Staat oder Privatrechtsgesellschaft: Vom Umgang mit Corona
6. Januar 2021 – Interview mit Hans-Hermann Hoppe. Die Fragen stellte Thomas Jacob, Sekretär der Property and Freedom Society.
Im November ist ein neues Buch von Hans-Hermann Hoppe erschienen: Über den demokratischen Untergang und die Wege aus der Ausweglosigkeit: Reden, Aufsätze und Interviews wider den links-grünen Zeitgeist.
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Professor Hoppe, Sie sind als Staatskritiker und Kritiker politischer Zentralisierung bekannt. Beweist nicht Corona, dass Zentralstaaten und zentralstaatliche Vorschriften nötig sind?
Im Gegenteil.
Natürlich haben die diversen Zentralstaaten und internationalen Organisationen wie etwa die EU oder die WHO versucht, die sogenannte Covid-19 Pandemie zum eigenen Vorteil zu nutzen, d.h. um ihre Macht über ihre jeweiligen Untertanen auszubauen. Um auszuprobieren, wie weit man angesichts einer anfangs unbestimmt-vagen und dann systematisch dramatisierten Gefahr einer globalen Epidemie mit dem Herumkommandieren anderer Leute gehen kann. Und das Ausmaß, in dem dies gelungen ist, bis hin zu einem allgemeinen Hausarrest, ist erschreckend.
Doch wenn der Ablauf der gegenwärtigen Ereignisse irgend etwas gezeigt hat, dann ist es nicht die Notwendigkeit oder Effizienz zentraler Instanzen und Entscheidungen, sondern umgekehrt die zentrale Bedeutung dezentraler Entscheidungen und Entscheidungsträger.
Die von einer Epidemie ausgehende Gefahr ist nie überall, für jedermann, und zum gleichen Zeitpunkt ein-und-dieselbe. Die Lage in Frankreich ist anders als die in Deutschland oder im Kongo, und China ist nicht Japan. Und innerhalb diverser Länder unterscheidet sich die Gefahrenlage von Region zu Region, von einer Stadt zur anderen, zwischen Stadt und Land, und je nach demographischer und kultureller Zusammensetzung der Bevölkerung. Darüber hinaus gibt es eine ganze Reihe höchst unterschiedlicher Einschätzungen und Vorschläge dazu, was angesichts dieser Gefahrenlage zu tun und lassen ist, alle vorgetragen von gleichermaßen „ausgewiesenen wissenschaftlichen Experten.“ Von daher muss jede zentralistische, flächendeckende (im Extremfall weltumfassende) Maßnahme zur Gefahrenabwehr – ein „one-size-fits-all“ Model – von vornherein als abwegig und zweckwidrig erscheinen.
Angesichts dieser Sachlage war es nur natürlich, dass sich neben den Repräsentanten der Zentralstaaten überall schnell und zunehmend auch diverse Provinzfürsten und Lokalgrößen in das Geschäft der Gefahrenabwehr einmischten. Die Epidemie bot ihnen die perfekte Gelegenheit, um sich gegenüber dem Zentralstaat und seinen Vertretern zu profilieren und den eigenen Machtbereich auszubauen. Sie ignorierten, verschärften, milderten, verzögerten oder sonst wie modifizierten die zentralstaatlichen Maßnahmen für ihre jeweilige Region. Stets mit einem Auge auf die öffentliche bzw. veröffentlichte Meinung, und häufig von der Hoffnung getragen, sich durch die Stellung eines populären Regional-Diktators schließlich auch für das Amt eines Zentral-Diktators zu qualifizieren.
Ungeachtet mancher Verbesserungen bei der Gefahrenbekämpfung, die eine so dezentralisierte Entscheidungsfindung bewirkt hat, und ungeachtet der Tatsache, dass eine Vielzahl verschiedener und unterschiedlich behandelter Regionen ein Lernen aus Fehlern systematisch begünstigt, so sind die Erfahrungen bezüglich Staaten und staatlicher Entscheidungsträger im Umgang mit Epidemien doch insgesamt erschütternd. Wie auf allen anderen Gebieten, so versagt der Staat auch und ganz besonders auf dem Gebiet des Gesundheitsschutzes bzw. der Krankheitsabwehr grandios. Tatsächlich, wie die gegenwärtigen Ereignisse immer deutlicher sichtbar machen, tötet er durch seine Schutz-Maßnahmen mehr Menschen oder macht sie krank als er vor dem Tode schützt oder heilt.
