb diese Anpassung und Bepreisung als die unsichtbare Hand des Marktes.
Spezialisierung, Handel und das Saysche Gesetz
Wenn jeder Mensch die Früchte seiner Arbeit selbst besitzt und nicht der Staat Anspruch auf sie erhebt, entstehen für ihn große ökonomische Anreize, sowohl für sich und seine Familie zu produzieren und zusätzlich Güter für den Handel mit anderen herzustellen. Die aus der Spezialisierung hervorgegangene größere Produktivität führt auf natürliche Weise zum Entstehen von Handel. Dies ist nur ein Weg, das Saysche Gesetz zu erklären: Produktion geht dem Konsum voraus und Produktion selbst erzeugt Nachfrage. Nehmen wir als Beispiel einen Bauern, der Getreide für seine Familie oder seine Tiere anbaut, stattdessen aber nun sein Getreide auf dem Markt gegen Geld tauscht und damit alle anderen Notwendigkeiten und Luxusartikel für das Leben einkauft. Seine Getreideernte IST seine Nachfrage und das Geld ist nur das indirekte Tauschmittel. Da der Bauer das Geld seiner Kunden braucht und seine Kunden sein Getreide, ersetzt eine friedvolle Kooperation den Raub mittels Krieg.
Keynes versuchte, den Sozialismus zu retten, indem er das Saysche Gesetz mit Hilfe des Druckens von Geld leugnete
Die moderne Volkswirtschaftslehre ist dabei, in einer keynesanischen Senkgrube aus falscher Logik unterzugehen, in der das Saysche Gesetz geleugnet und das Drucken von Fiatgeld zur Staatstugend erhoben wird. Keynes behauptete, dass die Nachfrage, erzeugt durch die künstliche Geldmengenausweitung von Zentralbanken, selbst die Produktion anregen würde. Er versuchte, unlogischerweise und nicht sehr erfolgreich, den Konsum der Produktion voranzustellen. Aber die Nachfrage bei Keynes hängt von der versteckten Steuer aus der Fiatgeld-Schaffung ab. Mit guten Geld wäre es nicht möglich, jemanden vorzumachen, dass der Staat die Wirtschaft stimulieren kann, indem er das Geld zuerst bei den Menschen wegbesteuert oder es sich leiht, um es im Anschluss auszugeben.
Die Keynesianer entgegnen diesem Einwand mit der Theorie vom Überangebot an Ersparnissen, die den Grund für eine wirtschaftliche Abwärtsbewegung im öffentlichen Wunsch nach Halten oder Investieren von Geld sieht. Damit geben sie dem Staat eine vermeintliche Rechtfertigung, Geld in die Hand zu nehmen und es auszugeben. Aber die Theorie vom Überangebot von Ersparnissen ist ein Mythos. Österreichische Ökonomen, insbesondere Murray N. Rothbard (1926 – 1995), haben immer wieder darauf hingewiesen, dass Investieren erhöhtes Sparen und verminderte Konsumausgaben erfordert. Dabei fällt nicht etwa Nachfrage aus, sondern das Einkommen wird nur für andere Zwecke – für mehr Investitionen und weniger Konsum – verwendet. Sparen und Investieren sind erforderlich, um den Wohlstand der Volkswirtschaft nicht nur zu erhalten, sondern auch zu mehren.
Bis heute ist Keynes sehr beliebt bei ausgabefreudigen Politikern, denen er damit ein moralisches Gebot gegeben hat, Geld auszugeben, das sie nicht haben. Heutzutage liest und hört man üblicherweise von folgenden Irrtümer, die allesamt das Saysche Gesetz bestreiten und den Kapitalverzehr durch Staatsausgaben und Gelddrucken zur Folge haben:
- Alle Staatsausgaben sind vorteilhaft – Wohlfahrtstaatsausgaben, Militärausgaben oder Menschen dafür zu bezahlen, Löcher zu graben und sie wieder zu zuschütten.
- Es ist die Pflicht der Regierung, durch antizyklische Staatsausgaben ein Sinken des BIPs zu verhindern.
- Der Zweite Weltkrieg und die damit verbundenen Ausgaben führten die USA und den Rest der Welt aus der Großen Depression.
- Nobelpreisträger Paul Krugman fantasiert über einen Angriff durch Marsmännchen, als dessen Folge massive Militärausgabensteigerungen die Weltwirtschaft von ihrer Flaute befreien könnten.
- Ein Überangebot von Ersparnissen, hauptsächlich in Asien, verursachte den Crash von 2008.
- Die Griechen sollten keine Arbeitsplätze im öffentlichen Sektor kürzen, weil der damit verbundene Ausgaberückgang sich negativ auf das BIP auswirken würde.
Wir sehen, wie sich das Ergebnis aus 150 Jahren Europäischem Sozialismus im großen Stil in Griechenland entfaltet. Die wirtschaftlich erfolgreichen Staaten beginnen zu realisieren, dass sie durch die sozialistische Garantie der EU, kein Land in den Zahlungsausfall entgleiten zu lassen, ausgeraubt wurden. Griechenland versteht es nun lediglich, diese Garantie wörtlich zu nehmen und sich selbst über Ausgaben in den Bankrott zu führen. Andere EU-Staaten sind nicht weit davon entfernt. Es ist an der Zeit, dem freien Markt und gutem Geld eine Chance zu geben: bis jetzt hat es noch jedes Mal funktioniert, wenn man es versucht hat.
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Aus dem Englischen übersetzt von Arno Stöcker.
Foto Startseite: © Tiberius Gracchus
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Patrick Barron ist selbständiger Berater im Finanzwesen. Er lehrt an der Graduate School of Banking an der Universität Wisconsin, Madison. Außerdem unterrichtet er die “Österreichische Schule der Nationalökonomie” an der Universität Iowa, Iowa City. Seine Website ist: http://patrickbarron.blogspot.de/