Der furchtbare Blutzoll der Russischen Revolution

6.11.2017 – von Yuri N. Maltsev.

Yuri N. Maltsev

Der russische Präsident Wladimir Putin würde die bolschewistische Revolution, deren 100-jähriges Jubiläum diesen Monat stattfindet, gerne ignorieren. Putin hat seinen Beratern angeblich mitgeteilt, es sei unnötig, den Anlass zu feiern. Er weiß – es ist nichts, worauf man stolz sein kann.

Es fing mit der Revolution von 1917 an

Die Schrecken des Sozialismus des zwanzigsten Jahrhunderts – Lenin, Stalin, Hitler, Mussolini, Mao und Pol Pot – hatten ihren Ursprung 1917. Siebzig Jahre früher sagten Marx und Engels voraus, dass der Umsturz der Herrschaft der Bourgeoisie Gewalt und „die Diktatur des Proletariats … zur Ausmerzung der verbleibenden kapitalistischen Elemente“ erfordern würde. Lenin vollzog diese „Ausmerzung“ durch allgemeinen Terror, wie es russische Sozialisten vor ihm getan hatten und nach seinem Tod weiter tun würden.

Der verstorbene Rudolph Rummel, Demograf staatlicher Massenmorde, schätzte die Opfer des Sozialismus des zwanzigsten Jahrhunderts auf ca. 61 Millionen in der Sowjetunion, 78 Millionen in China, und ca. 200 Millionen weltweit. Sie starben während staatlich organisierter Hungersnöte, Kollektivierungsmaßnahmen, der Kulturrevolution, Säuberungen, Kampagnen gegen „unverdientes“ Einkommen und weiterer teuflischer, gesellschaftsklempnerischer Experimente.

Dieser Terror ist beispiellos in der Geschichte der Menschheit.

Lenins Coup vom 7. November 1917, als Kerenskis Übergangsregierung von bolschewistischen Kräften überrannt wurde, eröffnete ein neues Kapitel in der Menschheitsgeschichte: Ein Regime öffentlicher Sklaverei. Kollektivistische Wirtschaftsplanung führte zu Zwang, Gewalt und Massenmord. Marx und Engels definierten Sozialismus als „die Abschaffung des Privateigentums“. Die grundlegendste Komponente des Privateigentums, das Selbsteigentum, wurde zuerst abgeschafft.

Allgemeine Zerstörung

Die Hauptziele der Angriffe der Marxisten waren stets Familie, Religion und die Zivilgesellschaft – institutionelle Hindernisse bei der Errichtung des allmächtigen Staates. Nach der Machtergreifung der Bolschewisten machte sich Lenin daran, diese zu zerstören.

Die Ermordung von Kindern wurde zur Normalität, nachdem er die Vernichtung von Zar Nikolaus II., seiner Frau Alexandra und ihrer fünf Kinder angeordnet hatte. Millionen Familien wurden zusammengetrieben und in entlegene und unbewohnte Gegenden Sibiriens und Kasachstans zwangsumgesiedelt. Hunderttausende Kinder verhungerten während der Reise ins Exil, oder starben an Krankheiten und wurden in namenlosen Massengräbern beigesetzt.

1935 führte Stalin Artikel 12 des Strafgesetzbuches der Sowjetunion ein, der die Verurteilung von Kindern ab 12 Jahren zum Tod oder zu Gefängnisstrafen als Erwachsene erlaubte. Dieses „Gesetz“ richtete sich gegen die Waisen der Opfer des Regimes, ausgehend von der Überzeugung, der Apfel falle nie weit vom Stamm. Zahlreiche dieser Kinder, deren Eltern gefangengenommen oder hingerichtet worden waren, bezeichneten man allgemein als Bezprizorni, oder Straßenkinder. Sie mussten in primitiven, schmutzigen Zellen der unglaublich gewalttätigen Gulags hausen, wo sie zwischen gefährlichen Kriminellen lebten und Opfer von Gewalt und Vergewaltigungen durch Wächter und normale Kriminelle waren.

