Warum die Robotersteuer von Bill Gates eine schlechte Idee ist

15.3.2016 – von Jonathan Newman.

Jonathan Newman

Bill Gates hat eine sogenannte „Robotersteuer“ gefordert, um das Steueraufkommen aufrechterhalten zu können, wenn Menschen ihren Job wegen eines Roboters verlieren, der die gleiche Arbeit verrichtet. Er scheint damit derselben Argumentationslinie zu folgen wie viele Befürworter eines universellen Grundeinkommens es tun: Wenn ein Arbeiter mit einem Lohn von € 50,000.00 pro Jahr aufgrund Automatisierung seinen Job verliert und danach einer Arbeit nachgeht, die nur noch € 25,000.00 pro Jahr abwirft, benötigt die Regierung zusätzliche Ressourcen, um die Lebensqualität dieses Arbeiters aufrechterhalten zu können, wird aber gleichzeitig Einkommenssteuer von diesem Arbeiter verlieren.

Selbst wenn wir den fragwürdigen Nutzen von Besteuerung und Staatsausgaben außer Acht lassen, klaffen in der Argumentation von Gates dennoch einige Lücken.

Was ist eigentlich ein „Roboter“?

Der erste und offensichtlichste Punkt, den es zu klären gilt, ist: Was ist eigentlich ein “Roboter”? Muss das eine menschenähnliche Maschine sein, die piept und monoton spricht? Was ist mit den gigantischen, mechanischen Roboterarmen in einer Fabrik, die Türen in neue Autos einsetzen? Zählt ein „smartes“ Werkzeug, das Arbeitskraft einspart, aber dennoch keine beweglichen Teile besitzt? In diesem Fall sind alle Computer neue Steuersubjekte. Was ist mit Technologien, die ohne Computerpower oder bewegliche Teile auskommen, aber immer noch die benötigte Arbeitskraft im Produktionsprozess reduzieren? In diesem Fall sind alle Kapitalgüter, angefangen vom Rad bis zur Bändigung des Feuers, neue Steuersubjekte.

Es gibt keinen unwillkürlichen Weg, um gute Kapitalgüter von bösen Kapitalgüter zu unterscheiden. Kapital ist Kapital, unabhängig davon, wie komplex es ist oder ob es eine Tastatur besitzt oder blinkende Lichter. Sämtliches Kapital wird von Unternehmern für nur einen Zweck eingesetzt: Mehr von dem zu produzieren, was sich die Konsumenten wünschen und das mit Ressourcen, die nirgendwo anders wertvoller oder effizienter eingesetzt werden könnten.

Roboter erhöhen das Steueraufkommen

Zweitens: Denkt man das Gedankenexperiment von Gates bis zum Ende durch, stellen wir fest, dass es eigentlich gar keinen allgemeinen Ausfall bei den Staatseinnahmen gibt. Wir können dieses Szenario sogar beliebig komplex gestalten, wenn wir möchten. Zum Beispiel können wir uns einen Roboter namens Bernard vorstellen, der einfach so vom Himmel und einem Unternehmer namens Robert vor die Füße fiel. Roboter Bernard ist exakt gleich fähig, wie die menschliche Angestellte Theresa im Unternehmen von Robert, außer dass Bernard niemals zusammenbricht. Angenommen Theresa wird vollständig durch Bernard ersetzt und es gibt keine andere Beschäftigung im Unternehmen für sie: Ihr Einkommen sinkt von € 50.000,00 im Jahr (was ihrer marginalen Einkommensproduktivität für Robert entspricht) auf € 0,00.

In diesem Szenario wurden, wegen dem Roboter Bernard, die € 50.000,00 Einkommen pro Jahr exakt von Theresa auf Robert übertragen. Es gibt keine Veränderung des Gesamtsteueraufkommens des Staates.

Jede Aufweichung dieser Annahme, um das Szenario realistischer zu gestalten, würde lediglich dazu führen, dass sich das Steuereinkommen erhöht. Bernard herzustellen, ist teuer und er muss repariert werden, was wiederum bedeutet, dass Roboterproduzenten und Robotermechaniker ebenfalls Einkommen erhalten. Theresa kann anderswo einen Job finden. Passiert das alles in einem progressiven Steuersystem, könnte das zusätzliche Einkommen von Robert ihn in eine neue Steuerklasse befördern, was bedeutet, dass ein größerer Anteil seines Gesamteinkommens besteuert wird. Ist der Roboter produktiver als Theresa, ist das ebenfalls besser für das Steueraufkommen, da jedes zusätzlich generierte Einkommen einfach das Gesamteinkommen von Robert erhöht, dass dann wiederum mit progressiveren Steuersätzen besteuert wird.

Natürlich argumentiere ich nicht, dass höhere Steuereinnahmen eine gute Sache sind, sondern nur, dass die Befürchtung von Gates, Steuereinnahmen gingen wegen durch neue Technologien freigesetzte Arbeiter verloren, unbegründet ist.

