Von Klebeautoritären und ihren Brüdern im Geiste

19. Dezember 2022 – von Rainer Fassnacht

Rainer Fassnacht

Autoritarismus beziehungsweise Totalitarismus geht einher mit einem uneingeschränkten Verfügungsanspruch des Staates bis in den persönlichen Bereich des Einzelnen. Diese grenzenlose Durchsetzung eines von einer Gruppe erwünschten Wertesystems erfordert quasi einen „neuen Menschen“, der sich entsprechend der forcierten Ideologie verhalten müsste, und ist aus ökonomischer Sicht planwirtschaftlich.

Historisch sind insbesondere Faschismus, Sozialismus und Kommunismus zu nennen, aktuell zeigen sich totalitäre beziehungsweise autoritäre Tendenzen in Bezug auf eine tiefgreifende Kontrolle und Änderung des Alltagslebens insbesondere im Hinblick auf die „Letzte Generation“ und deren Brüder im Geiste. Allen ist gemein, dass nur die eigene Vorstellung zählt und dass die Argumente oder Wünsche anderer Menschen bei der Durchsetzung der eigenen ideologischen Vorstellungen nachrangig sind.

Zwar mag eine imaginierte „Zukunft der Menschheit“ als Begründung eigenen Handelns dienen, dies wird aber nicht in Verbindung gebracht mit konkreten heute lebenden Menschen. Die „Menschheit“ ist insofern etwas Abstraktes, dass von wirklichen Menschen losgelöst gedacht wird. Es ist daher kein Zufall, dass Autoritarismus, Totalitarismus und Unmenschlichkeit gemeinsam auftreten.

Durch Staus wird der Kraftstoffverbrauch erhöht, wodurch mehr CO2 in die Atmosphäre gepustet wird. Da die Klebeautoritären davon ausgehen, dass weniger CO2 den Klimawandel aufhalten beziehungsweise bremsen kann, sind ihre konkreten Aktionen eigentlich schon deswegen kontraproduktiv beziehungsweise widersprechen den von ihnen proklamierten Absichten (warum hier „Klebeautoritäre“ statt „Klimakleber“ verwendet wird).

Ludwig von Mises schrieb passend dazu:

Das Verhalten und nicht die unausgeführte Absicht über ein Verhalten ist das, worauf es ankommt.

Vermutlich werden die Klebeautoritären entgegnen, sie wollten mit ihren Aktionen künftigen Verkehr stärker beschränken und der eine oder andere Stau falle nicht ins Gewicht. Allerdings fragt man sich bei einem Blick auf die Plakate der Klebeautoritären-Szene, ob die proklamierten Absichten, das Klima zu retten, die einzigen sind, oder ob andere Ziele dahinterstehen. Neben „Was, wenn die Regierung das nicht im Griff hat?“ können wir auf den Transparenten Botschaften lesen wie „Kapitalismus überwinden“ oder „System change not Climate change“.

… auf den Transparenten [können wir] Botschaften lesen wie „Kapitalismus überwinden“ oder „System change not Climate change“.

Es geht der „Letzten Generation“ bei ihren Aktionen also darum, dass die Politik im Sinne ihrer Klebeideologie tätig wird und die freie Marktwirtschaft (beziehungsweise deren verbliebener Rest) abgeschafft wird. Die Klebeautoritären hoffen demnach, dass ihre Aktionen eine möglichst große Aufmerksamkeit erregen und dadurch Politiker dazu bewegen, dass zu tun, was der eigenen totalitären Ideologie entspricht. Auch die Beschädigung bekannter Kunstwerke wird so erklärbar.

Es geht der „Letzten Generation“ bei ihren Aktionen also darum, dass die Politik im Sinne ihrer Klebeideologie tätig wird und die freie Marktwirtschaft (beziehungsweise deren verbliebener Rest) abgeschafft wird.

Wenn man berücksichtigt, dass die Aufmerksamkeit der Menschen stark von der persönlichen Betroffenheit und die Berichterstattung der Medien stark von der Schlagzeilentauglichkeit beeinflusst wird, lässt sich abschätzen, welchen potenziellen Weg die Klebeautoritären nehmen könnten.

Es sind nur wenige Menschen, die sich auf der Straße festkleben oder Kunstwerke beschädigen. Und hoffentlich wird die Zahl der Menschen, die künftige noch extremere oder menschenverachtendere Aktionen durchführen, nochmals geringer sein. Doch man sollte über einen wichtigen Umstand nicht hinwegsehen, der Kern des hier offensichtlich werdenden Gedankengutes ist weit verbreitet.

Die Verbreitung dieses Gedankengutes wird dadurch erkennbar, dass nicht wenige Menschen bei immer mehr Themen nach „der Politik“, „der Regierung“ oder „dem Staat“ rufen. Es wird demnach angenommen, dass zentrale politische Entscheidungen – also Macht und Zwang – besser sind als dezentrale Entscheidungen selbstverantwortlicher Menschen – also Markt und Freiwilligkeit.

Wer nach der Politik ruft, um anderen Menschen seinen eigenen Willen aufzuzwingen, unterliegt einer selbst- und/oder fremdschädigenden Illusion. Es fehlt das Verständnis dafür, dass „die Politik“, „die Regierung“ oder „der Staat“ kein Geld haben, sondern nur umverteilen, und dabei einen erklecklichen Teil für sich selbst vereinnahmen und so unvermeidlich Freiheits- und Wohlstandverlust bewirken.

Wer nach der Politik ruft, um anderen Menschen seinen eigenen Willen aufzuzwingen, unterliegt einer selbst- und/oder fremdschädigenden Illusion.

Veränderung ohne Zwang ist möglich. Sie beginnt beim Einzelnen und seinen Handlungen. Das Festkleben auf der Straße zeigt, dass es den Klebeautoritären weder um das Klima noch um die Menschen geht. Ihre Handlungen widerlegen ihre Worte. Wenn es um das Klima und um echte Menschen ginge, würden sie keine Staus – mit allen damit einhergehenden Folgen – verursachen.

Heutige Klebeautoritäre (und zu befürchtender Terror aus angeblich ökologischer Motivation) sind „nur“ die Spitze eines Eisberges. Viel wichtiger ist die Basis, die deutlich größere Gruppe jener Menschen, die nach der Politik ruft, um anderen Menschen ihren Willen aufzuzwingen.

Der Ruf nach Politik, Regierung oder Staat ist oft ein gedankenloser Reflex. Etwas Wissen und ein wenig Nachdenken genügen, sich diesen abzugewöhnen. Die Beiträge hier im Mises-Blog und die nachfolgende Grafik können dazu einen Beitrag leisten.

Der Text der Grafik kann eine Warnung sein, nicht selbst einer solchen Versuchung zu erliegen. Oder er könnte auf eine Visitenkarte gedruckt und bei passender Gelegenheit überreicht werden – beispielsweise den Klebeautoritären ganz vorn im Stau.

Der Ruf nach Politik, Regierung oder Staat ist oft ein gedankenloser Reflex.

Rainer Fassnacht ist ausgebildeter Kaufmann und studierter Diplom-Ökonom. Er lebt in Berlin und ist Autor des Buchs „Unglaubliche Welt: Etatismus und individuelle Freiheit im Dialog“. Auch in seinen sonstigen, unter anderem vom Austrian Economics Center in Wien veröffentlichten Texten, setzt er sich für die Bewahrung der individuellen Freiheit ein.

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Hinweis: Die Inhalte der Beiträge geben nicht notwendigerweise die Meinung des Ludwig von Mises Instituts Deutschland wieder.

Titel-Foto: Adobe Stock.

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