Ludwig von Mises. Der Mensch und sein Werk

23.12.2015 – Wir freuen uns sehr, die Neuauflage des Buches Ludwig von Mises. Der Mensch und sein Werk von Margit von Mises ankündigen zu können. Zahlreiche Freiheitsfreunde haben sich über unser erstes Crowdfunding-Projekt an der Finanzierung beteiligt und die Neuerscheinung ermöglicht. Wir bedanken uns herzlich für die Unterstützung.

Wir bitten auch weiterhin um Ihre Unterstützung bei der Verbreitung der besseren Ideen. Jede Fördermitgliedschaft, jeder Besuch unserer Veranstaltungen, jeder geteilte link auf unsere website hilft, unsere Ziele zu erreichen: Friede, Freiheit und Wohlstand.

Wir wünschen Ihnen ein frohes Weihnachtsfest und ein gutes Neues Jahr.

Lesen Sie nachfolgend das Vorwort zu Ludwig von Mises. Der Mensch und sein Werk.

Thorsten Polleit und Andreas Marquart

————————————————————————————————————————————————————————

„In den dreizehn Jahren, seit ich ihn kannte, hatte ich ihn niemals weinen
gesehen. Auch nicht in den fünfunddreißig Jahren unserer Ehe. Aber in
Zürich am Bahnhof, als er uns wiedersah, weinte er wie ein Kind, und er
schämte sich seiner Tränen nicht.“

Margit von Mises, 2015, Ludwig von Mises.
Der Mensch und sein Werk.

von Thorsten Polleit.

Thorsten Polleit

Im Jahr 1976 veröffentlicht Margit von Mises (1890 – 1993), Ehefrau von Ludwig von Mises (1881 – 1973), das Buch My Years with Ludwig von Mises. 1981 erscheint es als deutsche Übersetzung unter dem Titel Ludwig von Mises. Der Mensch und sein Werk. Margit von Mises berichtet darin über das gemeinsame Leben mit ihrem Mann, dem wohl bedeutendsten Ökonomen und Gesellschaftstheoretiker des 20. Jahrhunderts. Ludwig von Mises. Der Mensch und sein Werk ist keine wissenschaftliche Abhandlung, keine vollumfängliche Inhaltsdarstellung von Mises’ Werken. Margit von Mises hat im Grunde eine Biographie über ihren Mann verfasst, keine Autobiographie über sich selbst: Er steht im Mittelpunkt ihrer Ausführungen, nicht sie. Für den Zugang zu Mises’ wissenschaftlichem Werk ist es sicher hilfreich, wenn man auch etwas über den Menschen Ludwig von Mises weiß – und über die zeitgeschichtlichen und persönlichen Umstände, unter denen er seine Erkenntnisse erarbeitet und unerschrocken verbreitet hat. Margit von Mises gelingt es mit ihrem Buch, dieses Wissen einfühlsam, in berührender Weise zu vermitteln.

Als Nationalökonom ist Ludwig von Mises, ältester Sohn einer jüdischen Familie, von Anfang an ein überzeugter und kompromissloser Befürworter des freien Marktes. Er bleibt es zeitlebens. Mises’ liberale Position speist sich aus Erkenntnissen, die er schon als junger Nationalökonom erarbeitet hat. Bereits in seinem 1919 veröffentlichten Buch Nation, Staat und Wirtschaft zeigt Mises nicht nur auf, dass die freie Marktwirtschaft für ein friedvolles und produktives Miteinander der Menschen sorgt, sondern auch, dass die freie Marktwirtschaft das einzig dauerhaft durchführbare Wirtschafts- und Gesellschaftssystem ist. Für Mises ist alles Staatliche, das über den Schutz des Einzelnen vor Übergriffen anderer und über den Schutz des Privateigentums hinausgeht, von Übel. Mises erkennt, dass der Staat nicht etwa der Garant für Harmonie und Frieden, sondern dass er vielmehr die Quelle für Konflikte und Kriege ist. Und so lautete seine Schlussforderung unumwunden: „Wer Frieden zwischen den Völkern will, muß den Staat und seinen Einfluß auf das Stärkste einzuschränken versuchen.“[1] Es entbehrt nicht einer gewissen Tragik, dass Mises’ Leben und Werk in das Zeitalter der Unfreiheit fällt: in das 20. Jahrhundert, das geprägt ist von Sozialismus, Kommunismus, Faschismus, Nationalsozialismus und sozialdemokratischem Sozialismus.