Technologien bringen Vorteile für die ganze Bevölkerung

Drittens: Jede historische Periode mit neuen, signifikanten Technologien, die die Produktion effizienter gestalteten, hat immer die ganze Bevölkerung besser gestellt. Zwar ist es wahr, dass neue Technologien kurzfristig disruptiv auf die Zusammensetzung von Arbeitsplätzen wirken können, doch ist der überwiegende Effekt positiv, sogar für diejenigen, die ihren Job verlieren. Man muss sich nur den unglaublichen Aufwärtstrend des menschlichen Wohlstands anschauen, angefangen mit der Industriellen Revolution, während der sich der Lebensstandard dramatisch erhöht hat, bis zur Einführung neuer Technologien wie Computer und Internet.

Es gibt keinen Krieg zwischen Arbeit und Kapital oder Menschen und Robotern, weil sämtliches Kapital zum Anstieg der marginalen Produktivität von Arbeit führt. Das zieht zwei Effekte nach sich: 1) Wir können mehr von den Gütern produzieren, die wir wollen, und 2) unsere Löhne steigen, sowohl nominal, als auch real.

Ein Bauer mit einem Traktor ist wesentlich produktiver als ein Bauer ohne Traktor. Eine Sekretärin mit einem Computer ist wesentlich produktiver als ein Team von Sekretärinnen ohne Computer. Können Sie sich vorstellen, wie hoch ihre Produktivität ohne Kapital wäre? Wie hoch wäre Ihr Lohn oder Ihr Gehalt ohne all diese, Ihnen zur Verfügung stehenden, fantastischen Kapitalgüter. Wir würden zu einer primitiven Existenz zurückkehren und von der Hand in den Mund leben. Wir würden unter einer grausamen und qualvollen Lebensqualität leiden.

Den Einsatz von Kapital bestrafen zu wollen, ist sehr rückwärtsgewandt, wie auch immer sich Bill Gates darum bemüht, seine Position als vorausdenkend zu bezeichnen. Sie beinhaltet mehr Rückschritt und weniger Fortschritt. Sie verlangsamt den Wandel und hindert uns daran, die restlichen Probleme der Welt zu lösen – Probleme, für deren Lösung Bill Gates selbst sein Leben und seinen Wohlstand gewidmet hat.[1]

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[1] Es ist erst recht frustrierend, diese Argumentation von jemandem zu hören, der weltweit mehr Arbeit eingespart hat als jede andere derzeit lebende Person, vielleicht sogar als jede Person in der menschlichen Geschichte. Das festzustellen ist allerdings unmöglich, da sich jede neue produktive Technologie notwendigerweise auf die Leistungen vorhergegangener Erfinder und Unternehmer stützt, welche Kapital akkumulierten. Wir würden keine Computer besitzen, wenn wir nicht davor Elektrizität, Plastik, Metalle, alle Arten von Motoren, landwirtschaftliche Entwicklungen usw. entwickelt hätten, wie das folgende Mises-Zitat verdeutlicht:

Wollte man die Produktionszeit, die die Herstellung der einzelnen Güter vom ersten Einsatz originärer Produktionsmittel an erfordert hat, messen, dann müsste man in der Lage sein, die Geschichte der Entstehung eines jeden genussreifen Gutes zurückzuverfolgen und festzustellen, in welchem Zeitpunkte der Vergangenheit Arbeit und naturgegebene Produktionsmittel zuerst in Handeln eingesetzt wurden, das schließlich zur Hervorbringung dieses Gutes geführt hat. Die Lösung dieser Aufgabe würde die Lösbarkeit des Problems der physischen Zurechnung voraussetzen. Man müsste feststellen können, in welchem Ausmasse die Werkzeuge und Rohstoffe, die mittelbar und unmittelbar dem Erzeugungsprozess gedient haben, zu dem Endergebnisse beigetragen haben, und man hätte diese Rechnung zurückzuverfolgen bis zur Urentstehung ersten Kapitals durch das Ursparen von Leuten, die von der Hand in den Mund gelebt haben. Nicht allein die praktische Schwierigkeit, die solcher Geschichtsforschung im Wege steht, macht die Lösung des Problems unmöglich, sondern die grundsätzliche Unlösbarkeit des Problems der physischen Zurechnung, die uns schon den ersten Schritt dieser Rückverfolgung des Entstehungsganges eines Gutes verbietet, nämlich die Ermittlung des physischen Anteils, der jedem einzelnen Komplementärgut an seiner Entstehung zuzuschreiben ist.

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Aus dem Englischen übersetzt von Mathias Nuding. Der Originalbeitrag mit dem Titel Bill Gates’s Robot Tax Is a Terrible Idea ist am 7.3.2017 auf der website des Mises-Institute, Auburn, US Alabama erschienen.

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Jonathan Newman war in den Jahren 2013, 2014, and 2015 Summer Fellow am Mises Institute und unterrichtet Volkswirtschaft an der Auburn University.

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Hinweis: Die Inhalte der Beiträge geben nicht notwendigerweise die Meinung des Ludwig von Mises Institut Deutschland wieder.

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