Rechter Populismus als erfolgreiche Strategie. Javier Milei

Philipp Bagus

8. September 2023 – von Philipp Bagus

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Die austro-libertäre Bewegung hat die besseren Ideen. Sie werden immer weiter diskutiert, ausgefeilt und intellektuell verteidigt. Doch wie können die richtigen Ideen umgesetzt werden? Was nützt es, Recht zu haben, wenn die Realität links ist. Tatsächlich scheint die Mehrheit der Bevölkerung oder zumindest die öffentliche Meinung immer weiter nach links abzudriften, mit Cancel Culture, Klimahysterie, einem ausufernden Versorgungsstaat und immer höheren Steuern und Abgaben.

Die richtigen Ideen und Theorien sind vorhanden, aber sie sind bis jetzt noch nicht erfolgreich in der Praxis. Wie lässt sich das ändern? Klar, Ideen sind wichtig, sie müssen auch verbreitet werden, auch von unten, von der Graswurzel hinauf. Es ist ein mühseliger Prozess. Es gibt unbestreitbar Fortschritte in den letzten Jahren. Dennoch wälzt der linke Zeitgeist beinahe ungehindert über die Freiheiten der Bürger hinweg. Wer sich ihm in den Weg stellt, ist Rechtsaußen oder gar ein Nazi.

Wie kann vor diesem Hintergrund eine erfolgreiche Strategie aussehen? Mit dieser Frage hat sich 1992 Murray Rothbard (1926 – 1995) in einem Beitrag im berüchtigten Rothbard-Rockwell-Report mit dem Titel Right-Wing Populism: A Strategy for the Paleo Movement beschäftigt. Sein Beitrag ist wegweisend und vorausschauend. Er nimmt die Erfolge von Donald Trump in den USA und jüngst von Javier Milei in Argentinien vorweg.

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Javier Milei sorgt allseits für Furore, denn am 13. August 2023 gewann er die Vorwahlen zur Präsidentschaft in Argentinien. In den deutschen Medien wird er als ultrarechts und ultralibertär bezeichnet. Sogar die Financial Times beschäftigte sich mit dem bekennenden Anarchokapitalisten in einem Beitrag, in dem sie dem Libertären unterstellte, er würde der von Murray Rothbard bereits 1992 entworfenen Strategie des Right-Wing Populism, eines rechten Populismus folgen. Was ist nun dieser Right-Wing Populism genau?

Nach Rothbard (1992) umfasst das Programm des rechten Populismus 8 Hauptpunkte:

1. Radikale Steuersenkungen

2. Radikale Reduzierung des Versorgungsstaats

3. Abschaffung der Privilegien für „geschützte“ Minderheiten

4. Bekämpfung der Straßenkriminalität

5. Reduktion des Gammlertums auf den Straßen

6. Abschaffung der Federal Reserve (Zentralbank)

7. Ein Programm des America First (Trump lässt grüßen)

8. Die Verteidigung traditioneller Familienwerte

Javier Milei

In der Tat ist Mileis Wahlprogramm ganz auf der Linie von Rothbards „Right-Wing Populism“. Milei möchte Steuern radikal senken. Er wird nicht müde, Steuern als Raub zu bezeichnen. Auch den Wohlfahrtsstaat möchte er radikal schleifen und veranschaulicht martialisch die Senkung der Staatsausgaben und die von ihm verordnete Reduzierung der Ministerien von 18 auf 8 gerne mit einer Motorsäge. Sein „Plan Motorsäge“ soll den Staat radikal zurechtstutzen.

Milei spricht immer wieder von der Gleichheit vor dem Gesetz als grundlegendes liberales Prinzip und möchte die Privilegien für Minderheiten abschaffen. Somit kommt er sich auch immer wieder in Gesprächsrunden mit radikalen Feministen in die Haare, die gesetzliche Privilegien für Frauen verteidigen.

Das Einsperren von Kriminellen ist auch auf Mileis Agenda. Waffenfreiheit ist in seinem Programm, damit sich die Opfer gegen Kriminelle verteidigen können. Arbeitsverweigerer werden in seinem Argentinien nicht mehr vom Staat unterstützt.

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Auch den 6. von Rothbards Punkten hat Milei im Programm. Denn Milei möchte die argentinische Zentralbank abschaffen. Dabei nutzt er die Rhetorik des rechten Populismus: Er will die Zentralbank nämlich auch „physisch sprengen“. Damit würde er die Macht einer der inflationistischsten Zentralbanken, die alle Peron’istischen und Kirchener’istischen Ausgabenprogramme willig finanzierte, auslöschen. Er möchte das Land „dollarisieren“ und dem Währungswettbewerb öffnen.

Auch Milei stellt das eigene Land zuerst: „Argentina first“. Ein rechter Populismus widersetzt sich der globalistischen Agenda, streicht Entwicklungshilfe, Klimaprogramme und militaristische Abenteuer. Milei weist gerne darauf hin, dass Argentinien dank einer liberalen Politik zu Beginn des 20. Jahrhunderts zu den reichsten Ländern der Welt gehörte und im 20. Jahrhundert vom Sozialismus zu Grunde gerichtet wurde. In 35 Jahren, verspricht Milei, kann Argentinien wieder eine Supermacht sein (Auch hier lässt Trump mit seinem „MAGA“ grüßen). Voraussetzung ist die Rückkehr zum Liberalismus.

Zu guter Letzt verteidigt Milei auch traditionelle Familienwerte und bekämpft die staatliche Übernahme von Familienaufgaben. Der vehemente Abtreibungsgegner hat das Recht auf Leben mehrfach im Duell mit radikalen Feministinnen verteidigt.