Sind Politiker einfach nur dumm?
Sicher gehören Politiker insgesamt nicht zu den hellsten Köpfen. Und das „Gutmenschentum“, das sie qua Politiker allesamt eint, d.h. ihr Anspruch durch das eigene Handeln anderen Menschen (oder gar der ganzen Menschheit) zu größerem Glück und Wohlstand verhelfen zu wollen und können, sollte von vornherein als suspekt gelten. Aber der eigentliche Grund für das Versagen der Politik im Allgemeinen, und insbesondere im Umgang mit infektiösen Krankheiten, liegt tiefer und ist struktureller Natur.
Der tiefere, strukturelle Grund liegt darin, dass politische Entscheidungsträger, ob zentraler oder regionaler Art, bei ihren Entscheidungen, wie es heute salopp heißt, ‚no skin in the game’ haben. D.h. sie sind vom Risiko möglicher Fehlentscheidungen und etwaiger Verluste und Kosten weitgehend befreit. Sie müssen nicht lange überlegen und Folgen und Nebenfolgen ihres Handelns gegeneinander abwägen, sondern können stattdessen „spontane“ Entscheidungen treffen, da sie für die Konsequenzen ihrer Entscheidungen nicht persönlich haftbar sind. Sie können die Kosten ihres Handelns weitgehend auf andere Personen abwälzen. Das ist der tiefere Grund, warum und wann Dummheit und Gutmenschentum – und speziell in ihrer Kombination – zu einer Gefahr werden und dann systematisch Verantwortungslosigkeit, Willkür und Größenwahn befördern.
Exemplar Corona: Warum sollte man angesichts einer infektiösen Krankheit nicht auch zu „mutigen“ Mitteln greifen, wie Ausgeh- und Kontaktverboten, Hausarresten, Betriebsschließungen, Arbeits- und Produktionsverboten, etc., wenn man doch selbst dadurch keine unmittelbaren Einkommensverluste erleidet, weil, wie bei allen politischen Entscheidungsträgern und sogenannten Staatsdienern der Fall, das eigene Einkommen nicht aus produktiver Erwerbstätigkeit stammt, sondern aus Steuern, also mittels Zwangsabgaben finanziert wird und von daher kurz- und mittelfristig gesichert ist? Und warum sollte man sich über die indirekten und langfristigen Neben- und Nachfolgen des eigenen Handelns lange den Kopf zerbrechen, wenn man doch nicht persönlich angeklagt, haftbar und schadenersatzpflichtig gemacht werden kann? Zur Rechtfertigung des eigenen „mutigen“ Handelns kann man auf eine im Vergleich zur jeweiligen Gesamtbevölkerung kleine, aber erfinderisch hoch-gerechnete Zahl angeblich vor schwerer Krankheit oder gar dem Tod Geretteter verweisen, während man die Folgen eines sogenannten Lockdowns einfach ausblendet, d.h. die Tatsache, dass eine weit größere Anzahl von Personen durch diese Maßnahmen in eine wirtschaftliche Notlage gerät und daran vielleicht indirekt und zeitlich verzögert erkrankt oder stirbt.
Tatsächlich schien es zunächst so, als ob die politischen Entscheidungsträger überhaupt nicht wüssten (oder wissen wollten), dass auch „Rettungsaktionen“, wie gutgemeint auch immer, nicht und niemals kostenlos sind. Qua Rettungsaktionen wurden sie vielmehr als „alternativlos“ dargestellt. Als die Nebenfolgen dann offenkundiger wurden und nicht mehr geleugnet werden konnten, hieß es, es gehe bei ihren Entscheidungen um eine Abwägung von „Gesundheit“ versus „Wirtschaft“, und für sie, Gutmensch der man sei, habe ein Menschenleben immer absoluten Vorrang vor allen wirtschaftlichen Erwägungen. – Dass ein derartiger Gegensatz gar nicht existiert, dass im Gegenteil eine prosperierende Wirtschaft die Grundlage für die Erhaltung und insbesondere auch die Gesund-Erhaltung von Menschen ist, und dass es von daher gerade die ärmeren Regionen, Bevölkerungsschichten und Personen sind, die von einem Lockdown am härtesten betroffen werden (insbesondere auch hinsichtlich ihrer Gesundheit) – zu dieser elementaren Einsicht zeigte man sich unfähig oder wollte man nicht gelangen, weil dies nur schwer mit der von sämtlichen politischen Entscheidungsträgern eingenommenen Pose des mutigen Retters in höchster Not in Einklang zu bringen war.
