Politischer Humor. Nichts zum Lachen

5. Feburar 2024 – von Rainer Fassnacht

Rainer Fassnacht

Möglicherweise ist so manchem Politiker gar nicht bewusst, dass ihre mit mehr oder weniger ausgeprägter Inbrunst vorgetragenen Statements bei vielen Menschen ein ironisches, ungläubiges oder sogar verzweifeltes Lachen auslösen.

Wobei der vermutlich ungewollte Humor zahlreicher Politikeraussagen nicht der Inbrunst beim Vortrag, sondern dem offensichtlichen Widerspruch zur Lebenswelt zahlreicher Menschen und oft auch dem Widerspruch zwischen Reden und Handeln geschuldet ist.

Die aktuelle Situation der Ampel scheint das politischer Personal in besonderem Maße zu „humoristischen Höchstleistungen“ zu motivieren. Die Anzahl der zur Veranschaulichung geeigneten Beispiele ist groß. Konzentrieren wir uns auf eines davon, das gegenwärtig immer wieder in unterschiedlichen Varianten vorgetragen wird.

„Wir müssen alle sparen“

„Wir müssen alle sparen.“ Diese Aussage ist vermutlich der beliebteste Witz aus dem politischen Umfeld, gewissermaßen die Krönung des politischen Humors. Könnte man diese Worte ernst nehmen, wären sie ein Eingeständnis: Wir – die Politiker – können nicht mit Geld umgehen.

2022 haben Bund, Ländern und Gemeinden in Deutschland zusammen rund 896 Milliarden Euro Steuern eingenommen. Gegenüber dem Vorjahr war dies ein Anstieg um 62,5 Milliarden Euro. Diese Entwicklung ist kein Ausreißer, seit Jahrzehnten eilen vom Staat einkassierte Steuern und Abgaben von Rekord zu Rekord.

Anders ausgedrückt: Der Staat zieht den Menschen der Primärklasse, also den Nettosteuerzahlern immer mehr Geld aus der Tasche – trotzdem reicht es nicht, die politischen Ausgabewünsche zu erfüllen. Im selben Jahr stiegen übrigens auch die deutschen Staatsschulden um 71 Milliarden Euro auf 2,57 Billionen Euro.

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Freiheit gibt es nicht umsonst. Sie muss immer wieder neu errungen und bewahrt werden

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Es kommt hinzu, dass die Finanzierung der Politik – aus dem großen Steuertopf – für viele Bürger undurchsichtig ist und eine besondere Dynamik aufweist. Die Anzahl und die Bezahlung des politischen Personals sowie des bürokratischen Unterbaus, die zahlreichen Privilegien für Politiker und andere Politikkosten, wie beispielweise die Erweiterung des Bundeskanzleramts, schlagen zunehmend stärker zu Buche.

Ludwig von Mises (1881 – 1973) erkannte, dass der Staat zu immer weiterer Expansion neigt, und er schrieb bereits 1927 in „Liberalismus“ (S. 60):

Aller politischen Gewalt wohnt die Tendenz inne, sich schrankenlos auszuwirken und das Gebiet ihres Einflussbereiches soweit als möglich auszudehnen. Alles zu beherrschen, keinen Spielraum zu lassen, in dem sich die Dinge frei ohne Eingreifen der Obrigkeit vollziehen können, das ist das Ziel, dem jeder Machthaber heimlich zustrebt.

Offensichtlich soll die Aussage „Wir müssen alle sparen“ nicht für die Politik selbst gelten – gerade das macht ihren politischen Humor aus. Die Botschaft richtet sich (trotz des „wir“) nicht an die politische Klasse, sondern an die Nettosteuerzahler. Lässt man die humoristische politische Verhüllung weg, lautet die Botschaft: „Stellt Euch darauf ein, einen noch größeren Teil eurer Lebenszeit zu arbeiten, ohne den Lohn dafür eigenverantwortlich ausgeben zu können.“

An dieser Stelle ist eine kleine Randbemerkung angebracht: Idealerweise sollte die Summe, die ein Arbeitgeber für einen Mitarbeiter zahlt, vollständig bei diesem ankommen. Dies passiert jedoch nur bei sogenannter „Schwarzarbeit“. Bei „legaler“ Arbeit bekommt der Mitarbeiter für seine Arbeit weniger, als der Arbeitgeber dafür gezahlt hat (durch Arbeitgeberanteile sowie zwangsweise abgezogene Steuern und Sozialabgaben).

Man könnte für einen Austausch der Begriffe „Schwarzarbeit“ und „legale Arbeit“ eintreten, da nur bei der „staatlich korrekt angemeldeten“ Arbeit ein Teil des Lohns vorenthalten wird und im „Dunkeln“ verschwindet. Auch das passt zum politischen Humor.

