Verstöße gegen Menschenrechte und Beschränkungen des Freihandels erfolgen durch autoritäre und auch durch westliche Staaten

13. Januar 2023 – von Philipp Bagus

Philipp Bagus

„Menschenrechte“ werden in den heutigen Medien immer gerne und stolz verteidigt. Selbst beim Fußball geht es in Deutschland nicht ohne sie. Doch die wenigsten tugendsamen Verteidiger haben einen klaren Begriff geschweige denn eine Rechtfertigung der Menschenrechte. Sie verstehen nicht, dass der gebräuchliche Menschenrechtskatalog in sich widersprüchlich ist und viele Pseudomenschenrechte umfasst. Die Gefahr besteht, dass der Schutz dieser Pseudomenschenrechte herhält, um den Freihandel und andere echte Menschenrechte einzuschränken oder gar auf eine Weltregierung hinzuarbeiten.

Grundlagen der Menschenrechte

Wer über Menschenrechte spricht, sollte zunächst die ethische Grundlage von Menschenrechten aufzeigen und begründen. Daraufhin lässt sich unterscheiden, was als echtes Menschenrecht gelten kann und was nicht. Denn über den Umfang und die Anzahl der Menschenrechte wird gestritten. Die Anzahl der angeblichen Menschenrechte erlebt eine Inflation (Bagus 2008). Die inflationäre Postulierung immer neuer Menschenrechte hat dazu geführt, dass viele angebliche Menschrechte miteinander kollidieren und sie mithin nicht alle gleichzeitig gelten könnten, sodass eine mehr oder weniger willkürliche Abwägung erforderlich wäre. Menschenrechte sind jedoch universell und nicht von den Umständen abhängig, sodass zunächst die echten Menschenrechte von den scheinbaren geschieden werden müssen.

Menschenrechte sind … universell und nicht von den Umständen abhängig …

Ein Beispiel einer Menschenrechtskollision ist die Kollision des Eigentumsrechts mit dem Recht auf freie Meinungsäußerung. Das Eigentumsrecht impliziert, dass ein Eigentümer einem Nichteigentümer den Zugang zu seinem Eigentum verwehren kann, selbst wenn der Nichteigentümer dieses Eigentum als Plattform für seine freie Meinungsäußerung nutzen möchte. Wäre das Recht auf freie Meinungsäußerung hingegen gewichtiger als das Eigentumsrecht, dann dürfte jedermann auf den Grund und Boden anderer eindringen, um dort seine Meinung kundzutun.

Beide Menschenrechte können also nicht universell gelten, da sie miteinander kollidieren. Nur eines der beiden postulierten Menschenrechte ist universell. Ein Recht ist grundlegend und begrenzend für das andere. Das grundlegende und echte Menschenrecht ist das Eigentumsrecht, das universell gilt. Es lässt sich als Teil einer Eigentumsethik auffassen (Rothbard 1982), die als Grundlage für die folgende Diskussion fungiert.[1]

Jeder Mensch ist der Eigentümer seines eigenen Körpers. Das Recht des Selbsteigentums gilt wie alle wahren Rechte universell, d.h. unabhängig von Zeit, Ort und Situation. Die Erkenntnis, dass jeder der Eigentümer seines eigenen Körpers ist, ist nicht nur intuitiv und naheliegend. Sie ist auch zwingend, da die Alternativen zum Selbsteigentum keine Grundlage für eine universelle und funktionelle Ethik bieten.

Das Recht des Selbsteigentums gilt wie alle wahren Rechte universell, d.h. unabhängig von Zeit, Ort und Situation.

Die erste Alternative zum Selbsteigentum ist, dass einige Menschen die Herren nicht nur ihres eigenen Körpers sind, sondern auch die Herren über den Körper anderer Menschen. Diese Herren-Sklaven-Moral ist offensichtlich keine universelle Ethik, die für alle Menschen gleich gilt.

Die erste Alternative zum Selbsteigentum ist, dass einige Menschen die Herren nicht nur ihres eigenen Körpers sind, sondern auch die Herren über den Körper anderer Menschen.