Und als dann angesichts des tatsächlichen Ausmaßes gesellschaftlicher Verarmung infolge der staatlich verordneten Kontakt-, Produktions- und Verkaufsverbote, Betriebsschließungen, Enteignungen, Insolvenzen, Arbeitslosigkeit, Kurzarbeit, etc., auch das naive Lebensretter-Argument nicht mehr verfing und die Retterpose der Politik zunehmend hohl oder gar heuchlerisch erschien, hieß es schließlich, man werde die durch seine Maßnahmen entstandenen Verluste selbstverständlich und bestmöglich ausgleichen. Womit man gewissermaßen zum doppelten Retter werde. Zum Retter eines in Not geratenen Retters. – Und dies Kunststück wurde durch eine gigantische Geldmengenvermehrung vollbracht. Der Verlustausgleich oder die Kompensation erfolgte schlicht und einfach durch neues, aus dem Nichts, zu praktisch null Kosten hergestelltem staatlichen Papiergeld. Dies Verfahren involviert für die politischen Entscheidungsträger keinerlei Kosten und es gibt ihnen, ihrerseits stets begrüßt, einen vergrößerten Geldbetrag an die Hand, mit dessen Vergabe sie sich umgehend als rettender Wohltäter aufspielen können, alldieweil die Kosten dieser Geldmengenvermehrung, d.h. der aus ihr resultierende Kaufkraftverlust einer Geldeinheit und ein erhöhter zukünftiger Schuldendienst verschleiert und auf andere Personen abgewälzt bzw. sozialisiert werden. Das ganze Manöver ähnelt dem berühmt-berüchtigten Beispiel des Brandstifters, der anschließend als Feuerwehrmann beim Löschen des von ihm angezündeten Hauses antritt und dabei zum gefeierten Held wird. Nur dass der Staat mittels Geldmengenvermehrung auch noch die Kosten des Löschens des von ihm angezündeten Hauses sozialisiert.
Doch – und das ist wohl das Erschreckendste an der ganzen Corona Episode – der Staat kommt mit dieser Unverfrorenheit locker durch und davon. Zwar gibt es hier und da Widerstand gegen den Lockdown und mit dessen anhaltender Dauer ist der Widerstand angewachsen. Aber immer noch gelten die politischen Entscheidungsträger mehrheitlich als heldenhafte Retter, anstatt als Brandstifter. Und dabei hat der Staat, haben seine Repräsentanten, eine systematisch hochgejubelte Infektionsgefahr dazu genutzt, um die eigene Machtfülle in einem bisher jedenfalls zu Friedenszeiten unbekannten Ausmaß auszudehnen: bis hin zur Suspendierung sämtlicher Eigentums- und Freiheitsrechte und einer fast vollständigen Ein- und Beschränkung der persönlichen Bewegungsfreiheit bis in den privaten Haushalt hinein – und dies alles im Namen des Infektionsschutzes und der Volksgesundheit.
Ich erachte das Ausmaß an Unterwürfigkeit gegenüber der Politik, das in dieser Entwicklung zum Ausdruck kommt, für höchst beunruhigend.
Wie würde das Problem einer Pandemie denn ohne staatliche Vorschriften, in einer Privatrechtsgesellschaft gelöst?
In einer Privatrechtsgesellschaft ist alles Land, jeder Quadratzentimeter, in Privatbesitz. Sämtliche Wohnungen, Häuser, Siedlungen, Straßen, Wasserwege, See- und Flughäfen, Fabriken, Büros, Schulen, Krankenhäuser, etc., haben einen privaten Eigentümer. Dieser Eigentümer ist entweder eine Einzelperson oder eine Vereinigung von Personen, eine private Assoziation, mit jeweils eigener Hausordnung, Organisationsstruktur und internen Entscheidungsregeln und -verfahren.
Damit wird, im Gegensatz zu allem und jedem politischen Zentralismus, ein Höchstmaß an dezentraler Entscheidungsfindung und zugleich ein Höchstmaß an Verantwortungsbewusstsein und verantwortlichem Handeln erreicht. Jede Entscheidung ist die Entscheidung einer bestimmten Person oder Assoziation hinsichtlich ihres (und nur ihres) privaten Eigentums. Und jeder Entscheidungsträger haftet bzw. deckt die Kosten und Folgekosten für seine Entscheidungen oder Fehlentscheidungen mit dem eigenen Eigentum.
