Das Individuum – die politikfreie Zone

21. Juli 2025 – von Rainer Fassnacht

Sich ständig mit Politik zu beschäftigen, kann das Wohlbefinden negativ beeinträchtigen. Das politische Interventionen ökonomisch schädlich sind, ist schon lange bekannt. Ludwig von Mises‘ (1881 – 1973) „Wirtschaftsrechnung im sozialistischen Gemeinwesen“ hat einen wesentlichen Beitrag zu dieser Erkenntnis geleistet. Demgegenüber stehen die potenziellen psychologischen Schäden der Politik kaum im Fokus der Aufmerksamkeit.

Es gibt einen Zusammenhang zwischen der schädlichen ökonomischen Wirkung politischer Interventionen und deren negativen psychologischen Effekten. Um diesen zu verstehen, ist es wichtig sich bewusst zu machen, dass Politik in der Praxis Win-lose-Situationen erzeugt. Einigen Gewinnern der politischen Intervention stehen meist zahlreiche Verlierer (beispielsweise die Netto-Steuerzahler) gegenüber.

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Dies ist der wesentliche Unterschied zwischen gesellschaftlicher Koordination über freiwilligen Austausch und jener über Zwang beziehungsweise Politik. Der Markt schafft durch den zwangsfreien Austausch Win-win-Situationen, die alle Beteiligten erfreuen. Niemand hat ein Interesse daran, freiwillig zu handeln, wenn sich seine Situation dadurch nicht verbessert.

Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Einschätzung individuell und subjektiv ist. Es gibt kein allgemein gültiges für alle Menschen und Zeitpunkte zutreffendes „Besser“. Dies trifft übrigens auch für den Wohlstand zu. Während oft angenommen wird, dieser sei gleichzusetzten mit mehr Gütern und Dienstleistungen, ist Wohlstand handlungslogisch nicht universalisierbar.

Dies führt uns zu den psychologischen Effekten, was sich über ein Beispiel verdeutlichen lässt. Nehmen wir an, es wird gesetzlich verboten, Holz zu verfeuern, beispielsweise im Grill, im Heiz- oder im Küchenofen. Es wird sowohl Ablehnung als auch Zustimmung zu dieser Intervention geben.

Höchstwahrscheinlich wird ein Mensch auf dem Land, der sein Haus mit Holz beheizt und damit kocht, diesen politischen Eingriff als wesentliche Verschlechterung bewerten. Ein Befürworter wohnt vielleicht in einer Stadtwohnung, heizt mit Fernwärme und kocht mit Strom. Doch die individuelle Reaktion auf die Situation wird nicht nur von diesen „externen“ Faktoren bestimmt, sondern auch von „internen“, von Einstellungen und Überzeugungen.

Interessanterweise kann dies dazu führen, dass der politische Eingriff negative psychologische Auswirkungen auch für jenen Menschen haben kann, der die Intervention befürwortet. Ist der Befürworter des Holzverbrennungsverbots jemand, der verinnerlicht hat, dass Weisungen „von oben“ kritiklos Folge zu leisten ist, kann bereits die Tatsache, dass andere Menschen diese Intervention ablehnen, ihn negativ beeinträchtigen.

Zwar gäbe es diese konkrete Verschlechterung seines Wohlgefühls ohne das Holzverbrennerverbot nicht (weil es dann auch keine Menschen gäbe, welche die Maßnahme ablehnen), aber sein Unwohlsein hat eine weitere Ursache – seine Einschätzung was andere Menschen tun oder lassen sollten.

Die Überzeugung dieses Menschen, dass andere Menschen „höhere“ Weisungen kritiklos befolgen sollten, ist aus einer Kombination aus Gelernten und Geerbtem, individuellen Zielen und Einschätzungen der verfügbaren Mittel entstanden. Doch auch diese Kombination ist nicht frei von politischen Interventionen. Die Erziehung in staatlichen Kindergärten, Schulen und Universitäten sowie gegebenenfalls auch die Prägung beim Militär dürften dabei starken Einfluss gehabt haben.

Die Politik wirkt auf das psychische Wohlbefinden also auf mehreren Ebenen und über verschiedene Mechanismen. Sich der Politik zu entziehen, scheint in der gegenwärtigen Gesellschaft praktisch unmöglich. Ist das Individuum als politikfreie Zone also unvorstellbar?

Soweit damit das Vermeiden von Nachrichten über die Politik oder Auswirkungen der Politik auf das eigene Leben gemeint sind, trifft dies vermutlich zu. Man müsste sich schon extrem von der Welt abschotten, um von „politischen Nachrichten“ verschont zu bleiben. Die gedruckte Presse, Radio, Fernsehen und das Internet sind täglich voller Beiträge darüber, was Politiker tun oder lassen.

Selbst scheinbar unpolitische Medien, die sich beispielsweise mit Mode oder Wissenschaft befassen, schaffen es Politik einzubauen. Was diese oder jene Politikerin oder die Frauen der Herren in der Regierung tragen, scheint ebenso wenig verzichtbar, wie über die Meinung einzelner Politiker zu diesem oder jenem Forschungsvorhaben zu berichten.

Ebenso schwer vorstellbar ist es, ein Leben zu führen, das nicht mit den negativen Auswirkungen der Politik (beispielsweise Kaufkraftverlust des Geldes) konfrontiert ist. Ein Leben als Eremit käme dem vermutlich am nächsten—aber die meisten Menschen würde ein solch ärmliches Leben nicht leben wollen. Was also lässt sich tun, um den schädigenden Einfluss der Politik auf die Psyche gering zu halten?

Der Ansatzpunkt zur Eindämmung der negativen Politikfolgen beziehungsweise Schritte auf dem Weg zum Individuum als politikfreie Zone liegt im eigenen Inneren. Das Buch „Der Kompass zum lebendigen Leben“ (*) von Andreas Tiedtke kann bei der eigenen Entwicklung hin zur individuellen Politikunabhängigkeit eine Hilfestellung sein.

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Die inneren Muster, die uns dazu bringen, Politik eindringen und das eigene Leben (mit)bestimmen zu lassen, können geändert werden. Zu akzeptieren, dass Menschen – wir selbst und andere – nicht anders handeln können, als sie es tun, ist dabei ein entscheidender Schlüssel.

Solange jene Menschen, die das Verbot der Holzverbrennung begrüßen, ihre innere Strukturierung nicht überschreiben, „müssen“ sie sich über jene Menschen aufregen, die eine solche politische Intervention ablehnen. Jeder Mensch hat es durch die Arbeit an eigenen Vorstellungen und Überzeugungen selbst in der Hand, inwieweit fremde Meinungen und Handlungen die eigene Meinung und das eigene Tun beeinflussen.

Insofern ist „Politikfreiheit“ beziehungsweise das Individuum als „politikfreie Zone“ ein Element aus dem größeren Freiheitsbegriff. Sie wird nicht geschenkt und nicht gewährt, kann aber erarbeitet und verteidigt werden.

Hinweis: Die Inhalte der Beiträge geben nicht notwendigerweise die Meinung des Ludwig von Mises Instituts Deutschland wieder.

Rainer Fassnacht

Rainer Fassnacht ist Diplom-Ökonom und schreibt für verschiedene Printmedien und Onlineplattformen im In- und Ausland. Hauptthema seiner Beiträge ist die Bewahrung der individuellen Freiheit.

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