Die zweite Alternative zum Selbsteigentum ist das gegenseitige Miteigentum. Alle Menschen sind Miteigentümer aller anderen Menschen. Zwar wäre eine solche kommunistische Ethik universell, also für alle Menschen gleich, indes ist sie nicht funktionell. Sie würde das Überleben der Menschheit nicht erlauben. Denn wäre jeder Miteigentümer des Körpers aller anderen, so müssten vor der Benutzung eines Körpers alle anderen Menschen um Erlaubnis gefragt werden. Diese könnten diese Erlaubnis jedoch nicht geben, weil sie dazu ihren Körper benutzen müssten, was wiederum eine Erlaubnis aller anderen erforderlich machen würde. Aber auch für diese zweite Erlaubnis wäre die Erlaubnis aller Miteigentümer einzuholen und so weiter und so fort. Die für das menschliche Überleben notwendige Körperbenutzung wird mithin durch diese zweite Alternative unmöglich. Somit bleibt als universelle und funktionale Grundlage für die Menschenrechte das Selbsteigentum.

Selbsteigentum bedeutet, jeder darf mit seinem Körper machen, was er will, solange er nicht das Eigentumsrecht anderer verletzt. Die Verletzung des Selbsteigentums anderer wird auch nicht durch das Angeben hehrer Ziele wie die Bekehrung zur rechten Religion oder Staatsform gerechtfertigt. Denn Selbsteigentum ist universell. Der Zweck heiligt nicht die Mittel.

Zum Überleben reicht jedoch nicht unser Körper, wir brauchen auch materielle Ressourcen. Das Eigentumsrecht geht über unseren Körper hinaus, da der Mensch zum Überleben auf die Nutzung der Umwelt angewiesen ist. Wer sich mit seinem Körper, bzw. mit seiner Arbeit, herrenlose Naturgüter aneignet, wird ihr erster Eigentümer und kann sie nutzen (Homesteading-Prinzip). Andernfalls wäre eine legitime Nutzung von Naturressourcen nicht möglich. Das derart geschaffene Eigentum darf der Eigentümer dann verwenden, wie er möchte, solange er nicht das rechtmäßige Eigentum anderer verletzt. Der Eigentümer darf mithin sein Eigentum umformen, d.h. etwas produzieren. Er kann sein Eigentum auch mit anderen tauschen oder verschenken.

Zum Überleben reicht jedoch nicht unser Körper, wir brauchen auch materielle Ressourcen.

Aus der Eigentumsethik und den Eigentumsrechten lassen sich nun alle wahren Menschenrechte herleiten. So hat jedermann das Recht auf und mit seinem rechtmäßigen Eigentum seine Meinung frei zu äußern, indem er Lippen, Kehlkopf und Stimmbänder seines eigenen Körpers benutzt. Dieses darf er jedoch nicht uneingeschränkt auf dem Eigentum anderer benutzen. So darf Herr X nicht in die Wohnung von Herrn Y eindringen, und ihm seine Meinung sagen. Denn auf seinem Eigentum macht Herr Y die Regeln. Herr X hat auch nicht das Recht, dass sein Leserbrief in der Zeitung oder auf der Webseite von Herrn Y veröffentlicht wird. Auch das Recht auf Arbeit lässt sich aus der Eigentumsethik begründen. Jedermann hat das Recht, eine ihm angebotene Arbeit anzunehmen. Niemandem darf verboten werden zu arbeiten. Jedoch hat Herr X nicht das Recht dazu, Herrn Y zu zwingen, ihn einzustellen.

Auch das Recht auf Arbeit lässt sich aus der Eigentumsethik begründen. Jedermann hat das Recht, eine ihm angebotene Arbeit anzunehmen.

Die Ableitung aller Menschenrechte aus der Eigentumsethik vermeidet Kollisionen von Menschenrechten und gewährt damit eine universelle Gültigkeit.

Ein besserer Schutz der Menschenrechte

Auf dieser Grundlage stellt sich die Frage, wie Menschenrechtsverletzungen weltweit am effektivsten gemindert werden können. Zunächst lässt sich aus den Eigentumsrechten ein Verteidigungsrecht ableiten. Jedermann hat das Recht, sich gegen Menschenrechtsverletzungen zu verteidigen, wenn beispielswiese sein Körper angegriffen wird, wie beispielsweise bei einer Vergewaltigung; oder sein rechtmäßiges Eigentum entwendet wird, wie bei einem Diebstahl.

Ist eine Eigentumsverletzung geschehen, so sollten die Täter zur Rechenschaft gezogen werden. Vor allem sollten sie die Opfer entschädigen. Bei einer Menschenrechtsverletzung durch staatliche Akteure könnte hier auch der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte eine Rolle spielen, wobei seine Unabhängigkeit schwer zu gewährleisten ist. Schließlich werden die Richter von Politikern der Mitgliedsstaaten vorgeschlagen und dann von der Parlamentarischen Versammlung des Europarates gewählt. Die Richter sind mithin von der Politik abhängig.