Für das spezifische Problem des Umgangs mit einer Pandemie heißt dies: Ganz ähnlich der Immigrationsproblematik, deren Dringlichkeit durch Corona gegenwärtig überdeckt wird, geht es angesichts einer Pandemie schlicht und einfach um die Frage „wen lasse ich rein und wen schließe ich aus“ bzw. „zu wem gehe ich hin und von wem halte ich mich fern.“ Konkreter: Jeder private Eigentümer bzw. Eigentümerverband hat aufgrund der eigenen Gefahreneinschätzung einer infektiösen Erkrankung hinsichtlich seines Eigentums zu entscheiden, wem erlaube ich wann und unter welchen Bedingungen Zutritt zu meinem Eigentum und wem nicht. Und diese Entscheidung kann und wird insbesondere bei kommerziell genutztem Eigentum auch eigene präventive Maßnahmen umfassen, die den Besucher- bzw. Kundenzutritt erleichtern sollen, indem sie diesen als Risiko-reduzierend oder -minimierend erscheinen. Und umgekehrt können Besucher bzw. Kunden auch ihrerseits Vorsichtsmaßnahmen treffen, um einen ungehinderten Zugang zu diversen möglichen Gastgebern zu finden. Das Resultat dieser vielfältigen Einzelentscheidungen ist ein komplexes Geflecht von Zutritts- und Besuchsregeln.
Alle Begegnungen oder Treffen von Personen erfolgen freiwillig und gewollt. Sie kommen jeweils zustande, weil sowohl der Gastgeber als auch der Besucher den Nutzen ihrer Begegnung für höher erachten als das sich aus ihr ergebende Risiko einer möglichen infektiösen Ansteckung. Von daher haben beide, Gastgeber und Besucher, auch keinerlei gegenseitige Haftungsansprüche, sollte es infolge ihrer Begegnung tatsächlich zu einer Ansteckung kommen. Dieses Risiko (einschließlich möglicher Krankenhauskosten, etc.) muss jede Seite für sich allein tragen. Haftungsansprüche sind in diesem Fall nur dann möglich, wenn etwa der Gastgeber seine Besucher hinsichtlich der eigenen Präventivmaßnahmen bewusst getäuscht hat oder wenn der Besucher die Eintrittsbedingungen des Gastgebers absichtsvoll und gewollt verletzt hat.
Aber auch ohne jede Täuschung sind die Entscheidungen von Gastgebern und Besuchern niemals kostenlos. Jede Präventiv- oder Vorsichtsmaßnahme ist mit einem zusätzlichen Aufwand verbunden, der als gerechtfertigt erscheinen muss, sei es durch die Erwartung zusätzlicher Gewinne bzw. verringerter Verluste oder sei es durch eine erhöhte Akzeptanz bzw. eine verminderte Zurückweisung qua potenzieller Besucher. Und insbesondere hat jeder private Entscheidungsträger auch die Kosten eventueller diesbezüglicher Fehlentscheidungen zu tragen, d.h. wenn die Erwartungen nicht nur nicht erfüllt werden, sondern sogar ins Gegenteil umschlagen. Wenn die vermeintlichen Abwehr- und Vorsichtsmaßnahmen nicht nur wirkungslos sind, sondern diese sich als kontraproduktiv erweisen und das infektiöse Ansteckungsrisiko, sei es von Gastgebern oder Gästen, insgesamt sogar erhöhen anstatt zu senken.
Das sind beachtliche Kosten, die da angesichts einer Epidemie auf einen privaten Entscheidungsträger zukommen und noch zukommen können. Da kann es um seine wirtschaftliche Existenz und sein engstes soziales Umfeld gehen. Angesichts dessen überlegt man sich seine Entscheidung gründlich, und umso mehr je mehr Eigentum und freundliche Beziehungen man selbst hat bzw. unterhält, und man ist schnell bereit, oft beinah „zwangsweise,“ aus den eigenen Fehlern zu lernen und seine früheren Entscheidungen zu korrigieren, um weitere wirtschaftliche oder soziale Kosten zu vermeiden.
