Roboter vernichten keine Arbeitsplätze

17. August 2018 – von Daniel Lacalle

Daniel Lacalle

Ich mache mir keine Sorgen über künstliche Intelligenz, aber ich fürchte die menschliche Dummheit.

Die nötige Debatte über Technologie und ihre Rolle in der Gesellschaft wird dazu missbraucht, die Bürger zu täuschen und ihnen Angst vor der Zukunft zu machen, damit sie sich Politikern unterwerfen, die weder fähig noch willens sind, uns vor den Herausforderungen der Automatisierung zu schützen.

Es gibt allerdings zahlreiche Studien, die voraussagen, dass in 50 Jahren der überwiegende Teil der Arbeit von Robotern verrichtet werden wird. Wie sollen wir nun damit umgehen?

Seit Jahrzehnten sind wir den Trugschlüssen dystopischer Studien erlegen.

Ich erkläre meinen Studenten immer, dass uns schon vor siebzehn Jahren Wasser, Öl und Arbeitsplätze ausgegangen sein müssten, hätten die Zukunftsstudien von vor fünfzig Jahren gestimmt. Fünfzig-Jahres-Studien leiden alle unter den gleichen Fehlern. Erstens, Gegenwartsvoreingenommenheit: Man geht von der gegenwärtigen Situation aus und führt sie ins Extrem fort. Zweitens, Verklärung der Vergangenheit: Nein, nein, früher war alles besser. Drittens, es wird immer eine unmögliche und düstere Zukunft vorausgesagt, in dem alle Beweise für die menschliche Genialität und den menschlichen Erfindungsreichtum ignoriert werden.

In Wirklichkeit haben wir heute 7,5 Milliarden Menschen auf der Welt, und es gibt trotz der Technologierevolution mehr Arbeit als je zuvor. Die weltweite Arbeitslosigkeit ist auf einem historischen Tiefststand von 5%, und die weltweite Armut ist auf ein noch nie dagewesenes Niveau zurückgegangen, nämlich von 80% im Jahr 1820 auf heute noch 10%. Die Säuglingssterblichkeit hat sich von 1990 bis 2016 mehr als halbiert, nämlich von 64,8 Todesfällen pro 1000 Geburten auf 30,5 Todesfälle.

Wir haben reichlich natürliche Rohstoffe; die bekannten Ölreserven sind gestiegen, und es gibt ein vielfältigeres Angebot. All dies verdanken wir der größten Technologierevolution, die die Menschheit je gesehen hat.

Mehr als die Hälfte der Tätigkeiten von heute haben vor 20 Jahren noch gar nicht existiert. Daten von mehr als 140 Jahren beweisen eindeutig, dass technologischer Fortschritt viel mehr Arbeitsplätze schafft, als er zerstört, und dass es eine Lüge ist, dass niedrigqualifizierte Arbeitsplätze für immer verschwinden. Es werden nämlich auch welche neu geschaffen. Eine Studie von Ian Stewart, Deprabatim De und Alex Cole zeigt eindeutig, dass Technologie die langweiligsten, gefährlichsten und härtesten Arbeiten ersetzt – die Arbeiten also, die wir sowieso nicht machen wollen – und dafür viel mehr Arbeitsplätze in der Dienstleistungsbranche und in den Bereichen menschlichen Wissens und menschlicher Zusammenarbeit schafft.

Tatsächlich sagen Studien von Deloitte, Ernst/ Young und anderen auch voraus, dass es in Zukunft viel mehr Arbeitsplätze geben wird, die um die neuen Technologien herum und in Dienstleistungsbereichen abhängig von ihnen entstehen werden. Die Untergangspropheten vergessen stets, dass, solange der Kunde ein Mensch ist, die Erfahrung und der Umgang mit anderen Menschen nicht weniger werden wird, sondern mehr.

Die am stärksten automatisierten Gesellschaften leiden nicht unter höherer Arbeitslosigkeit, sondern sie ist dort viel geringer. Laut OECD-Daten von 2016 haben Südkorea, Singapur, Japan und Deutschland die höchste Automatisierungsrate (jeweils 530, 400, 305 und 301 Roboter pro 1000 Arbeiter), und eine Arbeitslosigkeit von weniger als 3,9%. Dagegen haben Länder, die Branchen mit geringer Produktivität subventionieren und staatlich schützen, eine höhere Arbeitslosigkeit als Länder mit hohem Automatisierungsgrad. Spanien zum Beispiel hat 60% weniger Automatisierung als die führenden Länder, und eine fünfmal höhere Arbeitslosenquote. McKinsey schätzt, dass fast die Hälfte der Zunahme an Wettbewerbsfähigkeit der nächsten 50 Jahre auf Digitalisierung und Automatisierung zurückzuführen sein wird. Dies bedeutet höhere Löhne in allen Branchen, selbst für niedrigqualifizierte Arbeiten.

Ich bin sicher, dass diese Schätzungen von der Realität überholt werden, sowohl was Produktivitätszuwächse als auch was Verbesserungen der Lebensqualität und Fortschritten im Bereich der kreativen Automatisierung angehen. Viele neue und bessere Arbeitsplätze werden entstehen – selbst für Niedrigqualifizierte, die in den Service- und Supportbereich wechseln werden.