Bei den Menschenrechtsverletzungen darf auch vor der eigenen Haustür gekehrt werden. In den Jahren 2020-2022 wurden Millionen von unschuldigen Menschen gegen ihren Willen festgehalten und eingesperrt.[2] Millionen Menschen wurden genötigt, Impfstoffe zu testen. Die körperliche Unversehrtheit wurde durch einen Impfzwang für gewisse Beruf verletzt. Es gab viele Politiker, die diese Menschenrechtsverletzungen unterstützt haben und beispielsweise für eine Impfpflicht stimmten. In Österreich wurde diese auch eingeführt. Diese Politiker sollten durch den Europäische Gerichtshof für Menschenrechte zur Rechenschaft gezogen werden, um zu zeigen, dass Menschenrechte ernst genommen, Verstöße geahndet und Opfer entschädigt werden.

In den Jahren 2020-2022 wurden Millionen von unschuldigen Menschen gegen ihren Willen festgehalten und eingesperrt. Millionen Menschen wurden genötigt, Impfstoffe zu testen.

Menschenrechtsverletzungen geschehen in allen Staaten dieser Welt in unterschiedlichen Ausmaßen. Menschenrechtsverletzungen liegen in der Natur des Staates begründet. Das Eigentumsrecht, das fundamentale Menschenrecht, wird durch staatliche Besteuerung verletzt. Steuern sind nicht freiwillig. Steuern entwenden rechtmäßigen Eigentümern gegen ihren Willen einen Teil ihres Eigentums. Aus Sicht der Eigentumsethik lassen sich Steuern nicht rechtfertigen, da sie auf Gewaltandrohung gegen rechtmäßige Eigentümer beruhen. In der Realität sehen wir uns mit Staaten konfrontiert, deren Natur es ist, Steuern zu erheben. Aus ethischer Sicht sollte der Staat sich in seinen Steuern mäßigen, die Steuern sollten minimiert werden.

Menschenrechtsverletzungen geschehen in allen Staaten dieser Welt in unterschiedlichen Ausmaßen.

Wiewohl es in allen Staaten zu Menschenrechtsverletzungen kommt, unterscheiden sich diese in Dauer und Schwere. So werden in einigen Ländern Menschen gegen ihren Willen festgehalten und ihr Selbsteigentum verletzt; bis hin zu Folter und Mord.

Vorleben statt vorschreiben

Eine Möglichkeit die Vorteile der Einhaltung der Menschrechte, d.h. der Eigentumsethik, zu zeigen, ist es diese vorzuleben. Beispielsweise kann die konsequente Anwendung der Prinzipien des Freihandels als Vorbild dienen. Denn auch Freihandel oder freier Tausch liegen im Eigentumsrecht begründet. Jeder darf sein rechtmäßiges Eigentum mit anderen tauschen und mit seinen Mitmenschen Handel treiben, seien diese Deutsche, Russen oder Chinesen. Freier Tausch ist Menschenrecht. Er begünstigt die beteiligten Parteien, sonst würden sie diesen Tausch nicht eingehen (Mises 1998).

Freier Tausch ist Menschenrecht. Er begünstigt die beteiligten Parteien, sonst würden sie diesen Tausch nicht eingehen.

Letztlich ermöglicht das Vorleben einen Vergleich der Möglichkeiten. Menschen in Ländern, in denen es zu mehr Menschenrechtsverletzungen kommt, d.h. in Staaten, die sozialistischer sind, können ihren Lebensstandard mit dem jener Länder vergleichen, in denen es zu weniger Verletzungen der Menschenrechte kommt, d.h. in Staaten, die kapitalistischer sind.

Die Menschen in der DDR konnten ihren Lebensstandard, ihre Aufstiegsmöglichkeiten und Selbstverwirklichungsspielräume mit denen der BRD vergleichen. Die Vergleichsmöglichkeit führte dazu, dass die Menschen aus der DDR in die BRD strömten. Die DDR errichtete eine Mauer, um dieses Abstimmen mit den Füßen zu unterbinden. Letztlich führte der Vergleich mit der marktwirtschaftlicheren BRD sowie der Unmut über die Menschenrechtsverletzungen selbst zum Zusammenbruch des DDR-Regimes. Es war der Druck der eigenen Bevölkerung, der zum Fall der Berliner Mauer führte, und nicht der Druck ausländischer Regierungen in Form von Sanktionen oder anderen Restriktionen.

