Befindet sich die Welt in den Fängen einer technokratischen Nomenklatura?

7. August 2023 – Interview mit Antony P. Mueller über sein neues Buch „Technokratischer Totalitarismus“

Antony P. Mueller

Ludwig von Mises Institut Deutschland (LvMID): Lieber Herr Müller, bereits im Mai veröffentlichten Sie ihr Buch „Technokratischer Totalitarismus. Anmerkungen zur Herrschaft der Feinde von Freiheit, Frieden und Wohlstand“. Was hat Sie bewogen, so kurz nach Ihrem letzten Buch ein neues umfangreiches Werk zu schreiben? Sind Sie etwas auf die Spur gekommen?

Antony P. Mueller (APM): Ich glaube schon. Die Ausdehnung des Staates tritt beim Einzelnen unmittelbar in Form der Bürokratie und der Steuer- und Abgabenbelastung in Erscheinung. Diese Entwicklung stößt auf allgemeine Ablehnung, aber trotzdem nimmt die Staatstätigkeit zu. Seit langer Zeit schon spricht man von der Politikverdrossenheit, was daran liegt, dass die Politiker gegen den Wählerwillen handeln. Damit stellt sich die Frage, welche Triebkräfte am Werk sind, die dazu führen, dass der Zugriffsbereich des Staates immer mehr wächst, obwohl die Bürger in der Mehrzahl das gar nicht wollen. Es reicht nicht aus, die Bürokratie zu beschuldigen, die ja ausführt, was die Gesetze, Verordnungen und Richtlinien vorschreiben. Es muss also noch einen anderen Faktor geben, der die Staatsausweitung vorantreibt und die Marktwirtschaft zurückdrängt. Ich identifiziere diesen Faktor als die Technokratie.

LvMID: Wie würden Sie Technokratie definieren? Und was ist der Unterschied zur „normalen“ Bürokratie oder zum „Establishment“?

APM: Wer bestimmt die Geldpolitik, wenn nicht die Zentralbank-Technokraten? Wer heckt immer neue Reformen der Gesundheits-, Sozial- und Bildungspolitik aus? Es sind die Technokraten, und die Politiker und die Bürokratie dienen ihnen als Propagandisten und Erfüllungsgehilfen. Die Bürokratie ist kein eigenständiger Faktor und das sogenannte „Establishment“ hat an Einfluss verloren. Diese Machtfaktoren wurden zusammen mit der Politik von der Technokratie verdrängt. Man betrachte zum Beispiel solche Bereiche wie die Sozialpolitik, den Gesundheitssektor oder das Bildungssystem. Das sind Sektoren, die seit dem Beginn des 20. Jahrhunderts nicht nur quantitativ enorm gewachsen sind, sondern sich als eigenständige Machtzentren etabliert haben. Der Soziologe Niklas Luhmann (1927 – 1998) hat versucht, diesem Phänomen mit seiner Systemtheorie auf die Spur zu kommen, er hat sich dabei aber in Abstraktheiten verloren. Er hat das gemeinsame Kennzeichen dieser Subsysteme, technokratisch zu sein, nicht erkannt und sie als Mittel der Reduktion von Komplexität eher verharmlost. Es geht aber um Herrschaft.

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LvMID: Wo liegen die philosophischen und geschichtlichen Wurzeln der Technokratie? Gibt es ein besonderes historisches Ereignis, bei welchem die Technokratie – wie wir sie heute kennen – das erste Mal ihr Gesicht zeigte?

