Der Propaganda-Krieg gegen den Kapitalismus

Ludwig von Mises
Bild: Wikimedia Commons

19. Juni 2023 – von Ludwig von Mises

Der linke Intellektuelle betrachtet den Kapitalismus als das schlimmste aller Übel. Die Menschheit, so behauptet er, lebte in der guten alten Zeit recht glücklich. Doch dann, so ein britischer Historiker, sei die industrielle Revolution „wie ein Krieg oder eine Seuche“ über die Völker hereingebrochen. Die „Bourgeoisie“ verwandelte Überfluss in Knappheit. Einige wenige Industriebarone genießen allen Luxus. Jedoch der Arbeiter, wie Marx selbst bemerkte, sinkt „immer tiefer“, weil die Bourgeoisie „unfähig ist, ihrem Sklaven in seiner Sklaverei eine Existenz zu sichern“.

Noch schlimmer sind die geistigen und moralischen Auswirkungen der kapitalistischen Produktionsweise. Der Linke glaubt, dass es nur ein Mittel gibt, um die Menschheit von dem Elend und der Erniedrigung zu befreien, die durch Laissez-faire und wilden Individualismus hervorgerufen werden, nämlich die Einführung einer zentralen Planung, mit der die Russen erfolgreich experimentieren. Es stimmt, dass die von den Sowjets erzielten Ergebnisse noch nicht ganz zufriedenstellend sind. Aber diese Unzulänglichkeiten wurden nur durch die besonderen Bedingungen in Russland verursacht. Der Westen wird die Fallstricke der Russen vermeiden und den Wohlfahrtsstaat ohne die rein zufälligen Merkmale verwirklichen, die ihn in Russland und in Hitlerdeutschland entstellt haben.

Das ist die Philosophie, die an den meisten heutigen Schulen gelehrt und in Romanen und Theaterstücken propagiert wird. Es ist diese Doktrin, die das Handeln fast aller heutigen Regierungen bestimmt. Der amerikanische „Progressive“ schämt sich für die soziale Rückständigkeit seines Landes, wie er es nennt. Er hält es für die Pflicht der Vereinigten Staaten, ausländische sozialistische Regierungen großzügig zu subventionieren, damit diese ihre ruinösen sozialistischen Unternehmungen fortsetzen können. In seinen Augen ist der wahre Feind des amerikanischen Volkes das Big Business, d.h. die Unternehmen, die dem amerikanischen Durchschnittsbürger den höchsten Lebensstandard in der Geschichte sichern. Er begrüßt jeden Schritt auf dem Weg zu einer umfassenden Kontrolle der Wirtschaft als Fortschritt. Er verleumdet alle, die auf die schädlichen Auswirkungen von Verschwendung, Staatsdefiziten und Kapitalverzehr hinweisen, als Reaktionäre, Wirtschaftsroyalisten und Faschisten. Er erwähnt nie die neuen oder verbesserten Produkte, die die Wirtschaft fast jedes Jahr den Massen zugänglich macht. Aber er schwärmt von den eher fragwürdigen Errungenschaften der Tennessee Valley Authority (staatliches Elektrizitätsunternehmen, A.d.Ü.), deren Defizit mit den von Big Business erhobenen Steuern ausgeglichen wird.

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Die eifrigsten Verfechter dieser Ideologie finden sich an den Universitäten in den Fachbereichen Geschichte, Politikwissenschaft, Soziologie und Literatur. Die Professoren dieser Fachbereiche haben den Vorteil, dass sie, wenn sie sich auf wirtschaftliche Fragen beziehen, über ein Thema sprechen, mit dem sie überhaupt nicht vertraut sind. Besonders eklatant ist dies bei den Historikern. Die Art und Weise, in der die Geschichte der letzten zweihundert Jahre behandelt wurde, ist wirklich ein Skandal. Erst in jüngster Zeit haben namhafte Gelehrte damit begonnen, die groben Irrtümer von Lujo Brentano, den Webbs, den Hammonds, Tawney, Arnold Toynbee, Elie Halévy, den Beards und anderen Autoren zu entlarven. Auf der letzten Tagung der Mont-Pèlerin-Gesellschaft hielt der Inhaber des Lehrstuhls für Wirtschaftsgeschichte an der London School of Economics, Professor T. S. Ashton, einen Vortrag, in dem er darauf hinwies, dass die allgemein akzeptierten Ansichten über die wirtschaftlichen Entwicklungen des neunzehnten Jahrhunderts “ keinen Schimmer wirtschaftlichen Verständnisses enthalten“. Die Historiker verdrehten die Tatsachen, als sie die Legende erfanden, dass „die dominierende Organisationsform des Industriekapitalismus, die Fabrik, nicht aufgrund der Nachfrage der einfachen Leute entstanden ist, sondern weil die Reichen und Herrschenden es so wollten“.