Freihandel führt zu Austausch, Kennenlernen, Harmonie, gegenseitige Abhängigkeit und höheren Lebensstandards, auch für die in den autokratischen Ländern leidenden Menschen. Durch Arbeitsteilung und Freihandel wird ihr Lebensalltag etwas erträglicher. Auch die Menschen in der DDR profitierten vom Zonenhandel.

Es ist Privatpersonen unbenommen, einen Boykott gegen Waren auszuüben, die in Staaten produziert werden, deren Menschenrechtsverletzungen sie ablehnen. So könnten die Bürger beispielsweise russisches Gas boykottieren. Dieser Boykott ist freiwillig und im Sinne der Bürger. Er ist durch die Menschenrechte gedeckt. Die Bürger können von einem Tausch mit Russen aus moralischen Gründen Abstand nehmen. Sie verzichten freiwillig auf einen Tausch mit Ausländern und beispielsweise auf eine warme Wohnung im Winter. Ein staatliches Importverbot ist jedoch eine Menschenrechtsverletzung, die verhindert, dass jemand sein Eigentum gegen das Eigentum eines anderen tauscht.

Ein privater Boykott bedeutet eine materielle Schlechterstellung beider Parteien. Sie sind ärmer, als sie es mit dem Tausch gewesen wären. Kauft ein deutscher Kunde keine Produkte aus Russland oder China mehr, dann stellt sich der deutsche Kunde nicht nur selbst wirtschaftlich schlechter, sondern auch die Menschen, die diese Produkte produzieren, deren Einkommen sich verringert und die unter Umständen ihren Arbeitsplatz verlieren. Diese Menschen leiden dann nicht nur unter den autoritären Regimen, die ihre Menschenrechte verletzen, sondern zusätzlich unter einem Einkommensrückgang, ausgelöst durch den Boykott. Ob dieser Einkommensrückgang zu einer Revolution und Sturz der autoritären Regierung führt – und dies scheint zumindest implizit das Ziel des Boykotts zu sein –, ist in hohem Maße ungewiss. Es gibt dafür keine empirische Evidenz. Nicht der Boykott und eine zusätzliche Verarmung der DDR-Bürger führten zum Sturz des sozialistischen Regimes in der DDR, sondern der Vergleich der Lebensstandards, der durch den Handel und Kontakt deutlicher wurde und der interne Widerstand gegen die Menschenrechtsverletzungen selbst.

Genauso wie es ein Menschenrecht ist, mit anderen Menschen Güter zu tauschen, so ist es auch ein Menschenrecht, Bündel von Kapitalgütern, d.h. Unternehmen, gegen Geld oder andere Güter zu verkaufen. Ein deutscher Unternehmenseigentümer besitzt mithin das Recht, sein Unternehmen ganz oder teilweise zu verkaufen; und nicht nur an Deutsche, sondern auch an Ausländer. Dabei ist es aus Sicht des Eigentumsrechts irrelevant, ob es sich um ein Technologie-, Transport-, oder Infrastrukturunternehmen handelt. Ein Verkauf deutscher Unternehmen an chinesische oder russische Käufer ist durch die Menschenrechte gedeckt. Statt ein deutsches Technologieunternehmen zu kaufen könnte ein chinesisches Unternehmen auch einem deutschen Ingenieur ein Arbeitsangebot machen, damit dieser eine Technologie für das chinesische Unternehmen entwickelt. Den deutschen Ingenieur gegen seinen Willen in Deutschland festzuhalten und ihm zu verbieten, diese Arbeit anzunehmen, wäre ein Menschenrechtsverstoß (gegen das Recht auf Arbeitsannahme). Genauso wäre ein Unternehmensverkaufsverbot für ein Technologieunternehmen ein Verstoß gegen die Menschenrechte.

Ein Verkauf deutscher Unternehmen an chinesische oder russische Käufer ist durch die Menschenrechte gedeckt.

