Die Erlöser. Eine kurze Psychologie der Politik

Rezension

6. Dezember 2025 – von Andreas Tögel

Allerorten werden gegenwärtig Klagen über die „Krise der Demokratie“ laut und die „Politikverdrossenheit“ nimmt zu, Politiker in Regierungsverantwortung werden zunehmend als inkompetent und/oder korrupt angesehen. Dennoch findet sich weit und breit kein Ansatz für eine Verbesserung. Einerseits traut die Wählerschaft der Nomenklatura zwar weder das Interesse noch die Fähigkeit zu, den Problemen in so gut wie allen Bereichen – allen voran ausgelöst durch eine ungebremste Massenimmigration und eine völlig verfehlte Energiepolitik– wirkungsvoll zu begegnen; andererseits ertönt nach wie vor tagtäglich der Ruf nach dem Staat – er solle gefälligst die anstehenden Probleme lösen.

Der Wirtschaftsnobelpreisträger des Jahres 1976, Milton Friedman (1912 – 2006), prägte den Begriff „Tyrannei des Status quo, der perfekt den oben geschilderten Sachverhalt beschreibt. Man kennt zwar die Ursache aller Probleme, nämlich den inzwischen weitgehend dysfunktionalen Staat, erwartet aber dennoch, dass er die von ihm, respektive seinen gewählten Repräsentanten verursachten Probleme löst. Einfach, weil der Staat halt immer schon da war, es ohne ihn nicht geht und daher nur er als Problemlöser in Frage kommt.

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Teil des Problems ist die von Wilhelm Röpke (1899 – 1966) diagnostizierte, in modernen Demokratien herrschende doppelte Verantwortungslosigkeit“: Die Gewählten beschwören ihre lauteren Absichten und berufen sich auf das ihnen von den Wählern erteilte Mandat, während sich die Wähler – die Stimmabgabe erfolgt ja anonym – unerkannt aus der Wahlzelle stehlen und daher nicht für ihr Stimmverhalten zur Verantwortung gezogen werden können.

Andreas Tiedtke, der Autor des vorliegenden Buches, ortet einen „geistigen Gängelwagen“, in dem das Denken und Fühlen der Bürger gefangen ist. Zwar sind Denken und Fühlen der Menschen selbstverständlich von ihrer Umwelt und den herrschenden Traditionen geprägt – und daran ist im Prinzip auch nichts auszusetzen. Aber es ist wichtig, wie Immanuel Kant (1724 – 1804) es fordert, stets den Mut aufzubringen, sich seines Verstandes zu bedienen, aus der Unmündigkeit herauszutreten und folglich Denken und Einstellungen laufend zu reflektieren und, falls erforderlich, zu ändern.

In der Kindheit antrainierte Verhaltensmuster, wie etwa der Gehorsam gegenüber Eltern und Lehrern, sind im Zuge des Erwachsenwerdens abzulegen, da sie sonst zu einer dauerhaften Infantilisierung führen. Den von der Obrigkeit auf die Bürger ausgeübten Zwang als „normal“ anzuerkennen (Tyrannei des Stauts quo) ist falsch! Die im Staat herrschenden „Top-down-Strukturen“ sind nicht vom Himmel gefallen und ganz bestimmt nicht gottgegeben, wie staatsaffine Gelehrte wie etwa Georg W. F. Hegel (1770 – 1831) und Linksaktivisten wie Ferdinand Lasalle (1825 – 1864), einer der Mitbegründer der deutschen Sozialdemokratie, es darstellten. Letzterem wird das Zitat zugeschrieben: Der Staat ist Gott.

Während freie Interaktion eine Win-win-Situation begründet (sonst würden sie ja nicht stattfinden), also ein „Pareto-optimales“ Ergebnis liefert, führt der Einsatz von Zwang und Gewalt, das heißt eine feindliche Handlung, stets zu einer Win-lose-Situation, einem Gewinn des einen auf Kosten des anderen. Dieser Umstand wird vielfach nicht erkannt oder – schlimmer noch – akzeptiert, sofern man selbst zu den Profiteuren gehört.

Während gute Eltern ihren Kindern den Weg in ein selbstbestimmtes Leben ermöglichen, indem sie die Zügel im Verlauf deren Heranwachsens sukzessive lockern, behandelt der paternalistische Staat seine Bürger lebenslänglich wie unmündige Kinder, die ständig an der Hand geführt werden müssen. Das Phänomen der Herrschaft führt zur Infantilisierung der Gesellschaft.

