Vom Negativzins zum Helikoptergeld

13.4.2016 – von Paul-Martin Foss.

Paul-Martin Foss

Wir alle sind schon einmal jemandem über den Weg gelaufen, der behauptet hat, dass man nur jedem eine Million Dollar geben muss und dann würden wir alle im Wohlstand leben. Der Gedankengang geht in etwa so: „Wenn jeder Millionär ist, sind wir alle reich und können uns alles leisten was wir wollen.“ Jeder seriöse Ökonom weiß aber, dass dies nicht der Fall wäre. Wenn jeder eine Million Dollar bekommt, würde lediglich mehr Geld der gleichen Menge an Gütern hinterherjagen und das würde in einem massiven Preisanstieg enden. Niemand wäre dadurch bessergestellt, zumindest bis die Preise sich wieder eingependelt haben. Das Konzept, jedem eine Million Dollar zu geben, ist so absurd, dass niemand es wirklich ernst nimmt. Soll heißen, niemand nimmt es ernst, wenn der vorgeschlagene Betrag eine Million Dollar ist. Handelt es sich aber um eine geringere Summe, wird daraus plötzlich ein tragfähiger und vermehrt diskutierter Vorschlag: Helikoptergeld.

Ben Bernanke wurde noch verlacht, als er 2002 die Möglichkeit von Helikoptergeld in Betracht zog, obwohl die Idee eigentlich auf Milton Friedman zurückgeht (https://www.weforum.org/agenda/2015/08/what-is-helicopter-money). Was Bernanke sagte, war das Folgende:

“So wie Gold ist der U.S. Dollar nur werthaltig, solange sein Angebot streng limitiert ist. Die U.S. Regierung besitzt aber eine Technologie, genannt die Druckerpresse (oder, heute, ihr elektronisches Äquivalent), die ihr erlaubt, so viele U.S. Dollar zu produzieren wie sie wünscht und das nahezu kostenlos. Durch die Erhöhung der Anzahl an sich im Umlauf befindenden U.S. Dollar, oder bei glaubhafter Androhung, diese Anzahl erhöhen zu wollen, kann die U.S. Regierung auch den Wert eines Dollars in Bezug auf Güter und Dienstleistungen reduzieren, was einem Anstieg der Dollarpreise dieser Güter und Dienstleistungen entspricht. Wir können daher schlussfolgern, dass innerhalb eines Papiergeldsystems eine entschlossene Regierung immer höhere Ausgaben und dadurch positive Inflation generieren kann.”

Tatsache ist, dass man – liest man diese Rede –  erfahren wird, wie Bernanke die Effektivität all jener Maßnahmen lobpreist, die die FED seither ausprobiert hat und die alle gescheitert sind, wie auch einige Maßnahmen, die die FED noch nicht ausprobiert hat und hoffentlich auch nie ausprobieren wird.

Nachdem sich herausgestellt hat, dass ein Jahrzehnt von Stimulus, Quantitative Easing und Null- bzw. Negativzins in einem absolutem Fiasko geendet hat, wird wieder einmal Helikoptergeld als eine potentielle Zentralbankpolitik von ahnungslosen Zentralbankern, die nach dem letzten Strohhalm greifen, diskutiert. Der Chefanalyst für festverzinsliche Wertpapiere der Nordea Bank hat öffentlich darüber spekuliert, dass die Europäische Zentralbank (EZB) in der Lage wäre, jedem europäischen Bürger 1.300 Euro zu überweisen um damit die Inflation anzuheizen (http://www.reuters.com/article/ecb-policy-cash-idUSL5N1733LR).

Dieser Versuch, Inflation zu erzeugen, wiederholt den uralten Fehler, mehr Geld und höhere Preise mit höherem Wohlstand zu verwechseln. Wir wissen von unserem „Eine-Million-Dollar-Beispiel“, dass dies nicht der Fall ist. Warum also sollte man mit kleinen Beträgen probieren, was mit großen nicht funktioniert? Es ist wie mit der Mindestlohndebatte, in der die Befürworter von Mindestlohnerhöhungen argumentieren, dass dies zu besser bezahlten und bessergestellten Arbeitern führt. Jedoch wissen wir, dass eine Erhöhung des Mindestlohns dazu führen wird, dass einige Arbeiter ihre Jobs verlieren werden, da die Unternehmen nicht alle erhöhten Kosten absorbieren können und sich daher von den am wenigsten produktiven Arbeitern trennen müssen.

