Das letzte Wort des Destruktionismus ist die Inflation
28.11.2012 – Einleitung: In seinem Buch „Die Gemeinwirtschaft“ aus dem Jahr 1922 legte Ludwig von Mises wissenschaftlich die Unmöglichkeit des Sozialismus‘ und all seiner Ausgestaltungsformen dar und legte zudem unmissverständlich ihre schädlichen und zerstörerischen Wirkungen offen. Teil V. des Buches ist dem „Destruktionismus“ gewidmet: der verschiedenen Arten der zerstörerischer Staatseingriffe in das Marktgeschehen. Eine davon ist die Inflation. Nachfolgend ist ein Auszug aus Abschnitt II. § 8 „Die Inflation“ wiedergegeben (S. 460 – 462). Mit dem Begriff „Zirkulationskredit“ bezeichnet Mises den (Bank)Kredit, der nicht durch Ersparnisse (also Konsumverzicht aus dem laufenden Einkommen) gedeckt ist und durch den neues Geld in Umlauf gebracht wird. Zur besseren Lesbarkeit werden im Text die Fußnoten nicht gezeigt.
Thorsten Polleit
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Das letzte Wort des Destruktionismus ist die Inflation. Die Bolschewiken haben in der unübertrefflichen Weise, in der sie es verstehen, ihr Ressentiment zu rationalisieren und ihre Niederlagen in Siege umzudeuten, den Versuch gemacht, ihre Finanzpolitik als Bemühen hinzustellen, den Kapitalismus durch Vernichtung der Einrichtung des Geldes abzuschaffen. Doch Inflation zerstört zwar den Kapitalismus, doch sie hebt das Sondereigentum nicht auf. Sie bringt große Vermögens- und Einkommensverschiebungen mit sich, sie kann den ganzen feingegliederten Apparat der arbeitsteiligen Produktion zerschlagen, sie kann, wenn es nicht gelingt, den Gebrauch des metallischen Sachgeldes oder zumindest Tauschhandel aufrechtzuhalten, den Rückfall in tauschlose Wirtschaft herbeiführen. Sie kann jedoch nichts aufbauen, auch nicht eine sozialistische Gesellschaftsordnung.
Indem die Inflation die Grundlage der Wertrechnung, die Möglichkeit, mit einem mindestens für kurze Zeitraume im Werte nicht allzu stark schwankenden allgemeinen Nenner der Preise zu rechnen, zerstört, erschüttert sie die Geldrechnung und damit das wichtigste denktechnische Hilfsmittel der Wirtschaft. Solange sie sich noch in gewissen Grenzen hält, ist sie eine vortreffliche psychologische Stütze einer vom Verzehren des Kapitals lebenden Wirtschaftspolitik. Bei der üblichen und allein möglichen Art der kapitalistischen Buchführung täuscht sie günstige Ergebnisse vor, wo Verluste vorliegen. Indem die Abschreibungen des stehenden Kapitals zu klein angesetzt werden, weil man von der Nominalsumme des seinerzeitigen Anschaffungswertes ausgeht, und die scheinbaren Werterhöhungen, die sich am umlaufenden Kapital ergeben, so gebucht werden, als ob sie wirkliche Werterhöhungen wären, werden Gewinne ausgewiesen, wo eine Rechnung in einer stabilen Währung Verluste aufweisen würde. Damit gelingt es zwar nicht, die Folgen übler etatistischer Politik, von Krieg und Revolution zu beseitigen, wohl aber sie dem Auge der großen Menge zu entziehen. Man spricht von Gewinnen, man glaubt in einer Zeit wirtschaftlichen Aufschwunges zu leben, man preist am Ende gar die weise Politik, die alle reicher zu machen scheint.
Wenn aber die Inflation ein gewisses Maß überschreitet, dann ändert sich das Bild. Sie fördert dann die Destruktion nicht nur mittelbar, indem sie die Folgen destruktionistischer Politik verhüllt; sie wird selbst zu einem der wichtigsten Werkzeuge des Destruktionismus. Sie verleitet jedermann zur Aufzehrung seines Vermögens; sie hemmt das Sparen und damit die Neubildung von Kapital. Sie fördert die konfiskatorische Steuerpolitik. Die durch die Geldentwertung ausgelösten Erhöhungen des Geldausdruckes der Sachwerte und ihre Rückwirkung auf die buchmäßige Berechnung der Kapitalsveränderungen werden, vom Steuerrecht als Einkommens- und Vermögensvermehrung angesehen, zu einem neuen Rechtstitel für die Einziehung eines Teiles des Vermögens der Eigentümer. Der Hinweis auf die hohen Scheingewinne, die man den Unternehmern nachzuweisen vermag, wenn man für die Rechnung von der Annahme der Wertbeständigkeit des Geldes ausgeht, bildet ein ganz vortreffliches Mittel zur Entfachung der Volksleidenschaften. Damit vermag man unschwer alle Unternehmertätigkeit als ,,Schieberei“, als Schwindel und Schmarotzertum, hinzustellen. Und wenn dann schließlich das Geldwesen durch die hemmungslose, lawinenartig anschwellende Neuausgabe von Noten ganz zusammenbricht, dann bietet das Chaos die günstigste Gelegenheit, um das Werk der Zerstörung zu vollenden.
Die destruktionistische Politik des Interventionismus und Sozialismus hat die Welt in schwere Not gestürzt. Ratlos stehen die Politiker der Krise gegenüber, die sie heraufbeschworen haben. Und sie wissen keinen anderen Ausweg zu empfehlen als neue Inflation oder, wie man in der jüngsten Zeit zu sagen pflegt, Re-Deflation. Die Wirtschaft soll ,,angekurbelt” werden durch neue zusätzliche Bankkredite (d. h. durch zusätzliche Zirkulationskredite), wie die Gemäßigten wollen, oder durch Ausgabe von neuen Staatsnoten, wie die Unentwegten wünschen.
Doch die Vermehrung der Menge des Geldes und der Umlaufsmittel wird die Welt nicht reicher machen und das nicht wieder aufbauen, was der Destruktionismus niedergerissen hat. Ausdehnung des Zirkulationskredits führt zwar zunächst zum Aufschwung, zur Konjunktur; doch diese Konjunktur muß notwendigerweise früher oder später zusammenbrechen und in neue Depression einmünden. Durch Kunstgriffe der Bank- und Währungspolitik kann man nur vorübergehende Scheinbesserung erzielen, die dann zu umso schwererer Katastrophe führen muß.
Denn der Schaden, der durch die Anwendung solcher Mittel dem Volkswohlstand zugefügt wird, ist um so größer, je länger es gelungen ist, die Scheinblüte durch fortschreitende Schaffung zusätzlichen Kredits vorzutäuschen.