Links oder rechts? Bewahrer oder Zerstörer!

4. März 2024 – von Rainer Fassnacht

Rainer Fassnacht

Um politische Positionen zu verorten, wird üblicherweise auf das Links-rechts-Schema zurückgegriffen, das auf die Sitzordnung der französischen Nationalversammlung zurückgeführt wird. Doch die Etikettierung politischer Positionen geht inzwischen sehr weit darüber hinaus – die Vielfalt der Zuschreibungen ist reichlich unübersichtlich und teilweise widersprüchlich.

Zusätzlich wird versucht, den Etiketten „rechts“ und „links“ wertende Eigenschaften mitzugeben und damit nicht nur die Position, sondern den Menschen als gut oder schlecht abzustempeln. Allzu oft geht damit die Weigerung einher, Argumente auszutauschen oder gar noch jenem Menschen, der nicht die eigene Position vertritt, grundlegende Rechte abzusprechen.

Aufgrund der Verbindungen zum gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Geschehen wirkt sich dies natürlich auch über den Bereich der Politik hinaus aus. Die aus sprachlicher Unklarheit resultierende allgemeine Verwirrung führt dazu, dass selbst ganz Fundamentales und leicht zu Verstehendes nicht mehr erkannt oder übersehen wird. Die Erkenntnis versinkt im Sumpf bewusst herbeigeführter Unklarheit.

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Freiheit gibt es nicht umsonst. Sie muss immer wieder neu errungen und bewahrt werden

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Beispielsweise bekommen Positionen der Grünen, der Linken und der SPD recht häufig die (Selbst-) Zuschreibung „progressiv“ oder „fortschrittlich“ – künftig dürfte sich auch BSW (Bündnis Sahra Wagenknecht) dem Kreis anschließen. Dahinter steht die Annahme, dass jede Veränderung gut sei. Außerdem wird die gezielte Nutzung dieser Zuschreibung mit der Erwartung verbunden, dass abweichende Positionen als rückwärtsgewandt wahrgenommen werden.

Dieses Vorgehen wirkt auch über den engeren politischen Raum hinaus, wie beispielsweise das folgende Zitat aus einer Pressemitteilung der Staatlichen Museen zu Berlin zeigt:

Museen sind nicht mehr bloße repräsentative Orte – sie sind vielstimmige Akteur*innen eines sozialen Wandels.

Das Motto scheint zu lauten: Wandel muss gemacht werden, wir wissen wie!

Auch in anderen Bereichen ist diese Haltung inzwischen verbreitet. So war beispielsweise auf der Internetseite eines Correctiv-Journalisten zu lesen:

Ich entwickele Aktionen und erfinde Geschichten, mit denen ich in das politische und ökonomische Geschehen interveniere. Besonders wichtig dabei: Mit der passenden Medienstrategie Aufmerksamkeit erregen, den gesellschaftlichen Diskurs anregen und so zum Wandel beitragen.

Selbst Unternehmen fühlen sich inzwischen berufen (oder verpflichtet?), aktivistisch gesellschaftlichen Wandel herbeizuführen. Eine Kampagne des US-Bierbrauers Budweiser für „Bud Light“, den Bierverkauf durch Haltungswerbung anzukurbeln erlangte – durch ihr Scheitern – international besondere Aufmerksamkeit.

Diese Fälle zeigen beispielhaft, welche Schäden bereits eingetreten sind. Leider handelt es sich um selbstverstärkende Prozesse – wenn keine Marktkorrektur erfolgt. Dies geschah bei der Biermarke „Bud Light“, jedoch nicht bei den erstgenannten Beispielen. Dort, wo die „Kontrolle“ des Marktes nicht greift, wuchern Fehlentwicklungen krebsartig weiter.

Dort, wo die „Kontrolle“ des Marktes nicht greift, wuchern Fehlentwicklungen krebsartig weiter.

Doch es wäre zu kurz gesprungen, die Betrachtung an dieser – bereits sehr kritischen – Entwicklung enden zu lassen. Mindestens ebenso gefährliche ist die Annahme, dass jede Veränderung – unabhängig von ihrer Natur – gut sei. Angestrebte „Disruption“ und „Transformation“, die modernen Formeln dieses Glaubens, sollten nicht darüber hinwegtäuschen, dass der Art des Wandels entscheidende Bedeutung zukommt.