Beim Handel und bei ausländischen Investitionen sind jedoch Bedenken aus Sicht der Eigentumsethik anzuführen. Wenn der Handel oder der Verkauf eines deutschen Unternehmens das ausländische Regime direkt bei den Menschenrechtsverletzungen unterstützt, gibt es gute Gründe, den Handel oder Verkauf zu verbieten. Denn in diesem Falle wird ein krimineller Akt, eine Menschenrechtsverletzung, wissentlich unterstützt. Wer wissentlich einem Massenmörder eine Waffe verkauft, macht sich mitschuldig. Denn er kennt die Absicht, mit der die Waffe benutzt wird. Er würde sich auch mit dem Zweck des Mörders gemein machen, wenn er die Waffe dem Mörder schenken würde. Dass der Waffenbeschaffer Geld für die Waffe erhält, macht die Handlung nicht besser. Gleichermaßen gilt, wer einem autokratischen Staat Waffen oder ein Unternehmen, dass sich auf Überwachungstechnologie spezialisiert hat, verkauft, macht sich schuldig. Denn dieser Verkauf hilft direkt einem Staat bei seinen Menschenrechtsverletzungen, und nicht der unterdrückten Bevölkerung.

Über Systemwettbewerb

Einen „systemischen Wettbewerb“ gibt es nicht. Systeme handeln und konkurrieren nicht. Sie haben keine Ziele. Es konkurrieren immer Menschen oder Unternehmer. Sie wetteifern darin die Wünsche ihrer Mitmenschen besser als ihre Mitbewerber zu befriedigen. Dieser Wettbewerb begünstigt die Verbraucher.

Einen „systemischen Wettbewerb“ gibt es nicht. Systeme handeln und konkurrieren nicht. Sie haben keine Ziele. Es konkurrieren immer Menschen oder Unternehmer.

Nun besteht aber die Gefahr, dass dieser Wettbewerb unter dem Vorwand des Gewinnens bei einem „systemischen Wettbewerb“ gestört wird. Unternehmen sind versucht, sich Vorteile im Wettbewerb zu verschaffen, indem sie mit Hilfe der Staates Mitbewerber vom Wettbewerb ausschließen oder behindern. Zudem können Unternehmen versuchen, sich durch staatliche Subventionen Vorteile zu verschaffen. Die Subventionen und Wettbewerbsbeschränkungen stellen Eigentums- und damit Menschenrechtsverletzungen dar.

… Subventionen und Wettbewerbsbeschränkungen stellen Eigentums- und damit Menschenrechtsverletzungen dar.

Um sich derartige Wettbewerbsvorteile zu verschaffen, könnte der Vorwand eines „systemischen Wettbewerbs“ zwischen demokratischen Wohlfahrtsstaaten und autoritären Staaten angeführt werden. Unternehmen könnten argumentieren, dass Staatseingriffe geboten seien, damit sich die gute, d.h. demokratische Seite in diesem „systemischen Wettbewerb“ durchsetzt. In diesem Narrativ treten holistische Blöcke oder Systeme gegeneinander an. Um den „systemischen Wettbewerb“ zu gewinnen und Menschenrechtsverletzungen des anderen Blocks (der Autokraten) zu bestrafen, sei es notwendig, Individuen und Unternehmen aus diesem autokratischen Block durch staatlichen Protektionismus vom Wettbewerb auszuschließen.

Der Vorwand für diesen Protektionismus ist der „systemische Wettbewerb,“ um sich internationale Konkurrenten vom Leib zu halten und den Freihandel einzuschränken. Durch Zollschranken oder Einfuhrverbote aber auch durch „Industriepolitik“ wollen diese Unternehmen ihre Absatzmärkte schützen, Konkurrenten behindern sowie staatliche Subventionen kassieren. Der „systemische Wettbewerb“ wird zu einem Mittel in der Hand von Unternehmen, um sich auf Kosten anderer, der deutschen Konsumenten, aber auch ausländischer Arbeiter in autokratischen Staaten zu bereichern.

Der „systemische Wettbewerb“ wird zu einem Mittel in der Hand von Unternehmen, um sich auf Kosten anderer … zu bereichern.

Ein ähnliches Argument für einen Protektionismus ist, diesen als „Vergeltungsschlag“ gegen den Protektionismus autoritärer Staaten darzustellen. Sollten demokratische Staaten „gegensubventionieren,“ wenn Unternehmen aus autokratischen Staaten einen Wettbewerbsvorteil durch staatliche Subventionen besitzen, um den Verlust von Kunden zu vermeiden? Zunächst einmal wird jede Subvention durch eine Menschenrechtsverletzung finanziert, weil die Subventionen aus Steuererhebungen fließen. Eine „Gegensubvention“ ist aus ethischer Sicht daher abzulehnen.