Wie bei allen anderen – echten oder vermeintlichen – Problemen oder Gefahren, so gilt demnach auch für den Fall infektiöser Krankheiten und Epidemien: Die beste – kostengünstigste und effizienteste – Methode, um den mit einer Epidemie verbundenen Schaden zu minimieren ist eine Dezentralisierung der Entscheidungsfindung bis hinunter auf die Ebene privater Eigentümer bzw. Eigentümerverbindungen. Denn wie schon eingangs erwähnt ist die von einer Epidemie ausgehende Gefahr an verschiedenen Orten und zu verschiedenen Zeitpunkten unterschiedlich und wird als solche auch wahrgenommen. Und ganz generell gibt es hinsichtlich der Gefahreneinschätzung einer infektiösen Krankheit nicht nur eine einzige, endgültige und eindeutige wissenschaftliche Antwort. Es handelt sich bei dieser Frage vielmehr um eine empirische Frage, und die Antworten auf solche Fragen sind prinzipiell immer nur hypothetische und vorläufige Antworten, und diese können sich von Wissenschaftler zu Wissenschaftler und von den Vertretern einer wissenschaftlichen Disziplin (z.B. Virologen) zu denen einer anderen Disziplin (z.B. Ökonomen) sowie im Zeitverlauf durchaus deutlich unterscheiden und verändern.
Angesichts dessen erscheint es geradezu selbstverständlich, dass die Entscheidungen über geeignete Abwehrmaßnahmen von lokalen, mit den jeweiligen örtlichen Verhältnissen vertrauten Entscheidungsträgern getroffen werden sollten. Und ebenso selbstverständlich sollte es sein, dass es sich bei diesen lokalen Entscheidungsträgern um private Eigentümer bzw. Eigentümerassoziationen handeln muss. Denn nur sie sind für ihre Entscheidungen und ihre Auswahl von Experten, auf deren Rat ihre Entscheidungen beruhen, verantwortlich. Und nur sie haben darum einen unmittelbaren Anreiz, aus den eigenen Fehlern oder den Fehlern anderer zu lernen und Erfolg, sei es den eigenen oder den anderer, zu reproduzieren oder imitieren, um sich auf diese Weise einer Lösung des Problems schrittweise anzunähern. – Und auch dies ist noch erwähnenswert: In diesem Wettbewerb privater Entscheidungsträger um eine Lösung des Problems gibt es stets eine erhebliche Anzahl von Personen bzw. Personengruppen, weit größer jedenfalls als die Zahl der in Parlamenten und Regierungen versammelten Rotten von Politikern, die diesen (letzteren) in jeder denkbar relevanten Hinsicht überlegen sind: was Erfahrungsreichtum, Intelligenz, unternehmerischen Erfolg oder professionelle und wissenschaftliche Qualifikation, Leistung und Urteilsvermögen angeht.
Stattdessen zu erwarten, dass eine schnelle und schmerzlose Lösung des Problems infektiöser Krankheiten ausgerechnet von Politikern und ihren intellektuellen Hofschranzen bewerkstelligt wird – das heißt von Personen, die Entscheidungen bezüglich der Eigentumsverwendung und Bewegungsfreiheit einer riesigen Anzahl ihnen selbst völlig unbekannter Personen treffen, ohne jede Kenntnis lokaler Umstände zu besitzen, von Personen, die mit ihren Entscheidungen keinerlei Haftung oder Haftungsverpflichtung gegenüber anderen übernehmen oder unterliegen, und Personen, die im übrigen auch nicht besonders helle sind – heißt buchstäblich an Wunder zu glauben.
Können Sie beispielhaft erläutern, was im Vergleich zum gegenwärtigen politischen Umgang mit dem Corona Virus in einer Privatrechtsgesellschaft anders verlaufen wäre? Und wie?
Kurz gesagt: Corona hätte qua Pandemie gar nicht stattgefunden.
Das heißt nicht, dass es das Virus nicht gibt oder dass es nicht ansteckend oder gefährlich ist. Es heißt vielmehr, dass die von dem Corona Virus tatsächlich ausgehende Infektionsgefahr so gering ist, dass sie von den meisten Menschen (gerade auch intelligenten!) als solche gar nicht wahrgenommen worden wäre und deshalb auch keinerlei nennenswerte Verhaltensänderungen bei ihnen ausgelöst hätte. Und auch dort, wo ein merkbarer Anstieg infektiöser Erkrankungen oder Todesfälle zu verzeichnen war (z.B. in Altersheimen, Krankenhäusern, etc.), wäre dieser Anstieg als durchweg normales, saisonal oder regional fluktuierendes oder variierendes Phänomen wahrgenommen worden, wie etwa eine schwere Grippewelle, auf das man mit den üblichen Vorsichtsmaßnahmen reagiert. M.a.W. alle gesundheitlich relevanten Ereignisse und Entwicklungen hätten sich im Rahmen des Normalen bewegt. Es gab und gibt keinen Ausnahmezustand, mit allseits überfüllten Krankenhäusern oder Intensivstationen und schwerkranken Patienten oder Toten all überall, in jedermanns unmittelbarem Bekanntenkreis oder gar auf der Straße liegend, der Anlass für eine grundlegende Veränderung der eigenen Lebensführung gegeben hätte. Das Leben wäre im großen und ganzen so weiter gelaufen wie bisher. Kein Grund zur Panik und zur Ausrufung eines globalen Gesundheitsnotstands.