Nach seiner Habilitation an der Wiener Universität unterrichtet Mises dort ab 1913 zunächst als Privatdozent, dann, ab 1918, unentgeltlich als außerordentlicher Professor. Im Wien der 1920er Jahre macht Mises sich als bekennender Liberaler keine Freunde, nicht im wirtschaftswissenschaftlichen Betrieb, und schon gar nicht in politischen Kreisen. Eine ordentliche Professur an einer deutschsprachigen Universität bleibt ihm versagt. Seinen Lebensunterhalt verdient Mises sich als Ökonom der Wiener Handelskammer. Seine Seminare an der Wiener Universität sind beliebt und gut besucht. Dann jedoch beginnen die Ordinarien zusehends gegen ihn zu intrigieren. Mises verlagert daraufhin seine Lehrtätigkeit in den außer-universitären Bereich. 1920 beginnt er sein Privatseminar abzuhalten, das er bis zu seiner Emigration in die Schweiz zweiwöchentlich abhält. Viele junge Wissenschaftler aus unterschiedlichen Disziplinen nehmen daran teil. Von ihnen werden nachfolgend selbst viele namhafte Wissenschaftler.

1934 siedelt Mises aus Wien nach Genf über. Dort schreibt er sein Hauptwerk Nationalökonomie. Theorie des Wirtschaftens und Handelns, das 1940 erscheint. Doch auch in der Schweiz sind Mises und seine Frau nicht sicher vor dem Vormarsch der Nationalsozialisten. Zusammen fliehen sie, in einer dramatischen Flucht, in die Vereinigten Staaten, wo das Paar im heißen Augustsommer 1940 ankommt. Mises ist fast 60 Jahre alt, mittellos, hat keine Aussicht auf eine akademische Position. Das Ehepaar muss von neuem, von ganz unten anfangen. Durch seine Willensstärke, die er aus seinen wissenschaftlichen Überzeugungen, aber vor allem durch die Zuneigung und Unterstützung seiner Ehefrau schöpft, gelingt es Ludwig von Mises, seine wissenschaftliche Arbeit wieder aufzunehmen und sie zu verbreiten – vor allem auch Dank einer ganzen Reihe von Unterstützern und Gönnern, die er in den Vereinigten Staaten von Amerika findet. 1945 bekommt er eine Teilzeitgastprofessur an der New York Universität. Ab 1949 erhält Mises die Stellung eines permanenten Vollzeit Gastprofessors. Sein Privatseminar nimmt er 1948 wieder auf. Es findet jeden Donnerstag statt von 19:25 bis 21:25 Uhr. Bis 1969, als er, im Alter von 88 Jahren, seine aktive Lehrtätigkeit beendet.

Ludwig von Mises mit Ehefrau Margit

Ende 1940 – es ist wohl der bisherige Tiefpunkt in seinem Leben – überreicht Mises seiner Frau Margit ein Manuskript mit der Bitte, es nach seinem Tod zu veröffentlichen. Darin berichtet Mises über seine intellektuelle Entwicklung bis 1940. Es erscheint 1978 als Buch unter dem Titel Erinnerungen (der englische Titel ist Notes and Recollections). Leser, die hoffen, darin Persönliches über Mises zu erfahren, werden jedoch vermutlich enttäuscht. Mises’ Erinnerungen beschränken sich im Grunde auf fachliche Themen: wirtschaftswissenschaftliche, politische und historische. Vergeblich sucht man in dieser autobiographischen Schrift Ausführungen über Kindheit, Ausbildung, Familie, das Verhältnis zu seiner Mutter, Hoffnungen, Wünsche, Sorgen und Freuden des Menschen Mises. Die Erinnerungen sind allerdings das Persönlichste, was Mises jemals über sich veröffentlicht hat. Selbst in seiner Korrespondenz behandelt Mises Persönliches mit großer Diskretion. Ludwig von Mises, Der Mensch und sein Werkkommt daher eine besondere Stellung zu: Es ist im Grunde eine der ganz wenigen, wenn nicht die einzige Quelle, um etwas über den Menschen Ludwig von Mises zu erfahren.

