Das richtige Heilmittel gegen die Inflation

10.02.2017 – von Henry Hazlitt.

[Exclusiver Vorabdruck aus Henry Hazlitts Buch „Was Sie über Inflation wissen sollten“, das in Kürze im Finanzbuchverlag erscheint. Hier können Sie den Titel vorbestellen.]

Henry Hazlitt (1894-1993)

Wie die meisten funktionierenden Heilmethoden beruht auch jene zur Bekämpfung der Inflation darauf, die Ursache der Krankheit zu beseitigen. Die Ursache der Inflation ist ein übermäßiges Wachstum der Geld- und Kreditmenge. Die richtige Therapie besteht also darin, die Vergrößerung der Geld- und Kreditmenge zu stoppen. Um die Inflation zu beseitigen, muss der Staat lediglich aufhören, die Geldmenge aufzublähen.

Aber so einfach diese Lösung im Prinzip ist, so komplex und unangenehm sind die Entscheidungen, die gefällt werden müssen, um sie in die Tat umzusetzen. Beginnen wir mit dem Staatshaushalt. Mit einem hohen Haushaltsdefizit ist es beinahe unmöglich, eine Geldentwertung zu vermeiden. Ein Haushaltsdefizit wird mit einiger Sicherheit mit inflationären Eingriffen finanziert: Es wird direkt oder indirekt mehr Geld gedruckt. Hohe Staatsausgaben wirken nicht an sich inflationär, sofern sie zur Gänze mit den Steuereinnahmen oder mit Krediten bestritten werden, die mit echten Ersparnissen bedient werden. Haben die Ausgaben jedoch erst einmal einen bestimmten Punkt überschritten, so stößt der Staat bei beiden Finanzierungsmethoden auf so große Schwierigkeiten, dass er sein Heil fast zwangsläufig darin sucht, die Notenpresse anzuwerfen.

Dazu kommt, dass hohe Staatsausgaben, die mit Steuereinnahmen bestritten werden, zwar nicht notwendigerweise inflationär wirken, aber zwangsläufig die Produktion bremsen und die freie Marktwirtschaft untergraben. Das Gegenmittel gegen die Überforderung des Staates durch hohe Ausgaben ist daher nicht ein Ausgleich durch entsprechend hohe Steuern, sondern die Abkehr von einer unvernünftigen Ausgabenpolitik.

Im Bereich der Geldpolitik müssen das Finanzministerium und das Federal Reserve System, die Zentralbank, aufhören, künstlich billiges Geld zu erzeugen, das heißt, sie müssen aufhören, die Zinsen niedrig zu halten. Die Federal Reserve darf nicht zu der früheren Politik zurückkehren, Staatsanleihen zum Nennwert zu kaufen. Indem die Zinsen künstlich niedrig gehalten werden, wird die Kreditaufnahme angeregt. Das führt zu einem Anstieg der Geld- und Kreditmenge. Der Prozess funktioniert in beide Richtungen, denn man muss die Geld- und Kreditmenge erhöhen, um die Zinsen künstlich niedrig zu halten. Wenn wir von einer »Politik des billigen Geldes« oder vom Aufkauf von Staatsanleihen durch die Zentralbank sprechen, betrachten wir also lediglich denselben Mechanismus aus verschiedenen Richtungen. Wenn die Federal Reserve dem Staat mit 2,5 Prozent verzinste Anleihen zum Nennwert abkauft, hält sie den langfristigen Zinssatz bei 2,5 Prozent. Und diese Anleihen bezahlt sie de facto, indem sie mehr Geld druckt. Das wird als »Monetarisierung« der öffentlichen Schulden bezeichnet: Schulden werden in Geld umgewandelt. Die Inflation setzt sich fort, solange dieser Prozess andauert.

Wenn sich die Zentralbank entschließt, ihrer Verantwortung gerecht zu werden und die Inflation zu bremsen, wird sie die Versuche aufgeben, die Zinsen zu drücken und die Staatsschulden zu monetarisieren. Tatsächlich sollte sich die Federal Reserve auf die Tradition besinnen, dass ihr Diskontsatz im Normalfall, vor allem aber in einer Inflationsphase, ein »Strafzins« sein sollte, das heißt ein Zinssatz, der höher ist als jener, den die Banken ihren Kunden für Darlehen verrechnen.