Tatsächlich ist die Gesamtzahl an Toten z.B. in Deutschland, Österreich oder der Schweiz im Jahr 2020 keineswegs dramatisch gestiegen, wie man es angesichts der beispiellosen politischen Notstandsverordnungen in diesem Jahr eigentlich hätte erwarten sollen. Sie bewegt sich vielmehr durchaus im Schwankungsbereich vergangener Jahre. Berücksichtigt man die insgesamt steigende Bevölkerungszahl und die zunehmend überalternde Bevölkerungsstruktur, so gibt es sogar Jahre mit mehr Toten, aber nie zuvor hat man zu vergleichbar drastischen und einschneidenden „Rettungsaktionen“ gegriffen wie gegenwärtig der Fall. Und auch dort, wo eine Übersterblichkeit zu verzeichnen ist, ist es keinesfalls klar, ob dies dem Corona Virus zuzuschreiben ist oder ganz andere Gründe hat, wie etwa den Folgen des Lockdowns. Nicht Corona hat also die Welt verändert, sondern Politiker haben Corona als Vorwand benutzt, um die Welt zu ihrem Vorteil zu verändern.
Die radikale – wirtschaftlich ruinöse – Abkehr vom normalen Gang der Dinge, die sich gegenwärtig vollzieht, verdankt sich nicht einer grundlegenden Veränderung in der Welt der Tatsachen oder der Wissenschaft. Weder die Tatsachen noch die Wissenschaft bieten eine Grundlage für die Rechtfertigung eines globalen „New Normal“ oder eines „Great Reset.“ Sie ist das Ergebnis absichtsvoller Machenschaften seitens der politischen Eliten, um ihre eigene Machtfülle durch Lug und Betrug, Falschinformation, Täuschung und endlose Propaganda in einem bis dato unbekannten und unerhörten Masse auszuweiten.
Zu diesen krummen Machenschaften gehörte es, die Zahl der sogenannten Corona Toten systematisch nach oben zu tricksen, indem jeder Todesfall als Corona Tod verbucht wurde, bei dem das Virus zum Todeszeitpunkt nachgewiesen werden konnte, unabhängig davon, ob es in irgendeinem ursächlichen Zusammenhang mit dem Todesfall stand. Auch ein bei einem Autounfall Verstorbener mit Corona war ein Corona Toter. Krankenhäuser, ja ganze Regionen, erhielten für gemeldete Corona Tote sogar finanzielle Zuschüsse, während sie bei Normaltoten leer ausgingen, was naturgemäß zu entsprechenden Umbuchungen führte. Darüber hinaus wurde es gezielt vermieden, selbst diese skandalös inflationierte Zahl an Corona Toten je mit der unweit größeren Gesamtzahl von Todesfällen in Beziehung zu setzen. Denn dies, eine proportionale Sichtweise, hätte die Corona Gefahr deutlich relativiert und gar nicht so schlimm aussehen lassen. Man blieb deshalb starr und stur bei absoluten Zahlen, denn die jagen einen größeren Schrecken ein. Und ebenso vermied man bewusst jede Berichterstattung über den tödlichen Kollateralschaden des Lockdowns: die Zahl der Toten, die verstarben, weil die Krankenhäuser zeitweilig nur für Corona Patienten offenstanden, die Zahl der Selbstmorde wirtschaftlich Ruinierter, oder die Zahl der an Zwangsvereinsamung verstorbenen Alten.
Das gewagteste und folgenreichste Täuschungsmanöver aber bestand darin, die Definition von „Gefahr“ grundlegend zu ändern, neu zu definieren, und dadurch zu vergrößern bzw. vergrößert erscheinen zu lassen. Landläufig und üblicherweise wird Krankheit und Krankheitsgefahr durch die Präsenz bestimmter Symptome definiert. Weist eine Person keinerlei Krankheitssymptome auf, dann gibt es aus ihrer Sicht auch keine Gefahr. Stattdessen hat die Politik eine Definition von Gefahr durchgesetzt und zur Grundlage ihrer Entscheidungsfindung erhoben, die Gefahr nicht am Vorhandensein von Symptomen festmacht, sondern am Ausgang eines sogenannten Corona Tests bemisst. Die Gefahr bemisst sich danach an der absoluten Zahl von Corona-positiv getesteten Personen, von denen man umso mehr findet, je mehr man testet, und deren Zahl uns dann endlos, Tag für Tag, eingehämmert und dramatisch vor Augen geführt wird.