APM: Als Oberbegriff würde „Technokratie“ die Priester- und Militärherrschaft der Antike ebenso umfassen wie das chinesische Mandarinensystem. Im Unterschied zu diesen Vorgängern ist das Kennzeichen der modernen Technokratie ihre vorgebliche Legitimation durch Wissenschaftlichkeit, genauer gesagt durch den Szientismus. Bis in die Vorantike zurückgehend hat sich die Technokratie als Priesterherrschaft getarnt. In der Antike zeigte darüber hinaus das Militärwesen technokratische Machtentfaltung. Interessant ist das Legitimationsprinzip der Mandarine in China, nämlich die Gelehrsamkeit. Bis zum Beginn der Neuzeit, in China noch viel länger, gelang es diesen Vorformen der Technokratie, die Ausbreitung der Marktwirtschaft zu hemmen oder ganz zu unterbinden. Erst vor etwas mehr als zweihundert Jahren kam es zum Durchbruch von gewinnorientierten unternehmerisch geführten Firmen. Die damit verbundene industrielle Revolution brachte einen vorher nie gekannten Wohlstand, gerade für die Massen. Aber im heutigen Staatskapitalismus wird die kapitalistische Dynamik von der Technokratie wieder beschränkt.

Als Oberbegriff würde „Technokratie“ die Priester- und Militärherrschaft der Antike ebenso umfassen wie das chinesische Mandarinensystem.

LvMID: Was ist Staatskapitalismus, welche Rolle spielen Technokraten dabei und warum kann er langfristig nicht gutgehen?

Im 20. Jahrhundert wurde der Kapitalismus zunehmend vom um sich greifenden „Welfare-Warfare State“ vereinnahmt. Die dahinter liegende Triebkraft ist die Technokratie. Dass der Wohlfahrtsstaat immer weiter wuchert und dass das Ende des Kalten Krieges nicht zu einer neuen Friedensordnung geführt hat, ist aus dieser Sicht keine Überraschung, sondern war so zu erwarten. Ebenso war zu erwarten, dass mit jeder Finanzkrise der Regulierungsanspruch der Finanztechnokratie wächst. Nicht anders ist es im Bildungs- oder Gesundheitswesen. Die technokratische Führung dieser Subsysteme produziert Dauerkrisen. Je mehr Krisen, umso mehr technokratischer Regulierungsbedarf wird angemeldet. In der amerikanischen Literatur spricht man vom „administrative state“ und es gibt hierzu zahlreiche Studien, die seine immense Ausdehnung empirisch belegen. Besser als „Verwaltungsstaat“ trifft aber der Begriff „technokratischer Staatskapitalismus“ den Wesensinhalt des aktuellen Wirtschaftssystems. Kennzeichen dieses Systems ist, dass die Technokratie über den Staatsapparat verfügt und über diesen immer tiefer und immer umfangreicher in die Wirtschaft, die Gesellschaft und selbst in das Privatleben eingreift. Je mehr der freie Kapitalismus zum Staatskapitalismus umgeformt wird, desto geringer wird die wirtschaftliche Wachstumsrate. Die Produktivität pro Arbeitseinheit geht zurück und damit sinkt das Lohnniveau. Mit der Stagnation kommt die Verarmung. Deshalb ist dieses System nicht dauerhaft.

Je mehr der freie Kapitalismus zum Staatskapitalismus umgeformt wird, desto geringer wird die wirtschaftliche Wachstumsrate. Die Produktivität pro Arbeitseinheit geht zurück und damit sinkt das Lohnniveau. Mit der Stagnation kommt die Verarmung. Deshalb ist dieses System nicht dauerhaft.

LvMID: Wie hängen Technokratie und Szientismus zusammen?

APM: Der Technokrat als Sozialingenieur vertritt den Anspruch, die Gesellschaft durch die Anwendung von Wissenschaft auf positivistischer Grundlage zu verändern. Indem dabei die anderen wichtigen Aspekte der Lebenswirklichkeit ausgeschlossen werden, verkümmert die technokratische Herangehensweise zum Szientismus. Diese eingeengte Sichtweise verkennt das Grundproblem, dass es im menschlichen Leben – und Entsprechendes gilt für die Gesellschaft – nicht um gültige Antworten auf spezifische Fragen geht, sondern um persönliche Wertentscheidungen. Menschlich und damit auch die gesellschaftlichen Probleme kennen keine „Lösungen“ im mathematischen Sinn. Praxeologisch gesprochen ist das Individuum stets mit dem Problem der Unzufriedenheit konfrontiert und der Mensch strebt nach subjektiver Verbesserung seiner persönlichen Lage. Im Unterschied dazu will der Technokrat die Gesamtgesellschaft durch die Anwendung der szientistischen Methode umgestalten. Das Idealbild ist die perfekt funktionierende Maschine. Dieses Modell wird auf die Gesellschaft und sogar auf den Menschen übertragen. Das Ideal der Technokratie ist nicht erreichbar. Im Gegenteil: Die Technokratie verspricht eine Eutopie („guter Ort“), aber der Versuch, diesen Ort des Glücks zu schaffen, endet stets in einer Dystopie, in einem Ort des Elends.

