Die teuren Fehler der Politik

28.10.2016 – von Gary Galles.

Gary Galles

Seit Monaten lese ich Artikel über die ökonomischen Ansichten der US-Präsidentschaftskandidaten, die deren völlige, ökonomische Inkompetenz widerspiegeln. Die Essenz ist, dass keiner der Kandidaten genug Wissen zum Bestehen einer Klausur im Fach „Volkswirtschaftslehre“ besitzt, geschweige denn Amerikas Wohlstand vermehren wird. Ich kann nicht widersprechen.

Beide Kandidaten haben manch sinnvolle Forderungen, beispielsweise erkennen sie die Probleme staatlicher Regulierung. Allerdings haben sie weder das Konzept von Opportunitätskosten (Forderung nach freier Universitätsbildung und bezahlten Urlaub), des komparativen Kostenvorteils (Forderung nach mehr Protektionismus), von Eigentumsrechten und der Rolle von Gewinnen (Vorschläge für eine obligatorische Gewinnbeteiligung), des Arbeitsmarktes (Erhöhung des Mindestlohns und Forderung nach mehr Arbeitnehmerrechten) und des Kapitals verstanden (auf der einen Seite fordern sie eine Reichensteuer, deklarieren dies aber als Investment), geschweige denn, dass in einem Markt stets beide Seiten profitieren (Forderungnach einer Reichensteuer).

Der Unterschied zwischen Märkten und Politik

Wie haben es Kandidaten mit solch einer ökonomischen Inkompetenz in die „General Election“ geschafft? Thomas Sowell beschreibt in „Knowledge and Decisions“, warum die allgegenwärtige Ignoranz der Menschen, ebenso wie ihr Unwissen, in der Politik weitaus größeren, gesellschaftlichen Schaden anrichtet wie in einer Marktwirtschaft.

Wettbewerb im Markt:

Ökonomisches Wissen braucht dem Verbraucher nicht artikuliert zu werden, sondern wird durch Preise und Qualität der Waren vermittelt. Der Verbraucher muss überhaupt keine Ahnung haben – oder gar eine falsche Vorstellung -, warum ein Produkt weniger kostet und seinem Zweck besser dient; alles, was er braucht, ist das Ergebnis selbst. Jemand muss natürlich das Fachwissen haben, wie dieses Ergebnis zu erreichen ist. Entscheidend für den wirtschaftlichen Wettbewerb ist, dass ein besseres und genaueres Wissen des Herstellers ein entscheidender Wettbewerbsvorteil ist, unabhängig davon, ob der Verbraucher Anteil an diesem Wissen hat.

Im Gegensatz hierzu, Wettbewerb in der Politik:

Politisches Wissen wird durch Artikulation vermittelt, und seine genaue Übertragung durch den politischen Wettbewerb hängt von dem bereits vorhandenen Wissen und dem Verständnis des empfangenden Bürgers ab. (…) Im politischen Wettbewerb hat genaues Wissen keinen entscheidenden Wettbewerbsvorteil, weil das, was „verkauft“ wird, nicht ein Endergebnis, sondern ein plausibler Glaube an einen komplexen Prozess ist.

Mit anderen Worten, die Verbraucher müssen nicht richtig verstehen, wie etwas erreicht wird, damit sie gut vom Markt bedient werden. Solange sie wählen können, welche Lieferanten ihre Präferenzen und Situationen besser befriedigen, werden Lieferanten, die die relevanten Probleme effektiver lösen, dazu neigen, andere zu übertrumpfen. Wie Sowell zusammenfasst: „Wenn keine anderen Kräfte involviert sind, haben die Methoden mit den geringsten Kosten einen entscheidenden Wettbewerbsvorteil in freiwilligen Transaktionen.“

Im Gegensatz dazu müssen die Wähler verstehen, wie etwas tatsächlich funktionieren wird, um richtig zu bewerten, welche Politiker ihnen besser dienen werden (oder am wenigsten schaden). Da dies meist nicht der Fall ist, profitieren Politiker, die absichtlich missverständliche bzw. falsche Aussagen tätigen. Die politische Anziehungskraft des falschen Verständnisses ist „genau so weit verbreitet wie die Überzeugung, dass Ordnung gestaltet werden muss, dass die Alternative zum Chaos explizite Intention ist und dass es nicht nur inkrementelle Kompromisse, sondern objektiv präzise, quantifizierbare und kategorische Bedürfnisse gibt.“