Die Herausforderung, die die Befürworter von Mindestlöhnen bewältigen müssen, ist immer die folgende: „Wenn 15 $ pro Stunde so gut sind, warum nicht gleich 15.000 $ pro Stunde?“ Nun ja, ein solch hoher Anstieg würde klar verdeutlichen, was die Mindestlohnbefürworter versuchen zu verheimlichen. Mindestlöhne stellen manche Arbeiter besser, aber dies geschieht auf Kosten derjenigen, die ihren Arbeitsplatz verlieren und deren Lohn auf 0 $ fällt. Analog dazu stellt sich die Frage: “Falls die EZB jeder Person 1.300 Euro geben könnte, warum nicht gleich 1.300.000 Euro?” Weil die Preise dadurch ansteigen und sehr schnell die kurzfristigen Vorteile dieses erhöhten Geldangebots zunichtemachen. Diese Art von hypothetischen Fragestellungen entlarvt die Farce solcher Wohltaten.

Falls Helikoptergeld verteilt wird, werden diejenigen, die als erstes davon Gebrauch machen, profitieren, indem sie ihren Konsum erhöhen, bevor die Preise gestiegen sind, während die anderen die Preise steigen sehen, bevor sie ihr neues Geld ausgeben können oder wollen. Das Endresultat aber werden höhere Preise sein, kein erhöhter Wohlstand. Die Wirtschaft wird keinerlei Anstieg von Produktivität aufgrund einer einmaligen Verteilung erfahren. Was also wird als nächstes passieren? Wie wäre es mit mehrfachen Verteilungen von Helikoptergeld über einen längeren Zeitraum? Es scheint, als wäre das die Konsequenz.

Aber nochmals, die Antizipation und Erwartung von zukünftigen Verteilungen würde nicht zu mehr Wirtschaftswachstum führen. Es würde lediglich zu weiteren Preiserhöhungen führen, indem neues Geld in die Wirtschaft einsickert und Vermögen zwischen den Erstbenutzern des Helikoptergelds und allen anderen umverteilt wird. Wirtschaftswachstum entsteht nicht aufgrund von mehr Geld oder höheren Preisen, sondern durch Ersparnisse und Investitionen. Es spielt keine Rolle, wie die monetären Verteilungsaktionen der Zentralbank in die Wirtschaft eindringen, sie können nicht und werden nicht zu realem Wirtschaftswachstum führen.

Nullzinsen führten nicht zu dem, was die Zentralbanken wollten, also setzte man auf Quantitative Easing (QE). QE führte nicht zu dem, was die Zentralbanken wollten, also setzte man auf Negativzinsen. Negativzinsen werden auch nicht funktionieren und vorausgesetzt, diese werden das Banksystem nicht komplett zerstören, könnten die Zentralbanken danach auf Helikoptergeld umschwenken. Nun raten Sie mal! Genau, es wird auch nicht funktionieren. Wie viel mehr an Elend werden die Zentralbanken ihren Ländern auferlegen müssen, bevor die Menschen erkennen, dass diese monetär, moralisch und intellektuell bankrott sind?

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Aus dem Englischen übersetzt von Mathias Nuding. Der Originalbeitrag mit dem Titel Dumb and Dumber – From Negative Interest Rates to Helicopter Money ist am 5.4.2016 auf der website des Mises-Institute, Auburn, US Alabama erschienen.


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Paul-Martin Foss ist Gründer, Präsident, und Executive Director des Carl Menger Center for the Study of Money and Banking.

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Hinweis: Die Inhalte der Beiträge geben nicht notwendigerweise die Meinung des Ludwig von Mises Institut Deutschland wieder.

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