Die Technokratie verspricht eine Eutopie („guter Ort“), aber der Versuch, diesen Ort des Glücks zu schaffen, endet stets in einer Dystopie, in einem Ort des Elends.

LvMID: Von welchem „Gesellschaftsbild“ gehen die Technokraten aus? Was sind ihre Ziele?

APM: Die angemessene Herangehensweise für individuelle und gesellschaftspolitische Probleme ist praxeologisch. Entsprechend der Praxeologie geht es beim menschlichen Handeln nicht um richtig oder falsch im exakt wissenschaftlichen Sinn, sondern um subjektive Präferenzordnungen und um die individuelle Bewertung von Zielen und Mitteln. Ohne dies hier weiter zu vertiefen, folgt schon aus diesen anfänglichen Bemerkungen die Befürwortung einer Gesellschaftsordnung, die dem Einzelnen möglichst viel Spielraum lässt, seine individuellen Ziele kooperativ zu verfolgen. Ganz anders ist es um das Gesellschaftsbild der Technokraten bestellt. Sie wollen ihre pseudowissenschaftlichen Scheinerkenntnisse für die gesamte Gesellschaft verbindlich machen. Darin liegt ihre totalitäre Tendenz.

LvMID: Sieht man auf die deutsche Energie- und Wirtschaftspolitik, so läuft diese nach Ansicht mancher auf eine Deindustrialisierung hinaus. Handelt es sich hierbei Ihrer Meinung nach um ein gewünschtes Ziel der Technokraten oder einen Kollateralschaden?

Nicht anders als ihre früheren Formen, betrachtet auch die moderne Technokratie Wirtschaft und Gesellschaft als Objekte, die der technokratischen Gestaltungsmacht unterworfen sind. Der Ansatzpunkt ist also kollektivistisch und hierarchisch und steht im Gegensatz zu einer echten Demokratie und zum richtig verstandenen Kapitalismus und dem freiheitlichen Menschenbild schlechthin. Mit dem Gespenst der Klimakrise hat sich die Technokratie einen umfassenden Tätigkeitsbereich geschaffen, und es ist nicht zu verkennen, dass die Technokratie damit ihre Machtausweitung enorm vorantreibt. Die Marktwirtschaft und die individuelle Selbstbestimmung werden entsprechend eingeschränkt. Der Technokrat betrachtet sich nicht nur als dem gemeinen Volk überlegen, sondern auch den am Markt operierenden Unternehmern. Er will die Konsumenten bevormunden und das Angebot steuern. Die Macht des Staatsapparats – einschließlich der Justiz – dient dazu als Mittel. Kennzeichen der Technokratie ist ihre kollektivistische Geisteshaltung und als deren Konsequenz eine antikapitalistische und antidemokratische Orientierung. Es handelt sich bei der Technokratie um ein Phänomen der Herrschaft. Der einzelne Mensch zählt nicht. Ganz der szientistischen Methodologie entsprechend verschwindet das Individuum in der Statistik.

Der Technokrat betrachtet sich nicht nur als dem gemeinen Volk überlegen, sondern auch den am Markt operierenden Unternehmern. Er will die Konsumenten bevormunden und das Angebot steuern.

LvMID: Heute spielen NGOs in der politischen Szene eine große Rolle. Diese „regierungsnahen Organisationen“ versuchen, die „offizielle“ Politik an vielen Stellen links zu überholen. Wie ist ihre Rolle im technokratischen Totalitarismus?