Die Firmen, die dieses Phänomen am besten repräsentieren, werden unter ihren Anfangsbuchstaben zusammengefasst: FAANG (Facebook, Amazon, Apple, Netflix und Google). Die spektakuläre Entwicklung dieser Firmen hat keine negativen Auswirkungen auf die Beschäftigung gehabt. Die Arbeitslosigkeit in den Vereinigten Staaten ist auf dem niedrigsten Stand seit 1968, während die Firmen, die eigentlich wegen der technologischen Entwicklung auf der Verliererseite hätten stehen sollen, gestärkt wurden, weil sie sich dem Wettbewerb stellen mussten.

Weltweit geht die Arbeitslosigkeit ständig zurück, obwohl diese Firmen heute 27% der Marktkapitalisierung des US-S&P500-Aktienindex stellen. Ihre Geschäftsmodelle haben Arbeitsplätze und Dienstleistungen geschaffen, die es noch vor einigen Jahrzehnten gar nicht gegeben hat. Diese Firmen haben indirekt viel mehr Arbeitsplätze geschaffen, als sie „zerstört“ haben.

Die Ausrede „Was geschieht mit den niedrigqualifizierten Arbeitsplätzen?“ soll die Trugschlüsse des Interventionismus kaschieren.

Protektionismus, Subventionen und Wohlfahrtsbeihilfen schützen Arbeitsplätze in veralteten Branchen nicht, und sie schaffen sie schon gar nicht neu. Um niedrigqualifizierte Arbeiter fit für Technologie zu machen, muss man sie ausbilden, und zwar richtig, am Arbeitsplatz. Technologie hat für bis zu 40% mehr niedrigqualifizierte Arbeitsplätze gesorgt, als sie gekostet hat, wie wir in Kalifornien, Texas oder Illinois, und in asiatischen Ländern gesehen haben.

Eine erste positive Auswirkung der Digitalisierung wird direkt durch diese Firmen bewirkt, die zusammen weltweit mehr als 800.000 Menschen beschäftigen, die klar produktiver sind als die Menschen in traditionellen Branchen, und höhere Löhne beziehen.

Facebook hat 27.000 Angestellte, Google 88.000, und sie zahlen über 50% höhere Löhne als Industriebranchen. Ihr Geschäftsmodell basiert hauptsächlich auf der Schaltung von Werbung in digitalen Medien – einem Markt, der bis vor ein paar Jahren noch gar nicht existiert hat. Ein weiterer Nettozuwachs von 115.000 Arbeitsplätzen ist durch neue Technologien in den USA entstanden. Währenddessen ist Amazon, mit einem Marktanteil von 44% im E-Commerce-Bereich, laut Michael Mendel hauptverantwortlich für die Schaffung von mehr als 400.000 Arbeitsplätzen im E-Commerce-Bereich in den USA. Im Fall Amazon müssen außerdem die Auswirkungen auf e-commerce-nahe Branchen, wie Logistik, Paketzustellung, elektronischer Zahlungsverkehr etc. berücksichtig werden.

In Asien, einem Kontinent, wo Automatisierung fester Bestandteil von Firmen und Produktionsmethoden ist, sind die positiven Auswirkungen dieses Phänomens schon bekannt. Laut der Asian Development Bank hat die von der Automatisierung verursachte größere wirtschaftliche Dynamik in 12 asiatischen Schwellenländern von 2005 bis 2015 den durch sie bewirkten Verlust von Arbeitsplätzen ausgeglichen, und sogar noch zusätzliche Arbeitsplätze geschaffen. Diese Umwandlung hat dazu geführt, dass jährlich 134 Millionen neue Arbeitsplätze entstanden sind – eine eindeutig höhere Zahl als die 104 Millionen Jobs, die jährlich durch Automatisierung überflüssig wurden. Zwischen 43% und 57% aller neuen Arbeitsplätze in Indien, Malaysia und den Philippinen sind in den letzten 10 Jahren in der Technologiebranche entstanden. Aber es ist noch viel wichtiger, dass sich der Arbeitsplatzzuwachs im Servicebereich, der Tourismusbranche, Hotels und verwandten Branchen mehr als verdoppelt hat.

Wetten Sie niemals gegen den menschlichen Erfindungsreichtum. Der größte Feind der Propheten der Apokalypse ist ein Ingenieur.

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Aus dem Englischen übersetzt von Florian Senne. Der Originalbeitrag mit dem Titel Robots Do Not Destroy Employment, Politicians Do ist am 29.6.2018 auf der website des Mises-Institute, Auburn, US Alabama erschienen.

Daniel Lacalle ist promovierter Wirtschaftswissenschaftler und Autor von Escape from the Central Bank TrapLife In The Financial Markets und The Energy World Is Flat.

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Hinweis: Die Inhalte der Beiträge geben nicht notwendigerweise die Meinung des Ludwig von Mises Institut Deutschland wieder.

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