In den Märkten „vermitteln Preise ein effektives Wissen über Bedürfnisse“, unter denen „Konsumenten die Ergebnisse kaufen und den Prozess selbst denen mit Fachwissen übergeben.“ In der Politik ist das Gegenteil der Fall: „Auf Stimmzetteln gibt es keine Einschränkungen. Der Wähler kann für gegenseitig widersprüchliche Optionen stimmen, die zwar erwünscht, aber nicht realisierbar sind.“ Und … „ein großer Teil politischer Kunst besteht darin, die Optionen falsch dazustellen und zu versprechen, gleichzeitig miteinander konkurrierende Bedürfnisse zu befriedigen, obwohl dies in der Realität nicht möglich ist“. Folglich, führt „die Konkurrenz unter politischen Wettbewerbern also nicht zu genauerer Erkenntnis, wie im Wettbewerb des Marktes, sondern fördert übertriebene Hoffnungen und Ängste.“

Das allzu häufige Endergebnis ist folgendes:

„In ihrem politischen Verhalten muss die Öffentlichkeit Prozesse beurteilen – auch wirtschaftliche, von denen sie nichts versteht oder über die sie falsch informiert sein könnte. (…) Sobald der Prozess im Gange ist, fordert jedes wahrgenommene Problem – unabhängig von seiner Realität oder Herkunft – eine politische Lösung, und diese ‘Lösungen’ neigen dazu, eine nie enden wollende Versorgung mit neuen Problemen zu schaffen, die wiederum ‘gelöst’ werden müssen.“

In der heutigen politischen Landschaft zeigt sich dies in vielen verschiedenen Formen. Für Menschen, die glauben, dass freier Handel die Menschen schädigt, statt Vorteile auf beiden Seiten zu schaffen, sind Versprechungen von „hartem Durchgreifen“ oder höhere Zölle auf ausländische Produkte attraktiv. Diejenigen, die glauben, dass sie weniger verdienen, weil „das eine Prozent“ zu viel verdient, werden „höhere Steuern attraktiv finden“. Leute, die denken, dass diverse Arbeitnehmervorteile – wie etwa der obligatorische bezahlte Urlaub – zu Lasten des Arbeitgebers anstatt zu Lasten anderer Arbeitnehmer gehen, werden neue Regierungsmandate für eine gute Idee halten. Und Menschen, die meinen, von höheren Mindestlöhnen profitierten „die Armen“ und gleichzeitig nicht die Nachteile sehen – wie weniger Arbeitsstunden und mehr Arbeitslosigkeit –, werden Mindestlöhne auch weiterhin attraktiv finden.

In diesen und anderen Fällen führen falsch informierte Wähler zur Popularität von Politikern, die absichtlich ökonomische Fehler begehen. Dies hat für die Gesellschaft einen viel höheren Preis als Fehlinformationen am Markt.

Wie Friedrich August von Hayek in „The Use of Knowledge in Society“ stellt auch Sowell fest, dass „vielleicht die größte Errungenschaft der Marktwirtschaft darin besteht, dass man für das Erreichen eines Wirtschaftsergebnisses nicht das komplette Wissen benötigt.“ Auf der anderen Seite ist dies allerdings auch die „größte politische Verwundbarkeit“. Die Öffentlichkeit, die von enormen und ständig wechselnden, freiwilligen Marktvereinbarungen profitiert, ohne sie zu verstehen, kann – geblendet durch falsche Versprechen – von etwas überzeugt werden, das diese unersetzlichen Vereinbarungen zerstört.

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Aus dem Englischen übersetzt von Martin Ziegner. Der Originalbeitrag mit dem Titel Ignorance Is More Costly in Politics than in Markets ist am 16.10.2015 auf der website des Mises-Institute, Auburn, US Alabama erschienen.

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Gary M. Galles ist Professor für Volkswirtschaftslehre an der Pepperdine University. Er ist Autor von The Apostle of Peace: The Radical Mind of Leonard Read.

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Hinweis: Die Inhalte der Beiträge geben nicht notwendigerweise die Meinung des Ludwig von Mises Institut Deutschland wieder.

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