Über Freiheit, globale Armut und das Versagen von Entwicklungshilfe

24.6.2015 – von Andrew Syrios.

In den Mainstream-Medien heißt es für gewöhnlich, dass die Entwicklungsländer in ihrem Fortschritt gewissermaßen durch einen Sumpf des marktwirtschaftlichen Fundamentalismus zurückgehalten werden. Natürlich gibt es einige Ausnahmen, wie beispielsweise Peter Bauer oder William Easterly vom IWF. Dennoch ist so ziemlich alles, was uns zu Ohren kommt, ein Canon von Menschen wie Jeffrey Sachs; nämlich dass diese armen Länder, um zu Wohlstand zu gelangen, der finanziellen Unterstützung durch wohlhabende Länder bedürfen und den freien Markt zügeln müssen.

Auf der Website Salon.com war man sogar so dreist, Honduras als „moderne, libertäre Dystopie“ zu bezeichnen. In den Worten des Autors: „Schaff alle Steuern ab, privatisiere alles, fülle das ganze Land mit Waffen und stemme dich gegen sämtliche öffentlichen Ausgaben, dann hat man Honduras.“ Ein Land wo „die mit Maschinengewehren bewaffnete Polizei in Pick-ups herumfährt, aber nicht da ist, um den meisten Leuten zu helfen. […] Für individuellen Schutz gibt es eine Armee von privaten, bewaffneten Sicherheitskräften.“

Und dann gibt es Naomi Klein, deren beliebtes Buch Die Schock-Strategie besagt, dass die Unterstützer freier Märkte Krisen ausnutzen, um ihre marktwirtschaftlichen Reformen in armen Ländern einzusetzen, um dadurch sicherzustellen, dass diese Armut fortgesetzt wird.

Davon ist so viel falsch, dass man nicht weiß, womit man anfangen soll. Zunächst einmal, Naomi Klein verdreht die Tatsachen. Obwohl Unternehmen sicherlich nicht immer zu den Guten gehören (und die schlechten Dinge meistens mit der Hilfe des Staates tun), ist es der Staat, der Krisen zum Wachsen nutzt. In den Vereinigten Staaten wuchs der Staat während des Ersten Weltkrieges, der Great Depression, dem Zweiten Weltkrieg und sogar während des Kalten Krieges enorm. Jetzt nutzt der Staat den Krieg gegen den Terror, um noch weiter zu wachsen.

Wirtschaftliche Freiheit ist in den Entwicklungsländern weiterhin zu selten anzutreffen

Joan Norberg beschreibt es in seiner Rezension von Kleins Buch folgendermaßen:

Beim Betrachten der Economic Freedom of the World-Statistiken des Fraser Institutes finden wir nur vier Volkswirtschaften, die seit 1980 keinen Liberalisierungsprozess durchführten und deren Daten vorliegen. Alle anderen Volkswirtschaften haben diesen Prozess hinter sich. Offensichtlich bedeutet das, dass wir eine Liberalisierung der Wirtschaft nicht nur in friedlichen Demokratien, sondern auch in brutalen Diktaturen beobachten können. […] Klein verlässt sich auf ihre Interpretation von Anekdoten und Beispielen und versucht nie, großflächige statistische Beweise ans Tageslicht zu bringen. Das ist natürlich verständlich, da die Daten ihr Argument nicht unterstützen. Es gibt eine sehr starke Korrelation zwischen wirtschaftlicher Freiheit auf der einen und politischen Rechten und Bürgerrechten auf der anderen Seite.

Obwohl diese Reformen selbstverständlich verbesserungswürdig sind und die Welt seit der Finanzkrise von 2008 einen gigantischen Schritt rückwärts machte, gab es trotzdem eine dezente wirtschaftliche Liberalisierung. Und obwohl der weltwirtschaftliche Fortschritt verbesserungswürdig ist, so ist er unbestreitbar.

Man muss nur einen kurzen Blick auf das Ranking von Economic Freedom of the World werfen, um zu sehen, dass die Entwicklungsländer mit großem Abstand das Schlusslicht tragen. Der Index beinhaltet die folgenden Kategorien:

  • Größe des Staatsapparats: Ausgaben, Steuern und öffentliche Unternehmen;
  • Juristische Struktur und Sicherheit der Eigentumsrechte;
  • Zugang zu gutem Geld;
  • Ausmaß des internationalen Freihandels;
  • Regulierung des Kreditwesens, des Arbeitsmarktes und der Unternehmen.

