Haiti braucht Kapitalismus

5.2.2018 – von Michael Kastner.

Michael Kastner

Haiti sollte sofort damit aufhören, Land von Menschen zu konfiszieren, um die Leistung der Wirtschaft zu steigern. Im August 2013 trafen Männer mit Bulldozern in Tru-du-Nord, Haiti, ein, um Land zu konfiszieren – zur Verwirklichung der Wirtschaftswachstumsvision ihrer Regierung in diesem Teil des Landes, nämlich dem Anbau von Biobananen. Die Haitianer waren entsetzt und wussten nicht, wie ihnen geschah. Ihnen wurde nicht die Zeit gegeben, vorher noch ihre Felder abzuernten oder ihr Vieh in Sicherheit zu bringen. Familien wurden von ihrem Land vertrieben, und die örtliche Wirtschaft wurde komplett auf den Kopf gestellt – oder, genauer gesagt, auf zentral geplanten Biobananenanbau umgestellt.

Zentralplanung hat den Zweck, ein bestimmtes Ziel zu erreichen, ignoriert dabei aber die so wichtige Steuerung durch Marktpreise und untergräbt die Freiheit des Einzelnen. Die haitianische Regierung schuf eine Agrarfirma namens Agritrans SA, um den Aufbau der Biobananenpflanzungen zu beaufsichtigen. Laut dem haitianischen Finanzamt befand sich das von Agritrans verwendete Land in Staatsbesitz, allerdings lebten dort seit Jahrzehnten Bauern.

Der Bananenmann

Das Aushängeschild des Bananeninvestments ist der amtierende Präsident von Haiti, Jovenel Moïse. Als er noch Geschäftsführer von Agritrans SA war, erhielt er den Spitznamen Nèg Bannann nan – auf Deutsch „der Bananenmann“. Sein Ruf als der Bananenmann verschaffte ihm im ländlichen Raum eine enorme Beliebtheit, die ihn Anfang 2017 bis auf den Sessel des Präsidenten von Haiti beförderte. Da Moïse als einziger auf dem Stimmzettel stand, bezeichneten manche die haitianische Präsidentschaftswahl als Farce.

Unter der Führung von Moïse erhielt Agritrans SA Anfang 2013 Investments in Höhe von 27 Millionen USD, 6 Millionen davon direkt vom industriellen Entwicklungsfonds der Regierung von Haiti (IDF). Agritrans und der IDF sind beides Scheinorganisationen im Dienste der Zentralplanung der Regierung von Haiti. Agritrans` einziger Zweck ist die Aufsicht über die Bananenplantagen, und der IDF ist inzwischen vollkommen in Vergessenheit geraten. Er erstellt seit der Geldzahlung an Agritrans keine Rechenschaftsberichte mehr.

Ein Bananenfriedhof

Die 1.000 Hektar Anbaufläche von Agritrans sind heute ein Bananenfriedhof, der von bewaffneten Sicherheitsleuten bewacht wird. Zunächst schien der Anbau planmäßig zu verlaufen, und Haiti rechnete damit, wöchentlich 45.000 Tonnen Bananen nach Europa zu exportieren. Seit Juli 2016 wurde aber keine einzige Banane mehr exportiert. Ein Teil der Gewinne ist für eine örtliche Landwirtschaftsgenossenschaft bestimmt, die für die vertriebenen Bauern gegründet wurde. Aber ohne Bananenverkauf gibt es auch keine Gewinne. Die haitianische Regierung hat das Land nicht instand gehalten – heute ist es Brachland.

Das gescheiterte Agritrans-Projekt nahm den Bauern das Land, weshalb die Leute keine Nahrungsmittel, kein Geld und keine Eigentumsrechte mehr hatten. Die örtliche Bevölkerung litt unter geringeren Einkommen, schlechterer Ernährung und einer unsicheren Zukunft. Früher wurden Milch, Fleisch, Holzkohle und weitere Dinge für Eigenbedarf und Verkauf auf dem Land erzeugt, das dann aber für die Bananen genutzt wurde.

Jennifer Vansteenkiste, eine Doktorandin der Universität von Guelph, befragte 79 der ca. 800 direkt von dem Bananenprojekt betroffenen Menschen. Die Ergebnisse ihrer Arbeit fördern das enorme Ausmaß des Schadens für die örtliche Wirtschaft zutage.

Häuser wurden plattgewalzt, Bauernhöfe wurden zerstört, und Vieh wurde durch die Maschinen vertrieben. Verbliebenes Vieh wurde geschlachtet, verkauft, oder hungerte ohne Weideland. Die Viehzüchter konnten nur einen geringen Teil ihrer Investments zurückerlangen und konnten kein Fleisch mehr in gewohntem Umfang produzieren. Die unerwarteten Massenschlachtungen überschwemmten die örtlichen Märkte mit Fleisch, wodurch die Preise kurzfristig sanken. Das große Angebot und die niedrigen Preise waren jedoch nur von kurzer Dauer. Da die örtlichen Produzenten nun nicht mehr so viel liefern können, ist die Abhängigkeit von Importen größer.