Die Sowjetunion war der erste Staat, der als erklärtes ideologisches und praktisches Ziel die Eliminierung der Religion, oder, anders ausgedrückt, die physische Vernichtung religiöser Menschen hatte. Mit Lenins Dekret vom 20. Januar 1918 begann die Verstaatlichung des Kircheneigentums: Kathedralen, Kirchen, kirchliches Land und alle Gebäude in Kirchenbesitz wurden geplündert, und Wertsachen (Gold, Silber, Platin, Gemälde, Ikonen, historische Artefakte) wurden entweder von den Kommunisten gestohlen oder von staatlichen Agenten, kommunistischen Sympathisanten und ähnlichen Leuten wie dem amerikanischen Großindustriellen Armand Hammer, der sich 1921 mit Lenin traf, in den Westen verkauft.

Religiös zu sein, bedeutete oft das Todesurteil. Das Ziel war die absolute Kontrolle des Staates über die Gedanken mit Hilfe der säkularen Religion des Sozialismus. Fast alle Geistlichen und Millionen Anhänger (traditioneller) Religionen wurden erschossen oder in Arbeitslager geschickt. Seminare wurden geschlossen und religiöse Publikationen verboten.

Marxismus-Leninismus gab sich als „wissenschaftlicher Sozialismus“, die universale Erklärung von Natur, Leben und Gesellschaft. Abweichungen von dessen Ideologie, insbesondere traditionelle, “bourgeoise” Wissenschaft wurde jedoch mit dem Tode bestraft. Die Verfolgung von Wissenschaftlern nahm den Umfang eines Völkermordes an.

Umfassendes Scheitern

Nach vierundsiebzig Jahren Verwüstung und Elend scheiterte die bolschewistische Revolution endgültig. Der größte Staat der Erde, mit allen möglichen Bodenschätzen im Überfluss gesegnet, konnte nicht einmal die Grundbedürfnisse seiner Bürger erfüllen. Dem System war es nicht möglich, ohne Eigentumsrechte und Marktinstitutionen, deren Grundlage Eigentumsrechte sind, Ressourcen sinnvoll zu verteilen.

Aus meiner eigenen Lebenserfahrung in der Sowjetunion, die im selben Jahr zusammenbrach, in dem Wladimir Putin den Fall der Berliner Mauer an seine KGB-Vorgesetzten meldete, kann ich die Wahrheit von Ludwig von Mises Aussage bestätigen, dass Sozialismus einer „Revolte gegen die Ökonomie“ gleichkommt.

Und trotzdem hat der Sozialismus immer noch Sympathisanten im Westen. Viele Amerikaner glauben, Sozialismus sei etwas Gutes, während Kommunismus, Faschismus und Nationalsozialismus gewalttätig und antidemokratisch seien. Eine im letzten Jahr veröffentlichte Meinungsumfrage bewies diese allgemeine Vermutung: 43 Prozent aller Unter-Dreißig-Jährigen sahen Sozialismus als etwas Positives; nur 32 Prozent sahen Kapitalismus als etwas Positives. Dies ist eine deutliche Warnung. Die antikapitalistische Einstellung hat in allen sozialistischen Ländern stets zu Leid und Massenmord geführt, und den Lebensstandard und die Lebensqualität in gemischten Systemen gesenkt.

Die Sowjetunion ist nun genau so Geschichte wie die gigantischen Marx- und Lenin-Statuen, mit denen der Osten einst übersät war, aber Ideen haben Konsequenzen, und keine Idee hat eine größere Anhängerschaft gefunden als der Marxismus-Leninismus. Ein russischer Denkspruch sagt: „Die einzige Lehre aus der Geschichte lautet, dass die Menschen nichts aus ihr lernen.“ Für viel zu viele Menschen trifft das heute genauso zu wie früher.

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Aus dem Englischen übersetzt von Florian Senne. Der Originalbeitrag mit dem Titel The Staggering Toll of the Russian Revolution ist am 2.11.2017 auf der website der Foundation of Economic Education erschienen.

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Professor Yuri Maltsev erwarb seinen B.A. und M.A.-Abschluss an der Staatlichen Universität Moskau und seinen Doktortitel in Arbeitswirtschaft am Institut für Arbeitsforschung in Moskau, Russland. Vor seiner Auswanderung in die Vereinigten Staaten im Jahr 1989 war er Mitglied eines hochrangigen sowjetischen Wirtschaftsteams, das am Reformpaket der Perestroika von Präsident Gorbatschow arbeitete.

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Hinweis: Die Inhalte der Beiträge geben nicht notwendigerweise die Meinung des Ludwig von Mises Institut Deutschland wieder.

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