„Je mehr Markt, desto mehr Wohlstand, Nutzen, Freiheit, Frieden, Glück und Zufriedenheit für alle.“

6.9.2013 – Ein fiktives Interview mit Roland Baader. Die Fragen formulierte Andreas Marquart, die Antworten stammen aus Baaders Buch „Fauler Zauber“.

Herr Baader, wir möchten heute mit Ihnen über Ihr Buch Fauler Zauber sprechen, in dem Sie auch deutliche Kritik am Sozialstaat üben. Zunächst, was verstehen Sie unter „sozialer Sicherheit“?

Roland Baader (1940 - 2012)

‚Soziale Sicherheit’ ist dasjenige öffentliche Gut, das – neben der ‚sozialen Gerechtigkeit’ – besonders schön verpackt auf dem staatlichen Gabentisch liegt und das auf die Menschen eine unwiderstehliche Faszination ausübt. Wie alle Begriffe, denen das Präfix oder Adjektiv ‚sozial’ vorangestellt wird, besagt die Zauberformel ‚soziale Sicherheit’ zugleich alles und nichts. Niemand kann sagen, was damit konkret gemeint ist, denn es gibt hierfür wahrscheinlich ebenso viele verschiedene Definitionen (besser: Vorstellungen) wie es Menschen gibt. Aussagekräftiger wird das, was die Formel im Grunde ausdrücken will, wenn man von einer gewissen ‚Einkommenssicherheit in allen Lebenslagen’ spricht. ‚Vater Staat’ (nebenbei bemerkt, die wohl dümmste und gefährlichste Bezeichnung, die für Leviathan jemals erfunden wurde) soll seinen ‚Kindern’ ein gewisses auskömmliches Einkommen garantieren, wenn ihre eigenen Einkünfte nicht mehr ausreichen, sei es wegen Krankheit, Arbeitslosigkeit, Alter , Invalidität, persönlichem oder familiären Unglück aller Art. Dafür nehmen die Gesicherten den Kindschaftsstatus, also Unmündigkeit und Abhängigkeit in Kauf.

Sie sagen, die vom Staat gewährte soziale Sicherheit hat einen Einfluss auf den Freiheitswillen der Menschen. Welchen genau?

Es ist eine Binsenweisheit, dass Sicherheitsbedürfnis und Freiheitswille in einem negativ reziproken Verhältnis zueinander stehen. Je stärker das eine wird, desto schwächer wird das andere – und umgekehrt. Das gilt jedoch nur dann, wenn die ‚Sicherheit’ von außen kommt oder wenn die Gewährleistung von anderen erwartet wird, nicht aber wenn das Sicherheitsbewusstsein oder das Sicherheitsstreben sich auf das Vertrauen in die eigene Kraft gründet.

Welche Gefahren sind mit einem Zuviel an gewährter Sicherheit verbunden?

Sobald alles und jedes gesichert zu sein scheint, werden die vorsätzlich Verängstigten noch furchtsamer, weil es ihnen nunmehr als Horrorgefahr erscheint, die Sicherheiten wieder verlieren zu können. Mitten im Wohlstand starren sie auf die Fülle der Lebensrisiken und geraten in Panik und Entsetzen, wenn ihr Sicherungsniveau, ihr ‚sozialer Besitzstand’ auch nur geringfügig angetastet werden könnte. Entsprechend schnell sind diese von Ängsten gehetzte Kreaturen bereit, bei der geringsten Gefahr von Einbußen ihre Freiheit – oder die Reste davon – über Bord zu werfen beziehungsweise den politischen Sicherheitsaposteln vor die Füße zu werfen.

Was ist so schlimm daran, wenn Menschen die Sicherheit suchen?