Der „Ausgang aus der Unmündigkeit“ (Immanuel Kant) beruht auf einem mehrstufigen Erkenntnisprozess. Das Erkennen der „unbewussten Inkompetenz ist ein erster Schritt. Der zweite Schritt besteht in der Überwindung derbewussten Inkompetenz, indem man Maßnahmen ergreift, um sich wichtige Kenntnisse und Fertigkeiten anzueignen. Der dritte Schritt besteht in der Erlangung einerbewussten Kompetenz. Durch Übung und Wiederholung werden damit Denkmuster verinnerlicht, die in der Folge unbewusst ablaufen. Auf diese Weise wird – im vierten Schritt – „unbewusste Kompetenz“ erreicht.

Diesem Prozess, der durchaus nicht im Sinne der jeweiligen Machthaber liegt, die von ihrer Rolle als Erzieher und Lehrmeister nicht lassen wollen, stehen keine geringen Widerstände entgegen. Die (staatlich geförderte) Gegenpropaganda ist vielfältig und einflussreich. Fernsehprogramme rücken unermüdlich die fürsorgliche Hand des Staates ins vorteilhafteste Licht. Unternehmer und „Reiche“ dagegen werden gern als kalte und rücksichtslose Egoisten vorgeführt; in Krimis stammt der Bösewicht nahezu stets aus ihren Reihen und so gut wie niemals aus denen verhätschelter Minderheiten und Opfergruppen; in Fernsehserien dominieren starke Frauen – nicht nur am Arbeitsplatz, sondern auch in den Familien, sofern die Familien dort überhaupt noch eine Rolle spielen (dürfen). Männer werden zunehmend auf die Rolle trotteliger Versager reduziert (wie beispielsweise im 2023 erschienenen Blockbuster-Spielfilm „Barbie“ mit Margot Robbie und Ryan Gosling in den Hauptrollen).

All diese auf subtile oder weniger subtile Weise vermittelten Botschaften laufen darauf hinaus, die Unmündigkeit der Menschen zu perpetuieren und ihnen die Gewissheit zu vermitteln, dass es ohne die sowohl strenge als auch fürsorgliche Hand der Obrigkeit nicht geht. Bis heute ist, wie Ludwig von Mises (1881 – 1973) feststellte, die Geschichte des Westens die des Kampfes des Individuums für seine Freiheit und gegen hoheitliche Übergriffe.

Propaganda ist und bleibt das unverzichtbare Werkzeug der „Haltungsingenieure“ – und sie wird konsequent eigesetzt, wobei pausenlose Wiederholungen bestimmter Botschaften das wirksamste Mittel des „Gaslightings“ bilden: Kaum dreht man das Radio oder den Fernseher auf, wird auch schon die bevorstehende „Klimakatastrophe“ beschworen. Dasselbe geschieht in den Printmedien des Meinungshauptstroms tagtäglich. Keine Natur-, Kultur- oder Politiksendung ohne Klimawandel und/oder Kritik an dessen ruchlosen „Leugnern“. Auf diese Weise lässt sich jedes beliebige Thema forcieren, das den Herrschenden für ihren Machterhalt oder -ausbau gerade passend erscheint.

Gegen Ende des Buches präsentiert der Autor einige Filmproduktionen (Beispielsweise die „Matrix“-Trilogie oder die „John-Wick“-Reihe), die ein anderes Bild vermitteln als der staatsaffine Mainstream. Sie thematisieren Auswege aus der Ohnmacht des Einzelnen. Auch Wagners „Ring des Nibelungen“, sein „Parsifal“ – einer der Helden, die nicht scheitern – und Tolkiens „Herr der Ringe“ finden positive Erwähnung.

Fazit: Ohne eine „Reform der Denkungsart“ (Immanuel Kant), wird es nicht möglich sein, dass die Menschen sich Ziele setzen, die mit ihren friedliebenden Haltungen zu sich und der Welt vereinbar sind.

Kommentar des Rezensenten: Das Buch bietet eine ebenso kurzweilig zu lesende wie erhellende Lektüre!

*****

Die Erlöser. Eine kurze Psychologie der Politik (*)
Andreas Tiedtke
Edition Sandwirt
126 Seiten, Hardcover
ISBN 978-2-98617-094-3
28,- Euro

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Andreas Tögel

Andreas Tögel, Jahrgang 1957, ist gelernter Maschinenbauer, ausübender kaufmännischer Unternehmer und überzeugter ‚Austrian‘. Ende März 2022 ist sein Buch Inflation: Warum das Leben immer teurer wird (*) erschienen.

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