Der Test selbst ist dabei unzuverlässig, mit häufigen falsch-positiven oder falsch-negativen Resultaten. Aber viel wichtiger: der Ausgang des Tests hat so gut wie keine Voraussagekraft hinsichtlich einer an Symptomen erkennbaren Krankheit bzw. eines bestimmten Krankheitsverlaufs. Die überwältigende Mehrheit, geschätzte 80%, der Corona-positiv getesteten Personen sind asymptomatisch und die von ihnen ausgehende Ansteckungsgefahr liegt nach bisherigen Kenntnissen nahe null wenn nicht sogar genau null. Ohne den Test wüssten sie gar nichts von einer Gefahr und würden es auch nie erfahren (und der ganze krankheitsfördernde Stress, der mit der gegenwärtigen Massentesterei verbunden ist, wäre ihnen vollkommen erspart geblieben). In ca. 15% der Fälle kommt es zu einer ernsthafteren Erkrankung, bis hin zur Bettlägerigkeit. Und in nur etwa 5% aller Fälle, in der Regel im Zusammenhang mit schweren Atemnotsbeschwerden, bedarf es einer intensiv-medizinischen Behandlung. – In der Summe, glaubt man den Zahlen des Center for Disease Control (CDC), das staatlich finanziert ist und dessen ganze Existenzberechtigung auf der Existenz infektiöser Krankheiten und Krankheitserreger beruht und von daher schwerlich dem Lager der „Corona-Leugner“ oder Skeptiker zuzurechnen ist, ergibt sich dann folgendes, wenig furchterregendes Bild: die Wahrscheinlichkeit, eine Corona Infektion lebend zu überstehen variiert mit dem Alter einer Person, ist aber durchgehend, für alle Altersgruppen, extrem hoch. Für die Altersgruppe von 0-19 beträgt die Wahrscheinlichkeit 99.997%. Für die Gruppe von 20-49 ist sie 99.98%. Für die Gruppe von 50-69 ist sie 99.5%. Und selbst für die 70+ Gruppe liegt sie noch bei 94.6%.
Damit komme ich zum Anfang der Antwort zurück. Wer, welche Eigentümer oder Eigentümerassoziationen in einer Privatrechtsgesellschaft würden angesichts dieser Gefahrenlage einen Anlass sehen, ihr normales und übliches Verhalten grundlegend zu verändern? Wer würde deshalb sein Geschäft schließen? Wer würde aufhören zu arbeiten und produzieren oder zu reisen? Wer würde sich selbst ein totales Kontaktverbot auferlegen oder eine komplette Zugangssperre hinsichtlich seines Eigentums errichten? Ich denke, die Antwort auf diese Fragen ist offensichtlich. Auf der Grundlage echter, tatsächlicher Erfahrung, anstatt auf der Grundlage eines künstlichen Tests und Testergebnisses, das nur geringfügig und höchst vage mit einer realen Krankheitserfahrung korreliert ist, hätte man sicherlich die eine oder andere zusätzliche Vorsichtsmaßnahme getroffen, so wie man es schon in der Vergangenheit etwa angesichts einer schweren Grippeepidemie getan hat. Sicherlich wäre man auch vorsichtiger speziell im Umgang mit älteren Personen gewesen, die einem erkennbar größeren Krankheitsrisiko ausgesetzt waren und sind. Vermutlich hätte auch der eine oder andere Krankenhausbetreiber seine Krankenbettenzahl erhöht. Und vielleicht hätte die Beobachtung einer veränderten oder neuartigen Krankheitssymptomatik den einen oder anderen Virologen auf die Suche nach einem Virus geführt, das mit dieser spezifischen Symptomatik irgendwie korreliert. Vielleicht wäre es sogar zur Entwicklung eines Tests gekommen. Und ganz vielleicht sogar zur Suche nach einem entsprechenden Impfstoff, auch wenn dies angesichts der hohen Entwicklungskosten und einer demgegenüber bei insgesamt niedriger Risikoeinschätzung voraussagbar geringen Impf-Nachfrage als eher unwahrscheinlich gelten muss.
