Ein Gespräch mit Prinz Michael von Liechtenstein | Claudio Grass

26. Juli 2023 – von Claudio Grass

Claudio Grass

Dieser Beitrag ist erstmals am 26. Juni 2023 auf der Website von Claudio Grass erschienen. Der folgende zusammenfassende Schriftbeitrag ist im Original auf Englisch verfasst und wurde von Florian Senne ins Deutsche übersetzt.

Am 15. November 2021, also vor fast 20 Monaten, hatte ich wieder einmal die seltene und erfreuliche Gelegenheit, ein Gespräch mit Prinz Michael zu führen. Seine Einsichten und vor allem seine Direktheit und unmissverständliche Ehrlichkeit haben mir in der Vergangenheit oft viel Stoff zum Nachdenken gegeben. Das war auch bei diesem Interview nicht anders. Seine offenen und ungefilterten Antworten auf eine Vielzahl von Fragen und Themen machten dieses Gespräch ebenso erhellend wie unterhaltsam.

Gut Ding will Weile haben – deshalb dachte ich immer, ich würde dieses Interview veröffentlichen, wenn ich persönlich glaube, dass die Zeit reif ist. Oder zumindest, wenn ich die Hoffnung habe, dass die Menschen besser verstehen (oder besser noch, sich daran erinnern), dass das Konzept von Ursache und Wirkung immer noch gilt. Handlungen haben Konsequenzen: Das ist eine ewige Wahrheit, und es spielt keine Rolle, ob Regierungen auf der ganzen Welt und all ihre Bediensteten versuchen, die Öffentlichkeit vom Gegenteil zu überzeugen.

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Zu Beginn unserer Diskussion haben wir uns mit den gängigsten politischen Taktiken und demagogischen Strategien befasst, die in den letzten Jahrzehnten im Westen immer häufiger eingesetzt werden. Natürlich ist “Teilen-und-herrschen” nichts Neues. Es ist einer der ältesten Tricks der Geschichte. Die Art und Weise, wie er in den letzten Jahren mit Hilfe der Massenmedien und der sozialen Medien angewandt wurde, hat ihn jedoch sehr viel effektiver und damit auch sehr viel gefährlicher gemacht. Prinz Michael wies schnell auf die Wurzeln all dieser Gefahren hin, auf die Rückkehr des Marxismus im Westen und auf all die toxischen soziopolitischen Narrative, denen wir heute begegnen, nämlich die “Frankfurter Schule”.

Er wandte sich auch gegen die moderne Besessenheit linker politischer Führer von der “Gleichheit”: “Gleichmacherei führt dazu, dass der Mensch nichts anderes als ein Objekt ist. Ein Merkmal des Menschseins ist, dass die Menschen unterschiedlich sind. Darin liegt die Stärke der Menschheit. Die erfolgreichsten Zivilisationen sind diejenigen, die dies anerkennen. Es gibt keine Gleichheit. Gleichheit wird nur durch Zwang erreicht. Stellen Sie sich eine technokratische Weltanschauung vor: Menschen, die selbstverantwortlich, unabhängig und nicht gleich sind … es wird sehr schwierig sein, sie in ein technokratisches System einzufügen. Deshalb wird es immer diesen Zwiespalt geben zwischen der Technokratie und der Freiheit.” Um diesen Punkt noch weiter zu verdeutlichen, erzählte er von einem Gespräch, das er mit einem hochrangigen Funktionär einer internationalen Organisation führte, der bestätigte, dass das Ziel des gegenwärtigen Systems darin besteht, den Durchschnittsbürger zu verarmen und alle Ersparnisse und Privatvermögen zu vernichten, weil es viel einfacher ist, Menschen zu kontrollieren, die verschuldet sind, die kein Privatvermögen haben und von ihrer Regierung abhängig sind.