Ein Blick auf die noch nicht sehr weit entfernten Geschehnisse in der deutschen Geschichte sollte uns lehren, wie rasch die reziproken Umkehrkräfte zwischen Freiheits- und Sicherheitssehnsucht in manifesten Totalitarismus münden. Bricht die staatliche Sicherheitsgarantie und die kollektive Sicherheitsillusion unter der Last der übersteigerten Ansprüche zusammen, so schlägt die Stunde der großen Hexenmeister, die dem von Währungsverfall und Wirtschaftsdepression gebeutelten Volk mit einer ganz anderen Art von ‚Sicherheit und Ordnung’ winken. Das ist aber nicht nur Vergangenheit, das kann auch jederzeit wieder Gegenwart werden. Ist der breite Mittelstand als tragende Schicht der Demokratie erst einmal von den Folgen des sozialstaatlichen Sicherheitswahns, nämlich von Inflation und Hochbesteuerung, von effizienzvernichtender Umverteilung und Interventionismus genügend geschwächt, so ist auch die Demokratie am Ende, weil der Freiheitswille des Bürgertums erlischt und die Gesellschaft sich proletarisiert. So wie die Monarchien untergingen als ihre tragende Schicht, die Aristokratie, verarmte, so stirbt auch die Demokratie, wenn ihre tragende Schicht, der breite Mittelstand, ausgelaugt und seiner eigenen, privaten (finanziellen) Sicherheit beraubt ist.

Die meisten Menschen dürften nach wie vor sehr staatsgläubig sein. Können Sie ihnen erklären, warum Sie Umverteilung und staatliche Interventionen für falsch halten?

Man stelle sich vor, ein Mann komme in einer dunklen Straßenecke auf uns zu, halte uns eine Waffe unter die Nase und sage: ‚Her mit deinem Geld! Ich bin arbeitslos und krank, habe auch sonst im Leben Pech gehabt, und außerdem bekomme ich keine Rente. Gib mir deine Brieftasche oder es knallt!’ Was würden wir tun? Wenn wir könnten wie wir wollten (und uns trauen würden), so würden wir dem Kerl eines auf die Nase hauen und uns davonmachen. Und dies, obwohl es sich doch beim geforderten Inhalt unserer mitgeführten Brieftasche gewiss nur um einen kleinen Bruchteil unseres Jahreseinkommens und um einen verschwindend geringen Teil unseres Lebenseinkommens handeln würde. Wir wären eben zu Recht der Überzeugung: So geht das nicht! Niemand darf uns unter Anwendung oder Androhung von Gewalt zwingen, unser ehrlich verdientes Geld gegen unseren Willen abzuliefern, auch dann nicht, wenn wir uns normalerweise zu denjenigen zählen, die freiwillig, oft und gerne für notleidende und vom Schicksal geschlagene Menschen spenden.

Was hat das jetzt mit dem Staat zu tun?

Seltsamerweise verwandelt sich die beschriebene Entrüstung bei den meisten Bürgern in gefasste Einsicht oder allenfalls in resignierenden Ärger, wenn diese Art des erzwungenen Transfers den Weg über die staatlichen Institutionen, über Finanzamt und Sozialversicherungskassen nimmt. Ja, soweit der fiskalische ‚Mittelentzug’ andere – und die anderen noch mehr als sie selber trifft, empfinden die meisten Leute den Vorgang sogar als recht und billig. Und das, obwohl es sich hierbei um die gleiche Art der Beraubung und um unvergleichlich viel höhere Beträge handelt.

Der Staat und „Androhung von Gewalt“? Ist das nicht ein bisschen übertrieben?

Dem durchschnittlichen Lohn- und Gehaltsempfänger, werden im deutschen Sozialstaat offiziell rund 41 % – in Wirklichkeit aber, wegen der versteckten Steuern, rund die Hälfte – seines Einkommens (wohlgemerkt auch seines Lebenseinkommens!) zwangsweise und unter Gewaltandrohung entzogen und damit neben tausend Absonderlichkeiten auch die Rente, die Krankheitskosten und die Arbeitslosenbezüge anderer Leute bezahlt. Und wer da meint, der Ausdruck ‚Gewaltandrohung’ oder ‚Gewaltanwendung’ sei überzogen, der möge einmal den Versuch wagen, nur eine einzige Abgabe zu verweigern. Der Betreffende wird rasch feststellen, dass hinter so edel klingenden Solidar- und Sozialvokabeln der öffentlich-rechtlichen Kassenwarte Polizei und Richter, Zwangsvollstrecker und Gerichtsvollzieher, ja letztlich Gefängnis und Maschinenpistolen stecken.