Aus ökonomischer Sicht lässt sich feststellen, dass die subventionierten Produkte autoritärer Staaten den heimischen Konsumenten zugutekommen. Angenommen der chinesische Staat würde die Tabletproduktion subventionieren und Tablets in Deutschland verschenken. Aus volkswirtschaftlicher Sicht sind die Tablets ein Geschenk des Himmels. Es gibt dann ein Produkt, für das in Deutschland keine Mühen, keine Arbeit und andere Produktionsfaktoren mehr eingesetzt müssen. Diese Produktionsfaktoren stehen zur Verfügung, um andere Produkte zu erstellen und Bedürfnisse zu befriedigen. Der Lebensstandard wächst dank der subventionierten (geschenkten) Produkte.

Vergleich der Systeme

Wettbewerb ist immer individuell. Einen Wettbewerb der Systeme gibt es strenggenommen nicht. Ungeachtet dessen, ist es bedeutend, den Lebensstandard und die Verhältnisse in Staaten zu vergleichen. Eine freie Marktwirtschaft hat gegenüber interventionistischen Staaten zwei fundamentale Vorteile.

Wettbewerb ist immer individuell. Einen Wettbewerb der Systeme gibt es strenggenommen nicht.

Erstens besteht in Marktwirtschaften ein starker Anreiz zu arbeiten und zu produzieren. Denn es können Gewinne erzielt werden, wenn man für die Mitmenschen produziert und innovativ ist (Huerta de Soto 2010; Hoppe 1989). Zweitens gibt es in Marktwirtschaften unverzerrte Preise, die Knappheiten darstellen und die subjektiven Informationen, Bedürfnisse und Präferenzen von Millionen von Marktteilnehmern widerspiegeln (Hayek 1945; Hayek 2002).

Die Marktpreise zeigen an, was produziert werden soll: jene Produktionen und Leistungen, welche die höchsten Gewinne erwirtschaften. Zudem zeigen Preise auch, wie zu produzieren ist, nämlich auf die ressourcenschonendste, kostengünstigste Weise.

In einem sozialistischen oder semi-sozialistischen System, in dem die Eigentumsrechte, und damit die Menschenrechte, verletzt werden und in vielen Teilen der Volkswirtschaft eine planwirtschaftliche Lenkung erfolgt, besteht der Gewinn- und Innovationsanreiz nur vermindert oder ist gänzlich ausgeschaltet. Außerdem fehlen unverzerrte Marktpreise für die Kosten- und Gewinnkalkulation. Dadurch kann weder berechnet werden, was produziert werden soll, noch wie produziert werden soll (Mises 1981). Es kommt zu Chaos, Mangel, Verschwendung und Umweltschäden.

Daher werden freiere Volkswirtschaften tendenziell einen höheren Lebensstandard als Planwirtschaften haben. Um den Menschen in autokratischeren Systemen zu zeigen, welches System mehr Lebensqualität und Selbstverwirklichungsmöglichkeiten bietet, sollten die Eigentumsverletzungen in Deutschland gemindert, Regulierungen abgeschafft und Steuern gesenkt werden. So hätten die Menschen einen Vergleich mit einer echten Marktwirtschaft. Deutschland könnte Menschen in anderen Ländern als Vorbild dienen. Leider nähert sich Deutschland den autokratischen Ländern an. Die Steuer- und Regulierungslast in Deutschland steigt. Der Staatsanteil am BIP liegt bei über 50%. Dies ist der falsche Weg.

Leider haben sich die westlichen Staaten autokratische Staaten als Vorbild genommen. Die Menschenrechte im Westen werden weiter beschnitten, beispielsweise durch eine subtile Einschränkung der Meinungsfreiheit. Die Meinungskorridore werden enger. Die Ausübung von Menschenrechten wird zudem von einem bestimmten Verhalten abhängig gemacht (Stichwort: social credit score). So wurden während der Coronazeit bestimmte Menschenrechte, wie die Bewegungsfreiheit im öffentlichen Raum, davon abhängig gemacht, ob die Bürger geimpft waren. Die bürokratischen Regulierungen erschweren es Unternehmern und Arbeitern zu kooperieren und für die Konsumenten kostengünstige Produkte zu erstellen. Die unternehmerische Freiheit wird zunehmend eingeschränkt. Auch die Umweltregulierungen nehmen zu und schränken den Bereich immer weiter ein, in dem Menschen ihr Eigentum verwenden können.

