„Wenn Deutschland nicht mehr zahlt, dann platzt der Laden“

26.10.2016 – von Bruno Bandulet.

Bruno Bandulet

So schwierig es ist, keine Satire zu schreiben, so wenig reicht sie aus, um das System zu verstehen. Die Umtriebe der Eurokratie mögen überflüssig, lästig oder auch amüsant sein – was die EU im Innersten zusammenhält, ist nichts anderes als Geld. Genauer: die Fließrichtung von Geld.

Mit ganz unüblicher Brutalität beschrieb es ein Brüsseler Kommissar einmal so: »Wenn Deutschland nicht mehr zahlt, dann platzt der Laden.«

Noch näher am Thema dieses Buches ist die Einschätzung des eminenten britischen Historikers Niall Ferguson:

»Wenn man sich die europäische Integration als ein einvernehmliches System von Kriegsreparationen vorstellt, so entsprechen die Leistungen Deutschlands etwa denen, die ihm nach dem Ersten Weltkrieg mit dem Versailler Vertrag aufgebürdet wurden.«

Was hat er damit eigentlich gemeint? Um diese Frage zu beantworten, werfen wir zunächst einen Blick in den Haushalt der Europäischen Gemeinschaft und seine Entwicklung seit 1970. Damals belief er sich auf 9,5 Milliarden Mark. Bis 1980 war er auf 41,1 Milliarden Mark angewachsen, bis 1990 auf 97,5 Milliarden und bis zur Euro-Einführung auf 190 Milliarden.

2014 hatte das Budget ein Volumen von 143,94 Milliarden Euro beziehungsweise 281,522 Milliarden D-Mark. Im Rahmen der siebenjährigen Finanzplanung von 2014 bis 2020 sind Zahlungsverpflichtungen in Höhe von 1,082 Billionen Euro vorgesehen.

Wie erzielt die EU ihre Einnahmen? 2014 kamen gut 11 Prozent von den Zöllen, die an den Außengrenzen erhoben werden. Gut 12 Prozent stammten aus dem Anteil an der Mehrwertsteuer, der von den nationalen Regierungen abgeführt wurde. Außerdem wurde eine runde Milliarde, die 2013 übrig geblieben war, auf 2014 übertragen. Und »andere« Einnahmen, zum Beispiel aus Kartellstrafen, summierten sich auf knapp 10 Milliarden Euro. Weil der Haushalt im Prinzip in jedem Jahr ausgeglichen sein muss, wurde auch 2014 die verbleibende Differenz zwischen Ausgaben und Einnahmen von den Mitgliedstaaten nach Maßgabe ihres Bruttonationaleinkommens überwiesen.

Über die Umverteilung ist damit noch nichts ausgesagt. Interessanter als die absoluten Zahlen sind die EU-bezogenen Salden der Mitgliedstaaten. Wer mehr einzahlt, als er zurückbekommt, ist Nettozahler. Wer mehr zurückbekommt, als er eingezahlt hat, befindet sich in der angenehmen Position des Nettoempfängers. Im öffentlich zugängigen Financial Report der EU (siehe Tabelle unten) für 2014 sind die Summen, die die Nettozahler effektiv aufgebracht haben, mit einem Minus gekennzeichnet und die Beträge zugunsten der Nettoempfänger mit einem Plus. Auf der Tabelle ist außerdem zu sehen, welcher Prozentsatz des Bruttonationaleinkommens (BNE) abgeführt wurde beziehungsweise als Zuschuss verbucht werden konnte. Werden die Positionen aller 28 EU-Mitglieder saldiert, bleibt unter dem Strich eine Null.

Wenn der Anteil am Bruttoinlandseinkommen (siehe % BNE) berücksichtigt wird, fällt auf, dass nur die Niederlande 2014 stärker belastet wurden als Deutschland. Das relativiert sich jedoch, je länger man zurückgeht. Selbst die Niederlande und Finnland waren schon einmal für kurze Zeit Nettoempfänger. Auch die großen EU-Länder Frankreich, Großbritannien und Italien haben, bezogen auf das Bruttoinlandseinkommen, fast immer weniger als Deutschland beigetragen.