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Dass der gegenwärtige Verlauf der Ereignisse tatsächlich völlig anders war und ist, hat keinen sachlichen Grund, sondern verdankt sich allein der Existenz einer Klasse von Personen, der Politikerklasse bzw. der politischen Elite, die für die Kosten und Nachfolgen ihres eigenen Handelns keinerlei Verantwortung oder Haftung übernehmen muss und die ihr Gutmenschentum darum bis hin zum Größenwahn steigern kann.
Seit jeher schon hat sich der aus Verantwortungslosigkeit geborene Größenwahn der Politik darin geäußert, dass sich Politiker auf der Grundlage diverser Kennziffern, die sie sich von ihren jeweiligen amtlichen Statistikbehörden liefern lassen, eine „wissenschaftlich fundierte“ Rechtfertigung für ihre immer zahlreicheren und weitergehenden staatlichen Eingriffe in das normale gesellschaftliche Geschehen zurechtgebastelt haben. Bislang handelte es sich bei diesen Kennziffern jedoch im Wesentlichen um Zahlen aus dem Bereich der Wirtschaftsstatistik, wie z.B. Zahlen zu Einkommen und Vermögen und ihrer jeweiligen Verteilung, zu Wirtschaftswachstum, Importen, Exporten, Geldmengen, Handels- und Zahlungsbilanzen, Inflation, Preisen, Löhnen, Produktion, Beschäftigungsverhältnissen, etc., etc. Jede einzelne dieser Zahlen bot der Politik einen möglichen Interventionsgrund. Entweder war sie zu hoch oder zu niedrig oder sie musste durch geeignete Maßnahmen stabilisiert werden. Immer aber gab es angeblich etwas zu berichtigen. – Ich muss das Ausmaß der Umverteilungseffekte und Wohlfahrtsverluste, die aus diesem wirtschaftspolitischen Interventionismus resultiert haben, hier nicht weiter erläutern.
Mit der Corona Krise aber ist die Politik diesbezüglich zu völlig neuen Ufern vorgestoßen. Die Politik hat die Entdeckung gemacht, dass die Gesundheitsstatistik ein noch weit größeres Einfallstor für staatliche Willkür und Großmannssucht bietet als alle Kennziffern der Wirtschaftsstatistik. Auf der Grundlage eines Virentests, den man zum offiziellen Indikator für eine angeblich akute oder gar tödliche Infektionsgefahr gekürt hat, ist es der Politik gelungen, nahezu das gesamte gesellschaftliche Leben zum Stillstand zu bringen, Millionen von Menschen in wirtschaftliche oder soziale Not oder Bedrängnis zu stürzen alldieweil man dem pharmazeutisch-industriellen Komplex, d.h. z.B. den Herstellern von Masken, Tests und Impfstoffen, umgekehrt zu ungeheurem Reichtum verhilft, und dennoch selbst, jedenfalls bislang, als Helden aus der ganzen Geschichte hervorzugehen.
Eine erschreckende, geradezu niederschmetternde Erkenntnis.
Prof. Dr. Hans-Hermann Hoppe, Philosoph und Volkswirt, ist einer der führenden Vertreter der Österreichischen Schule der Ökonomie und zählt zu den bedeutendsten Sozialwissenschaftlern der Gegenwart. Er lehrte von 1986 bis zu seiner Emeritierung 2008 an der University of Nevada, Las Vegas, USA. Er ist Distinguished Fellow des Ludwig von Mises Institute in Auburn, Alabama, USA, und Mitglied im wissenschaftlichen Beirat des Ludwig von Mises Institut Deutschland. Hoppe lehrt und hält Vorträge weltweit. Seine Schriften sind in 30 Sprachen übersetzt worden. Er ist Gründer und Präsident der Property and Freedom Society und lebt heute als Privatgelehrter in Istanbul. Zu seinen Büchern gehören u.a. „Die Kritik der kausalwissenschaftlichen Sozialforschung“, „Eigentum, Anarchie und Staat“, „A Theory of Socialism and Capitalism“, „The Economics and Ethics of Private Property“, „The Myth of National Defense“, „Demokratie. Der Gott, der keiner ist.“, „Der Wettbewerb der Gauner“, „The Great Fiction: Property, Economy, Society, and the Politics of Decline“, „From Aristocracy to Monarchy to Democracy“ und „A Short History of Man: Progress and Decline“.
Weitere Informationen auf www.hanshoppe.com und www.propertyandfreedom.org.
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