Einführung in die Theorie menschlichen Handelns
17.09.2021 – Buchbesprechung Der Kompass zum lebendigen Leben
von Andreas Tögel
Wer das Buch aufgrund des Titels im Reich der Esoterik verortet, liegt falsch. Es geht vielmehr um eine grundlegende Einführung in die vom großen österreichischen Ökonomen und Sozialphilosophen Ludwig von Mises vorgelegte Theorie des menschlichen Handelns, die „Praxeologie“, die von ihm im Jahr 1949 unter dem Titel „Human Action“ veröffentlicht wurde.
Ausgehend von der a priori wahren Aussage „der Mensch handelt“, beschreibt und analysiert der Autor Schritt für Schritt die sich daraus logisch ergebenden Folgen. Wichtig ist die Feststellung, dass die Naturwissenschaften keine Möglichkeit bieten, menschliches Handeln vorherzusehen, da sich nicht nur die jede Handlung begründenden Präferenzen der handelnden Individuen voneinander unterscheiden, sondern auch die Präferenzen der einzelnen Individuen im Zeitablauf. Menschliches Werten erfolgt individuell und ist nicht in Zahlen zu fassen oder zu akkumulieren (was die Ergebnisse jeder politischen „Wahl“ von Vornherein fragwürdig macht).
Ebenso wichtig ist die Einsicht, dass die Praxeologie keine normativen Aussagen trifft. Es geht nicht darum, festzustellen, was sein soll, sondern zu beschreiben, was ist und die Konsequenzen bestimmter Handlungen zu benennen – und zwar, ohne diese einer moralischen Wertung zu unterziehen.
Handlungen erfolgen stets durch einzelne Menschen. Verbände, Organisationen oder Staaten sind nur durch in ihrem Auftrag tätige Individuen handlungsfähig: Amerika schickt keine Astronauten zum Mond. Es sind in diesem Falle Beauftragte einer staatlichen Behörde (der NASA), die das tun. So trivial diese Feststellung auch immer klingen mag, so wichtig ist sie.
Die oft unterbleibende, klare Unterscheidung zwischen Freiheiten und Rechten ist ebenso wichtig, wie die Tatsache, dass allen Rechen Pflichten gegenüberstehen und eine Verpflichtung in jedem Fall nur aus einer freien Willensübereinkunft (mindestens zweier) Individuen resultiert.
Niemals Leid zufügen, oder – anders ausgedrückt – dem Mitmenschen niemals feindlich (ohne dessen Zustimmung) gegenübertreten – ist ein Grundpostulat der Praxeologie, um ein friedvolles Zusammenleben sicherzustellen.
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Daraus ergibt sich – logisch unausweichlich – dass staatliches, auf dem Gewaltmonopol und dem „Recht“ zur Ausübung unmittelbaren (physischen) Zwanges basierendes Handeln, stets als feindlich zu bewerten ist. Zwang und Gewalt dürfen grundsätzlich nur (in Form von Notwehr oder Nothilfe) als Reaktion auf eine vorhergehende Aggression angewendet werden.
Auf dem Markt erfolgende Interaktionen ergeben stets Pareto-Verbesserungen (andernfalls sie unterbleiben würden). Staatliches Handeln dagegen (oder die Handlungen von privilegierten „politischen Unternehmen“) bringt immer eine Pareto-Verschlechterung, weil sie zu Lasten bestimmter Gruppen gehen, deren Situation sich dadurch gegenüber dem Status quo verschlechtert. Breiten Raum widmet der rechtskundige Autor daher der Unterscheidung von friedlichem und feindlichem Handeln.
Am Ende des Buches stehen „Checklisten“ und ein Test zur Einschätzung der Kompatibilität eigenen Denkens und Handelns mit den dargestellten Gesetzmäßigkeiten der Praxeologie und zwecks Vermeidung performativer Widersprüche.
Fazit: Andreas Tiedke hat ein für das Verstehen der Theorie menschlichen Handelns ungemein wertvolles Buch vorgelegt.
Andreas Tögel, Jahrgang 1957, ist gelernter Maschinenbauer, ausübender kaufmännischer Unternehmer und überzeugter “Austrian”.
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Hinweis: Die Inhalte der Beiträge geben nicht notwendigerweise die Meinung des Ludwig von Mises Instituts Deutschland wieder.
Titel-Foto: Adobe Stock