Die Wahrheit ist, dass das charakteristische Merkmal des Kapitalismus die Massenproduktion für die Bedürfnisse der Massen war und ist. Wann immer die Fabrik mit ihren Methoden der Massenproduktion mittels kraftbetriebener Maschinen in einen neuen Produktionszweig eindrang, begann damit die Versorgung der breiten Masse der Gesellschaft mit günstigen Waren. Die Fabriken gingen erst später zur Produktion von raffinierteren und damit teureren Waren über, als die beispiellose Verbesserung, die sie im Lebensstandard der Massen bewirkt hatten, es vernünftig machte, die Methoden der Massenproduktion auch auf höher geschätzte Artikel anzuwenden. Das Großkapital richtet sich nach den Bedürfnissen der Vielen; es hängt ausschließlich vom Massenkonsum ab. In seiner Eigenschaft als Konsument ist der Mensch aus der Mitte der Gesellschaft der Souverän, dessen Kauf oder Kaufverzicht über das Schicksal der unternehmerischen Aktivitäten entscheidet. Der „Proletarier“ ist der vielbeschworene Kunde, der immer Recht hat.

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Die beliebteste Methode, den Kapitalismus zu verunglimpfen, besteht darin, ihn für jeden Zustand verantwortlich zu machen, der als unbefriedigend empfunden wird. Die Tuberkulose und bis vor wenigen Jahren die Syphilis wurden als Krankheiten des Kapitalismus bezeichnet. Das Elend von vielen Millionen Menschen in Ländern wie Indien, die den Kapitalismus nicht übernommen haben, wird dem Kapitalismus angelastet. Es ist eine traurige Tatsache, dass Menschen im Alter entkräftet werden und schließlich sterben. Aber das passiert nicht nur dem Personal, sondern auch den Arbeitgebern, und es war in den vorkapitalistischen Zeiten nicht weniger tragisch als im Kapitalismus. Prostitution, Trunksucht und Drogenabhängigkeit werden als kapitalistische Laster bezeichnet.

Wann immer über die angeblichen Missetaten der Kapitalisten diskutiert wird, verweist ein gelehrter Professor oder ein anspruchsvoller Künstler auf die hohen Einkommen von Filmstars, Boxern und Wrestlern. Aber wer trägt mehr zu diesen Einkünften bei, die Millionäre oder die „Proletarier“?

Zugegeben, die schlimmsten Auswüchse dieser Propaganda werden nicht von Wirtschaftsprofessoren begangen, sondern von Lehrern der anderen Sozialwissenschaften, von Journalisten, Schriftstellern und manchmal sogar von Ministern. Aber die Quelle, aus der alle Parolen dieses aufgeregten Fanatismus entspringen, sind die Lehren, die von der „institutionalisierten“ Schule der Wirtschaftspolitik vermittelt werden. All diese Dogmen und Irrtümer lassen sich letztlich auf vermeintlich ökonomische Glaubenssätze zurückführen.

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Dieser Artikel erschien am 13. Dezember 2017 unter dem Titel „The Propaganda War Against Capitalism“ auf der Webseite des Mises Institute, Auburn, Alabama (USA). Übersetzt von Florian Senne. Es ist ein Auszug aus der erstmals 1952 erschienenen Artikelsammlung „Planen für den Frieden und zwölf andere Aufsätze und Vorträge“, der ursprünglich den Titel „Wie moderne Geschichte gelehrt wird“ hatte.

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