APM: Hinter vielen NGOs stehen finanziell gut ausgestattete Stiftungen und nicht selten einzelne Mäzene. Manche NGOs hatten ursprünglich idealistische Ziele und wurden von ehrenwerten Personen geleitet. Am Beispiel von Greenpeace kann man aber sehen, wie diese Organisationen gekapert wurden. Als solche integrieren sich die NGOs in das Spielwerk der Technokratie und stehen in enger Verbindung mit dem Lobbyismus. Beiden geht es darum, die Wirtschaft möglichst umfassend zu regulieren. Durch die Verbreitung von Horrorszenarien, die von der sogenannten „Bevölkerungsbombe“ über „peak oil“ bis zum drohenden Hitzetod reichen, strebt man an, die Bürger zu entmündigen und die Marktwirtschaft in ihre Schranken zu weisen. Die Technokratie soll das Zepter tragen und die Konsumentensouveränität ebenso eingeschränkt werden wie das freie Unternehmertum.

Andererseits gibt auch bemerkenswert viele NGOs, die nicht regierungsnah sind, liberale und libertäre Think Tanks wie die weltweit agierenden Mises-Institute zählen hierzu. Aber deren Einsichten passen nicht in das Weltbild der Technokratie. Sie werden von der Technokratie ignoriert und entsprechend auch von der Politik nicht aufgenommen. Der Weg über den Staat, durch den die regierungsnahen NGOs Wirksamkeit erzielen, ist den liberalen Denkfabriken verwehrt. Diese können nicht die Abkürzung über die Technokratie und den Lobbyismus wählen. Stattdessen müssen sie öffentlichkeitswirksam sein.

LvMID: Wie gehen die heutigen Technokraten typischerweise vor? Gibt es Muster in ihrem Handeln?

APM: Die Politik und die Bürokratie sind ideenarm. Bei der Bürokratie ist das kein Mangel, aber die Politik will innovativ sein. Man muss sich im demokratischen Wettbewerb vermarkten. Dazu braucht man Ideen. Die Technokratie liefert sie. So wird dann zum Beispiel ein neues Rentenmodell ausgeheckt oder ein Katalog von Maßnahmen zum Klimaschutz entwickelt. Wenn dann die Regierungsmehrheit steht, erhält die Technokratie das Plazet zur Planung, welche Maßnahmen dann von der Bürokratie umgesetzt werden. Dem szientistischen Wesen der Technokratie entspricht es, gegenüber den Zielen offen zu sein. Der Militärtechnokratie, die auch unter dem Namen „militärisch-industrieller Komplex“ bekannt ist, ist es zum Beispiel egal, wer der Feind ist, Hauptsache es gibt einen Feind.

Darüber hinaus gibt es auch die allumfassenden Zielvorstellungen, zum Beispiel die nationalsozialistische oder kommunistische Transformation der Gesellschaft. Wenn solche totalitären Gesellschaftsvorstellungen dominieren, sind das die hohen Zeiten der Technokratie. Die technokratischen Strukturen der Sowjetunion und des Dritten Reiches sind unverkennbar.

Mit dem Klimaschutz wurde für unsere Zeit ein gesellschaftlich derart allumfassendes Projekt gefunden, das – wenn auch von anderer Prägung – einen Weg in den Totalitarismus eröffnet.

Der Militärtechnokratie, die auch unter dem Namen „militärisch-industrieller Komplex“ bekannt ist, ist es zum Beispiel egal, wer der Feind ist, Hauptsache es gibt einen Feind.

LvMID: Können Sie uns einige nationale, supranationale oder internationale Organisationen nennen, die wesenstypische technokratische Merkmale aufweisen?

