Ohne Sparen kein Wohlstand
5. August 2020 – von Frank Shostak
Sobald eine Volkswirtschaft in eine Rezession gerät, äußern einige Experten ihre Besorgnis darüber, dass es nun infolgedessen nicht genutztes Kapital und nicht genutzte Arbeit gäbe. Ressourcen, die genutzt werden könnten, lägen nun brach. Die Annahme lautet, dass das Hauptproblem dahinter die unzureichende Nachfrage nach Gütern und Dienstleistungen sei.
Sobald akzeptiert ist, dass der Schlüsselfaktor die unzureichende Nachfrage ist, sind diese Experten der Ansicht, dass es notwendig sei, die Gesamtnachfrage in der Wirtschaft irgendwie anzukurbeln. Bei einer stärkeren Nachfrage, so heißt es, werden ungenutzte Ressourcen wieder genutzt. Die Empfehlung lautet dann, die Zentralbank solle einen sehr lockeren geldpolitischen Kurs einschlagen, um die Gesamtnachfrage nach Gütern und Dienstleistungen zu stärken. Wenn Einzelpersonen zögern, ihre Nachfrage nach Gütern und Dienstleistungen zu erhöhen, dann müssen die Regierung und die Zentralbank eingreifen, um die Nachfrage zur Wiederbelebung der Wirtschaft anzukurbeln. (Beachten Sie, dass in dieser Denkweise die Ausgaben eines Einzelnen zum Einkommen eines anderen werden).
Was hier jedoch übersehen wird, ist, dass es ohne ausreichende Mittel nicht möglich ist, irgendeine Nachfrage auszuüben – beispielsweise, wenn jemand den Wunsch nach einem luxuriösen Auto wie einem Mercedes S-Klasse hat, aber seine Mittel nur ausreichen, um ein Fahrrad zu kaufen. Mittel sind aber nicht etwas, das man drucken kann; sie müssen produziert werden.
Entgegen der landläufigen Meinung ist Geld nur ein Tauschmittel, nicht das Zahlungsmittel. Der Einzelne bezahlt gewissermaßen mit anderen Gütern für Waren. Alles, was Geld bewirkt, ist, die Bezahlung einer Ware für eine andere Ware zu erleichtern.
Folglich erzeugt das Drucken von mehr Geld nicht mehr Mittel, sondern führt vielmehr zu einem Tausch von Nichts gegen Etwas, d.h. zur Erschöpfung des realen Ersparnispools. Es führt dazu, dass reale Ersparnisse von den Personen, die zu diesem Pool beigetragen haben, auf diejenigen umgelenkt werden, die überhaupt keinen Beitrag geleistet haben.
Wie lässt sich also ein Konjunktureinbruch beseitigen? Indem man den Pool der realen Ersparnisse so weit wie möglich vergrößert – die Vergrößerung dieses Pools ist der Schlüssel zur Steigerung des Wohlstandes der Menschen.
Es geht darum, alle Kanäle abzuschotten, die die Generierung von realen Ersparnissen untergraben. Das heißt, es müssen alle Schlupflöcher geschlossen werden, die das Gelddrucken ermöglichen, und die Staatsausgaben müssen soweit wie irgend möglich gekürzt werden. (Beachten Sie, dass es durch die Senkung der Staatsausgaben sofort möglich sein wird, alle Arten von Steuern für Einzelpersonen zu senken). Diese Politik wird mehr reale Ersparnisse in die Hände von Vermögensproduzenten legen, was zur Wiederbelebung der Wirtschaft beitragen wird.
Man muss sich darüber im Klaren sein, dass keine Zentralbank oder Regierung, die die Märkte manipuliert, den gesamten „Kuchen“ größer machen kann. Alles, was eine solche Politik in der Regel hervorbringt, ist eine Umverteilung eines bestimmten, bereits vorhandenen „Kuchens“. Und mit der Zeit führt diese Politik zu einer Schwächung der Anhäufung realer Ersparnisse und zu wirtschaftlicher Verarmung.