Doch zurück zum Politwitz „Wir müssen alle sparen“. Nicht wenige Menschen der eigentlichen Zielgruppe dieser Aussage haben keine Möglichkeit mehr zu sparen. Inzwischen müssen selbst Vollzeitbeschäftigte oft streng haushalten, um über die Runden zu kommen. Einerseits bleibt ihnen durch hohe Steuern und Abgaben nur wenig Netto vom Brutto, andererseits verteuern die Inflation und bürgerfeindliche politische Entscheidungen Waren und Dienstleistungen spürbar.

Menschen fühlen sich verhöhnt und verspottet

So verwundert es nicht, dass viele Menschen die Aussage „Wir müssen alle sparen“ als Witz oder gar als Angriff empfinden, sich verhöhnt oder verspottet fühlen. Insbesondere, da offensichtlich ist, dass die Politiker selbst nicht bereit sind, sparsam zu sein beziehungsweise den hehren Worten auch Taten folgen zu lassen.

Warum wurde im Rahmen der Wahlrechtsreform das Parlament vergrößert, statt es deutlich zu verkleinern (obwohl Deutschland schon bisher das zweitgrößte Parlament der Welt hat)? Warum wird die Erweiterung des Bundeskanzleramtes nicht sofort gestoppt (obwohl das Kanzleramt schon heute mit über 25 000 qm die größte Regierungszentrale westlicher Demokratien ist)? Warum wird das Personal im Politbetrieb nicht deutlich verringert?

Warum reduziert man die Abgeordnetendiäten nicht auf das Durchschnittsgehalt der Beschäftigten in Deutschland und schafft die steuerfreie Aufwandspauschale ab (oder deckelt die Zahlungen zumindest beim doppelten des Durchschnittsgehalts)? Nebenbemerkung: Es entbehrt nicht einer gewissen Ironie von „Diäten“ zu sprechen, bei einer Bezahlung, die eher die Bezeichnung „Völlerei“ verdienen würde.

Dabei ist dies nur eine kleine Auswahl möglicher Sparmaßnahmen, die im politischen Umfeld selbst vollzogen werden könnten. Wenn das Tun im engeren Politumfeld im Widerspruch zu den Appellen an die Bevölkerung steht, ist Politikverdrossenheit keine Überraschung. Wasser predigen und Wein trinken kam noch nie gut an.

Bisher haben wir ein anderes noch deutlich weiteres Feld völlig ausgeklammert. Politiker könnten nicht nur im Politbetrieb selbst deutlich sparen, sondern hätten beispielsweise die Möglichkeit durch politische Entscheidungen dazu beizutragen, dass jenen Menschen, die arbeiten, mehr Netto vom Brutto bleibt, dass Unternehmen entlastet und Steuergelder nicht verschwendet werden.

Als Unternehmen oder auch Privatperson müsste der Staat schon lange Insolvenz anmelden. Taschenspielertricks – beispielsweise Schulden als Sondervermögen zu bezeichnen – ändern nichts daran, dass „über die Verhältnisse“ gelebt wird.

Interventionismus und Bürokratie – Hahaha?!

Die Fehlentwicklungen können kaum noch übersehen werden, ihre Ursachen sind bekannt und mögliche Gegenmaßnahmen zahlreich. Trotzdem zeichnet sich bislang keine Veränderung zum Positiven ab. Ludwig Mises und dessen „Follower“ haben zu den Fragen „Warum ist es so?“ und „Was kann man dagegen tun?“ wertvolle Erkenntnisse beigetragen. Es ist dem arglosen Wähler dringend zu empfehlen, insbesondere zu den Stichworten Interventionismus und Bürokratie bei den „Austrians“ nachzuschlagen.

Beim bisher Gesagten ging es nicht um libertäre oder anarchokapitalistische Ideen, sondern um den Staat, wie wir ihn heute kennen, und um politische Entscheidungen von scheinbaren „Scherzkeksen“, die vermeintlich glauben, den Eindruck aufrechterhalten zu können, es ginge ihnen um das Wohl der Menschen und nicht um Macht.

Wenn der geschilderte „politische Humor“ bei den Bürgern ein herausgebelltes „Hahaha!“ auslöst, ist dies kein Zeichen dafür, dass gegenwärtige politische Entscheidungen als witzig wahrgenommen werden. Eher ist es so, dass den Menschen das Lachen im Halse stecken bleibt. Politischer Humor ist halt nichts zum Lachen.

Es ist höchste Zeit für eine friedliche Gegenbewegung, ein „Es reicht“ statt eines verkrampften Lachens könnte der Anfang davon sein.

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Rainer Fassnacht ist ausgebildeter Kaufmann und studierter Diplom-Ökonom. Er lebt in Berlin und ist Autor des Buchs „Unglaubliche Welt: Etatismus und individuelle Freiheit im Dialog“. Auch in seinen sonstigen, unter anderem vom Austrian Economics Center in Wien veröffentlichten Texten, setzt er sich für die Bewahrung der individuellen Freiheit ein.

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Hinweis: Die Inhalte der Beiträge geben nicht notwendigerweise die Meinung des Ludwig von Mises Instituts Deutschland wieder.

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