Der Kongress sollte die gesetzlich vorgeschriebene Mindestreserve der zwölf Federal-Reserve-Banken wieder auf das frühere Niveau von 35 bis 40 Prozent anheben und die Verringerung auf das (obendrein erneut herabgesetzte) Niveau von 25 Prozent rückgängig machen, mit der im Juni 1945 versucht wurde, die wirtschaftliche Erholung nach dem Krieg zu beschleunigen. Später werden wir uns mit weiteren Maßnahmen beschäftigen, die geeignet sind, eine unangemessene Erhöhung der Geld- und Kreditmenge zu verhindern. An dieser Stelle möchte ich meiner Überzeugung Ausdruck verleihen, dass die Welt die gegenwärtige Inflationsphase nur hinter sich lassen kann, indem sie zum Goldstandard zurückkehrt. Der Goldstandard hielt die interne Kreditexpansion praktisch automatisch in Schach. Und genau deshalb warfen ihn die Bürokraten über Bord. Er ist nicht nur ein Schutz gegen die Inflation, sondern er hat das einzige System begründet, das der Welt jemals so etwas wie eine globale Währung verschafft hat.

Die erste Frage, die wir uns heute stellen müssen, lautet nicht, wie die Inflation gestoppt werden kann, sondern vielmehr, ob wir tatsächlich entschlossen sind, sie zu stoppen. Eine der Wirkungen der Inflation ist, dass sie zu einer Umverteilung von Vermögen und Einkommen führt. In einem frühen Stadium (das heißt, bevor sie beginnt, die Produktion zu verzerren und zu untergraben) begünstigt die Inflation bestimmte Gruppen auf Kosten anderer. Die Begünstigten haben ein Interesse daran, die Geldentwertung fortzusetzen. Zu viele von uns halten an dem Irrglauben fest, wir könnten der Inflation ein Schnippchen schlagen und unser Einkommen schneller als unsere Lebenshaltungskosten erhöhen. Daher sind die Klagen über die Inflation oft unaufrichtig. Viele von uns meinen in Wahrheit: »Sorgt dafür, dass die Einkommen mit Ausnahme meines eigenen nicht steigen.«

Die Regierungen sind die schlimmsten Heuchler. Sie behaupten, die Inflation zu bekämpfen und sich gleichzeitig um »Vollbeschäftigung« zu bemühen. Ein Anhänger der Inflation drückte es im Economist (London) so aus: »Die Inflation macht neun Zehntel jeder Vollbeschäftigungspolitik aus.«

Er vergaß hinzuzufügen, dass die Inflation immer in einer Krise und in einer Rezession endet. Und vielleicht noch schlimmer als die Wirtschaftskrise selbst ist die Fehleinschätzung der Allgemeinheit, die Rezession sei nicht durch die Inflation, sondern durch die inhärenten Mängel des »Kapitalismus« heraufbeschworen worden.

Zusammenfassend können wir feststellen, dass die Inflation ein Anstieg der Geld- und Kreditmenge im Verhältnis zur Menge an Gütern ist. Die Inflation ist schädlich, weil sie den Wert der Währungseinheit verringert, die Lebenshaltungskosten erhöht, den Ärmsten (ohne Ausnahme) de facto eine ebenso hohe Steuer auferlegt wie den Reichen, den Wert der Ersparnisse auslöscht, den Menschen den Anreiz zum Sparen nimmt, Vermögen und Einkommen ungerecht umverteilt, die Spekulation anheizt und belohnt, während sie Sparsamkeit und Arbeit bestraft, das Vertrauen in die Gerechtigkeit der freien Marktwirtschaft untergräbt und die öffentliche und private Moral schwächt.

Aber die Inflation ist nie »unvermeidlich«. Wir können sie immer über Nacht stoppen, wenn wir es nur wirklich wollen.

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Henry Hazlitt (1894 – 1993) war vertraut mit nahezu allen relevanten Denkern im Bereich der Wirtschaftswissenschaften und gilt als der populärste Intellektuelle und prinzipientreueste Vertreter der Österreichischen Tradition von Ludwig von Mises, Friedrich A. Hayek und Murray N. Rothbard – all jenen, die als die Vordenker ihrer Zeit angesehen werden. Hazlitt gilt als einer der brillantesten Intellektuellen des 20. Jahrhunderts und schrieb u.a. für so bedeutende Medien wie The Wall Street Journal, The New York Times, The American Mercury, Century, The Freeman, National Review und Newsweek. Darüber hinaus verfasste er zahlreiche Bücher sowie Artikel in anderen Werken. Sein umfassendes Wissen im Bereich Ökonomie und seine Begabung für die elegante “populäre” Darstellung mündeten in dem Buch “Economics in one Lesson”, das 1946 im Original in den USA erschienen ist und seither in zahlreiche Sprachen übersetzt wurde.

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Hinweis: Die Inhalte der Beiträge geben nicht notwendigerweise die Meinung des Ludwig von Mises Institut Deutschland wieder.

 

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