„Besseres Geld für die Welt“
14.10.2016 – von Andreas Marquart.
Am 8. Oktober 2016 fand die 4. Jahreskonferenz des Ludwig von Mises Institut Deutschland (LvMID) statt. Die Vorträge und Diskussionen standen diesmal unter dem Titel „Besseres Geld für die Welt“. Etwa 150 Besucher hatten das Konferenzangebot angenommen und sich im Festsaal im Hotel „Bayerischer Hof“ in München eingefunden.
Der Präsident des LvMID, Thorsten Polleit, begrüßt die Teilnehmer und berichtet über die Fortschritte und die weiteren Pläne des Instituts, um die liberalen-libertären Ideen zu verbreiten.
Andreas Marquart, Vorstand des LvMID, macht in seiner Einführung unumwunden klar, dass das staatliche Geldwesen die Intervention ist, die die weitreichendsten und schädlichsten Folgen hat. Sie treffen praktisch alle und jeden. Es sei sehr wichtig, das staatliche Geldsystem zu verstehen, seine Probleme zu erkennen und über Reformmöglichkeiten nachzudenken.
Viel Lärm um nichts? Die ‚Österreichische‘ Kritik des Geldsystems
Jörg Guido Hülsmann (Universität Anger) zeigt in seinem Vortrag die Vielzahl der schädlichen Auswirkungen des staatlichen Geldsystems auf. Die Ausweitung der Geldmenge trage vor allen Dingen zur Umverteilung der Kaufkraft von Einkommen und Vermögen bei („Cantillon-Effekt“). Durch Geldmengenausweitung werden Investitionen angestoßen, die nicht nachhaltig sind beziehungsweise vielfach nicht zu Ende geführt werden können. Boom und Bust sind die unweigerliche Folge, wenn neues Geld per Kreditvergabe in Umlauf gebracht wird.
Hülsmann legt zudem dar, dass Boom und Bust die Volkswirtschaften regelrecht verarmen lassen. Es kommt zu einer Fehllenkung knapper Ressourcen. Das staatliche Geldsystem beschwört zudem eine Verantwortungslosigkeit der handelnden Akteure herauf. Es ist neben der staatlichen Regulierung vor allem aber die Existenz von Notenbanken, die als Retter der letzten Instanz auftreten und ein gewaltiges „Moral-Hazard“ verursachen, durch das im Ergebnis Gewinne privatisiert und Verluste vergemeinschaftet werden.
Zum Konzept des Vollgeldes
Joseph Huber (Martin-Luther-Universität Halle) stellt das Konzept des Vollgeldes vor. Unter Vollgeld ist das Geld zu verstehen, dass die staatliche Zentralbank ausgibt (in Form von Bargeld und Giroguthaben bei der Zentralbank). Der Vorschlag zielt darauf ab, die Geldproduktion der Geschäftsbanken zu beenden und die Geldschöpfungsgewinne, die bislang weitestgehend privatisiert werden, der öffentlichen Hand zukommen zu lassen. Das Vollgeldsystem soll die Geldpolitik wirkamer machen und Wirtschaftskrisen verhindern.
Es soll exzessiven Kredit- und Schuldenblasen wirksam vorbeugen. Auch soll es die Macht der Geschäftsbanken über die Zentralbanken beenden. Denn, so Huber, es seien die Geschäftsbanken, nicht aber die Zentralbanken, die die bestimmenden monetären Akteure sind. Der Übergang von Giralgeld auf Vollgeld würde mit einem einmaligen hohem Umstellungs-Geldschöpfungsgewinn („Seniorage“) einhergehen und einen großen Teil der öffentlichen Schulden abbauen beziehungsweise in der Bilanz der Zentralbank quasi verschwinden lassen.
Irrwege der Geldkritik
Philipp Bagus (Universidad Rey Juan Carlos, Madrid) beschäftigt sich in seinem Vortrag mit den Theorien zahlreicher Geldkritiker. Er legt offen, dass die meisten von ihnen auf einer Kritik des Zinses aufbauen, wie eine genau Analyse zeigt. Dies jedoch ist ein theoretischer Irrweg, so Bagus. Denn der Zins ist Ausdruck des menschlichen Handels und zeigt sich in der Zeitpräferenz. Letztere bezeichnet die Tatsache, dass der Mensch unter Knappheit handelt und daher eine frühere Erfüllung seiner Ziele einer späteren vorzieht. Die Zeitpräferenz ist immer und überall positiv, sie kann nicht null oder gar negativ werden.
Der Zins (oder: „Urzins“) folgt unmittelbar aus der Zeitpräferenz. Er bezeichnet den Wertabschlag, den ein Zukunftsgut gegenüber einem Gegenwartsgut erleidet. Der Urzins ist immer und überall positiv. Er kann nicht negativ sein oder abgeschafft werden. Damit entkräftet Bagus die Kritiken – und verortet ihren eigentlichen ideologischen Ursprung in antikapitalistischen-sozialistischen Vorstellungen. Bagus erklärt dem Publikum auch, dass zum Beispiel die Existenz des Zinses kein unkontrolliertes Anwachsen der Schulden oder der Geldmenge – ein vielfach geäußerte Sorge – erfordert.
Preisverleihung
Nach der Mittagspause wurden die Dissertation von Dr. Jonas Kolb (abgeschlossen an der Universität Bayreuth) und die Bachelor-Arbeit von Miriam Brösamle (FOM Hochschule, München) mit einem Buchgeschenk und einer Einladung zum Ludwig von Mises Seminar 2017 gewürdigt.