APM: Ein Standardbeispiel wäre die Europäische Union. Sie wurde von Anfang an als technokratische Organisation konzipiert. An ihr sieht man auch, wie so ein Apparat beständig auf Machterweiterung aus ist. In dieser Sicht war es zu erwarten, dass die „Eurokraten“ sich mit der Schaffung einer Wirtschaftsgemeinschaft nicht zufriedengeben würden. Es musste eine politische Gemeinschaft mit einer gemeinsamen Währung angestrebt werden. Dem Machtanspruch der Technokratie entsprechend wurde die Ausdehnung der Union bei gleichzeitiger Vertiefung immer weiter vorangetrieben. Die Eurokraten haben mit diesen Projekten inzwischen eine unvorstellbare Machtfülle inne. Die Gefahren dieser Entwicklung liegen auf der Hand.

Für die Technokratie zählen keine demokratischen Beschränkungen und auch Verträge werden keineswegs für gültig erachtet. Aus den im Grunde sinnvollen industriellen Normierungen ist in den Händen der Europäischen Kommission ein Instrument geworden, um in das Leben jedes einzelnen Bürgers massiv einzugreifen. Die totalitären Züge sind hier unverkennbar. Aber die EU ist nur ein Musterfall. Durchaus ähnliche Formen der Herrschaftsausweitung der Technokratie kann man bei den Universitäten und im gesamten Bildungsbereich ebenso beobachten wie beim Gesundheitssystem. Allen diesen Einrichtungen, einschließlich von Militärbündnissen, ist es gemeinsam, dass das Eigeninteresse der Technokratie zum dominierenden Faktor wird. Entsprechend werden die Anliegen des Einzelnen, privat und als Staatsbürger, ob als Produzent oder Konsument, ob als Lehrer, Forscher oder Student, ob als Arzt oder Patient, immer weniger respektiert. Als Folge haben wir eine um sich greifende allgemeine Verdrossenheit im Hinblick auf den technokratisch-politischen Teil des Gemeinwesens.

LvMID: Wir befinden uns in einer Zeit, in der Klimawandel oder Ökologismus, der Verlauf von Krankheitswellen oder auch transhumanistische Ziele vorgegeben werden, um Zwangsmaßnahmen zu begründen oder politische Programme. Welche Rolle spielen die Technokraten hierbei?

APM: Diese Thematiken sind ideale Projekte für die Ausweitung der Macht der Technokratie. Den Ökologismus haben wir schon angesprochen. Den Klimaschutz heranziehend, lässt sich so gut wie alles regeln und verbieten. Alle Aspekte der menschlichen Lebensweise werden zum Gestaltungsobjekt. Dasselbe trifft bei erklärten Pandemien zu. Auch hiermit lassen sich alle erdenklichen Zwangsmaßnahmen begründen. In beiden Fällen kommt der Technokratie nicht nur die Machtfülle zu, wie man im Falle eine Pandemie oder Klimakrise zu verfahren hat, sondern sie bestimmt bereits vorher und letztverbindlich, ob solche Notfälle überhaupt vorliegen. Die neuen Pläne der Weltgesundheitsorganisation – eine durch und durch technokratische Organisation – würden, wenn ihre Initiative der „Bereitschaft und Widerstandsfähigkeit gegenüber neu auftretenden Bedrohungen“ (PRET) von den Mitgliedsländern ratifiziert wird, eine globale Tyrannei ermöglichen.

Der Technokrat will als Sozialingenieur die Gesellschaft umfassend umgestalten und der Transhumanismus ist dafür ein integraler Bestandteil. Was in der Vergangenheit die religiösen Systeme waren, ist für den technokratischen Szientismus der Transhumanismus. Er geht weit über die früheren Formen der Bewusstseinsveränderung hinaus. Der Transhumanismus will nicht nur Überredung und Bekehrung einsetzen, sondern vor allem Technologie und Wissenschaft, um die intellektuellen, physischen und psychologischen Fähigkeiten des Menschen zu verändern. Technokratie und Transhumanismus teilen so eine gemeinsame Zukunftsvision.