Auch wenn der Kommunismus nach der chinesischen Öffnung seit den 1980er Jahren und dem Untergang der Sowjetunion besiegt schien, könnte das Gegenteil der Fall sein. Ähnliches geschah nach 1898 als die USA gegen Spanien siegreich Krieg führten und die spanischen Kolonien Philippinen, Puerto Rico, Guam, and Cuba kontrollierten. Seit ihrer Gründung hatten die USA die Strategie vertreten, sich nicht in die Belange anderer Staaten einzumischen und niemals ein Imperium aufzubauen. Zwar besiegten die USA das spanische Imperium. Gleichzeitig wurde damit jedoch der Startschuss zum Aufbau eines US-amerikanischen Imperiums gegeben. Fortan mischten die USA in der Weltpolitik mit. Die USA übernahmen die Ideologie des besiegten spanischen Imperiums.

Auch wenn der Kommunismus nach der chinesischen Öffnung seit den 1980er Jahren und dem Untergang der Sowjetunion besiegt schien, könnte das Gegenteil der Fall sein.

Aus diesem Grund versah ein Jahr später der Yale-Soziologe William Graham Sumner (1899) einen Aufsatz über den Spanisch-Amerikanischen Krieg mit dem Titel „The Conquest of the United States by Spain.“ In Anlehnung dessen hat der US-Amerikanische Ökonom Richard Ebeling (2020) während der Coronalockdowns einen Aufsatz mit dem Titel „The Conquest of the United States by China“ verfasst. Wir könnten auch von der Eroberung des Westens durch China sprechen. Der ganze Westen hat die freiheitsfeindliche chinesische Ideologie übernommen, welche Menschenrechte hinter die Staatsinteressen stellt. Der Westen hat die chinesische Gesundheitspolitik kopiert, bei der auf die Einhaltung der Menschenrechte keine Rücksicht genommen wird. Es wurden gesunde Menschen eingesperrt, zu Tests gezwungen und zu Impfungen genötigt. Menschen wurden in ihrer Bewegungsfreiheit, ihrem Versammlungs- und Demonstrationsrecht sowie anderen Grundrechten eingeschränkt, während gleichzeitig abweichende und kritische Meinungen an den Rand der Gesellschaft gedrängt wurden. Die chinesische Politik und Ideologie wurden vom Westen übernommen. Aus der Sicht des Wettbewerbs der Ideen und mit Blick auf den Erhalt der Freiheit und der Menschenrechte gilt es diese Entwicklung aufzuarbeiten und zu analysieren, sowie die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen.

Der Westen hat die chinesische Gesundheitspolitik kopiert, bei der auf die Einhaltung der Menschenrechte keine Rücksicht genommen wird.

Supranationale Institutionen

Es ist ein Irrtum in supranationalen Institutionen ein Heil für Menschenrechtsverletzungen zu sehen. Eine globale internationale Ordnung ist keine Lösung für Menschenrechtsverletzungen, sondern sehr gefährlich. Denn wer ordnet die internationale Ordnung? Zu Beginn könnte der Ordner eine supranationale Institution sein, die schließlich in einem Weltstaat aufgeht. Doch: Quis custodiet ipsos custodes? Wer überwacht, dass die Menschenrechtsverletzungen in einem Weltstaat nicht ausufern? Staaten verletzen durch Steuern und Regulierungen die Menschenrechte. Ein Weltstaat würde dies auch tun. Nur würde sich der heute noch mögliche Vergleich zwischen freieren und unfreieren Staaten auflösen. Eine Abstimmung mit Füßen und ein Aufbegehren wegen höherer Lebensqualität und Chancen in anderen Staaten würde entfallen. Ein Lernen durch Vergleichen bliebe aus. Eine größere Staatsmacht und größere Menschenrechtsverletzungen wären die Folge.

Eine Abstimmung mit Füßen und ein Aufbegehren wegen höherer Lebensqualität und Chancen in anderen Staaten würde entfallen.

Fazit:

Das Narrativ des „systemischen Wettbewerbs“ kann dazu benutzt werden, um den Wettbewerb einzuschränken. Protektionismus verringert den Wohlstand und wird kaum zu Reformen in autokratischen Ländern führen. Vielmehr führt er zu höherer Armut und vermehrtem Leiden in den betroffenen Ländern.

