Möglichkeit zur Selbstverteidigung: Gradmesser der Freiheit
Blick aus Österreich
14. Juli 2025 – von Andreas Tögel
In der steirischen Landeshauptstadt Graz ereignete sich am 11. Juni 2025 ein folgenschweres Verbrechen. Neun Schüler und eine Lehrerin eines Bundesoberstufenrealgymnasiums der Stadt fielen einem 21-jährigen Todesschützen zum Opfer, ehe dieser Suizid beging. Bis heute rätseln die Behörden über das Tatmotiv.
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Ohne die Tathintergründe zu kennen, wurde von Politik und Medien sofort das angeblich „zu liberale Waffengesetz“ für das Blutbad verantwortlich gemacht. Am lautstärksten erschien dabei die Kommunistin Elke Kahr, Bürgermeisterin der Stadt Graz. Anders als in den meisten Fällen einer missbräuchlichen Verwendung von Schusswaffen, hatte der Täter seine Waffen nämlich auf gesetzeskonforme Weise erworben. Kahr forderte prompt ein totales Waffenverbot im Lande. Nur die Polizei und das Militär hätten das Recht, über Schusswaffen zu verfügen. Privatpersonen sollen ihrer Meinung nach keine Schusswaffen besitzen. Ähnlich äußerten sich auch Ex-Vizekanzler Kogler von den Grünen und SPÖ-Chef Babler.
Die Sozialisten in allen Parteien sind dieser Tage die schärfsten Gegner des legalen Privatwaffenbesitzes. Früher, nämlich noch ehe sie den Staat unter ihre Kontrolle gebracht hatten, war das anders. So verkündeten Karl Marx und Friedrich Engels im Jahre 1850 anlässlich einer Ansprache der Zentralbehörde an den Bund vom März:
Die Bewaffnung des ganzen Proletariats mit Flinten, Büchsen, Geschützen und Munition muß sofort durchgesetzt… werden.
Und auf dem Gründungsparteitag der österreichischen Sozialdemokratie in Hainburg anno 1888 machten sich die Genossen stark für den
Ersatz des stehenden Heeres durch die allgemeine Volksbewaffnung.
Kaum an der Macht, fürchten sie, die Sozialisten und Kommunisten, plötzlich nichts mehr als den wehrhaften Bürger.
Die Mainstreammedien kolportierten alarmierende Meldungen zur Zahl der legal in privater Hand befindlichen Waffen in Österreich: Es seien rund 1,5 Millionen Stück, die sich auf die drei im Gesetz definierten Waffenkategorien A, B und C verteilen. 374.141 Personen seien in der Alpenrepublik als Waffenbesitzer registriert.
Dass die meisten Bluttaten im Lande nicht unter Verwendung von Schusswaffen stattfinden, sondern mit Messern, Äxten und stumpfen Gegenständen verübt werden, findet kaum Erwähnung. Dass die Zahl der illegal im Umlauf befindlichen Schusswaffen nach Einschätzung mancher Fachhändler die der amtsbekannten Schusswaffen deutlich übersteigen dürfte, auch nicht. Gefahr geht nach Ansicht des polit-medialen Komplexes – wider besseres Wissen – nur und ausschließlich von registrierten Feuerwaffen aus.
Wie in anderen ähnlich gelagerten Fällen gab es auch in Graz ein eklatantes Behördenversagen im Hintergrund. Die Information, dass dem Täter bei der Musterung zum Wehrdienst Untauglichkeit aufgrund psychischer Auffälligkeit attestiert wurde, fand nicht den Weg zu den Waffenbehörden. Hätten diese die Diagnose gekannt, wäre die Ausstellung einer Waffenbesitzkarte verweigert worden. Im vorliegenden Fall berufen sich die involvierten Beamten auf den „Datenschutz“ (!), der es verunmöglicht hätte, die Waffenbehörden über die psychische Auffälligkeit des Täters zu informieren.
Die Konsequenzen dieses Staatsversagens werden nun alle gesetzestreuen Bürger zu tragen haben, die ihre Waffen ordnungsgemäß registriert haben. Sie – und alle potentiellen künftigen Waffenbesitzer – werden sich, wie die angekündigten Maßnahmen der Bundesregierung zeigen, auf zusätzliche Behördenschikanen einstellen müssen.
Die Tatsache, dass restriktive Schusswaffengesetze so gut wie keinen Einfluss auf Fallzahl und Schwere von Bluttaten haben, ist international vielfach belegt. Ein gutes Beispiel bietet die Schweiz mit ihrer innerhalb Europas wohl liberalsten Waffengesetzgebung. So bewahren etwa Militärreservisten im Sinne des dort gelebten Milizgedankens vollautomatische Büchsen nebst Bereitschaftsmunition zu Hause auf – ohne dass damit Missbräuche registriert werden. Andererseits, so recherchierte die KI „Deep Seek“, haben Gewalttaten im Vereinigten Königreich seit der Privatwaffenbesitz im Nachgang eines im März 1996 verübten Schulmassakers im schottischen Dunblane fast vollständig verboten wurde, nicht ab-, sondern zugenommen.