Westliche Länder in Nordamerika und Europa sind die freiesten, gefolgt von Ländern in Osteuropa und Asien, dann folgen der mittlere Osten, Lateinamerika und Afrika. Hong Kong belegt mit einem Rating von 8,98 den ersten Platz, die Vereinigten Staaten sind mit 7,81 auf Platz 12 (hinter Kanada auf Platz 7). Selbst „sozialistische“ Länder wie Norwegen und Schweden sind mit Platz 30 und 32 weit oben zu finden. Sie haben zwar ein großes staatliches Umverteilungssystem, aber sie haben (relativ) gute Eigentumsrechte und freien Handel.

Andererseits liegt El Salvador auf Platz 60, Brasilien auf Platz 103, Mali auf Platz 133 und Tschad auf Platz 146. Das zurzeit in einer massiven Wirtschaftskrise verwickelte Venezuela belegt den letzten Platz. (Für Nordkorea gibt es keine Daten.)

Erinnern Sie sich an die „libertäre Dystopie“ Honduras, die „Steuern abschaffte“ und „alles privatisierte“? Nun ja, auf dem Index der wirtschaftlichen Freiheit von 2015 belegt Honduras Platz 116 und Platz 104 auf dem Ease of Doing Business-Index der Weltbank. Die gleiche Organisation gab Honduras Platz 153 bezogen auf die dortige Steuerlast. Angeblich bedeutet „Abschaffen von Steuern”, gegenwärtig eine 25-prozentige Vermögenssteuer, eine 30-prozentige Körperschaftssteuer und eine brutale landesweite 15-prozentige Umsatzsteuer zu haben.

Ganz im Gegenteil, die Entwicklungsländer sind durch und durch interventionistisch. Eigentumsrechte existieren fast nicht, so dass es extrem schwierig ist, Kapital zu beschaffen. Die örtliche Polizei belästigt Ladenbesitzer, bis sie Schmiergelder zahlen, und ohne starke Eigentumsrechte und gerechte Rechtssprechung sind viele dieser Volkswirtschaften nichts weiter als Schwarzmärkte. Die Regierungen selbst, weit von laissez-faire entfernt, sind bestenfalls als Kleptokratien zu bezeichnen. Der tatsächlich Grund, warum Honduras „private Sicherheitskräfte“ braucht, ist, weil die staatliche Polizei ausschließlich die eigenen Staatsbürger belästigt.

Ein weiteres Beispiel für lateinamerikanischen Interventionismus ist Peru. Während Hernando de Soto für sein Buch Freiheit für das Kapital! recherchierte, wagte er den Versuch, in Peru eine kleine Kleidermanufaktur zu eröffnen. Er beauftragte einen Anwalt und einige Studenten und schickte sie los. Was war das Ergebnis?

Sie mussten viel tun. Sie brauchten elf verschiedene Genehmigungen von sieben verschiedenen Ministerien. Zehn mal wurden sie um Schmiergelder gebeten, zwei mal mussten sie tatsächlich welche zahlen, es gab viele Verzögerungen. […] Insgesamt brauchte es mindestens 278 Tage mit je acht Arbeitsstunden um eine kleine Manufaktur zu eröffnen.

Ein Freund von mir, der einen Betrieb in Ecuador hatte, berichtete mir von Erfahrungen, die denen von Hernando de Soto ähnlich sind. Und das passiert nicht nur in Lateinamerika. Der Dokumentarfilm Commanding Heights beschreibt „den License Raj“ (zu deutsch „Lizenzherrschaft“) in Indien, der nach der Auflösung des britischen Raj in 1947 in Kraft trat. Narayana Murthy, der Vorsitzende von Infosys, beschrieb die Situation folgendermaßen: „Gewöhnlich benötigen wir ungefähr 12 bis 24 Monate und ungefähr 50 Termine in Delhi, bis wir eine Lizenz zum Importieren eines 1500-Dollar-Computers erhalten.“

Deswegen „fanden es Unternehmer fast unmöglich, etwas auf die Reihe zu kriegen.“ Der indische Finanzminister P. Chidambaram meinte, dass „hinter jeder Genehmigung korrupte Methoden stehen.“ Mit anderen Worten: Schmiergelder. Diese gigantische, korrupte Bürokratie ist der Hauptfaktor für die Unterentwicklung der unterentwickelten Länder. Glücklicherweise hat sich Indien etwas liberalisiert und konnte ein robustes Wirtschaftswachstum verzeichnen.

