Bargeld ist das Mittel zur Freiheit

20. Januar 2020 – Warum die hohe Politik das Bargeld verabscheut

von Andreas Tögel

Andreas Tögel

Gegen Ende des Vorjahres standen vor den Portalen deutscher Edelmetallhändler Kaufinteressierte Schlange. Das ist kein Wunder, da mit Beginn des Jahres 2020 der anonyme Erwerb von Gold auf 2.000 Euro pro Person beschränkt ist. Der Fiskus möchte ab sofort über jede in Privathand befindliche Unze Bescheid wissen. Offizielle Begründung: Kampf gegen das Schwarzgeld. Wahrer Grund: Erlangung der totalen Kontrolle über die letzten anonymen Wertereserven der Bürger. Wer das Wesen von Edelmetall als dem einzig echten Geld begriffen hat, wird sich über diese neuerliche Freiheiteinschränkung durch die Regierung nicht wundern.

Nach Fjodor Dostojewski ist Geld geprägte Freiheit. In der Tat: Geld ist in einem modernen, arbeitsteiligen System – im Gegensatz zu einer auf Autarkie zielenden Subsistenzwirtschaft – unverzichtbar. Es ist nicht nur erforderlich, um die Kosten des täglichen Lebens zu bestreiten, sondern sein Besitz schafft zudem Möglichkeiten, persönliche Wünsche und Träume zu verwirklichen. Es dient dem „Streben nach Glück“.

Geld und sein Gebrauch wurden nicht erfunden. Es ist nicht das Ergebnis des Denkens und Planens, sondern es wurde „entdeckt“, indem man bestimmte Güter als allseits begehrt erkannte, und sie als Tauschmittel für alle möglichen anderen Dinge einzusetzen begann. Eine wesentliche Voraussetzung der Geldfunktion ist daher die allgemeine Akzeptanz eines Gutes und das Vertrauen in seine Werthaltigkeit über den Tag hinaus. Nicht umsonst konnten sich die Edelmetalle Gold und Silber in den verschiedensten Kulturen als Tauschmittel durchsetzen. Die Kaufkraft von Gold hat sich über Jahrtausende erhalten – anders als die des papierenen Fiat-Geldes, wie auch immer sein Name lautet.

Den Herrschenden war stets klar, dass die Kontrolle über das Geldwesen eine wesentliche Säule ihrer Herrschaft darstellt. Die Verfügungsgewalt der Regierungen über das Geld und damit ihre Möglichkeit, seine Umlaufmenge zu manipulieren, bildeten immer wieder Ursachen für planmäßige Geldverschlechterungen, die schon lange vor der Erfindung des Papiergeldes stattfanden. Leidtragende der Inflationierung einer zum gesetzlichen Zahlungsmittel erklärten Monopolwährung waren stets die Geldhalter, denn jeder neu gedruckte Schein mindert die Kaufkraft der bereits bestehenden. Hyperinflationen und Währungsreformen mit Enteignungscharakter waren und sind daher typisch für das staatliche Geldwesen.

Der prominente und einflussreiche US-Ökonom Kenneth Rogoff, Chefvolkswirt des IWF und umtriebiger Bargeldgegner, ignoriert diese Fakten. Er argumentiert mit der Forderung von Staat und Zentralbanken, negative Zinsen durchsetzen zu wollen. Auf sein zweites Argument, also das Märchen von der „dunklen Seite des Geldes“ (gemeint ist der Gebrauch von Bargeld durch Kriminelle) einzugehen, lohnt sich nicht. „Abusus non tollit usum“, wußte man schon im Rom der Antike. Niemand würde Textilien abschaffen wollen, nur weil Verbrecher ihre Untaten bekleidet auszuführen pflegen. Da man aber nicht daran denkt, ehrliche Menschen ein paar Krimineller wegen dazu zu zwingen, nackt herumzulaufen, weshalb sollten sie dann auf die Vorteile der Bargeldverwendung verzichten müssen?

Negative Zinsen“ sind ein den Folterkammern von Planwirtschaftlern entstammendes Phänomen. Sie nutzen – zumindest kurzfristig – dem Staat, der sich damit zum Nulltarif verschulden kann, und schaden privaten Eigentümern von Geldvermögen. Negativzinsen bedeuten einen Zugriff des Währungsmonopolisten auf diese Geldvermögen. Für den Lebensabend angesparte Vorsorgen, wie etwa Erlebensversicherungen, werden damit auf unspektakuläre Weise enteignet. Es ist, als ob aus einem gesicherten Warendepot heimlich Teile der Bestände entwendet würden.