Erfolgsversprechender ist die Vorbildfunktion bei der Einhaltung der Menschenrechte. In Staaten, welche die Menschenrechte weniger stark verletzen, können die Menschen ihren Lebensstandard schneller erhöhen und haben mehr Freiheiten. Durch die Vorbildfunktion können Lernprozesse angestoßen werden und ein Reformdruck entstehen, der von innen kommt, statt von außen erzwungen zu werden. Der Westen hat sich in den letzten Jahren immer weiter von einer Vorbildfunktion entfernt und sich den Methoden der autokratischen Staaten angenähert.

Erfolgsversprechender ist die Vorbildfunktion bei der Einhaltung der Menschenrechte.

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[1] Zur Eigentumsethik siehe auch Locke (2016) oder Nozick (2013)

[2] Über die Unmöglichkeit Lockdowns und andere Coronaeingriffe vor dem Hintergrund der hier dargelegten Ethik zu rechtfertigen siehe Bagus, Peña‐Ramos, and Sánchez‐Bayón (2022).

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Bibliographie:

Bagus, Philipp. 2008. “Human Rights Inflation and Property Rights Devaluation.” Independent Institute.

Bagus, Philipp, José Antonio Peña‐Ramos, and Antonio Sánchez‐Bayón. 2022. “Capitalism, COVID ‐19 and Lockdowns.” Business Ethics, the Environment & Responsibility, April, beer.12431. https://doi.org/10.1111/beer.12431

Ebeling, Richard. 2020. “The Conquest of the United States by China.” American Institute for Economic Research (blog). April 27, 2020.

Hayek, Friedrich A. von. 2002. “Competition as a Discovery Procedure.” Quarterly Journal of Austrian Economics 5 (3): 9–23.

Hayek, Friedrich August von. 1945. “The Use of Knowledge in Society.” American Economic Review 35 (4): 519–30.

Hoppe, Hans-Hermann. 1989. A Theory of Socialism and Capitalism. Boston: Kluwer.

Huerta de Soto, Jesús. 2010. Socialism, Economic Calculation and Entrepreneurship. Cheltenham [u.a.]: Elgar.

Locke, John, and Lee Ward. 2016. Two Treatises of Government. MA: Hackett Publishing Company, Incorporated.

Mises, Ludwig. 1998. Human Action. Scholar´s Edition. Auburn, Ala: Ludwig von Mises Institute.

Mises, Ludwig von. 1981. Socialism. Indianapolis: Liberty Fund.

Nozick, Robert. 2013. Anarchy, State, and Utopia. New York: Basic Books.

Rothbard, Murray N. 1982. The Ethics of Liberty. Atlantic Highlands, NJ: Humanities Press.

Sumner, William Graham. 1899. “The Conquest of the United States by Spain.” Yale Law Journal 8 (4): 168–93.

Philipp Bagus ist Professor für Volkswirtschaft an der Universidad Rey Juan Carlos in Madrid. Zu seinen Forschungsschwerpunkten Geld- und Konjunkturtheorie veröffentlichte er in internationalen Fachzeitschriften wie Journal of Business Ethics, Independent Rewiew, American Journal of Economics and Sociology u.a.. Seine Arbeiten wurden ausgezeichnet mit dem O.P.Alford III Prize in Libertarian Scholarship, dem Sir John M. Templeton Fellowship und dem IREF Essay Preis. Er ist Autor eines Buches zum isländischen Finanzkollaps (“Deep Freeze: Island’s Economics Collapse” mit David Howden). Sein Buch “Die Tragödie des Euro” erscheint in 14 Sprachen. Philipp Bagus ist ist Mitglied des wissenschaftlichen Beirates des “Ludwig von Mises Institut Deutschland”. Hier Philipp Bagus auf Twitter folgen. Im Mai 2014 ist sein gemeinsam mit Andreas Marquart geschriebenes Buch “WARUM ANDERE AUF IHRE KOSTEN IMMER REICHER WERDEN … und welche Rolle der Staat und unser Papiergeld dabei spielen” erschienen. Zuletzt erschienen, ebenfalls gemeinsam mit Andreas Marquart: Wir schaffen das – alleine!

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Hinweis: Die Inhalte der Beiträge geben nicht notwendigerweise die Meinung des Ludwig von Mises Instituts Deutschland wieder.

Titel-Foto: Adobe Stock

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