Wie reiche Länder reich werden

Im großen und ganzen haben die reichen Länder freiere Märkte. Wie schon erwähnt, findet man in Hong Kong die freieste Wirtschaft der Welt. Dort fand teilweise das bemerkenswerteste Wachstum in der Weltgeschichte statt. John Stossel hat das Experiment von Hernando de Soto in Hong Kong wiederholt. Er füllte ein einseitiges Formular aus und eröffnete seinen Betrieb am folgenden Tag.

In einer wissenschaftlichen Arbeit des National Center for Policy Analysis steht folgendes geschrieben: „Das Pro-Kopf-Einkommen ist in den wirtschaftlich freiesten Volkswirtschaften sieben mal höher als in den am wenigsten freien Ländern.“ 2002 lag das Pro-Kopf-Einkommen im obersten Quintil bei 26.106 Dollar. Im untersten Quintil lag es bei gerade einmal 2.828 Dollar.

Darüber hinaus sind diese Länder auch freier. Freedom House veröffentlichte einen Bericht, in denen Länder nach politischen Rechten und Bürgerrechten geordnet in ein Ranking kommen. Die farblich markierte Weltkarte ist beinahe identisch mit der des Fraser Institutes. Und der oben erwähnte Bericht des National Center for Policy Analysis zeigt eine fast perfekte Korrelation zwischen wirtschaftlicher und politischer Freiheit.

Wie Entwicklungshilfe Korruption und Menschenrechtsverletzungen aufrecht erhält

Viele werden in diesem Punkt zustimmen, meinen aber anschließend, dass Entwicklungshilfe eine notwendige vorübergehende Maßnahme ist. Aber Entwicklungshilfe führt nur dazu, dass die Positionen der korrupten Führer und ihre schlechten wirtschaftlichen Systeme gestärkt werden, indem die korrupten Eliten in diesen Ländern länger an der Macht sind. In einem Bericht vom Center for Strategic and International Studies steht folgendes geschrieben: „Die Geschichte der US-amerikanischen Entwicklungshilfe ist von korrupten ausländischen Amtsträgern durchlöchert, die diese Gelder dazu verwenden, sich selbst zu bereichern, das Militär auszuweiten und sich groteske Eitelkeiten zu gönnen.“ Oder wie es ein Experte ausdrückte: „Entwicklungshilfe bedeutet, Gelder von armen Menschen in reichen Ländern zu nehmen und es reichen Menschen in armen Ländern zu geben.“ Tom Woods rückt es ins rechte Licht:

Vor kurzem veröffentlichte das Parade-Magazin ein Ranking der zwanzig schlimmsten Diktatoren, die zur Zeit aktiv sind. Bis auf einen von ihnen wurden alle von der US-amerikanischen Regierung unterstützt.

Wie genau soll man unter solchen Bedingungen aus dem Teufelskreis der Armut entkommen?

Es überrascht nicht, dass das nicht passiert. Eine Studie von Raghuram G. Rajan und Arvind Subramanian für die Weltbank ergab folgendes:

Wir finden wenige standhafte Beweise für eine positive (oder negative) Beziehung zwischen Zuflüssen an Entwicklungshilfsgelder in ein Land und dessen Wirtschaftswachstum. Wir finden ebenfalls keine Beweise dafür, dass diese Hilfsmittel in bestimmten politischen oder geographischen Umgebungen besser wirken, oder dass bestimmte Formen der Entwicklungshilfe besser funktionieren als andere.

Was diese Länder brauchen, ist nicht Entwicklungshilfe, sondern wirtschaftliche und politische Freiheit. Unglücklicherweise mangelt es in den Entwicklungsländern an beidem.

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Aus dem Englischen übersetzt von Vincent Steinberg. Der Originalbeitrag mit dem Titel Freedom, Global Poverty, and the Failure of Foreign Aid ist am 29.5.2015 auf der website des Mises-Institute, Auburn, US Alabama erschienen.

Foto Startseite: © chris74 – Fotolia.com

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Andrew Syrios ist Partner in der Immobilien-Investmentgesellschaft Stewardship Properties. Er studierte an der University of Oregon mit dem Abschluss Business Administration und als Nebenfach Geschichte.

 

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