In Human Action (1949)[1] schreibt Ludwig von Mises (1881-1973):
Aus dem Zusammenbruch des Konjunkturaufstiegs führt nur ein Weg zurück in die Wirtschaft, die durch fortschreitende Kapitalbildung steigende Wohlfahrt schafft; man muss durch Einsatz neu zu bildenden Kapitals das harmonische Verhältnis in der Kapitalausstattung der Produktionszweige herstellen. Man muss durch Sparen die Mittel beschaffen, um die Lücken in der Kapitalausstattung der im Aufstieg vernachlässigten Produktionszweige auszufüllen. Die Löhne müssen sinken, die Massen müssen ihren Verbrauch einschränken, bis das durch Fehlleitung verschwendete Kapital wieder ersetzt wurde. Diejenigen, die diese Härten des Anpassungsprozesses nicht mögen, müsse rechtzeitig von der Kreditausweitung Abstand nehmen.
Darüber hinaus argumentiert Mises:
Nach Ansicht der Öffentlichkeit sind mehr Inflation und mehr Kreditausweitung das einzige Heilmittel gegen die Übel, die Inflation und Kreditausweitung verursacht haben. Hier, sagen sie, sind Werke und Landwirtschaften, deren Erzeugungsfähigkeit nicht oder nur zum Teil ausgenützt wird, Warenvorräte, die keine Käufer, und Arbeiter, die keine Arbeit finden können; dort wieder sind Menschenmassen, die gewiss bereit wären, mehr zu verzehren. Das, woran es fehlt, sei allein der Kredit. Zusätzliche Kreditmittel würden den Unternehmern die Möglichkeit bieten, wieder zu produzieren oder die Produktion auszuweiten. Die Arbeitslosen würden Beschäftigung finden und könnten als Käufer der Produkte auftreten. Der Gedanke ist außerordentlich bestechend, er ist aber dennoch falsch.
Wenn Waren keine Käufer und Arbeiter keine Arbeit finden, dann kann das nur einen Grund haben: die geforderten Preise und Löhne sind zu hoch. Wer seine Ware oder Arbeit verkaufen will, muss seine Ansprüche so lange ermäßigen, bis er einen Abnehmer gefunden hat. Das ist das Gesetz des Marktes; das ist das Mittel, durch das der Markt die Produktion in die Bahnen lenkt, auf denen sie den Bedürfnissen der Verbraucher am besten zu dienen vermag. Die Kapitalfehlleitung des Aufschwungs hat bewirkt, dass Anlagen mit unlenkbaren Produktionsmitteln errichtet wurden, deren Errichtung Vernachlässigung dringlicheren Bedarfs zur Folge hatte. Der Überinvestition in einer Anzahl von Produktionszweigen steht Unterinvestition in anderen Produktionszweigen und Betrieben gegenüber. Um diese Disproportionalität zu beheben, muss Kapital neu gebildet und den Verwendungen zugeführt werden, wo es die dringlichsten Bedürfnisse zu befriedigen vermag. Das braucht Zeit, und während dieser Zeit können die komplementären Produktionsanlagen nicht voll ausgenutzt werden.
[1] Die Zitate sind aus der jüngst erschienenen Übersetzung von Human Action entnommen (mises.at). Übersetzung: Rahim Taghizadegan.
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Der Originalbeitrag mit dem Titel The Only Long-Term Solution to a Bust Is to Rebuild Savings ist am 25.7.2020 auf der website des Mises-Institute, Auburn, US Alabama erschienen.
Frank Shostak ist Adjunct Scholar am Mises-Institute, Auburn. Seine Beratungsunternehmen, Applied Austrian School Economics, liefert detaillierte Einschätzungen und Berichte über Finanzmärkte und globale Volkswirtschaften. Er erhielt seinen Bachelor-Abschluss von der Hebrew University, seinen Master-Abschluss von der Witwatersrand University und seinen Doktortitel von der Rands Afrikaanse University und hat an der University of Pretoria und der Graduate Business School der Witwatersrand University gelehrt.
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Hinweis: Die Inhalte der Beiträge geben nicht notwendigerweise die Meinung des Ludwig von Mises Institut Deutschland wieder.
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