Die Vorstellung, daß Sparer Schädlinge sind und Konsumorgien den Weg zum kollektiven Wohlstand ebnen, ist, seitdem Maynard Keynes Mitte der 1930er-Jahre seine „General Theory“ veröffentlichte, nicht umzubringen. Daß erhöhter Konsum die Grundlage von mehr Wohlstand schaffen könnte, ist indes ein mit der Logik unvereinbarer Gedanke, da erhöhter Konsum ja eine mögliche Folge zuvor erreichten Wohlstandes, nicht aber seine Ursache ist. Dennoch findet der Gedanke in Kreisen der von ihrer Allmacht überzeugten Ökonomen und Staatenlenkern viele begeisterte Anhänger. Bei dieser Frage geht es nicht etwa um ein „Henne-Ei-Problem“. Denn daß ein Kuchen zunächst gebacken werden muß, ehe man ihn essen kann, dürfte einleuchten. Daß es der Mühsal des Erwerbs der zum Backen nötigen Ressourcen bedarf – die wiederum ein Erwirtschaften der dafür nötigen Mittel voraussetzt – ebenfalls. Reich konsumieren kann man sich nur in Absurdistan.

Da es Rogoff um die Durchsetzung negativer Zinsen zu tun ist, steht ihm das Bargeld im Wege. Die Konteninhaber könnten ja ihre Bankguthaben abziehen, Bargeld zu Hause oder in Bankschließfächern horten und sich so zumindest dieser Spielart fiskalischer Enteignung entziehen. Deshalb muss das Bargeld weg.

Möglich wird dieses unerhörte Ansinnen des Fiskus, weil das staatliche Papiergeldmonopol dazu geführt hat, dass kaum noch jemand um Entstehung und Wesen des Geldes Bescheid weiß. Geld kommt eben aus der Notenbank, basta. Schlimmer noch: Dass es Geld in Form von Münzen und Scheinen gibt, ist für viele, die gewohnheitsmäßig auch Bagatellbeträge elektronisch bezahlen, bedeutungslos geworden. Das ist deshalb problematisch, weil die Politik dadurch die Möglichkeit erhält, hemmungslos auf rechtmäßig erworbene Vermögensbestände der Bürger zuzugreifen, ohne dabei einen allgemeinen Aufschrei auszulösen. Gäbe es kein virtuelles Geld, wäre ein körperlicher Zugriff erforderlich, dessen sich jeder Betroffene unmittelbar bewusst würde. Die Bürger würden Widerstand leisten und Gegenstrategien entwickeln.

Intrinsisch werthaltiges, also echtes Geld basiert nicht, wie im rezenten Schuldgeldsystem unumgänglich, auf einer (schuldrechtlichen) Forderung, sondern auf einem (sachrechtlichen) Realwert. Das ist ein gewaltiger Unterschied. In einem Warengeldsystem bleibt der Übergriff des Steuervogts keinem verborgen, wenn er – nachdem der Steuerpflicht bereits nachgekommen wurde – einen Teil des Eigentums der Bürger an sich reißt. Jeder erkennt diese Anmaßung. Besitzt man aber nur ungedecktes Papier- oder Giralgeld, fällt der Raubzug mittels negativer Zinsen nicht augenblicklich auf.

Negativzinsen sind der Ausdruck eines seinem Wesen nach perversen Planwirtschaftssystems und widersprechen der Natur des Menschen. Diese bewertet die gegenwärtige Verfügungsgewalt über ein Gut nämlich grundsätzlich höher als die künftige, was sich in einem positiven „natürlichen Zins“ ausdrückt.

Geld ist in einer Subsistenzwirtschaft überflüssig. In einem arbeitsteiligen System stellt es „geronnene Arbeit“ dar. Und: Man gelangt nur dann auf nicht kriminelle Weise in seinen Besitz, wenn man ein nachgefragtes Gut dafür hingibt. Das aber fällt nicht vom Himmel. Es bedarf des Einsatzes von Arbeit und Kapital, um auf dem Markt verkäufliche Güter herzustellen. Da es sich bei der Zeit um das einzige auf Erden nicht vermehrbare Gut handelt, ist die Konfiskation von durch Einsatz von Lebenszeit erstellten Werten eine absolut unentschuldbare, ruchlose Tat.

