Der Geopolitische Wandel und das resultierende Ende der Dollar-Vorherrschaft

25. August 2023 – 10. Juli 2023 – von Patrick Barron

Patrick Barron

Seit dem Bretton-Woods-Abkommen von 1944 ist der Dollar die bevorzugte Reservewährung der Welt, das heißt, die großen Handelsnationen der Welt waren bereit, Dollar in großen Mengen zu halten, um ihren Bedarf an einem weltweit akzeptierten Zahlungsmittel zu decken. Selbst als die USA 1971 ihr feierliches Versprechen gebrochen hatten, ihre Dollar zu einem Preis von 35 Dollar pro Unze in Gold einzulösen, waren die Nationen weiterhin bereit, Dollar zu halten.

Deutschland meidet die geldpolitische Führungsrolle

Mitte 2010 war ich sicher, dass Deutschland den Euro aufgeben und die D-Mark wieder einführen würde. Es war klar, insbesondere für einige deutsche Zentralbanker, dass Deutschland von der Europäischen Zentralbank (EZB) übervorteilt wurde. Der deutsche TARGET2-Überschuss entsprach einem gewaltigen Überschuss an deutschen Exporten an andere EU-Mitglieder, die nahezu wertlose Staats- und Unternehmensanleihen im Tausch gegen neu gedruckte Euros von der EZB verpfändeten. Diese Anleihen würden niemals gegen irgendetwas von echtem Wert eingelöst werden; daher war es in Deutschlands rationalem Eigeninteresse, aus diesem Spiel auszusteigen. Ich habe vorausgesagt, dass eine solche Aktion zum Zusammenbruch der Eurozone führen würde, die Deutsche Mark (DM) zur bevorzugten Handelseinheit in Europa würde und dies möglicherweise die weltweite Vorherrschaft des Dollars als Reservewährung gefährden würde. Offensichtlich ist dies nie geschehen. Und warum?

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Deutschland wusste und fürchtete, dass in der ganzen Welt die Alarmglocken läuten würden, Deutschland sei wieder auf dem Vormarsch und würde Europa dominieren. Vor allem die Franzosen würden aus mindestens zwei Gründen in Panik geraten. Erstens würde der Zusammenbruch des Euro Frankreich dazu zwingen, eine klare Entscheidung zu treffen. Entweder die DM einführen, wie ich es von den meisten nordeuropäischen Ländern erwartet habe, oder versuchen, zum französischen Franc zurückzukehren, wohl wissend, dass kaum eine andere Nation bereit wäre, Francs zu halten. Frankreich wäre vom internationalen Handel abgeschnitten, wenn es nicht sein unhaltbares Wohlfahrtssystem reformieren würde. Doch jedes Mal, wenn Frankreich in der Vergangenheit versucht hat, auch nur ein Minimum an Wohlfahrtsreformen einzuführen, kam es zu Aufständen der Bevölkerung. Zweitens profitiert Frankreich in hohem Maße von internen EU-Transferzahlungen, vor allem von Agrarsubventionen. Die französischen Landwirte wären gezwungen, sich zu reformieren oder in Konkurs zu gehen, was das Ende eines bequemen Lebensstils bedeuten würde, der ein Synonym für Frankreich selbst zu sein schien. Die schonungslose Realität war, dass Frankreich über Atomwaffen verfügte und Deutschland nicht. Es war undenkbar, dass Deutschland oder Japan, zusammen mit Italien die Verlierermächte des Zweiten Weltkriegs, jemals Atomwaffen bekommen würden. Die unabhängige Kontrolle über ein eigenes Atomwaffenarsenal war der Mindesteinsatz im Spiel um die Reservewährung. Sodann gehörte das Spiel nur noch den Nationen mit großen Volkswirtschaften, die eine Vielzahl von Exportgütern und Dienstleistungen produzierten, die in der ganzen Welt gefragt waren. Damit blieb nur noch Amerika im Spiel.