Größter Nettozahler in absoluten Zahlen war auch 2014 wieder Deutschland mit minus 15.501,6 Millionen Euro, größter Nettoempfänger war Polen mit plus 13.748 Millionen. Ein rundum gutes Geschäft war die EU auch für Ungarn, Rumänien, Griechenland und alle anderen Länder in Mittel- und Osteuropa, die seit 2004 aufgenommen wurden. Ein Verlustgeschäft war die europäische Integration nicht nur für Deutschland, sondern auch für die Niederlande, Belgien, Frankreich, Italien, Großbritannien und Finnland.

Nun wird von offizieller Seite, zum Beispiel von der Bundeszentrale für politische Bildung, gerne behauptet, dass die rein buchhalterische Gegenüberstellung von Einnahmen und Ausgaben nichts darüber aussage, ob die EU-Mitgliedschaft für ein Land mehr Vorteile oder mehr Nachteile mit sich bringe. Das ist nicht falsch, aber eine typische Halbwahrheit. Ohne Zweifel ist es besser und bestimmt kein Nachteil, Geld zu bekommen, als Geld abgeben zu müssen. Und natürlich müssen auch andere Faktoren in Rechnung gestellt werden, zum Beispiel die mit einem EU-Beitritt manchmal verbundene höhere Rechtssicherheit für Investoren oder andererseits die von der EU auferlegten zusätzlichen Bürokratiekosten, die für die deutsche Wirtschaft in die Milliarden gehen dürften.

Die eben erwähnte Bundeszentrale, ein Sprachrohr für Regierungspropaganda, stellt mit Vorliebe auch die Vorteile heraus, die der Binnenmarkt und der freie Personen- und Kapitalverkehr mit sich bringen. Dazu braucht es aber keine EU in dieser Form. Schon vor 1914 konnten sich Kapital und Personen frei in Europa bewegen, schon vor 1914 wuchsen die deutschen Exporte rasant. Vom Außenhandel profitieren immer beide Seiten. Er vollzieht sich auf freiwilliger Basis. Ein französischer Autofahrer entscheidet selbst, ob er sich einen Peugeot oder einen Mercedes anschafft. Warum sollte für die Möglichkeit, exportieren zu können, extra gezahlt werden? Im Übrigen ist in den vergangenen Jahren der deutsche Export nach China und in die USA deutlich stärker gewachsen als der in EU-Länder, ohne dass mit Geld nachgeholfen werden musste.

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Entnommen aus „Beuteland. Die systemamtsiche Plünderung Deutschlands nach 1945“, von Bruno Bandulet. Erschienen im Juli 2016 im Kopp-Verlag.

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Dr. Bruno Bandulet war Mitglied der Chefredaktion von Quick und Die Welt und lange Jahre Herausgeber des auf Edelmetalle und Devisen spezialisierten Finanzdienstes GOLD&MONEY INTELLIGENCE. Er gründete 1995 den politischen Hintergrunddienst DeutschlandBrief, der seit 2009 als regelmäßige Kolumne im liberalen Monatsmagazin “eigentümlich frei” erscheint. Zuletzt veröffentlichte er im Kopp Verlag „Das geheime Wissen der Goldanleger“ und „Die letzten Jahre des Euro“. Ende Juni 2012 klagte Dr. Bandulet zusammen mit den Professoren Schachtschneider, Starbatty, Hankel und Nölling vor dem Bundesverfassungsgericht gegen den Vertrag über den Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM), mit dem der Euro “gerettet” werden soll. Bandulet ist Mitglied der Friedrich A.  von Hayek-Gesellschaft.

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Hinweis: Die Inhalte der Beiträge geben nicht notwendigerweise die Meinung des Ludwig von Mises Institut Deutschland wieder.

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