Dass ein prominenter Ökonom wie Kenneth Rogoff eine Politik propagiert, die offensichtlich private Eigentumsrechte der fiskalischen Willkür opfert, wirft ein grelles Licht auf die Seriosität seiner Zunft. Die Ökonomie wird dieser Tage nicht mehr durch die Suche nach wissenschaftlicher Erkenntnis bestimmt. Sie macht sich vielmehr schamlos zum Werkzeug der Durchsetzung einer politischen Ideologie, nämlich des Geldsozialismus (© Roland Baader).

Es ist, wie Ayn Rand es in ihrem Gleichnis von der Symbiose Attilas mit dem Geisterbeschwörer beschrieben hat: Die Rolle des unproduktiven und gewalttätigen Kriegsherren, spielt heute die Regierung. Der Part des zur Umsetzung ihrer Untaten unentbehrlichen Ideenlieferanten geben, neben intellektuellen, steuerfinanzierten Staatsschranzen, Ökonomen, die auf den Lohnlisten von Regierungen und Zentralbanken stehen.

Wurde die Ökonomie von Thomas Carlyle einst zur „trostlosen Wissenschaft“ erklärt, bietet sich heute ein noch übleres Bild: Die ökonomische Wissenschaft ist zum Handlanger der Regierenden und deren Komplicen in der Finanzindustrie verkommen.

Die beiderseits des Atlantiks betrieben Politik der „finanziellen Repression“ zeigt Folgen: Auf der Suche nach Möglichkeiten zum Erhalt der Vermögenssubstanz werden Sparer in Anlagen gezwungen, die weit jenseits ihrer normalen Risikobereitschaft liegen. Blasenbildungen, wie im Immobilienbereich oder bei zum Teil dubiosen Wertpapieren sind die Folge – und damit das Risiko schmerzhafter Vermögensverluste.

Die Erwartung, das Geld würde an Kaufkraft verlieren, steigert die Zeitpräferenz, was zu einer Verringerung der Sparneigung und erhöhten Konsumausgaben führt. Da dauerhafter Wohlstand die Existenz eines soliden Kapitalstocks voraussetzt, der aber unter den herrschenden Bedingungen nicht nur nicht aufgestockt, sondern sogar aufgezehrt wird, sollte man sich hinsichtlich der auf uns zukommenden Entwicklung keiner Illusion hingeben: Der „Peak Wohlstand“ liegt hinter uns. Den Jungen wird es materiell schlechter gehen als der abtretenden Generation der konsumwütigen Babyboomer.

Dass Nomenklatura und Bankenwelt entschlossen auf eine Abschaffung des Bargeldes hinarbeiten, leuchtet ein. Während es der Nomenklatura um eine weitere Ausdehnung ihrer Macht geht – wenn es ihr geraten scheint, kann der Bürger sich dann nicht einmal mehr ein Stück Brot kaufen -, ist es für die Banken der zusätzlich winkende Umsatz. Schließlich bringt jede einzelne Transaktion den Finanzhäusern Geld. Ein Leben ohne Konto wäre unmöglich. Auch Handelsketten lieben das Plastikgeld, da es ihnen die Möglichkeit bietet, ihre Kunden stärker an sich zu binden. Entsprechend aggressiv wird die Verwendung von Bankomat- und Kreditkarten oder „elektronischen Geldbörsen“ beworben. Darüber, dass damit eine vollständige Kontrolle über sämtliche Transaktionen verbunden ist, macht sich kaum jemand Gedanken.

Restlos entzückt über den Vormarsch des elektronischen Geldes ist der Staat. Der greift mit seiner inflationistischen Geldpolitik jetzt schon unentwegt auf die Spargroschen der Bürger zu. Allerdings sind ihm dabei Grenzen gesetzt. Immerhin muß ein Vertrauensverlust in die Währung und eine damit verbunden Hyperinflation vermieden werden. Bargeldbestände aber entziehen sich – anders als auf Bankkonten geparktes Giralgeld – weitgehend seinem direkten Zugriff.