Milei war früher Chefökonom bei verschiedenen Institutionen und auch VWL-Professor. Er ist Anhänger der Österreichischen Schule der Nationalökonomie. Einer seiner Hunde heißt Murray. Zu der von David Howden und mir herausgebrachten zweibändigen Festschrift für Jesús Huerta de Soto hat er ein Kapitel beigesteuert. Vor ein paar Jahren war er in meinem Seminar in unserem Master zur Ökonomie der Österreichischen Schule, den wir in Madrid anbieten, per Video zu Gast und sprach über seine Strategie. Kurz: Er ist einer von uns. Und er kann die Wahl gewinnen. Er kann Präsident von Argentinien werden. Ein Österreicher. Ein Anarchokapitalist. Mit einem offen radikal libertären Wahlprogramm. In einem Land, das dem Sozialismus jahrzehntelang gehuldigt hat. Unglaublich.

Milei ist seit Jahren überaus präsent in der öffentlichen Debatte in Argentinien. Er erwarb Bekanntheit als polarisierender und sich heftig streitender Talk-Show-Gast. Später entschloss er sich zur Gründung einer eigenen Partei, um den Kulturkampf gegen Sozialismus und Etatismus wirkungsvoller zu führen und die richtigen Ideen zu mehr Leuten zu bringen.

Seine rhetorische Strategie in Debatten ist lautstark, streitlustig und wird teilweise als beleidigend empfunden (wenn die Wahrheit überhaupt beleidigend sein kann). Er lässt sich von den linken Meinungsmachern nicht einschüchtern oder kleinreden. Zur Not schreit er einfach lauter als die Linken, die er „Zurdos“ (etwa: „sozialistische Stümper“) nennt, und unterbricht sie, um ihnen ins Gesicht zu sagen, dass sie eine absolute Dummheit verzapfen und keine Ahnung haben. Sie sollten erst einmal Hayek, Mises und Rothbard lesen, empfiehlt Milei. Er nennt Linke und Politiker auch geradeheraus „Parasiten“ und „Diebe“, im Rededuell. Denn Steuern sind Diebstahl.

Ganz im Einklang mit der von Rothbard entworfenen Strategie des rechten Populismus nennt er die Profiteure des Staatsapparats klar beim Namen. Er schimpft wieder und wieder gegen die Kaste der Politiker und Bürokraten. Er nennt sie „Parasiten“, die auf Kosten der hart arbeitenden und anständigen Bevölkerung leben. Politiker seien vollkommen nutzlos und könnten ohne die produzierenden Argentinier nicht leben. Er wiederholt auch immer wieder einen weiteren wichtigen Punkt: Die Politik ist nicht die Lösung, sondern das Problem. Die Politiker sind Teil des Problems. So gewinnt er jene anständigen Argentinier, die am stärksten unter dem Joch des Staates zu leiden haben. Ebenso klar sind seine Erkenntnisse zum Konzept der sozialen Gerechtigkeit. Die sogenannte soziale Gerechtigkeit ist eine ungeheure Ungerechtigkeit, weil sie ungleiche Behandlung der Menschen vor dem Gesetz bedeute. Sie ist ein Feigenblatt für Neid und Missgunst.

Mileis emotionale und polemische Art kommt bei vielen an, vor allem bei der Jugend. Nach dem Sieg bei den Vorwahlen Mitte August darf er sich berechtigte Hoffnung auf die argentinische Präsidentschaft machen.

Mileis Erfolge sind Alltagsgesprächsthema, vor allen in der hispanischen Welt. Man spricht von Milei mit Staunen und Anerkennung. Schickt Kurzvideos von seinen rhetorischen Glanzstücken. Libertäre Ideen sind wieder „en vogue“. Die Menschen wagen sich mit libertären Meinungen vor, überall und unerwartet. Denn das Fenster der gängigen und zulässigen Meinungen verschiebt sich in Richtung Freiheit.

Unabhängig davon, ob der charismatische Milei die Wahl letztlich gewinnt, hat er eine junge, kraftvolle libertäre Bewegung angestoßen. Sein Triumpf bei den Vorwahlen ist vermutlich bedeutsamer als die Ron Paul Revolution 2008 und 2012. Milei schenkt uns neue Hoffnung. Er hat Erfolg. Mit einem rechten Populismus, den Rothbard empfahl in einem heruntergewirtschafteten Land, mit seiner charismatischen Persönlichkeit, mit einer aggressiven Rhetorik. Nichts ist unmöglich. Selbst ein Libertärer kann eine demokratische Wahl gewinnen. Die Strategie zählt. ¡Vamos Javier! ¡Viva la libertad, carajo!

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Philipp Bagus ist Professor für Volkswirtschaft an der Universidad Rey Juan Carlos in Madrid. Zu seinen Forschungsschwerpunkten Geld- und Konjunkturtheorie veröffentlichte er in internationalen Fachzeitschriften wie Journal of Business Ethics, Independent Rewiew, American Journal of Economics and Sociology u.a. Philipp Bagus ist ist Mitglied des wissenschaftlichen Beirates des “Ludwig von Mises Institut Deutschland”. Hier Philipp Bagus auf Twitter folgen. Im Mai 2014 ist sein gemeinsam mit Andreas Marquart geschriebenes Buch “WARUM ANDERE AUF IHRE KOSTEN IMMER REICHER WERDEN … und welche Rolle der Staat und unser Papiergeld dabei spielen” erschienen. Zuletzt erschienen, ebenfalls gemeinsam mit Andreas Marquart: Wir schaffen das – alleine!

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Hinweis: Die Inhalte der Beiträge geben nicht notwendigerweise die Meinung des Ludwig von Mises Instituts Deutschland wieder.

Foto Javier Milei: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Milei_spot_2021.png?uselang=de

Titel-Foto: Adobe Stock Fotos

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