In Österreich haben Gesetzesverschärfungen zum Verbot oder zur Registrierungspflicht bestimmter zuvor frei legal erwerbbarer Waffen geführt (es geht um Vorderladerevolver, halbautomatische Büchsen von Typ Ruger Mini 14 und sogenannte „Pumpguns“), die seither zu Tausenden illegal gehalten werden. All diese Regulative wurden in den 1990er-Jahren erlassen. Keine der dadurch erfassten Waffen wurde seither im Rahmen von Gewalttaten eingesetzt. Der Aktionismus des Gesetzgebers war in diesen Fällen also offensichtlich überflüssig.
Ebenso verhält es sich mit Waffenverbotszonen. Wo Waffen verboten sind, so die dahinterstehende Logik, kann nichts passieren. Trotzdem kommt es in Wiener Messerverbotszonen immer wieder zu Messerattacken. Die Anti-Waffen-Narren wollen einfach nicht zur Kenntnis nehmen, dass Gewalttäter weder Waffengesetze noch Verbotszonen respektieren.
Internationale Untersuchungen beweisen, dass ‚Amokläufe‘ in den meisten Fällen durch psychisch gestörte Täter erfolgen. Weder bei ihnen noch bei ‚normalen‘ Tätern kann jemals ausgeschlossen werden, dass sie auf legale Weise nicht zugängliche Tatmittel auf dem Schwarzmarkt kaufen.
Der britische Polizeioffizier Colin Greenwood schreibt in seinem Buch „Police Tactics in Armed Operations“ (*):
Die Waffengesetzgebung (…) ist ein zuverlässiger Maßstab für die Beurteilung der geistigen und moralischen Gesundheit einer Staatsführung, deren Administratoren und der liberalen Potenz einer Gesellschaft. Strenge Waffengesetzgebung entwaffnet den Bürger und bewaffnet die Unterwelt. Sie zeigt in der Regel nur das Unsicherheitsgefühl obrigkeitsstaatlicher Verwaltungsbeamter und deren unberechtigte Angst vor der eigenen Bevölkerung, der stets Misstrauen entgegengebracht wird.
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Ludwig von Mises (1881 – 1973) Schüler Murray Rothbard (1926 – 1995) argumentierte in seinem Buch „For a New Liberty“, dass das Recht auf Selbstverteidigung ein fundamentales individuelles Recht ist – und dass daraus das Recht folgt, Waffen zu besitzen. Rothbard schrieb:
Wenn, wie Libertäre meinen, jeder Einzelne das Recht hat, seine Person und sein Eigentum zu besitzen, dann folgt daraus, dass er das Recht hat, Gewalt anzuwenden, um sich gegen die Gewalt von kriminellen Angreifern zu verteidigen. Aber aus irgendeinem seltsamen Grund haben Liberale [Anm.: ‚Liberale‘ ist heute ein Synonym in den USA für ‚Progressive‘ oder ‚Linke‘] systematisch versucht, Unschuldige der Mittel zu berauben, mit denen sie sich gegen Angriffe verteidigen können.
Und weiter:
Es sollte klar sein, dass kein physischer Gegenstand an sich aggressiv ist; jeder Gegenstand, sei es eine Schusswaffe, ein Messer oder ein Stock, kann zur Aggression, zur Verteidigung oder zu zahlreichen anderen Zwecken verwendet werden, die nichts mit Verbrechen zu tun haben. Es macht genauso wenig Sinn, den Erwerb und den Besitz von Waffen zu verbieten oder einzuschränken, wie etwa den Besitz von Messern, Knüppeln, Hutnadeln oder Steinen. Und wie werden all diese Gegenstände verboten, und wenn sie verboten sind, wie wird das Verbot durchgesetzt? Anstatt unschuldige Menschen zu verfolgen, die verschiedene Gegenstände besitzen oder bei sich führen, sollte das Rechtswesen folglich damit befasst sein, wirkliche Kriminelle zu bekämpfen und zu ergreifen.
Aber was kümmert sich die Nomenklatura schon um Fragen des Naturrechts oder um die Rechte freisinniger Bürger?
Wie dem auch sei, wer ernsthaft glaubt, dass Waffenverbote zu etwas anderem als zur Entwaffnung rechtschaffener Bürger und der damit verbundenen Begünstigung von Gewaltverbrechern führen, welche dann von wehrlosen Opfern ausgehen dürfen, liegt komplett daneben!
Weitere Quellen / Hinweise
Messerattacken in Wien: Lokalpresse Favoriten: Tatverdächtige nach Messerangriff weiter auf der Flucht – Wien
„Kurier“: Mann in Waffenverbotszone in Wien-Favoriten mit Messer attackiert
Andreas Tögel, Jahrgang 1957, ist gelernter Maschinenbauer, ausübender kaufmännischer Unternehmer und überzeugter ‚Austrian‘. Ende März 2022 ist sein Buch Inflation: Warum das Leben immer teurer wird (*) erschienen.
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