Die Kontrolle des Staates über seine Bürger wäre nach der Abschaffung des Bargeldes nahezu total, denn schließlich hinterlässt jede Benutzung von Kredit- oder Bankomatkarten Spuren. Konten einzufrieren oder abzuräumen, ist für den Staat bequemer, als Haussuchungen vorzunehmen, um unter Matratzen verstecktes Geld zu konfiszieren. Seine treuesten Handlanger – die Geschäftsbanken – stehen bereit, ihm zu helfen. Big Government und big (financial) Business sind nämlich – in schrillem Gegensatz zum Tenor klassenkämpferischer Sonntagsreden stimmenmaximierender Politfunktionäre – stets ein Herz und eine Seele. Konzernbetrieben werden – nicht nur in steuerlicher Hinsicht – Konzessionen gemacht, von denen kleine und mittlere Unternehmen nur träumen können. Denen wird dafür, wie jedem anderen Leistungsträger, unausgesetzt mit unerbittlicher fiskalischer Strenge nachgestellt.

Wer einwendet, er habe nichts zu verbergen, und es sei ihm daher egal, ob die Regierung jeden seiner Schritte überwacht, sollte sich einen Moment lang in die Lage eines regierungskritischen Nonkonformisten versetzen. Hätten die Terrorregimes des 20 Jahrhunderts über die heute vorhandenen Mittel verfügt, jede Geldbewegung zu kontrollieren oder zu unterbinden, wären die von ihnen produzierten Leichenberge noch um einiges höher ausgefallen. Viele weitere Menschen wären dann einfach verhungert.

„Folge stets der Spur des Geldes“, lautet ein Grundsatz der Kriminologie. Er ist auf so gut wie alle Lebensbereiche anzuwenden. Bargeld versetzt – unabhängig vom Gutdünken der Obertanen und Bankster – jedermann jederzeit in die Lage, unkontrollierbare, anonyme Transaktionen vorzunehmen. Das ist gut so. So wie der Käufer eines Ferraris nicht von Vornherein der notorischen Schnellfahrerei verdächtig ist, berechtigt das Eintreten für die Möglichkeit von Barzahlungen nicht zum Generalverdacht gegen jedermann, er könnte krumme Geschäfte abwickeln.

Längst ist es zu spät, den Anfängen zu wehren. Jetzt geht es – bis zum bevorstehenden Kollaps des herrschenden Ponzi-Systems – nur noch um Schadensbegrenzung. „Leben ohne Bargeld“ bedeutet, den in den Regierungsvierteln sitzenden „stationären Banditen“ (© Mancur Olson) auf Gedeih und Verderb ausgeliefert zu sein. Der Besitz von Bargeld dagegen ist ein Ausdruck von Freiheit. Entschlossener Widerstand gegen seine Abschaffung ist daher Bürgerpflicht.

Fazit: die Existenz von Bargeld bedeutet Freiheit für den Bürger und Kontrollverlust für den Leviathan. Kein Staatsscherge kann – anders als bei elektronischen Zahlungen – dessen Weg nachvollziehen. Es geht um Privatsphäre in einer total überwachten Welt! Das Argument „Wer nichts zu verbergen hat, braucht sich vor keiner Kontrolle zu fürchten“ ist obsolet, sobald man sich ausmalt, was es in Deutschland zwischen 1933 und 1945 bedeutet hätte, wenn der Staat über heute vorhandene Überwachungsmittel verfügt hätte! Meint tatsächlich jemand, daß die Freiheit dieser Tage nicht erneut in Gefahr geraten kann? Geschichte, so befindet Mark Twain, wiederholt sich zwar nicht, aber sie reimt sich. Eine Abschaffung des Bargeldes würde die Mobilität von Dissidenten und Nonkonformisten radikal einschränken und ihm nur noch die Wahl zwischen Gefangenschaft und Hungertod lassen. Der Weg in den totalitären Staat würde sich damit dramatisch beschleunigen.

Andreas Tögel, Jahrgang 1957, ist gelernter Maschinenbauer, ausübender kaufmännischer Unternehmer und überzeugter “Austrian”.

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Hinweis: Die Inhalte der Beiträge geben nicht notwendigerweise die Meinung des Ludwig von Mises Institut Deutschland wieder.

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