Die „fortschrittlichen Kräfte“ gehen bewusst oder implizit davon aus, dass einzelne Menschen dazu berufen und fähig wären, Wandel zentral, verbindlich und zum Wohle aller zu gestalten. Die oben beschriebenen und weitere aktivistische Institutionen, Medien und Unternehmen scheinen anzunehmen, sie wären Teil dieser elitären Gruppe der allwissenden Gestalter oder zumindest ihre berufenen Boten.

Die Bezeichnung „allwissend“ wurde gezielt gewählt, um auf das zugrundeliegende Problem aufmerksam zu machen. Wer für andere entscheidet, nimmt den Betroffenen die Möglichkeit, es selbst zu tun. Reicht „ich weiß (besser) was gut für Dich ist“ oder „die Wissenschaft sagt“ als Legitimation dafür, dem einzelnen Menschen die von ihm gewollten Handlungen unmöglich zu machen?

Ludwig von Mises (1881 – 1973) schrieb:

Die Behauptung, daß es irrationales Handeln gebe, läuft immer auf ein Werten fremder Zielsetzungen hinaus. Wer meint, das Irrationale spiele eine Rolle im menschlichen Handeln, sagt nur, daß seine Mitmenschen nicht so handeln, wie er es für richtig hält. (Grundprobleme der Nationalökonomie, S. 32)

Und an anderer Stelle:

Die letzten Entscheidungen, die Wertungen und Zielsetzungen, liegen jenseits des Bereichs der Wissenschaft. (Nationalökonomie. Theorie des Handelns und Wirtschaftens, S. 8)

Im Eifer des Gefechts könnte ein Vertreter des Transformations-Konzeptes „Wandel durch Weisung von oben“ nun aufschreien und entgegnen, dass es ohne Eingriffe keine Veränderung geben würde. Das wäre insofern richtig, dass es in einem konkreten Fall ohne „Weisung von oben“ durchaus eintreten könnte, dass jene Veränderungen unterblieben, welche die Weisung erzwungen hätte.

Doch als grundsätzliche Aussage wäre diese Annahme falsch. Auch in einer Welt ohne Weisung von oben gibt es Wandel, doch dieser erwächst durch freiwillige Interaktion der Menschen – also von unten.

Anders ausgedrückt: Veränderungen können erzwungen oder freiwillig vereinbart werden. Im ersten Fall gibt es Gewinner und Verlierer, im zweiten Fall ausschließlich Gewinner. Die freiwillige Form des Wandels bringt Verbesserungen – echten Mehrwert – für die Beteiligten, der erzwungene Wandel geht mit Verschlechterungen für zahlreiche Menschen einher. Der Zwang zerstört, was zuvor erarbeitet wurde, und verhindert künftiges Erschaffen.

Veränderungen können erzwungen oder freiwillig vereinbart werden. Im ersten Fall gibt es Gewinner und Verlierer, im zweiten Fall ausschließlich Gewinner. Die freiwillige Form des Wandels bringt Verbesserungen … für die Beteiligten … Der Zwang zerstört, was zuvor erarbeitet wurde, und verhindert künftiges Erschaffen.

Wandel in Freiwilligkeit bewahrt und verändert zugleich. Erzwungener Wandel hat eine zerstörerische Natur. Dass sich gerade jene Parteien progressiv oder fortschrittlich nennen, die sozialistische Positionen vertreten – die immer und überall den Menschen schaden, Freiheit und Wohlstand vernichten –, zeigt wie falsch politische Zuschreibungen sein können.

Zerstörerische Positionen sind sowohl links als auch rechts zu finden. Ob eine Position zu den bewahrenden oder zerstörenden gehört, verrät uns sehr viel mehr über sie, als jede sonstige politische Etikettierung.

Die wahren Gegenpole sind nicht links und rechts oder fortschrittlich und rückwärtsgewandt, sondern Bewahrer und Zerstörer.  Viele Menschen gaben den Zerstörern die Macht und damit die Möglichkeit, friedlichen Mitmenschen zu schaden. Es ist Zeit, den Zerstörern an den Schalthebeln diese Macht zu nehmen. Aufklärung tut not!

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Rainer Fassnacht ist Diplom-Ökonom und schreibt für verschiedene Printmedien und Onlineplattformen im In- und Ausland. Hauptthema seiner Beiträge ist die Bewahrung der individuellen Freiheit.

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Hinweis: Die Inhalte der Beiträge geben nicht notwendigerweise die Meinung des Ludwig von Mises Instituts Deutschland wieder.

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