Die große Frage ist, warum Deutschland, obwohl es auf Atomwaffen unter eigener Kontrolle verzichtet hat, überhaupt dazu übergegangen ist, die DM aufzugeben und den Euro einzuführen. Darauf gibt es zwei Antworten. Erstens: Deutschland wollte die Wiedervereinigung von Ost- und Westdeutschland. Die Franzosen, die rechtlich gesehen ein Vetorecht gegen einen solchen Schritt hatten, machten die Einführung des Euro zur Bedingung für die Wiedervereinigung. Aber warum konnte Deutschland dieses mittlerweile irrelevante Abkommen nicht einfach ignorieren? Antwort Nummer zwei ist nur eine Theorie, die aber wahrscheinlich in gewissem Maße, ob groß oder klein, auf alle großen europäischen Nationen zutrifft. Deutschland hatte während der beiden großen Kriege (Erster und Zweiter Weltkrieg) zwischen sechs und sieben Millionen tote Soldaten zu beklagen. Deutschlands beste und klügste Köpfe, seine zukünftige Führung, waren für alle Zeiten verloren. Es waren Kriege, in denen die Eliten aller Kriegsparteien kämpften. Eine solche Führung kann niemals ersetzt werden. Der Verlust der zukünftigen Führungspersönlichkeiten traf die anderen großen europäischen Kriegsparteien ebenso hart. In den beiden Weltkriegen hatten Russland / die UdSSR zwischen neun und dreizehn Millionen tote Soldaten zu beklagen. Frankreich hatte anderthalb Millionen Tote zu beklagen, die meisten davon im Großen Krieg von 1914. Das Vereinigte Königreich hatte etwas mehr als eine Million Tote zu beklagen (in dieser Zahl sind Indien, Kanada, Australien, Neuseeland und Südafrika nicht enthalten). Wie das ehemalige Mitglied des Europäischen Parlaments Godfrey Bloom feststellte:

Der Krieg 1914-18 tötete das Beste des britischen Empires. Der Krieg 1939-45 tötete, was übrigblieb. Dann tanzte der Wohlfahrtsstaat auf ihren Gräbern.

Das Ereignis, welches alles verändert hat

Dann kam es zu einem großen geopolitischen Ereignis: Nach dem Tod von Mao Zedong kam Deng Xiaoping in China an die Macht. Deng führte weitreichende kapitalistische Wirtschaftsreformen ein und China stieg zu einem Rivalen Amerikas in Bezug auf die Wirtschaftskraft auf. Unter Mao hatte China Atomwaffen erhalten. Obwohl China nach wie vor eine Ein-Parteien-Diktatur ist, verfügte es nun über die beiden Voraussetzungen, um den US-Dollar herauszufordern – eine große Wirtschaft und Atomwaffen. China war nicht erpressbar. Wie China hatte auch Russland unter Jelzin und Putin das Schlimmste seiner sowjetischen Wirtschaftspolitik abgeworfen, aber Russlands kleine Bevölkerung und seine relativ rückständige Wirtschaft spielten nicht in der gleichen Liga wie Amerika und China. Nachdem die USA, die NATO und die Europäische Union den Versuch Russlands, sich wieder in das alte Europäische Konzert einzugliedern, abgelehnt hatten (schließlich war Russland im Zweiten Weltkrieg ein großartiger Verbündeter gewesen und hatte allen Grund zu der Annahme, dass es nun, da es den Kommunismus abgeschüttelt hatte, wieder ein wichtiger Teil Europas werden könnte), sah es seine Zukunft allmählich in einer Allianz mit China.