Lassen Sie uns über den Begriff “Eigentum“ sprechen. Eigentumsrechte und deren Schutz stehen für Sie an oberster Stelle. Warum ist das so wichtig?

Ohne Eigentumsrechte kann es keinen Markt geben. Umgekehrt schafft das Eigentum Märkte, auf den sich Besitz- und Eigentumsrechte tauschen lassen. Der Markt erzeugt wechselseitigen Nutzen und wechselseitiges Vorgehen, Harmonie, Kooperation, Frieden, Effizienz, Kalkulationssicherheit, Produktivität, Sicherung vor Lebensgefahren und Kräfte zur Beherrschung der Natur.

Und was passiert, wenn Eigentumsrechte nicht geachtet werden?

Das Gegenteil des Marktes ist der unfreiwillige oder gewaltsam errungene Tausch. Dieser unfreiwillige Tausch verletzt die individuellen Eigentumsrechte, indem er an die Stelle der harmonischen, kooperativen und einvernehmlichen Beziehungen eine Herrschaftsbeziehung des Befehls und Gehorsams setzt. Das gilt für jede Art von Zwang, Gewalt und Herrschaftsverhältnis, ganz gleich von wem oder von welchen Gruppen sie ausgeübt werden. Auch für die Institution, die man mit dem Begriff ‚Staat’ oder ‚Regierung’ belegen kann.

Ich bitte um ein kurzes Schluss-Plädoyer.

Je mehr Markt, desto mehr Wohlstand, Nutzen, Freiheit, Frieden, Glück und Zufriedenheit für alle. Je mehr Staat – und das ist annähernd gleichbedeutend mit: je mehr Steuern und Abgaben, desto mehr Armut, Ineffizienz, Unfreiheit, Streit, Missgunst, Unglück und Unzufriedenheit für fast alle – außer den Betreibern des Zwangssystems, die aus ihrer Machtstellung Einkommen, Einfluss, Ansehen und Befriedigung ihrer Herrschaftsgelüste ziehen.

Will man das alles auf einen kurzen Nenner bringen, so könnte er lauten: Diejenigen politische Herrschaftsform, die den Menschen unter dem Aspekt ‚Freiheit, Frieden, Wohlstand und Effizienz’ äußerstenfalls oder gerade noch zumutbar ist, trägt den Namen ‚Minimalstaat’. Und der Minimalstaat ist das auf die innere und äußere Sicherheit sowie auf die Durchsetzung und den Schutz der allgemeinen Regeln menschlicher Kooperation (Vertrag und das Prinzip des ‚Niemandem Schaden zufügen’) beschränkte Gewaltmonopol.

Vielen Dank für das Gespräch, Herr Baader.

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“Roland Baader war nicht nur ein profunder Kenner der Österreichischen Schule der Nationalökonomie, sondern seine Schriften tragen vor allem auch unmissverständlich Mises’ intellektuelles Erbe in sich. Eindringlich, beindruckend, wortgewaltig und immer gut verständlich sind seine Wortbeiträge, in denen er die Österreichische Schule auf die aktuellen gesellschaftlichen Probleme und Missstände anwednet. Roland Baader klärte seine Leser über den schleichenden Weg in den Sozialimus-Totalitarismus auf, der notwendigerweise im Ausbreiten des Wohlfahrts- und Umverteilungsstaats angelegt ist, und der aus einem schwindenden öffentlichen Verständnis für die Bedeutung des freien Marktsystems rührt.” (Thorsten Polleit – aus “Freiheitsfunken II” – Lichtschlag Buchverlag)

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