Im weiteren Verlauf unseres Gesprächs stimmten wir beide darin überein, dass die “politische Korrektheit” oder, genauer gesagt, die Zensur, eine der wichtigsten “Waffen” ist, die das Establishment einsetzt, um seine “utopische” Vision einer Gesellschaft durchzusetzen, in der sich alle Bürger den Forderungen und Diktaten einer zentralen Behörde unterwerfen und in der jeder Dissens und jeder Einwand als “antisozial” abgelehnt wird. In diesem Zusammenhang wies der Prinz darauf hin, dass sich diese Waffe des Schweigens “gegen die gesamte westliche Kultur und die etablierten Traditionen sowie gegen den Individualismus richtet”, während er gleichzeitig auf die Gefahren hinwies, die sich aus der derzeitigen Förderung der Opferrolle als Tugend ergeben. Der größte Feind der “politischen Korrektheit” ist der gute alte gesunde Menschenverstand”, sagte er.

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Anschließend widmeten wir uns der Wirtschaft und der bizarren und zerstörerischen Entwicklung, die die Geld- und Steuerpolitik seit der letzten globalen Rezession genommen hat. Auf die Frage, wie er den Schaden einschätze, der durch die Lockdowns und die Geschäftsschließungen im Zusammenhang mit der Pandemie entstanden sei, antwortete er eindeutig, dass der Schaden enorm sei, und er sagte treffend voraus, dass “langfristig das größte Problem in Bezug auf die Inflation darin bestehen wird, dass mehr Menschen die Produktion und den Dienstleistungssektor verlassen werden, vor allem nach Covid und aufgrund der Klimapolitik, um in den Verwaltungs- und Regierungssektor zu wechseln. Das heißt, sie werden dank staatlichem Gelddrucken genug Geld haben, um zu konsumieren, aber das Angebot wird nicht mithalten können.” Er hat deutlich gemacht, dass Geld an die Realität gebunden ist und durch sie gezügelt werden muss, es muss auf die Wirtschaftsleistung bezogen sein, und deshalb können infantile Ideen wie Modern Monetary Theory oder die Politik des endlosen Gelddruckens niemals funktionieren.

Er machte auch deutlich, dass der langjährige Trend zu immer mehr Zentralisierung und Überregulierung und der untragbare Schuldenberg, den die Staaten angehäuft haben, die Ursachen für die wirtschaftliche Misere des Westens sind. Er war sogar davon überzeugt, dass wir uns bereits in einer globalen Schuldenkrise befinden, auch wenn deren direkte Auswirkungen noch nicht ganz sichtbar sind. Aus heutiger Sicht erscheint dieser Punkt natürlich äußerst vorausschauend: Die Bankenkrise hat sicherlich gezeigt, dass die “Risse im System” sichtbar werden und dass die Schuldenlawine gerade erst begonnen hat, ins Rollen zu geraten.

Unser Gespräch kam schließlich auf das Thema Freiheit zu sprechen, da ich neugierig war, was er über die Möglichkeit einer wirklich freien Gesellschaftsordnung denkt; ein Ziel, von dem wir heute sehr weit entfernt sind. Seine Ansichten dazu waren kristallklar: “Wir sprechen zwar von Freiheit, aber wir verstehen Freiheit nicht als Selbstverantwortung in dem Sinne, dass jemand wählen kann, was das Beste für ihn/sie ist, und dementsprechend lebt. Freiheit wird als die Fähigkeit gesehen, bestimmte Dinge einfach zu tun, aber am Ende wird man in ein sehr enges Korsett gezwängt. Und das ist gefährlich. Denn `Freiheit` hat immer `Verantwortung` bedeutet. Um eine freie Gesellschaft zu haben, ist es wichtig, eine dezentrale Struktur zu haben. In Europa haben wir eine gefährliche Tendenz zu immer mehr Zentralisierung, die der Demokratie zuwiderläuft. Meiner Meinung nach lebt die Demokratie von der Subsidiarität.”