Was hat all dies nun mit dem Ende der Dollar-Vorherrschaft zu tun? Die Antwort ist, dass das neue asiatische Interessengeflecht einen Weg sah, die Verwendung der Dollar-Vorherrschaft als politisches Instrument durch die USA zu beenden. Die Achillesferse des Dollars ist, dass er eine Fiat-Währung ist. Dies kommt dem politischen Establishment der USA sehr gelegen, da es den USA erlaubt, den Dollar nach Belieben zu inflationieren, um den Wohlfahrtsstaat und die Kriegsführung zu finanzieren. Es erlaubt den USA auch, Sanktionen gegen ihre als solche erkannten Feinde wie Russland und den Iran zu verhängen, indem sie diese aus dem internationalen Handelsnachrichtensystem SWIFT ausschließen. Ähnlich erging es dem Brexit-Befürworter Nigel Farage in Großbritannien. Aus rein politischen Gründen schloss seine Bank seine Konten, und Farage war nicht in der Lage, eine andere Bank zu finden, die sein Geld akzeptieren würde. Kein Bankkonto, keine Möglichkeit, in einer modernen Wirtschaft zu existieren. Farage befürchtete, dass er gezwungen sein könnte, sein eigenes Land zu verlassen. Die von den USA verhängten Russland-Sanktionen froren russische Vermögenswerte in Milliardenhöhe ein. Doch anstatt Russland zum Einlenken in der Ukraine zu bewegen, scheinen sie den von Russland eingeleiteten Prozess zur Entwicklung einer neuen, bis zu einem gewissem Grade durch Gold gedeckten Weltreservewährung beschleunigt zu haben. Den “BRICS”-Nationen – Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika – haben sich Dutzende anderer Länder angeschlossen, die sich von der Vorherrschaft des Fiat-Dollars lösen und ein redliches, goldgestütztes Handelsabwicklungssystem verwenden wollen. Diese neue BRICS+-Gruppe behauptet, dass sie bei ihrem Treffen in Johannesburg Ende August einen ersten Schritt zur Verfolgung dieses Ziels ankündigen wird.

Die USA werden gezwungen sein, sich mit Gold anzufreunden … oder sie werden isoliert

Es gibt viele, die diese Entwicklung ablehnen. Schließlich haben die USA und der US-Dollar seit achtzig Jahren weltweit die Oberhand. Diese Kritiker verstehen die wirkliche Wirtschaft, die wirkliche Geldtheorie und die wirkliche internationale Staatskunst nicht. Die USA sind von drei destruktiven Konzepten fasziniert. Das erste ist die Ökonomie von Lord Keynes, die das Say’sche Gesetz der Märkte ignoriert und dem keynesianischen Konzept der “Gesamtnachfrage” einen gottähnlichen Status verleiht, während die “Produktion” – das einzige Mittel zu ihrer Befriedigung – außer Acht gelassen wird. Die zweite ist die so genannte Moderne Geldtheorie, die davon ausgeht, dass souveräne Staaten niemals bankrottgehen können, weil sie in der Lage sind, so viel Geld zu drucken, wie sie brauchen. Und das dritte ist die seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs unverhohlene Arroganz, mit der sie geruhen, komplette Staatsgebilde zu zerstören. All dies wird ein Ende haben, wenn Gold dank dem Währungsreformprojekt der BRICS wieder in den Mittelpunkt rückt. Dann werden die USA beginnen, Freunde zu verlieren, bis auch sie widerwillig zur Besinnung kommen und zu Gold und ehrlichem Handel und redlicher, respektvoller Staatskunst zurückkehren. Amerika wird für diese Aufgabe neue Führungspersönlichkeiten brauchen. Sie sind da und warten darauf, von den Menschen gerufen zu werden. Die USA und die Welt werden dadurch zu einem wesentlich besseren Ort werden.

Patrick Barron ist privater Berater für die Finanzindustrie. Er gab mehrere Jahre Einführungskurse für die Österreichische Schule der Nationalökonomie an der Universität von Iowa (USA). Er unterrichtete zudem über 25 Jahre an der Graduiertenschule der Universität Wisconsin (USA) und hielt mehrere Präsentationen für das Europäische Parlament. Kontakt: PatrickBarron@msn.com

Übersetzt von Florian Senne.

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