Bitcoin und Blockchain – eine technologische Revolution
Mit einem kuren Video startet der Bitcoin-Experte und Filmproduzent Aaron Koenig in seinen Vortrag. Er zeigt die Vorteile von Bitcoin gegenüber Fiat-Geld auf und stellt auch die Parallelen bzw. Unterschiede zu Goldgeld dar.
Aus Sicht der Österreichischen Schule stelle Bitcoin das ideale Geld dar, so Koenig, denn die Bitcoin-Menge sei begrenzt, mehr als 21 Millionen Bitcoins werde es nicht geben. Bitcoins würden dezentral von den in die Blockchain eingebundenen Rechnern „gemint“, wobei Bitcoin und Blockchain nicht zu trennen seien. Die Blockchain sei gleichwie das Kassenbuch hinter Bitcoin. Darin werden alle Transaktionen dezentral, öffentlich einsehbar und damit nicht manipulierbar gespeichert.
In Bitcoins sieht Koenig große Chancen auch für ärmere Gesellschaftsschichten, vor allem in Entwicklungsländern. Sie hätten gegenwärtig keine Chance auf ein Bankkonto. Das sei bei Bitcoin nicht nötig. Ein einfaches Smartphone genüge und sie könnten in Handelsgeschäfte eingebunden werden. Für die Blockchain wird es nach Einschätzung Koenigs in Zukunft vielfache Einsatzmöglichkeiten geben: Grundbücher, Standesämter, E-Commerce und weitere. Die Blockchain-Technologie mache Mittelsmänner überflüssig, Banken und Regierungen würden an Macht verlieren.
Geldreform-Vorschläge der ‚Austrians‘
Thorsten Polleit (Universität Bayreuth) stellt in seinem Vortrag ausgewählte Geldreformvorschläge vor, die die Vertreter der Österreichischen Schule der Nationalökonomie vorgelegt haben. Ihnen ist eines gemein: Um zu besserem Geld zu gelangen, muss das staatliche Geldproduktionsmonopol beendet und das Geld letztlich wieder zu einem Marktphänomen gemacht werden. Es gäbe, so Polleit, keine belastbaren ökonomischen und ethischen Argumente, warum der Staat die Geldproduktion monopolisieren sollte.
Polleit stellt die Geldreformvorschläge von Ludwig von Mises, Murray N. Rothbard, Friedrich August von Hayek und George Reisman vor und zeigt die Konsequenzen auf, die ihre Umsetzung in der Praxis vermutlich hätten. Er argumentiert, dass der Staat kein Interesse daran hat, sein Geldmonopol aufzugeben. Der freie Markt könne jedoch durch technologische Innovationen Fakten schaffe (Bitcoin und Blockchain führt er als vielversprechende Entwicklungen an), die das staatliche Geldproduktionsmonopol aushebeln. Das Beenden des Fiat-Geldsystems, so Polleit, sei eine moralisch-ethische Pflicht.
Fragen an die Referenten
Der letzte Teil der Konferenz bildete eine Podiumsdiskussion, die sich lebhaft entwickelte – nicht nur zwischen den Referenten und dem Publikum, sondern auch zwischen den Referenten selber. Es wurde deutlich, dass es auf der Ebene der „Systemkritik“ durchaus Berührungspunkte zwischen den Vertretern des Vollgeldes und den Austrians gibt. Allerdings könnten die Schlussfolgerungen nicht unterschiedlicher ausfallen: Während Vollgeldvertreter eine vollständige Zentralisierung der Geldproduktion auf die staatliche Zentralbank fordern, sprechen sich die Austrians für eine vollständige Privatisierung des Geldes aus.
In der Diskussion kommen weitere Unterschiede zwischen Vollgeldvertretern und den Austrians zutage. Huber vertritt die Position, das Geld ein Recht sei. Hülsmann verneint das und verweist darauf, dass Geld lediglich ein Tauschgut sei, das kein Recht auf Güter verbriefe, sondern in freiwillig durchgeführten Tauschvorgängen eingesetzt wird. Auch ergab sich keine abschließende Klarheit über die Frage, wer wann und wieviel neues Geld im Vollgeldsystem in Umlauf gibt, und wer die Empfänger des neuen Geldes sein sollen.
Das Publikum quittiert die gut eine Stunde dauernde Diskussion mit großem Interesse und sehr aktiver Teilnahme. Besonders gelobt wird, dass die Konferenz die Gelegenheit bietet, Vertreter so unterschiedlicher Vorstellungen zur (Neu-)Gestaltung des Geldsystems zusammenzubringen und eine offene und konstruktive Diskussion zu ermöglichen. Das einhellige Urteil: Das LvMID sei es mit der Konferenz „Besseres Geld für die Welt“ wieder einmal gelungen, den Wettbewerb der Ideen zu befördern.
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Alle Vorträge wurden aufgezeichnet, die Videos werden in Kürze veröffentlicht.
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Andreas Marquart ist Vorstand des „Ludwig von Mises Institut Deutschland“. Er ist Honorar-Finanzberater und orientiert sich dabei an den Erkenntnissen der Österreichischen Geld- und Konjunkturtheorie.
Im Mai 2014 erschien sein gemeinsam mit Philipp Bagus geschriebenes Buch “WARUM ANDERE AUF IHRE KOSTEN IMMER REICHER WERDEN … und welche Rolle der Staat und unser Papiergeld dabei spielen”.