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LvMID: Ludwig von Mises (1881 – 1973) soll einmal gesagt haben, er habe Reformer werden wollen, sich aber später in der Rolle eines Chronisten des Unterganges gesehen. Was befürchten oder erhoffen Sie sich für die Zukunft? Haben Sie einen optimistischen Ausblick für unsere Leser parat?

APM: Für Ludwig von Mises ist mit der österreichisch-ungarischen Doppelmonarchie eine Welt untergegangen, die er liebte und die Jahre zwischen dem Ersten und dem Ende des Zweiten Weltkrieg waren in der Tat schlimme antiliberale Zeiten. Aber zumindest in den USA und Westeuropa kehrte die Marktwirtschaft wieder zurück und entsprechend erlebte zum Beispiel meine Generation bis heute ein hohes Maß an Wohlstand und Freiheit. Bis in die 1980er Jahre hinein herrschte noch das Bewusstsein, dass solche Zeiten keineswegs selbstverständlich sind. Aber inzwischen ist das Verständnis, dass Freiheit, Wohlstand und Frieden keine Selbstverständlichkeiten sind und dass Kapital nicht von sich aus Einkünfte liefert, verlorengegangen. Es wird Kapitalverzehr betrieben. Das Konsumniveau ist zwar noch relativ hoch, aber seine Basis schwindet. Daraus folgt, dass der Wohlstand zurückgeht. Die Verteilungskämpfe werden entsprechend zunehmen. Um von den inneren Problemen abzulenken, wird dann nicht selten ein außenpolitisches Feindbild aufgebaut. Man spielt leichtfertig mit dem Frieden. Die Kriegsgefahr steigt. Wir sind jetzt in diesem Stadium angelangt. So wie Ludwig von Mises zu seiner Zeit, dürfen aber auch wir nicht aufgeben. Er selbst konnte es nicht mehr miterleben, welche Wirkkraft seine Schriften in den letzten Jahrzehnten erreicht haben. Dank seiner Einsichten halten wir heute das Rezept einer Wende zu Frieden, Freiheit und Wohlstand in der Hand. Mehr freiheitlicher Kapitalismus ist der Weg.

LvMID: Lieber Herr Müller, herzlichen Dank für dieses Interview!

Das Interview für das Ludwig von Mises Institut Deutschland führte Andreas Tiedtke.

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Antony Peter Mueller ist promovierter und habilitierter Wirtschaftswissenschaftler der Universität Erlangen-Nürnberg, wo er von 1994 bis 1998 das Institut für Staats- und Versicherungswissenschaft in Erlangen leitete. Antony Mueller war Fulbright Scholar und Associate Professor in den USA und kam im Rahmen des DAAD-Austauschprogramms als Gastprofessor nach Brasilien.

Bis 2023 war Dr. Mueller Professor für Volkswirtschaftslehre, insbesondere Makroökonomie und Internationale Wirtschaftsbeziehungen, an der brasilianischen Bundesuniversität UFS. Nach seiner Pensionierung ist Dr. Mueller weiterhin als Dozent an der Mises Academy in São Paulo tätig und als Mitarbeiter beim globalen Netzwerk der Misesinstitute aktiv. Darüber hinaus ist er wissenschaftlicher Beirat der Partei „Die Libertären“.

In deutscher Sprache erschien 2023 sein Buch „Technokratischer Totalitarismus. Anmerkungen zur Herrschaft der Feinde von Freiheit und Wohlstand“ als E-Book (Kindle Direct Publishing, KDP 2023). 2021 veröffentlichte Antony P. Mueller das Buch „Kapitalismus, Sozialismus und Anarchie. Chancen einer Gesellschaftsordnung jenseits von Staat und Politik“ (KDP 2021).  2018 erschien sein Buch „Kapitalismus ohne Wenn und Aber. Wohlstand für alle durch radikale Marktwirtschaft“  (Überarbeitete Neuausgabe KDP 2021).

Zu den laufenden Publikationen sowie seinen Kommentaren zum Zeitgeschehen siehe seine Facebook Autorenseite und sein Twitterkonto. E-Mail: antonymueller@gmail.com

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