Besonders leidenschaftlich war er, als ich ihn speziell nach der Redefreiheit fragte: “Ich denke, wir müssen zum Wettbewerb der Ideen zurückkehren. Wir müssen Diskussionen eröffnen und aus der Einheitsmentalität heraustreten. Als ich die Geopolitical Intelligence Services gegründet habe, habe ich gesagt, dass wir versuchen werden, unvoreingenommen zu sein, uns nicht von Ideologien leiten zu lassen, sondern einfach die Situation zu betrachten, wie sie ist und was wahrscheinlich passieren wird. Wir werden uns nicht darauf konzentrieren, unsere eigenen Vorschläge zu machen, wie die Dinge besser werden könnten, sondern einfach darauf schauen, was nach Meinung von Experten wahrscheinlich passieren wird. Es war interessant und schockierend für mich, als mir plötzlich gesagt wurde: “Nein, Sie sind sehr voreingenommen!”. Und als ich fragte: “Aber warum? Können Sie mir ein Beispiel zeigen?”, wurde mir gesagt: “Sie haben eine andere Meinung als die ‚Financial Times‘ und ‚The Economist‘, also sind Sie parteiisch!” „Offensichtlich waren die ‚Financial Times‘ und der ‚Economist‘ die Evangelien und wir die Ketzer.“

Wir haben uns auch mit dem Problem der öffentlichen und höheren Bildung befasst, wobei der Prinz eindeutig einen gefährlichen Trend zur zunehmenden Politisierung von Schulen und Universitäten feststellte. Er beklagte, dass wir das Bildungssystem leider an die Linke verloren haben. “Konkurrierende Ideen sollten ermutigt werden, aber jetzt, besonders in den USA, ist die gemeinsame Aufgabe der Universitäten: ‚Wir teilen nicht mehr Wissen und Weisheit, wir zwingen lediglich Dogmen und unanfechtbare Überzeugungen auf …‘ Wie im guten alten Sowjetsystem verwandeln sich diese Institutionen in Ideologieschmieden”, warnte er.

Insgesamt umfassen die in diesem Interview behandelten Themen und geteilten Einsichten einige der wichtigsten Punkte und Argumente, die jeder selbstverantwortliche, selbstdenkende und produktive westliche Bürger, Wähler und Steuerzahler hören und ernsthaft in Betracht ziehen muss, um sich auf die Risiken vorzubereiten, denen wir heute gegenüberstehen. Was dieses Gespräch noch bemerkenswerter macht, ist die Genauigkeit der Vorhersagen Prinz Michaels. Er hat sie kommen sehen, alle Herausforderungen, mit denen wir heute konfrontiert sind, von der Schuldenkrise und der Inflationsspirale bis hin zu den gesellschaftspolitischen Spaltungen und der Unterdrückung der freien Meinungsäußerung zugunsten ideologischen Fanatismus.

Wir können mit Sicherheit davon ausgehen, dass die Genauigkeit seiner Vorhersagen nicht das Ergebnis einer besonderen hellseherischen Gabe ist – es ist eigentlich alles ganz einfach zu erklären. Um zu seinen vorausschauenden Schlussfolgerungen zu gelangen, nutzte Prinz Michael dieselbe Gabe, die uns allen gegeben wurde, das, was uns Menschen von Tieren und allen anderen Lebewesen unterscheidet – die Gabe der Vernunft und den Mut, sie unabhängig zu nutzen.

Nachdem Sie sich dieses Interview in voller Länge angesehen haben, bin ich sicher, dass Sie Ihre eigenen Schlussfolgerungen ziehen und hoffentlich Ihre eigenen Lektionen und Denkanstöße mitnehmen werden. Mir persönlich hat dieses Gespräch sicherlich eine Menge zu denken gegeben, aber es hat mir auch eines ganz entscheidend bestätigt:

Freiheit ist nicht alles, aber ohne Freiheit ist alles nichts.

Claudio Grass, Hünenberg See, Schweiz

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Claudio Grass ist unabhängiger Edelmetallberater und Publizist in der Schweiz und hilft weltweiten institutionellen und privaten Anlegern, massgeschneiderte Lösungen im Bereich Kauf, Verkauf und Lagerung von physischen Edelmetallen zusammenzustellen. Dank seiner langjährigen Erfahrung verfügt er über ein ausgewähltes Netzwerk von Partnern in der Schweiz und Liechtenstein, welche Metalle nur unter direktem und uneingeschränkten Eigentum des Kunden ausserhalb des traditionellen Bankensystems einlagern. Er ist ebenfalls Botschafter des Mises Institutes in Auburne, Alabama. claudiograss.ch

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