Den Kühen, die den Schlachtungen entkamen, erging es nicht viel besser. Kühe, die normalerweise 30 bis 40 Liter Milch am Tag liefern, brachten ohne das Weideland nur noch 7,5 Liter. So stiegen die örtlichen Milchpreise um 20 Prozent. Geringeres Angebot und gestiegene Preise führten zu einem um 63 Prozent reduzierten Milchkonsum unter den Einheimischen. Örtliche Milchbauern erzielten vor der Landkonfiszierung im Durchschnitt jährliche Gewinne von 1.393 USD – im Jahr danach waren die Gewinne auf 319 USD gesunken. Land, Haus und über 1.000 USD an Einkommen zu verlieren ist selbst für eine Familie in einem Industrieland ein harter Schlag. In Haiti kann dies das Todesurteil bedeuten.

Haiti braucht wirtschaftliche Freiheit

Bananen sind nahrhaft, wertvoll und schmackhaft, aber zentral geplanter Bananenanbau ist nicht Haitis Weg aus der Armut. Sollte der Bananenexport in Haiti profitabel sein, würden private Firmen wie Dole, Del Monte und Chiquita dort von sich aus mehr anbauen. Diese Firmen haben tatsächlich ihre Produktion ausgeweitet, allerdings scheint ihnen Haiti offensichtlich nicht für den Bananenanbau geeignet zu sein. Präsident Moïses Versuch, eine Bananenindustrie auf Haiti anzusiedeln, ist fehlgeleitet und sorgt nur dafür, dass produktivere Tätigkeiten nicht oder später stattfinden.

Die haitianische Regierung sollte das Recht ihrer Bürger auf Privateigentum respektieren, es verteidigen, und grundlegende Menschenrechte nicht verletzen.

Das Fraser Institute definiert die vier Grundpfeiler wirtschaftlicher Freiheit:

1.    persönliche Entscheidungsfreiheit
2.    freiwilliger Tausch
3.    freie Märkte
4.    Schutz von Mensch und Eigentum.

Haitis zentral geplante Bananen verstießen gegen alle vier Prinzipien und scheiterten kläglich. Das Fraser Institute bescheinigt Haiti in seiner neuesten Bewertung einen der letzten Plätze in den Kategorien Rechtssicherheit und Schutz von Eigentumsrechten.

Auch die Heritage Foundation sieht Haiti als eines der repressivsten Länder in Bezug auf wirtschaftliche Freiheit. Enteignungen sind ein Hauptgrund dafür. Den Haitianern in Tru-du-Nord wurde ihr Eigentum durch ihre Regierung gegen ihren Willen genommen. Erst nach Protesten wurden die Betroffenen mit 40 – 700 USD entschädigt.

Enteignungen sind nach Haitis Verfassung von 1987 legal, aber was legal ist, muss nicht auch moralisch richtig oder effektiv sein. Mangel an sicheren Eigentumsrechten kann zu andauernder, wirtschaftlicher Stagnation führen. Ohne wirtschaftliche Freiheit haben Haitianer keine Planungssicherheit und leben von einem Tag auf den anderen. Mangel an Planungssicherheit verhindert langfristige Investments und somit auch Wachstum und Entwicklung.

Ich schlage nicht vor, dass die Regierung von Haiti untätig sein sollte, während die Haitianer unter wirtschaftlichen Härten leiden. Die haitianische Regierung sollte allerdings die Eigentumsrechte ihrer Bürger respektieren, sie verteidigen und nicht gegen grundlegende Menschenrechte verstoßen. Dezentrales Wissen, gute Institutionen und das Unternehmertum Einzelner werden für Fortschritt sorgen. Die Staatsgewalt mag zwar in der Lage sein, kurzfristig Ziele zu erreichen – langfristiger Fortschritt jedoch ist für Haiti nur durch wirtschaftliche Freiheit möglich.

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Aus dem Englischen übersetzt von Florian Senne. Der Originalbeitrag mit dem Titel Haiti Needs Capitalism, Not More Central Planning ist am 27.1.2018 auf der website der Foundation of Economic Education erschienen.

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Michael Kastner ist Ökonom und wissenschaftlicher Mitarbeiter am Johnson Center for Political Economy der Troy University.

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Hinweis: Die Inhalte der Beiträge geben nicht notwendigerweise die Meinung des Ludwig von Mises Institut Deutschland wieder.

Fotos: fee.org

 

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