Im Vorwort zu Ludwig von Mises. Der Mensch und sein Werk schreibt Margit von Mises:

„Ludwig von Mises war äußerst zurückhaltend, was sein persönliches Leben betraf. Aber hinter dieser äußeren Verschlossenheit verbargen sich Leidenschaft und innere Wärme. Niemals sprach er mit anderen über sich, seine Familie oder sein Privatleben. Seine Vorträge, seine Schriften, seine Bücher waren für die Öffentlichkeit bestimmt, seine Gefühle gehörten mir. Ich glaube, mit Recht behaupten zu dürfen, daß ich die einzige bin, die den Menschen, den Mann wirklich gekannt hat.“

Margit nennt ihren Ludwig, den sie im Herbst 1925 in Wien kennengelernt und im Sommer 1938 geheiratet hat, liebevoll „Lu“. Sie bleibt an seiner Seite bis zu seinem Tod, durchlebt mit ihm nicht nur die glücklichen Zeiten in Wien und später in der Schweiz, sondern auch die schwierigsten Phasen in Mises’ Leben: die Flucht aus Europa und den Neubeginn in der neuen Welt, unter für beide zunächst höchst entbehrungsreichen Bedingungen. Margits weiblicher Einfühlsamkeit entgehen nicht die inneren Kämpfe und Enttäuschungen, die ihr „Lu“ durchlebt, die ihn quälen. Für sie ist er „ein großer Denker, ein großer Gelehrter, ein bedeutender Lehrer und doch im Grunde ein einsamer Mensch … voll Sehnsucht nach Wärme, Verständnis und Liebe.“

In die Vereinigten Staaten von Amerika wird Mises nicht mit offenen Armen empfangen. Der Keynesianismus hat den amerikanischen Zeitgeist erobert. Seit dem „New Deal“ der 1930er Jahre finden marktfeindliche Politiken großen Zuspruch. Der Liberalismus gilt als überholt. Doch Mises schreitet – unbeirrt, aufrichtig und unerschrocken – auf seinem Weg voran, entgegen allen Widrigkeiten und Hindernissen. Mises ist dabei alles andere als unbekümmert. Er weiß sehr wohl – aus Erfahrung am eigenen Leib – um die Folgen, die das Durchsetzen des Unabhängigkeitsstrebens eines Nationalökonomen hat. 1940 hatte er dazu in seinem Magnum Opus Nationalökonomie. Theorie des Handelns und Wirtschaftens geschrieben:

„Man verbrennt die unbotmässigen Nationalökonomen nur darum nicht, weil man wirksamere Mittel zur Unterdrückung der freien Meinungsäusserung kennt. Gesellschaftliche und wirtschaftliche Ächtung droht dem unabhängigen Geiste, das Entgegenkommen an die Wünsche der herrschenden Parteien wird aber reich belohnt. So ist die Luft, in der die Nationalökonomie zu wirken hat, geradezu vergiftet worden.“[2]

Hier können Sie das Buch bestellen.

Sozialwissenschaftler, vor allem Ökonomen, sollten nicht nur Mises’ Werke – sowohl die nationalökonomischen als auch die erkenntnistheoretischen Arbeiten – studieren. Sie sollten auch Ludwig von Mises. Der Mensch und sein Werkaufmerksam lesen. Margits detailreiche Schilderungen lassen erkennen, dass Mises als Mensch in vielerlei Hinsicht ein Vorbildcharakter ist (heutzutage würde man wohl von „Role Model“ sprechen). Mises kompromittiert seine wissenschaftliche Integrität nicht, auch nicht in Zeiten größter persönlicher Bedrängnis. Er heult nicht mit den Wölfen, wie viele seiner Fachkollegen, ist nicht bereit, sich vereinnahmen zu lassen. Den politischen Kreisen dient er sich nicht an, um seine Karrierechancen zu fördern. Opportunismus ist ihm fremd. Für seine Überzeugungen nimmt Mises in Kauf, dass er sich – aus Sicht der staatlich besoldeten Ökonomen – zum Außenseiter im wirtschaftswissenschaftlichen Betrieb macht. Mises weiß, dass ein Ökonom, der dem wissenschaftlichen Ideal nachstrebt, bei Machthabern, Regierungen und Demagogen niemals beliebt sein wird; und dass er von ihnen umso mehr gehasst wird, je unerschütterlicher seine Argumente sind.[3]

Die deutschsprachige Neuauflage von Ludwig von Mises. Der Mensch und sein Werk ist möglich geworden, weil sich zahlreiche Freiheitsfreunde über das erste Crowdfunding-Projekt des Ludwig von Mises Institut Deutschland an der Finanzierung beteiligt haben. Innerhalb von nur fünf Tagen war die erforderliche Projektsumme beisammen. Allen, die das Projekt finanziell unterstützt und damit zum Gelingen beigetragen haben, gebührt unser herzlichster Dank. Ein großes Dankeschön gilt auch den Vorständen des Ludwig von Mises Institut Deutschland, Andreas Marquart und Dr. Stephan Ring, die das Projekt mit großer Begeisterung, Sachverstand und Durchsetzungskraft zum Erfolg geführt haben. Ich bin sicher, dass sich in Zukunft auf diesem Wege weitere Projekte, die der Lehre des Libertarismus und ihrer Verbreitung dienen, verwirklichen lassen. Unter www.startnext.com/pages/misesde können Sie sich fortan über aktuelle Vorhaben des Ludwig von Mises Institut Deutschland informieren.

Thorsten Polleit
Präsident des Ludwig von Mises Institut Deutschland
im September 2015

*****

[1] Ludwig von Mises (1919), Nation, Staat und Wirtschaft. Beiträge zur Politik und Geschichte
der Zeit, Manzsche Verlags- und Universitäts-Buchhandlung, Wien und Leipzig, S. 77.

[2] Mises, L. v. (1940), Nationalökonomie. Theorie des Wirtschaftens und Handelns, Editions
Union Genf, S. 744 – 745.

[3] Siehe hierzu Mises, L. v. (1998), Human Action. A Treatise on Economics, The Scholar’s
Edition, Ludwig von Mises Institute, Auburn, US Alabama, S. 67.

————————————————————————————————————————————————————————

Thorsten Polleit, 48, ist seit April 2012 Chefvolkswirt der Degussa Goldhandel GmbH. Er ist Honorarprofessor für Volkswirtschaftslehre an der Universität Bayreuth, Adjunct Scholar am Ludwig von Mises Institute, Auburn, US Alabama, Mitglied im Forschungsnetzwerk „Research On money In The Economy“ (ROME) und Präsident des Ludwig von Mises Institut Deutschland. Er ist zudem Gründungsmitglied und Partner von Polleit & Riechert Investment Management LLP. Die private Website von Thorsten Polleit ist: www.thorsten-polleit.comHier Thorsten Polleit auf Twitter folgen.

*****

Hinweis: Die Inhalte der Beiträge geben nicht notwendigerweise die Meinung des Ludwig von Mises Institut Deutschland wieder.

 

Soziale Medien:
+ posts
Kontaktieren Sie uns

We're not around right now. But you can send us an email and we'll get back to you, asap.

Nicht lesbar? Text ändern. captcha txt

Beginnen Sie mit der Eingabe und drücken Sie Enter, um zu suchen